Leitsatz (redaktionell)
(Unterrichtungspflichten nach § 99 Abs 1 Satz 1 BetrVG)
1. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat nach § 99 Abs 1 Satz 1 BetrVG ordnungsgemäß zu unterrichten, wenn er dessen Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme einholt. Ohne die gesetzlich vorgeschriebene Unterrichtung läuft nicht die Wochenfrist des § 99 Abs 3 BetrVG.
2. Die Verletzung der Unterrichtungspflicht ist kein Verstoß gegen ein Gesetz im Sinne von § 99 Abs 2 Nr 1 BetrVG. Sie führt aber dazu, daß der Antrag des Arbeitgebers auf Feststellung, daß die Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme als erteilt gilt, als unbegründet abgewiesen werden muß.
3. Es spricht viel dafür, daß der Betriebsrat den Arbeitgeber innerhalb der Wochenfrist auf die ihm bekannten Mängel bei der Unterrichtung hinweisen muß. Ergänzt der Arbeitgeber seine Unterrichtung, setzt er damit eine neue Wochenfrist in Lauf. Hält er den Einwand des Betriebsrats für unbegründet, kann er beim Arbeitsgericht feststellen lassen, daß die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt gilt und hilfsweise beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
4. Im Streitfall trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, daß er den Betriebsrat in dem gesetzlich vorgeschriebenen Umfang unterrichtet hat.
Normenkette
BetrVG § 61; BetrVG 1952 § 61; ZPO § 256 Abs. 1; BetrVG § 2 Abs. 1, § 99 Abs. 3-4, 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LAG Saarland (Entscheidung vom 14.12.1983; Aktenzeichen 1 TaBV 2/83) |
ArbG Saarbrücken (Entscheidung vom 26.05.1983; Aktenzeichen 1 BV 1/83) |
Gründe
A. Der Arbeitgeber will erreichen, daß die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers ersetzt wird.
Der Arbeitgeber will die Stelle eines Leiters der Abteilung "Ausbildungsförderung" besetzen. Die Stelle wurde innerhalb des Betriebs und in einer Tageszeitung ausgeschrieben. Es bewarben sich mehrere Angestellte, die zuvor noch nicht beim Arbeitgeber beschäftigt waren, und vier Angestellte aus dem Betrieb, darunter der Betriebsratsvorsitzende.
Noch vor Besetzung der Stelle schlossen der Betriebsrat und der Arbeitgeber am 24. Februar 1983 eine Betriebsvereinbarung über Auswahlrichtlinien bei der Einstellung:
"§ 2 Auswahlkriterien
----------------
(1) Als entscheidende Kriterien gelten in der
angegebenen Reihenfolge:
1. Eignung, Qualifikation und Vorbildung
des Bewerbers
2. Berufserfahrung
3. bei gleicher Eignung, Qualifikation
und Berufserfahrung wird einem inner-
betrieblichen Bewerber der Vorzug ge-
geben
4. bei mehreren gleichwertigen innerbe-
trieblichen Bewerbern wird dem Bewer-
ber mit der längeren Beschäftigungs-
zeit der Vorzug gegeben
5. soziale Gesichtspunkte
.....
§ 4 Diese Richtlinien treten mit sofortiger
Wirkung in Kraft."
Am gleichen Tage fand noch eine Betriebsratssitzung statt. In dieser Sitzung teilte der Geschäftsführer des Arbeitgebers dem Betriebsrat mit, der Vorstand beabsichtige, im Einvernehmen mit der Geschäftsführung die Stelle des Leiters der Abteilung Ausbildungsförderung zum 1. März 1983 mit dem außerbetrieblichen Bewerber Dieter G zu besetzen.
Am 25. Februar 1983 fand eine weitere Betriebsratssitzung statt, in der der Betriebsrat über den Antrag auf Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers G beriet. Durch die stellvertretende Vorsitzende ließ der Betriebsrat dem Arbeitgeber noch am gleichen Tage folgende Erklärung zugehen:
"In seiner Sitzung vom 25.2.1983 hat der Be-
triebsrat der Einstellung von Herrn G
als Abteilungsleiter der Förderungsabtei-
lung widersprochen.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, daß un-
ter den internen Bewerbern gleichqualifi-
zierte Mitarbeiter sind.
Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die
Betriebsvereinbarung vom 24.2.1983.
Bei der Abstimmung waren die Bewerber S ,
R. und H , H. nicht anwesend."
Der Betriebsrat befaßte sich noch einmal in seiner Sitzung vom 10. März 1983 mit der beabsichtigten Einstellung. Er teilte dem Arbeitgeber mit, sein Widerspruch beziehe sich nur noch auf die Nichtberücksichtigung des Betriebsratsvorsitzenden.
Der Arbeitgeber hat behauptet, der von ihm ausgewählte Bewerber sei aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit und wegen seiner längeren Berufserfahrung in den für die Ausbildungsförderung maßgeblichen Bereichen für die ausgeschriebene Stelle besser geeignet als die innerbetrieblichen Bewerber. Er hat beantragt,
die vom Antragsgegner verweigerte Zustim-
mung zur Einstellung des Arbeitnehmers
Dieter G zu ersetzen;
hilfsweise festzustellen, daß die Zustim-
mung des Antragsgegners zu der beabsich-
tigten Einstellung des Bewerbers G als
erteilt gilt.
Der Betriebsrat hat beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen. Er hat behauptet, aufgrund seiner Vorbildung und seiner bisherigen Tätigkeit sei der innerbetriebliche Bewerber und Betriebsratsvorsitzende S für die ausgeschriebene Stelle besser geeignet als der vom Arbeitgeber ausgewählte außerbetriebliche Bewerber. Der Bewerber S sei auch wegen seiner Zugehörigkeit zum Betriebsrat nicht berücksichtigt worden.
Das Arbeitsgericht hat auf den Hilfsantrag des Arbeitgebers festgestellt, daß die Zustimmung des Betriebsrats zu der beabsichtigten Einstellung des Bewerbers G als erteilt gelte. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf verwiesen, daß der Betriebsrat der geplanten Einstellung nicht ordnungsgemäß widersprochen habe. Der Betriebsrat habe nicht einmal deutlich gemacht, welcher interne Bewerber seiner Auffassung nach geeigneter sei als der vom Arbeitgeber ausgewählte Bewerber. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Betriebsrat erreichen, daß die Anträge des Arbeitgebers abgewiesen werden.
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.
I. Zu entscheiden ist über den Antrag des Arbeitgebers festzustellen, daß die Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Einstellung als erteilt gilt.
1. Der Arbeitgeber hat diesen Antrag als Hilfsantrag bezeichnet. Der Antrag ist im Verhältnis zum weiteren Antrag des Arbeitgebers, die verweigerte Zustimmung zu ersetzen, jedoch kein Hilfsantrag. Über einen Hilfsantrag müßte das Gericht erst entscheiden, wenn der Antragsteller mit seinem Hauptantrag keinen Erfolg hätte. Der Hauptantrag müßte deshalb zunächst geprüft werden.
In einem solchen Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag stehen die vom Arbeitgeber gestellten Anträge nicht. Umgekehrt: Der als Hilfsantrag bezeichnete Antrag ist der Hauptantrag. Auf den vermeintlichen Hauptantrag kommt es nur an, wenn der Arbeitgeber nicht schon mit seinem Feststellungsantrag Erfolg hat. Es muß in erster Linie geprüft werden, ob die Zustimmung des Betriebsrats zu einer beabsichtigten Einstellung als erteilt gilt. Ist das der Fall, braucht die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Einstellung nicht vom Gericht ersetzt zu werden (vgl. BAG Beschluß vom 24. Juli 1979 - 1 ABR 78/77 - AP Nr. 11 zu § 99 BetrVG 1972, zu II 2 der Gründe; Beschluß vom 22. Oktober 1985 - 1 ABR 81/83 -, zu B II 1 der Gründe, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
Dabei wird der Antrag festzustellen, daß die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt gilt, immer dann in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber der Auffassung ist, der Betriebsrat habe der geplanten personellen Maßnahme nicht ordnungsgemäß widersprochen. Ordnungsgemäß ist der Widerspruch nur, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber schriftlich mitteilt (§ 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG). Über Einhaltung der Frist und der Anforderungen an die Begründung des Betriebsrats kann es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kommen. Stellt sich der Arbeitgeber auf den Standpunkt, daß der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß der geplanten personellen Einzelmaßnahme widersprochen habe, wird er zunächst - wenn er den Streit rechtlich klären lassen will - den Feststellungsantrag stellen, und nur hilfsweise die Ersetzung der Zustimmung beantragen (§ 99 Abs. 4 BetrVG). Nur bei Entscheidung über diesen zuletzt genannten Antrag kommt es dann auf die Gründe an, aus denen der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert (§ 99 Abs. 2 BetrVG).
2. Für den hier zu beurteilenden Feststellungsantrag besteht das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO entsprechend). Der Arbeitgeber hat ein rechtliches Interesse daran, daß alsbald festgestellt wird, ob der Betriebsrat der geplanten personellen Einzelmaßnahme wirksam widersprochen hat. Hat der Betriebsrat der geplanten personellen Einzelmaßnahme nicht form- und fristgerecht widersprochen, kann der Arbeitgeber die personelle Einzelmaßnahme durchführen. Er ist nicht darauf angewiesen, die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung vom Gericht ersetzen zu lassen.
II. Der Antrag des Arbeitgebers ist begründet. Der in erster Linie beim Landesarbeitsgericht erhobene Einwand des Betriebsrats, der Arbeitgeber habe ihn nicht ausreichend informiert, ist nicht beachtlich. Die weitere Erwägung des Landesarbeitsgerichts, der Betriebsrat habe seinen Widerspruch nicht ausreichend begründet, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
1. Eine Zustimmung kann nur dann als erteilt gelten, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet hat.
a) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder personellen Einzelmaßnahme zu unterrichten, er hat ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben. Außerdem muß er dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme geben. Mit dieser Information und der Vorlage der erforderlichen Unterlagen kann der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einholen.
Die Frage, welche Rechtsfolgen ein Verstoß des Arbeitgebers gegen die im § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG näher geregelten Unterrichtungspflichten hat, ist umstritten. Zu der vergleichbaren Vorschrift des § 61 BetrVG 1952 hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, die Verletzung der Unterrichtungspflicht sei ein Verstoß gegen eine gesetzliche Bestimmung im Sinne des § 61 Abs. 3 Buchst. a) BetrVG 1952. Aus diesem Grunde könne der Betriebsrat seine Zustimmung zu der geplanten Maßnahme mit Recht verweigern (vgl. BAG 21, 168, 173 = AP Nr. 5 zu § 61 BetrVG). Für das Betriebsverfassungsgesetz 1972 hat das Bundesarbeitsgericht die Rechtsfrage noch nicht entschieden. Der Senat hat die Frage offengelassen; er hat angenommen, daß jedenfalls dann kein Gesetzesverstoß im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG 1972 vorliege, wenn der Arbeitgeber seine Unterrichtungspflicht nicht vorsätzlich verletzt habe (vgl. BAG Beschluß vom 6. April 1973 - 1 ABR 13/72 - AP Nr. 1 zu § 99 BetrVG 1972). Die überwiegende Auffassung im Schrifttum meint, gesetzliche Bestimmungen im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG seien nur solche, die der personellen Maßnahme selbst entgegenstehen, nicht aber Vorschriften, die das Verfahren bei der personellen Maßnahme betreffen (vgl. Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 154, 155; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 70; GK-Kraft, BetrVG, 3. Bearbeitung, § 99 Rz 108; Kammann/Hess/Schlochauer, BetrVG, § 99 Rz 84; Stege/Weinspach, BetrVG, 5. Aufl., §§ 99 - 101 Rz 57; Weiss, BetrVG, 2. Aufl., § 99 Rz 19; Heinze, Personalplanung, Einstellung und Kündigung, 1982, Rz 265 ff.; a.A. Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, 14. Aufl., § 99 Rz 44).
Der Senat ist der Auffassung, daß der Betriebsrat die Zustimmung zu einer personellen Maßnahme nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nur verweigern kann, wenn diese Maßnahme selbst gegen ein Gesetz verstoßen würde. Die Vorschrift ist keine das Mitbestimmungsverfahren sichernde Vorschrift. Die in dieser Bestimmung genannten Gründe, aus denen der Betriebsrat die Zustimmung verweigern kann, beziehen sich auf die personelle Maßnahme selbst.
Das heißt nicht, daß der Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Unterrichtungspflichten nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ohne Rechtsfolgen bliebe. Eine dem Gesetz nicht entsprechende und damit unzureichende Unterrichtung des Betriebsrats führt dazu, daß jedenfalls der Antrag des Arbeitgebers auf Feststellung, die Zustimmung gelte als erteilt, als unbegründet abgewiesen werden muß (entgegen Dietz/Richardi, aaO, Rz 226, der den Antrag als unzulässig abweisen möchte). Das folgt aus dem in § 99 BetrVG geregelten Verfahrensablauf. Die ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats ist die Voraussetzung dafür, daß dieser seine Rechte nach § 99 Abs. 2 BetrVG wahrnehmen kann. Nach dieser Bestimmung kann der Betriebsrat die Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme aus den im Gesetz genannten Gründen verweigern. Er kann dies nur sachgerecht und mit Erfolg tun, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor ordnungsgemäß unterrichtet hatte. Was der Arbeitgeber zu tun hat, ist in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG geregelt. Erst wenn er diesen Verpflichtungen nachgekommen ist, ist der Betriebsrat zu einer Stellungnahme aufgerufen. Die notwendige Unterrichtung des Betriebsrats und der Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zu der geplanten Maßnahme bilden sowohl nach Wortlaut wie auch nach Zweck der gesetzlichen Regelung eine Einheit. Ohne ordnungsgemäße Unterrichtung kann der Arbeitgeber die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht in Lauf setzen. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt, wenn dieser dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mitgeteilt hat. Diese Rechtsfolge kann nur eintreten, wenn zuvor der Arbeitgeber den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet hat.
Bei diesem Verständnis der Norm kommt es nicht darauf an, ob die unzureichende Unterrichtung des Betriebsrats den Tatbestand des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG - Verstoß gegen ein Gesetz - erfüllt. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen wird auf andere Weise ausreichend gesichert. Der Betriebsrat, der nicht ordnungsgemäß unterrichtet wurde, braucht sich auf eine Sachentscheidung nach § 99 Abs. 2 BetrVG nicht einzulassen. Sie wäre ihm bei unzureichender Unterrichtung auch nicht möglich. Fehlt es an der ausreichenden Unterrichtung, muß der Antrag des Arbeitgebers, die Zustimmung zu ersetzen oder festzustellen, daß die Zustimmung als ersetzt gilt, abgewiesen werden.
b) Im vorliegenden Fall kann sich der Betriebsrat jedoch nicht darauf berufen, der Arbeitgeber habe ihn unzureichend unterrichtet. Darin ist dem Landesarbeitsgericht beizupflichten. Der Betriebsrat darf sich nicht mit seinem eigenen voraufgegangenen Verhalten in Widerspruch setzen. Das widerspricht der Verpflichtung, mit dem Arbeitgeber vertrauensvoll zusammenzuarbeiten (§ 2 Abs. 1 BetrVG).
Ob der Arbeitgeber den Betriebsrat unzureichend unterrichtet hatte, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Die Vorgänge in der Betriebsratssitzung vom 24. Februar 1983 lassen sich heute nicht mehr restlos aufklären. Unstreitig war der Geschäftsführer des Arbeitgebers aber bereit, den Mitgliedern des Betriebsrats in der Sitzung am 24. Februar 1983 Einsicht in die vorhandenen Bewerbungsunterlagen zu gewähren. Davon hat der Betriebsrat keinen Gebrauch gemacht. Ob er die Einsichtnahme in die Unterlagen abgelehnt hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Damit läßt sich eine Verletzung der Unterrichtungspflicht nicht begründen.
Das Verhalten der Mitglieder des Betriebsrats in der Sitzung am 24. Februar 1983 und die Mitteilung über das Ergebnis der Beratung am 25. Februar 1983 konnte der Arbeitgeber nur so verstehen, daß der Betriebsrat auf die Einsicht in die Bewerbungsunterlagen aller Bewerber keinen Wert legte. Die Stellungnahme des Betriebsrats vom 25. Februar 1983 durfte der Arbeitgeber als abschließende Stellungnahme verstehen. Es wird über das Ergebnis einer Abstimmung berichtet. Damit hat der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebracht, daß er das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG als abgeschlossen betrachte. Es fehlt jeder Hinweis darauf, daß es sich wegen der unzureichenden Unterrichtung nur um eine vorläufige Stellungnahme handeln könne.
c) Bei dieser Sachlage braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob der Betriebsrat innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG geltend machen muß, er sei unzureichend informiert worden. Dafür sprechen gute Gründe. Zwar bezieht sich die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG nur auf das Verfahren nach ordnungsgemäßer Unterrichtung. Doch liegt ein rechtzeitiger Hinweis des Betriebsrats auf Mängel bei der Unterrichtung in seinem eigenen Interesse. Denn der Betriebsrat muß innerhalb der Wochenfrist gegenüber dem Arbeitgeber zum Ausdruck bringen, daß er die Zustimmung verweigert. Andernfalls muß er damit rechnen, daß der Arbeitgeber die Zustimmung als erteilt ansieht und die personelle Einzelmaßnahme durchführt. Der Betriebsrat wird deshalb in aller Regel entweder auf Mängel bei der Unterrichtung hinweisen oder bei ordnungsgemäßer Unterrichtung prüfen müssen, ob ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 BetrVG vorliegt. Dabei kann er darauf hinweisen, daß seine sachlichen Einwendungen gegen die geplante personelle Einzelmaßnahme nur vorsorglich für den Fall geltend gemacht werden, daß der Arbeitgeber ihn ordnungsgemäß informiert hat. Der Arbeitgeber wird in einem solchen Fall prüfen müssen, ob er seine Unterrichtungspflichten ordnungsgemäß erfüllt hat. Hält er den Einwand des Betriebsrats für berechtigt, wird er seine Unterrichtung ergänzen. Er setzt damit eine neue Wochenfrist nach § 99 Abs. 3 BetrVG in Lauf. Hält er den Einwand des Betriebsrats für unbegründet, kann er beim Arbeitsgericht feststellen lassen, daß die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt gilt, hilfsweise, daß die Zustimmung ersetzt wird. Dann wird in diesem Verfahren geprüft, ob der Arbeitgeber den Betriebsrat ordnungsgemäß informiert hatte. Halten sich die Beteiligten an dieses Verfahren, können sie unnötigen Streit vor den Arbeitsgerichten vermeiden.
Kommt es zu einem Streit darüber, ob der Arbeitgeber den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet hat, trägt der Arbeitgeber die Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich ergeben soll, daß er seine Pflichten erfüllt hat. Dies entspricht den allgemeinen Regeln über die Verteilung der Beweislast. Der Arbeitgeber kann diesen Beweis auch unschwer führen. Er ist im Besitz der Unterlagen, die er dem Betriebsrat vorzulegen hat. Die Aushändigung dieser Urkunden kann er sich vom Betriebsratsvorsitzenden bestätigen lassen.
2. Der beabsichtigten Einstellung des Arbeitnehmers G hat der Betriebsrat nicht wirksam widersprochen. Sein schriftlicher Widerspruch vom 25. Februar 1983 enthält keine Begründung.
Der Senat hat eine "unbeachtliche Zustimmungsverweigerung" immer dann angenommen, wenn der Betriebsrat seine Verweigerung nicht begründet hat. Nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat der Betriebsrat Gründe für seine Weigerung zu nennen (vgl. Beschluß des Senats vom 18. Juli 1978 - 1 ABR 43/75 - AP Nr. 1 zu § 101 BetrVG 1972; Beschluß vom 24. Juli 1979 - 1 ABR 78/77 - AP Nr. 11 zu § 99 BetrVG 1972).
Soweit der Betriebsrat Gründe angegeben hatte, hat der Senat gefordert, daß die Begründung konkrete auf den Einzelfall bezogene Tatsachen angeben müsse, und daß sich die angeführten Gründe nicht so weit von dem Katalog der gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgründe entfernen dürften, daß sie sich schlechterdings keinem der Tatbestände des § 99 Abs. 2 BetrVG mehr zuordnen lassen. Schlüssig brauchten die Gründe nach dieser Auffassung jedoch nicht zu sein (vgl. die genannten Entscheidungen, aaO).
Der Senat hat schon im Beschluß vom 16. Juli 1985 (1 ABR 35/83 - zur Veröffentlichung vorgesehen) Bedenken geäußert, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann. Die Frage, ob die Zustimmungsverweigerung konkrete, auf einen bestimmten Sachverhalt bezogene Tatsachen enthält, und ob sie sich noch einem der Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG zuordnen läßt, kann in Fällen dieser Art nicht mehr anhand äußerer, leicht feststellbarer Umstände beantwortet werden. Sie erfordert vielmehr eine Wertung der angegebenen Tatsachen und einen Vergleich der Begründung mit der gesetzlichen Regelung. Diese Wertung sollte nicht dem Arbeitgeber überlassen bleiben.
Im vorliegenden Fall erfüllt die Erklärung des Betriebsrats nicht einmal die Anforderungen, die nach dieser einschränkenden Rechtsprechung vorliegen müssen. Denn die Erklärung des Betriebsrats enthält keine Begründung. Der Betriebsrat teilt nicht mit, welcher interne Bewerber ebenso qualifiziert wäre wie der vom Arbeitgeber in Aussicht genommene externe Bewerber. Der Hinweis auf eine Auswahlrichtlinie reicht unter diesen Umständen nicht aus. Der Arbeitgeber hat keine Möglichkeit zu prüfen, ob der Betriebsrat die Zustimmung zu Recht verweigert hat. Er weiß nicht, mit welchem internen Bewerber er den in Aussicht genommenen externen Bewerber noch einmal vergleichen soll.
Diese rechtliche Würdigung des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat weder mit der Beschwerde noch mit der Rechtsbeschwerde angegriffen. Aus den dargelegten Gründen ist diese rechtliche Würdigung der Vorinstanzen auch nicht zu beanstanden.
Daraus folgt, daß die Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Einstellung des Arbeitnehmers G als erteilt gilt. Die Vorinstanzen haben dem Antrag des Arbeitgebers, mit dem er dies feststellen lassen will, daher zu Recht stattgegeben.
Dr. Kissel Dr. Heither Matthes
Gnade Dr. Münzer
Fundstellen
Haufe-Index 436707 |
BAGE 51, 45-51 (LT1-4) |
BAGE, 42 |
BB 1986, 1778-1779 (LT1-4) |
DB 1986, 1077-1079 (LT1-4) |
AuB 1986, 361-361 (T) |
ARST 1987, 65-67 (LT1-4) |
NZA 1986, 490-492 (LT1-4) |
RdA 1986, 270 |
SAE 1987, 54-57 (LT1-4) |
AP § 99 BetrVG 1972 (LT1-4), Nr 34 |
AR-Blattei, Betriebsverfassung XIVC Entsch 105 (LT1-4) |
AR-Blattei, ES 530.14.3 Nr 105 (LT1-4) |
EzA § 99 BetrVG 1972, Nr 48 (LT1-4) |
JuS 1986, 740-741 (LT1, 3, 4) |