Entscheidungsstichwort (Thema)
Jubiläumszuwendung. Teilzeitbeschäftigte
Normenkette
BeschFG § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 26. Januar 1999 – 2 Sa 76/98 – aufgehoben.
2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10. Juni 1998 – 6 Ca 4/98 – wird zurückgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer Jubiläumszuwendung. Die Beklagte betreibt zahlreiche Textileinzelhandelsgeschäfte im gesamten Bundesgebiet. Die Klägerin war seit dem 25. November 1972 ununterbrochen bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 1. Januar 1997 ist sie mit 8,43 Stunden je Kalenderwoche tätig. Dies entspricht 22,784 % einer Vollzeitbeschäftigung. Zuvor war sie in wechselndem Umfang teilzeitbeschäftigt, im Durchschnitt von 25 Jahren zu 17,75 % einer Vollzeitbeschäftigung. Sie ist Mitglied des Betriebsrats.
Bei der Beklagten wurde vor 1997 stets eine Jubiläumszuwendung gewährt. Dabei wurde nach dem Umfang der Teilzeitbeschäftigung differenziert, bezogen auf den zu einem bestimmten Stichtag bestehenden Umfang der Teilzeitarbeit.
Seit dem 1. Januar 1997 ist die „Betriebsvereinbarung betreffend die Gewährung von Jubiläumszuwendungen” vom 16. Januar 1997 in Kraft, in der es heißt:
„Bisher wurde Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Anlaß eines Dienstjubiläums eine Jubiläumszuwendung gewährt, deren Höhe sich stichtagsbezogen nach Dauer und Ausmaß der Betriebszugehörigkeit bestimmte. Da dem Gewicht langjähriger Betriebszugehörigkeit ausgewogener Rechnung getragen wird, wenn nicht der Beschäftigungsumfang am Stichtag, sondern der durchschnittliche während der bis dahin erreichten Zugehörigkeit zugrunde gelegt wird, soll dem durch nachfolgende Vereinbarung entsprochen werden:
- Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten aus Anlaß einer 10-, 25- und 40jährigen Zugehörigkeit eine Jubiläumszuwendung als Dank für erwiesene Firmentreue entsprechend dem Ausmaß der Tätigkeit während der Zeit zwischen Eintritt und Zeitpunkt des Jubiläums.
Als Betriebszugehörigkeit gilt die Zeit seit Eintritt bei C & A. Bei mehrfacher Tätigkeit ist das letzte Eintrittsdatum maßgebend.
Zur Betriebszugehörigkeit werden Zeiten einer früheren Tätigkeit, auch solche bei einem anderen Unternehmen hinzugerechnet, wenn und soweit C & A ausdrücklich deren Anrechnung zugesagt hat.
- Für die Errechnung des durchschnittlichen Beschäftigungsumfangs ab vorgenanntem Eintrittsdatum werden die gleichen Werte zugrundegelegt, wie sie bereits für die betriebliche Altersversorgung niedergelegt sind oder zugrundegelegt werden.
Die Höhe der Jubiläumszuwendungen bemißt sich entsprechend dem Beschäftigungsumfang, wobei von folgenden Beträgen bei Vollbeschäftigung ausgegangen wird.
10-jährige Betriebszugehörigkeit DM 600,– brutto
25-jährige Betriebszugehörigkeit DM 1.200,– brutto
40-jährige Betriebszugehörigkeit DM 2.400,– brutto
Das Jubiläumsgeschenk wird nach den im Zeitpunkt des Abschlusses dieser Betriebsvereinbarung geltenden steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften ohne Einbehalt von Abzügen ausgezahlt. Dies gilt vorbehaltlich einer Änderung der erwähnten gesetzlichen Vorschriften.
Diese Betriebsvereinbarung tritt rückwirkend mit dem 1. Januar 1997 in Kraft. Sie kann nur mit einer Frist von einem Jahr zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden.
Für Jubiläen in 1997 wird weiterhin die bisherige Stichtagsregelung angewandt, wenn diese zu einem günstigeren Ergebnis führt.”
Die Beklagte zahlte im Hinblick auf die im November 1997 seit 25 Jahren bestehende Betriebszugehörigkeit 273,41 DM brutto.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stünde die volle Zuwendung von 1.200,00 DM brutto zu. Die Anknüpfung der Höhe der Jubiläumszuwendung an den Umfang der Arbeitszeit während des Bezugszeitraums verstoße gegen § 2 Abs. 1 BeschFG. Eine als Treueprämie gewährte Jubiläumszuwendung diene ausschließlich der Anerkennung des langjährigen Bestands des Arbeitsverhältnisses und damit der erwiesenen Firmentreue. Diese habe die Klägerin auch als Teilzeitkraft erbracht.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 926,59 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 21. Januar 1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es sei schon zweifelhaft, ob Betriebsvereinbarungen überhaupt einer Kontrolle gem. § 2 Abs. 1 BeschFG unterlägen. Jedenfalls aber stehe diese Norm einer Berücksichtigung des Umfangs der Tätigkeit für die Erreichung der Jubiläumszuwendung nicht entgegen, da die Betriebsparteien damit die Wertigkeit der insgesamt im Bezugszeitraum erbrachten Dienste belohnen wollten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts ist wieder herzustellen, da der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zusteht.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Betriebsvereinbarung vom 16. Januar 1997 sei als Normsetzung der Betriebsparteien den Grundsätzen des § 2 BeschFG unterworfen. Die Anknüpfung der Höhe der Jubiläumszuwendung an den Umfang der Beschäftigung sei nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt, weshalb die Klägerin Anspruch auf die volle Zuwendung habe. Sinn und Zweck der Jubiläumszuwendung bestünden darin, den Beschäftigten eine einmalige Leistung im Hinblick auf die erbrachte Betriebstreue zu gewähren. Eine zusätzliche Belohnung der Mitarbeiter sei nicht beabsichtigt, was schon daraus hervorgehe, daß die Höhe der Zuwendung nicht vom jetzigen oder früheren Verdienst abhängig sei. Damit werde deutlich, daß weder die Art und Weise noch die Wertigkeit der erbrachten Dienste honoriert werden sollten. Lediglich die Betriebszugehörigkeit sei Anspruchsvoraussetzung. Dies werde daraus deutlich, daß bei Vollzeitbeschäftigten auch Ruhenszeiträume mitberücksichtigt würden, also gerade nicht der Umfang der erbrachten Dienste. Die Betriebstreue hätten Teilzeitbeschäftigte aber in gleicher Weise erbracht wie Vollzeitbeschäftigte.
II. Diesen Ausführungen folgt der Senat nicht.
1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht allerdings die Betriebsvereinbarung vom 16. Januar 1997 daraufhin überprüft, ob die Regelung das Diskriminierungsverbot des § 2 Abs. 1 BeschFG verletzt. Das Gleichbehandlungsgebot des § 2 Abs. 1 BeschFG erstreckt sich auf einseitige Arbeitgebermaßnahmen und auf vertragliche Regelungen. Erfaßt wird das gesamte rechtserhebliche Handeln des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern. Das Gebot gilt für arbeitsvertragliche Vereinbarungen und für tarifvertragliche Regelungen (BAG 29. August 1989 – 3 AZR 370/88 – BAGE 62, 334; Preis in ErfK BeschFG § 2 Rn. 4, 5). Für Betriebsvereinbarungen folgt schon aus § 75 BetrVG, daß die Betriebsparteien eine sachwidrige unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern zu unterlassen haben. Dies gilt auch für den Bereich, in dem sie Normen setzen können, also durch Betriebsvereinbarungen. Regelungen, die diese Grundsätze verletzen, sind insoweit nach § 134 BGB nichtig (Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG 20. Aufl. § 75 Rn. 16, 21, § 77 Rn. 197 ff.).
2. Dem Landesarbeitsgericht ist ebenfalls darin zu folgen, daß in der hier streitigen Betriebsvereinbarung eine Ungleichbehandlung wegen der Teilzeitarbeit vorgenommen wird. Dies ist dann der Fall, wenn die Dauer der Arbeitszeit Anknüpfungspunkt für die Ungleichbehandlung ist (Preis in ErfK BeschFG § 2 Rn. 32). Die Betriebsvereinbarung differenziert die Höhe der Jubiläumszuwendung allein danach, in welchem Umfang Teilzeitarbeit geleistet wurde.
3. Für die unterschiedliche Behandlung besteht jedoch ein sachlicher Grund i.S.d. § 2 Abs. 1 BeschFG.
a) Bei der Frage, ob Arbeitnehmer überhaupt Anspruch auf eine zusätzliche Entgeltleistung haben, rechtfertigt allein das unterschiedliche Arbeitspensum der Teilzeitbeschäftigten und der Vollzeitbeschäftigten einen völligen Ausschluß der Teilzeitbeschäftigten in der Regel nicht. Die Sachgründe müssen anderer Art sein, etwa auf Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung, unterschiedlichen Arbeitsplatzanforderungen oder der „sozialen Lage” beruhen (BT-Drucks. 10/2102, S 24 rechte Spalte; BAG 25. Oktober 1994 – 3 AZR 149/94 – AP BeschFG 1985 § 2 Nr. 40 = EzA BeschFG 1985 § 2 Nr. 38). Es ist nicht sachlich gerechtfertigt, die Höhe der Grundvergütung, zB den Stundenlohn, für Teilzeitbeschäftigte und Vollzeitbeschäftigte nur wegen der unterschiedlichen Arbeitsmenge unterschiedlich hoch festzusetzen (BAG 1. November 1995 – 5 AZR 880/94 – AP BeschFG 1985 § 2 Nr. 46 = EzA BeschFG 1985 § 2 Nr. 44). Es entspricht jedoch dem Gleichbehandlungsgebot des § 2 Abs. 1 BeschFG, daß die Höhe des Entgelts bei Teilzeitbeschäftigten quantitativ vom Umfang der Beschäftigung abhängt (BVerfG 27. November 1997 – 1 BvL 12/91 – BVerfGE 97, 35, 44). Ein Arbeitnehmer, der Teilzeitarbeit leistet, kann nicht die gleiche Vergütung verlangen, wie ein vollbeschäftigter Arbeitnehmer. Dies gilt grundsätzlich für alle Entgeltleistungen, auch wenn diese aus besonderem Anlaß und zu besonderen Zwecken gezahlt werden. So steht Teilzeitbeschäftigten nur ein anteiliger Anspruch auf eine betriebliche Altersrente je nach dem Umfang ihrer Beschäftigung zu (BAG 25. Oktober 1994 – 3 AZR 149/94 –a.a.O.). Des weiteren haben Beihilfeberechtigte des öffentlichen Dienstes nach einer Neufassung des § 40 Abs. 2 BAT nur einen dem Arbeitsumfang entsprechenden Anteil des Beihilfeanspruchs (BAG 19. Februar 1998 – 6 AZR 460/96 – BAGE 88, 92). Das gleiche gilt für Teilzeitbeschäftigte bei der Gewährung von Sonderkonditionen für Darlehen zum Erwerb von Immobilien (BAG 27. Juli 1994 – 10 AZR 538/93 – AP BeschFG 1985 § 2 Nr. 37 = EzA BeschFG 1985 § 2 Nr. 36). Auch auf das Urlaubsgeld des öffentlichen Dienstes hat ein Angestellter nur einen anteiligen Anspruch (BAG 15. November 1990 – 8 AZR 283/89 – BAGE 66, 220). Jede dieser quantitativen Kürzungen nach dem Umfang der Beschäftigung wird vorgenommen, obwohl der absolute Bedarf der Arbeitnehmer bei Krankheit, im Alter und zu den übrigen besonderen Anlässen bei Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten gleich hoch ist.
Auch bei der hier streitigen Jubiläumszuwendung handelt es sich um eine Leistung mit Entgeltcharakter, da die erbrachte Betriebstreue durch eine einmalige Leistung zusätzlich belohnt werden soll. Die Bezeichnung der Leistung als Jubiläumszuwendung spricht nicht gegen den Entgeltcharakter sondern drückt gerade aus, daß eine zusätzliche Leistung wegen einer Betriebs- oder Unternehmenszugehörigkeit in einer bestimmten Länge gewährt werden soll.
Ob eine Differenzierung der Entgeltleistung nach dem Umfang der Beschäftigung möglich ist, oder ob auch hierin eine sachwidrige Ungleichbehandlung liegt, richtet sich in erster Linie nach dem Zweck der Leistung (BAG 25. Oktober 1994 – 3 AZR 149/94 – a.a.O.; 22. Mai 1996 – 10 AZR 618/95 – AP BAT § 39 Nr. 1 = EzA BeschFG 1985 § 2 Nr. 45; 13. März 1997 – 2 AZR 175/96 – BAGE 85, 257; 11. Juni 1997 – 10 AZR 784/96 – AP BMT-G II § 24 Nr. 2; 19. Februar 1998 – 6 AZR 460/96 – BAGE 88, 92).
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber bei freiwilligen Leistungen frei darin, den Zweck, den begünstigten Personenkreis und den Umfang der Leistung zu bestimmen. Dies gilt auch für die Parteien einer Betriebsvereinbarung, wenn hierin eine freiwillige Leistung geregelt wird. Aus den formulierten Anspruchsvoraussetzungen und den näheren Bedingungen, ggf. Rückzahlungsbestimmungen kann auf den Zweck der Leistung geschlossen werden.
Im vorliegenden Fall ist der Zweck der Leistung und deren Umfang von den Parteien der Betriebsvereinbarung klar formuliert worden. Ziffer 1 bestimmt, daß die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Anlaß einer bestimmten Zugehörigkeit eine Jubiläumszuwendung „als Dank für erwiesene Firmentreue entsprechend dem Ausmaß der Tätigkeit zwischen Eintritt und Zeitpunkt des Jubiläums” erhalten. Es ist nicht zu beanstanden, daß die Beklagte in der Betriebsvereinbarung die Firmentreue nur im Umfang der durchschnittlichen Beschäftigung honorieren möchte. Dies entspricht dem Grundsatz, daß Entgeltleistungen quantitativ abgegrenzt werden können. Hierin ist kein Verstoß gegen § 2 Abs. 1 BeschFG zu sehen.
Zu Unrecht beruft sich die Klägerin auf das Urteil des Senats vom 22. Mai 1996 (– 10 AZR 618/95 – a.a.O.). Im Unterschied zu dem hier vorliegenden Fall regelte § 39 BAT a.F., daß Nichtvollbeschäftigte von der Jubiläumszuwendung den Teil erhalten sollten, der dem Maß der mit ihnen vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entsprach, und zwar bezogen auf den Tag, an dem die maßgebliche Jubiläumsdienstzeit vollendet war. Es handelte sich damit also um eine Stichtagsregelung, die gerade nicht den Umfang der Arbeitsleistungen während der gesamten Jubiläumsdienstzeit berücksichtigte, sondern den mehr oder weniger zufällig am Stichtag bestehenden Beschäftigungsumfang. Daraus und aus den Umständen, daß die Höhe der Jubiläumszuwendung nicht vom früheren oder jetzigen Verdienst der Angestellten abhing und daß über die Bezugnahme auf andere Normen auch Zeiten ohne Arbeitsleistung oder Ruhenszeiten im gewissen Umfang mit in die der Jubiläumsleistung zugrunde liegenden Betriebszugehörigkeitszeit eingerechnet worden war, hatte der Senat den Schluß gezogen, daß § 39 BAT weder Art, Umfang noch Wertigkeit der geleisteten Dienste honorieren wollte, sondern lediglich den bloßen Zeitablauf. Dies haben die Betriebsparteien der hier streitigen Betriebsvereinbarung gerade anders geregelt und durften dies auch tun.
III. Da das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückzuweisen ist, hat die Klägerin die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels der Berufung zu tragen. Sie hat weiterhin auch die Kosten der Revision zu tragen (§§ 97, 91 ZPO).
Unterschriften
Dr. Freitag, Dr. Jobs, Marquardt, N. Schuster, Burger
Fundstellen
Haufe-Index 1532025 |
FA 2001, 158 |