Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrer in Druckindustrie
Leitsatz (redaktionell)
Da in den Richtbeispielen zu Lohngruppe V des Lohnrahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Druckindustrie vom 6.7.1984 (LRTV) nur Fahrer von Personenkraftwagen für Personenbeförderung genannt sind, besteht für Personenkraftwagenfahrer zur Beförderung von Sachen (Zeitungen und Seitenfilmen) kein Anspruch auf Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe; insbesondere können sie auch nicht als Fahrer von Lieferwagen angesehen werden.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger ist bei dem beklagten Zeitungsunternehmen als Kraftfahrer beschäftigt. Beide Parteien gehören den tarifschließenden Verbänden der Druckindustrie an.
Der Kläger arbeitet im wöchentlichen Wechsel in der Tages- und in der Spätschicht. In der Tagesschicht wird er als sog. Zeitungsnachlieferer eingesetzt. Er hat hierbei nach einer Reklamationsliste Abonnenten, die ihre Tageszeitung nicht erhalten haben, mit der Tageszeitung zu beliefern. Der Firmen-Pkw, der ihm hierbei zur Verfügung steht, ist mit Funk ausgestattet, so daß später eingehende Reklamationen an den Kläger noch weitergegeben werden können. Darüber hinaus hat der Kläger größere Briefsendungen bei Adressaten in seinem Zustellbezirk abzugeben und Redaktionsbüros anzufahren, um dort Unterlagen abzuholen und ins Pressehaus zu bringen.
Bei seinem Einsatz in der Spätschicht transportiert der Kläger die von einer Ganzseitenkamera im Pressehaus erstellten Seitenfilme in das Druckhaus. Dort werden mit Hilfe der Seitenfilme die Druckplatten hergestellt. Damit die Druckplatten kontinuierlich hergestellt werden können, fährt der Kläger stündlich zwischen Pressehaus und Druckhaus hin und her und nimmt hierbei jeweils aus dem Pressehaus die Filme der bereits fertiggestellten Zeitungsseiten mit.
Der Kläger erhält Vergütung nach Lohngr. IV des Lohnrahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich West-Berlins vom 6. Juli 1984 (LRTV). Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu einer entsprechenden Eingruppierung des Klägers verweigert. In einem von der Beklagten daraufhin betriebenen Zustimmungsersetzungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Klägers und seiner Kollegen in die Lohngr. IV LRTV rechtskräftig ersetzt.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß er mit Wirkung vom 1. Oktober 1984 in die Lohngr. V LRTV eingruppiert ist. Hierzu hat er vorgetragen, er erfülle die Merkmale des Richtbeispiels Nr. 8 der Lohngr. V LRTV ("Fahren von Lastkraftwagen und Lieferwagen im Nah- und Fernverkehr, Fahren von Personenkraftwagen für Personenbeförderung"). Der Begriff des Lieferwagens sei keine Typen-, sondern eine Funktionsbezeichnung. Demgemäß sei auch der Personenkraftwagen im Zulieferdienst zwischen Pressehaus und Druckhaus ein solcher Lieferwagen. Durch das Richtbeispiel Nr. 8 werde jegliches Fahren im Lieferverkehr ohne Rücksicht auf die Art des Fahrzeuges erfaßt. Da seine Tätigkeit das Merkmal des Richtbeispiels Nr. 8 der Lohngr. V LRTV erfülle, seien die allgemeinen Merkmale der Lohngr. V LRTV nicht mehr zu prüfen, die er aber im übrigen ebenfalls erfülle.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß er aufgrund seiner aus-
zuübenden bzw. ausgeübten Tätigkeit in die
Lohngruppe V des Lohnrahmentarifvertrages
für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druck-
industrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutsch-
land einschließlich West-Berlins mit Wirkung
vom 1. Oktober 1984 eingruppiert ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, da die Tarifvertragsparteien entgegen einer ursprünglichen Formulierung das Fahren von Personenkraftwagen für Kurierdienste nicht als Richtbeispiel in den Lohnrahmentarifvertrag mit aufgenommen hätten, gehöre das Fahren von Personenkraftwagen für Kurierdienste nicht zur Lohngr. V LRTV. Mit dem Begriff "Lieferwagen" im Richtbeispiel Nr. 8 zur VergGr. V LRTV hätten die Tarifvertragsparteien sicherstellen wollen, daß nicht nur Lastkraftwagen, sondern auch Fahrzeuge mittlerer Größe einbezogen werden, wie beispielsweise Fahrzeuge des Typs Mercedes-Benz 280 D. Personenkraftwagen im Lieferverkehr würden damit aber nicht erfaßt.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger Vergütung nach Lohngruppe V des Lohnrahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie zu gewähren. Denn der Kläger erfüllt mit seiner Tätigkeit weder ein Richtbeispiel noch die abstrakten Merkmale dieser Lohngruppe. Er kann vielmehr als Fahrer von Personenkraftwagen ohne Personenbeförderung keine höhere Vergütung als nach Lohngruppe IV verlangen, nach der er bezahlt wird.
Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag ist zwar mißverständlich, da er nach seinem Wortlaut nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, sondern in abstrakter Weise auf eine Eingruppierung gerichtet ist. Nach dem gesamten Klagevorbringen ist der Klageantrag jedoch dahin auszulegen, daß der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihn nach Lohngruppe V des Lohnrahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie zu vergüten. Damit liegt eine senatsübliche Eingruppierungsfeststellungsklage vor, die auch im Bereich der Privatwirtschaft unbedenklich zulässig ist (BAG Urteil vom 20. Juni 1984 - 4 AZR 208/82 -, AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel, m.w.N.).
Der Senat ist durch die rechtskräftige Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Klägers in die Lohngruppe IV des Lohnrahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie nicht daran gehindert, über den Eingruppierungsfeststellungsantrag des Klägers nach Lohngruppe V zu entscheiden. Die Entscheidung über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Klägers in die Lohngruppe IV LRTV hat keine präjudizielle Wirkung für den Eingruppierungsrechtsstreit des Klägers. Die rechtskräftig ersetzte Zustimmung des Betriebsrats besagt nur, daß der Betriebsrat nicht berechtigt war, die Zustimmung zur Eingruppierung in die vorgesehene Lohngruppe aus einem der in § 99 BetrVG aufgeführten und von ihm geltend gemachten Gründe zu verweigern. Das Beschlußverfahren dient aber nicht der verbindlichen Festlegung der zutreffenden Eingruppierung im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die tariflichen Rechte eines Arbeitnehmers im Verhältnis zum Arbeitgeber werden durch das Beschlußverfahren nicht berührt (BAGE 35, 239, 246 = AP Nr. 24 zu § 59 HGB).
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Lohnrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin-West vom 6. Juli 1984 (LRTV) mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Für die Eingruppierung des Klägers sind danach folgende tarifliche Bestimmungen des LRTV heranzuziehen:
§ 4 Eingruppierung
1. Jeder Arbeitnehmer ist aufgrund der von
ihm vertraglich auszuübenden bzw. aus-
geübten Tätigkeit in eine der Lohngruppen
des § 3 einzugruppieren. Für die Ein-
gruppierung sind die abstrakten Merkmale
entscheidend. Erweiterte Arbeitsaufgaben
sind entsprechend zu berücksichtigen.
2. Übt ein Arbeitnehmer mehrere Tätigkeiten
aus, die verschiedenen Lohngruppen zuzu-
ordnen sind, so erfolgt die Eingruppierung
nach der überwiegenden Tätigkeit.
Diese tariflichen Bestimmungen sind dahingehend auszulegen, daß dem Arbeitnehmer bei Erfüllung der tariflichen Anforderungen ein entsprechender Lohnanspruch zusteht und der Entscheidung des Arbeitgebers nur deklaratorische Bedeutung zukommt. Für die Eingruppierung ist die überwiegende Tätigkeit maßgebend, wobei die abstrakten Tätigkeitsmerkmale entscheidend sind (BAG Urteil vom 28. September 1988 - 4 AZR 326/88 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen; BAG Urteil vom 21. Oktober 1987 - 4 AZR 49/87 -, AP Nr. 19 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie m. w. N.). In den abstrakten Merkmalen der Lohngruppen II bis VII haben die Tarifvertragsparteien Bewertungskriterien hinsichtlich der Qualifikation, der geistigen Beanspruchung, der muskelmäßigen Beanspruchung und der Verantwortung normiert. Ferner bestimmt der Schlußsatz der abstrakten Tätigkeitsmerkmale in Lohngruppe VII:
Die in den Tätigkeitsmerkmalen aufgeführten
Bewertungskriterien sind nicht in jedem Falle
kumulativ zu verstehen. Im Zweifel wird die
Bewertung der den einzelnen Lohngruppen zuzu-
ordnenden Richtbeispiele als Auslegungshilfe
herangezogen.
Dies bedeutet, daß die Erfordernisse einer Lohngruppe dann als erfüllt anzusehen sind, wenn ein Arbeitnehmer eine einem dieser Lohngruppe zugeordneten Richtbeispiel entsprechende Tätigkeit überwiegend auszuüben hat. Bestimmen die Tarifvertragsparteien, daß "im Zweifel" die Bewertung der den einzelnen Lohngruppen zugeordneten Richtbeispiele als "Auslegungshilfe" anzusehen ist, so bringen sie damit zum Ausdruck, daß sie die abstrakten Tätigkeitsmerkmale einer Lohngruppe - auch wenn nicht alle Bewertungskriterien vorliegen - dann als erfüllt ansehen, wenn die Tätigkeit in dieser Lohngruppe als Richtbeispiel aufgeführt ist. Diese Auslegung entspricht der ständigen Senatsrechtsprechung zur Bedeutung von Tätigkeitsmerkmalen in tariflichen Eingruppierungsregelungen. Die Tarifvertragsparteien wollen mit den Richtbeispielen in den Lohngruppen I bis VII, die in sich häufig auch noch verschiedene Alternativen aufweisen, im wesentlichen die für die Druckindustrie typischen Tätigkeiten erfassen und durch die Zuordnung zu einer Lohngruppe tariflich bewerten. Zu der in einem Richtbeispiel beschriebenen Tätigkeit rechnen auch die mit ihr unmittelbar zusammenhängenden Arbeiten (BAG Urteil vom 28. September 1988 - 4 AZR 326/88 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen; BAG Beschluß vom 16. Juni 1987 - 4 ABR 63/86 -, unveröffentlicht).
Auf die abstrakten Tätigkeitsmerkmale muß allerdings dann zurückgegriffen werden, wenn das Richtbeispiel selbst unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können oder eine Tätigkeit in den Richtbeispielen nicht aufgeführt ist. Auch hier entspricht es aber dem Willen der Tarifvertragsparteien, der mit der Verwendung der Bezeichnung "Auslegungshilfe" deutlich zum Ausdruck kommt, daß die Richtbeispiele bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe in den abstrakten Tätigkeitsmerkmalen und bei der tariflichen Bewertung von Tätigkeiten, die als Richtbeispiel nicht genannt sind, heranzuziehen sind (BAG Urteil vom 12. März 1986 - 4 AZR 534/84 -, AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie; BAGE 45, 121, 126 = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung m. w. N.).
Das gleiche gilt, sofern eine Tätigkeit nicht in vollem Umfange der in einem Richtbeispiel genannten Tätigkeit entspricht. Auch in diesem Fall ist zu prüfen, ob die Tätigkeit die abstrakten Tätigkeitsmerkmale der beanspruchten Lohngruppe erfüllt. Bei dieser Prüfung sind allerdings die Richtbeispiele wiederum als Auslegungshilfe heranzuziehen. Ist die Tätigkeit in keinem Richtbeispiel einer niedrigeren Lohngruppe aufgeführt, so bleibt zu prüfen, ob sie die abstrakten Tätigkeitsmerkmale der Lohngruppe erfüllt, obwohl sie den Anforderungen des entsprechenden Richtbeispiels der höheren Lohngruppe nicht in vollem Umfange genügt. Insoweit gewinnt § 4 Ziff. 1 Satz 3 LRTV Bedeutung. Danach sind erweiterte Arbeitsaufgaben bei der Eingruppierung entsprechend zu berücksichtigen. Daraus folgt, daß die Tätigkeit, die den Anforderungen eines Richtbeispiels nicht in vollem Umfange entspricht, die abstrakten Tätigkeitsmerkmale der begehrten Lohngruppe dann erfüllen kann, wenn zum Ausgleich für die im Einzelfall fehlende Tätigkeit andere Tätigkeiten hinzukommen, die tariflich gleichermaßen zu bewerten sind (BAG Urteil vom 28. September 1988 - 4 AZR 326/88 -; BAG Urteil vom 21. Oktober 1987 - 4 AZR 49/87 -, AP Nr. 19 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie).
Die Anwendung dieser Grundsätze führt vorliegend zu dem Ergebnis, daß der Kläger kein Richtbeispiel der von ihm in Anspruch genommenen Lohngruppe V erfüllt. Als einziges Richtbeispiel der Lohngruppe V kommt für die Tätigkeit des Klägers das Richtbeispiel Nr. 8 in Betracht, das wie folgt lautet:
Fahren von Lastkraftwagen und Lieferwagen
im Nah- und Fernverkehr, Fahren von Personen-
kraftwagen für Personenbeförderung.
Der Kläger fährt einen Personenkraftwagen zur Beförderung von Zeitungen und Seitenfilmen. Damit erfüllt er nicht das Richtbeispiel Nr. 8 der Lohngruppe V. In diesem Richtbeispiel sind Personenkraftwagen erwähnt, aber nur wenn sie für Personenbeförderung benutzt werden. Einen Lastkraftwagen fährt der Kläger unzweifelhaft nicht. Entgegen seiner Auffassung kann das Fahrzeug, mit dem er Zeitungen und Seitenfilme transportiert, auch nicht als "Lieferwagen" im tariflichen Sinne angesehen werden. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Tarifvertrag ist der Begriff des Lieferwagens nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zu bestimmen. Danach versteht man unter einem Lieferwagen einen "kleinen Lastwagen zum Transport leichter Güter" (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Bd. 4, 1982, S. 485). Der Kläger fährt jedoch einen Personenkraftwagen und keinen kleinen Lastwagen. Entgegen seiner Auffassung kann unter einem Lieferwagen kein Kraftfahrzeug im Lieferverkehr verstanden werden. Die Tarifvertragsparteien unterscheiden im Richtbeispiel Nr. 8 ausdrücklich zwischen Lastkraftwagen, Lieferwagen und Personenkraftwagen. Damit ist dem Begriff des Lieferwagens eine andere Bedeutung beizumessen als dem Begriff des Personenkraftwagens. Daher können Personenkraftwagen für Warenbeförderung nicht als Lieferwagen angesehen werden. Darüber hinaus haben die Tarifvertragsparteien im dem Richtbeispiel Nr. 8 das Fahren von Personenkraftwagen ausdrücklich auf die Personenbeförderung beschränkt. Daraus muß geschlossen werden, daß ihnen bewußt war, Personenkraftwagen könnten auch für Warenbeförderung benutzt werden. Das Fahren von solchen Personenkraftwagen haben sie aber im Richtbeispiel Nr. 8 gerade ausgeschlossen, wenn sie das Fahren von Personenkraftwagen auf die Personenbeförderung beschränken.
Damit kommt es darauf an, ob der Kläger die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Lohngruppe V LRTV erfüllt. Darunter fallen
Tätigkeiten,
- die durch eine einschlägige abgeschlossene
Berufsausbildung oder einen gleichwertigen
Abschluß vermitteltes Fachwissen erfordern,
das auch durch entsprechende Berufserfahrung
erworben sein kann,
- die mittlere Anforderungen an Aufmerksamkeit
sowie Denktätigkeit voraussetzen,
- die fallweise mittlerer muskelmäßiger Bean-
spruchung unterliegen,
- die mit mittlerer Verantwortung für Betriebs-
mittel, Eigenarbeit und/oder Arbeit und Sicher-
heit anderer verbunden sind.
Bei der Auslegung dieser abstrakten Tätigkeitsmerkmale sind die Richtbeispiele als Auslegungshilfe heranzuziehen. Diese Prüfung ergibt, daß das Fahren von Personenkraftwagen nur in dem Richtbeispiel Nr. 8 der Lohngruppe V erwähnt ist. Wenn dann dort das Fahren von Personenkraftwagen auf die Personenbeförderung beschränkt ist, obwohl den Tarifvertragsparteien - wie diese Beschränkung gerade ausweist - bekannt war, daß Personenkraftwagen auch zur Warenbeförderung (Zeitungen) in der Druckindustrie benutzt werden, muß daraus geschlossen werden, daß die Tarifvertragsparteien das Fahren von Personenkraftwagen zur Warenbeförderung jedenfalls nicht der Lohngruppe V zuordnen wollten. Da für die Zuordnung des Fahrens von Personenkraftwagen zur Warenbeförderung zu einer höheren Lohngruppe als der Lohngruppe V LRTV kein sachlicher Grund ersichtlich ist, wenn selbst das Fahren von Lastkraftwagen (nur) unter die Lohngruppe V LRTV fällt, bleibt für das Fahren von Personenkraftwagen zur Warenbeförderung nur eine niedrigere Lohngruppe als die Lohngruppe V LRTV übrig. Eine Eingruppierung nach Lohngruppe V LRTV käme danach für den Kläger allenfalls dann in Betracht, wenn er erweiterte Arbeitsaufgaben erfüllte, die vom Richtbeispiel Nr. 8 nicht erfaßt werden. Dafür ist jedoch kein Anhaltspunkt ersichtlich.
Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob der Kläger - losgelöst von den Richtbeispielen - die abstrakten Merkmale der Lohngruppe V LRTV erfüllen könnte. Abgesehen davon hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei verneint, daß der Kläger diese Tätigkeitsmerkmale erfüllt. Das Landesarbeitsgericht verneint zutreffend, daß die Tätigkeit des Klägers (Fahren eines Personenkraftwagens) eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung oder einen gleichwertigen Abschluß erfordert. Es verneint ferner rechtsfehlerfrei, daß die Tätigkeit des Klägers "mittlere Anforderungen an Aufmerksamkeit sowie Denktätigkeit" voraussetzt. Wenn das Landesarbeitsgericht insoweit ausführt, die im Verkehr auftauchenden Probleme seien schnell und einfach zu überblicken und nicht mit den geistigen Belastungen eines Facharbeiters zu vergleichen, die im Stadtverkehr zuweilen erforderlichen Überlegungen, wie zu bestimmten Zeiten ein Ziel am besten anzusteuern sei, seien mit leichter Denktätigkeit verbunden, insoweit werde vom Kraftfahrer weniger verlangt als typischerweise von einem Facharbeiter, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Erfüllt der Kläger aber damit von vier abstrakten Merkmalen der Lohngruppe V LRTV zwei Merkmale nicht, ist eine Eingruppierung in diese Lohngruppe nicht möglich.
Aus der Tarifgeschichte kann der Kläger nichts für sich herleiten. Wenn ursprünglich vorgesehen war, das Fahren von PKW's für Kurierdienste dem Fahren von PKW's für Personenbeförderung in einem Tätigkeitsbeispiel gleichzustellen, dies aber dann unterblieben ist, spricht dies entgegen der Auffassung des Klägers gerade dagegen, daß das Fahren von PKW's für Kurierdienste ebenso zu vergüten ist wie das Fahren von PKW's zur Personenbeförderung. Nach alledem ist der Kläger mit seiner Kraftfahrertätigkeit nicht in Lohngruppe V LRTV eingruppiert, so daß die Klage unbegründet ist.
Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Dr. Neumann Dr. Freitag Dr. Etzel
Brocksiepe Marx
Fundstellen
Haufe-Index 439544 |
DB 1989, 1828 (L1) |
RdA 1989, 200 |
ZTR 1989, 358-359 (LT1) |
AP § 1 TVG, Nr 23 |
AR-Blattei, Druckindustrie Entsch 9 (LT1) |
AR-Blattei, ES 610 Nr 9 (LT1) |
EzA § 3 TVG Druckindustrie, Nr 18 (LT1) |