Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Sprachlehrerin an einer Hochschule. Bewährungsaufstieg. Tarifrecht. Eingruppierung Lehrer. Eingruppierung einer Sprachlehrerin im Hochschuldienst
Orientierungssatz
- Ein Bewährungsaufstieg nach § 23 a BAT-O kommt für Lehrer tariflich nicht in Betracht.
- Weder die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der nicht von der Anl. 1a zum BAT-O erfaßten Angestellten vom 30. Dezember 1994 noch die Lehrereingruppierungsrichtlinien für das Land Sachsen-Anhalt vom 1. Juli 1995 eröffnen für Lehrkräfte für besondere Aufgaben an wissenschaftlichen Hochschulen einen Bewährungsaufstieg von der VergGr. IIa in die VergGr. Ib BAT-O.
- Bei lediglich irrtümlichem Normenvollzug gegenüber einzelnen Arbeitnehmern erwächst kein Anspruch auf höhere Vergütung aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Normenkette
BAT-O §§ 22, 23 Lehrer, § 23a; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 § 2; GG Art. 72, 74a; BBesG Anl. I Vorbem. Nr. 16b; Landesbesoldungsgesetz Sachsen-Anhalt vom 27. Juni 1991 i.d.F. vom 27. Juli 1995
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 29. Juni 2001 – 2 Sa 510/00 E – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin in die VergGr. Ib BAT-O auf Grund eines Bewährungsaufstiegs aus der VergGr. IIa BAT-O.
Die Klägerin studierte von 1964 bis 1969 an der pädagogischen Hochschule Potsdam und schloß das Studium als Diplom-Lehrerin für die Fächer Russisch und Englisch ab. Von 1969 bis 1979 war sie an verschiedenen Schulen in Halle beschäftigt. Seit dem 1. Februar 1979 ist die Klägerin mit einer Unterbrechung vom 1. Oktober 1980 bis 15. Juli 1982 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Institut für Fremdsprachenvermittlung, Abteilung englische Sprache, als Lehrerin im Hochschuldienst für den Rechtsvorgänger und seit dem Beitritt für das beklagte Land tätig. Dort erteilt sie sprachpraktischen Unterricht.
Unter dem Datum des 2. Dezember 1992 erließ das damalige Ministerium für Wissenschaft und Forschung des beklagten Landes eine Regelung “zur einheitlichen Verfahrensweise bei der Eingruppierung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals”. Dort heißt es ua.:
“…
Lehrkräfte für besondere Aufgaben gehören zum Kreis der Lehrkräfte, für die die Anlage 1a zum BAT-O nach Nr. 5 der Vorbemerkung zu allen Vergütungsgruppen nicht gilt. Sie sind daher außertariflich einzugruppieren.
Nach meinen Feststellungen kommt für die o.a. Angestellten aufgrund der von ihnen ausgeübten/auszuübenden Tätigkeiten folgende Eingruppierung in Betracht:
…
- Lehrkräfte für besondere Aufgaben (§ 58 Abs. 1 HEG LSA) in VergGr. IIa Fallgruppe 1a.
…
Sprachlehrer sind Lehrkräfte für besondere Aufgaben, soweit für ihre Lehrtätigkeit eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung erforderlich ist.”
Die Klägerin wurde in der Folgezeit gem. der VergGr. IIa BAT-O entlohnt. Im übrigen haben sich beide Parteien im Verlauf des Arbeitsverhältnisses und des Rechtsstreits auf einzelne Normen des BAT-O berufen, ohne daß die jeweils andere Partei dem mit dem Hinweis entgegengetreten wäre, die Anwendung dieser Tarifnormen sei ausgeschlossen.
Unter dem 20. August 1993 teilte die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg der Klägerin folgendes mit:
“Ihr Antrag wurde bearbeitet.
Als Zeitpunkt für einen möglichen Aufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe bzw. Lohngruppe wurde der 1. September 1997 festgestellt.”
Durch Schnellbrief des beklagten Landes vom 20. Juli 1994 sind ab 1. Januar 1994 die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) in der Fassung vom 13. April 1994 in Kraft gesetzt worden. Nach deren Abschnitt G werden Lehrkräfte für besondere Aufgaben an wissenschaftlichen Hochschulen und an Fachhochschulen mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung bei Lehrveranstaltungen dieser Grundlage nach VergGr. IIa BAT-O vergütet.
Am 1. Juli 1995 traten die Eingruppierungsrichtlinien des Landes Sachsen-Anhalt über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte in Kraft. Dort ist ua. folgendes geregelt:
“II.
…
Hat die Lehrkraft im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinien Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe erhalten als aus der Vergütungsgruppe, in die sie nach diesen Richtlinien eingruppiert ist, wird diese Vergütung für die Dauer des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses durch das Inkrafttreten dieser Richtlinie nicht berührt.
…
V.
…
…”
Unter dem 5. August 1997 teilte das beklagte Land der Klägerin mit, daß ein Bewährungsaufstieg nicht anzuerkennen sei. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 15. Dezember 1997 “Widerspruch”.
Im Rahmen der Einleitung von Stufenverfahren richtete das Kultusministerium des beklagten Landes am 16. Januar 2001 an den Vorsitzenden des Allgemeinen Hauptpersonalrats ein Schreiben, welches auszugsweise wie folgt lautet:
“Nachstehende 37 Lehrkräfte werden in ihren Vergütungsgruppen belassen. Grundlage für diese Entscheidung ist, daß der Erlaß des damaligen Ministeriums für Wissenschaft und Forschung vom 2.12.1992 korrekt vorgenommen worden ist, da es für diesen Beschäftigtenkreis keine tariflichen Regelungen im Land Sachsen-Anhalt gegeben hatte. Sie waren daher außertariflich in die VergGr. IIa BAT-O einzugruppieren und nahmen nach Erfüllung einer 15-jährigen Bewährungszeit am Bewährungsaufstieg in die VergGr. Ib BAT-O teil. Nach Inkrafttreten neuer landeseinheitlicher Regelungen (Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA) vom 1. 7.1995, die einen solchen Bewährungsaufstieg nicht vorsahen, war die Gewährung eines Bewährungsaufstiegs nicht mehr möglich. Daher konnten nach diesem Zeitpunkt auch keine Lehrkräfte für besondere Aufgaben den Bewährungsaufstieg in die VergGr. Ib BAT-O erfahren.”
Im Mai 2001 hat die Personalabteilung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg einigen Lehrkräften im Hochschuldienst einen Arbeitsvertrag zur Unterzeichnung übersandt. Dieser enthielt folgende Nebenabrede:
“Die Eingruppierung erfolgt außertariflich nach VergGr. IIa BAT-O mit Bewährungsaufstieg nach 15 Jahren in VergGr. Ib BAT-O.”
Unter den Adressaten waren auch Lehrkräfte, die eine Bewährungszeit erst nach dem 1. Juli 1995 abgeschlossen hatten.
Mit ihrer bei Gericht am 23. Dezember 1999 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, daß das beklagte Land verpflichtet ist, sie gem. VergGr. Ib BAT-O zu vergüten.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß auf ihr Arbeitsverhältnis der BAT-O und die ihn ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweiligen Fassung Anwendung finden. Zwar gelte die Anl. 1a zum BAT-O für sie als Lehrkraft nicht. Durch den Erlaß vom 2. Dezember 1992 sei sie aber außertariflich nach Maßgabe der VergGr. IIa Fallgr. 1a BAT-O eingruppiert worden. Durch die Angabe der Fallgruppe seien die Tätigkeitsmerkmale bestimmt worden, die für die Vergütungsgruppeneinstufung konstitutiv sein sollten. Dies beinhalte die Kennzeichnung als Fallgruppe, aus der sie im Wege der Bewährung in die nächst höhere Vergütungsgruppe aufsteigen könne. Bei der im Erlaß geregelten Eingruppierung handele es sich ferner um die übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB bzw. um eine einseitige statische Leistungsbestimmung des öffentlichen Arbeitgebers. Es sei auch mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren, daß sie nicht mit denjenigen Lehrern gleichgestellt werde, die als Lehrkräfte für besondere Aufgaben nach 15-jähriger Bewährungszeit bis zum Inkrafttreten der Lehrereingruppierungsrichtlinien in die VergGr. Ib BAT-O höhergruppiert worden seien. Außerdem hätten 14 Lehrkräfte noch nach dem 1. Juli 1995 am Bewährungsaufstieg in die VergGr. Ib BAT-O teilgenommen. Bei ihnen sei – entgegen der Behauptung des beklagten Landes – keine Herabgruppierung vorgesehen. Vielmehr seien sie die Adressaten der Änderungsangebote vom Mai 2001, durch die die Eingruppierung vertraglich fixiert werden sollte. Wenigstens eine Lehrkraft für besondere Aufgaben habe den Vertrag unterschrieben und an das Personalamt der Martin-Luther-Universität zurückgesandt. Höchstwahrscheinlich habe das Personalamt auch mit Billigung des Kultusministeriums gehandelt.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 1. September 1997 Vergütung nach VergGr. Ib BAT-O zu zahlen und die sich hiernach ergebenden Nettodifferenzbeträge zur VergGr. IIa BAT-O unter Einschluß der Unterschiedsbeträge in den Sonderzuwendungen ab Rechtshängigkeit bis zum 30. April 2000, für die Zeit ab dem 1. Mai 2000 mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG zu verzinsen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Es hat die Rechtsansicht vertreten, der Erlaß vom 2. Dezember 1992 sei zwischen den Parteien arbeitsvertraglich nicht vereinbart worden und auch nicht an die Klägerin gerichtet gewesen. Soweit Lehrkräfte für besondere Aufgaben nach ihrem Bewährungsaufstieg in der VergGr. Ib BAT-O belassen worden seien, beruhe dies lediglich auf der Besitzstandsregelung der Lehrereingruppierungsrichtlinien. Soweit nach dem 1. Juli 1995 ein Bewährungsaufstieg zugestanden worden sei, seien Herabgruppierungen und Änderungskündigungen eingeleitet worden. Die vereinzelten Vertragsangebote im Mai 2000 seien weder auf Veranlassung noch mit Billigung des Kultusministeriums abgegeben worden. Nachdem diese Verfahrensweise bemerkt worden sei, seien die Vertragsmuster auf Weisung des Kanzlers der Martin-Luther-Universität sofort wieder zurückgezogen worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Klägerin kann die Höhergruppierung in die VergGr. Ib im Wege des Bewährungsaufstiegs nicht verlangen. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen.
Unterschriften
Hauck, Dr. Wittek, Laux, Brückmann, Dr. Haible
Fundstellen
Haufe-Index 840632 |
NZA 2003, 232 |
ZTR 2002, 587 |
PersV 2003, 276 |
NJOZ 2003, 2095 |
Tarif aktuell 2003, 8 |