Während der Mutterschutzzeiten und der Elternzeit besteht kein Anspruch auf Entgelt im Sinne des § 20 Abs. 2 TV-L. Eine Verminderung der Jahressonderzahlung unterbleibt jedoch für Kalendermonate, in denen Tabellenentgelt nicht gezahlt wurde (§ 20 Abs. 4 Satz 2 Buchst. b und c TV-L)
- wegen Beschäftigungsverboten nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 MuSchG vor und nach der Geburt und/oder
- wegen Elternzeit nach dem BEEG bis zum Ende des Kalenderjahrs der Geburt des Kindes, wenn am Tag vor Antritt der Elternzeit Anspruch auf Entgelt oder auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld bestanden hat.
Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 4 Buchst. b) sind hinsichtlich der Berechnung der Jahressonderzahlung nur die Zeiten der Beschäftigungsverbote in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 1 MuSchG) und in den acht bzw. zwölf Wochen nach der Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG) unschädlich. Während der Tarifvertrag an anderen Stellen anordnet, dass "Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz" – ohne Einschränkung auf bestimmte Paragraphen – unschädlich sind (vgl. z. B. § 17 Abs. 3 Buchst. a zur Unterbrechung der Stufenlaufzeit), sind in § 20 die sonstigen Beschäftigungsverbote des MuSchG – z. B. ein ärztliches Beschäftigungsverbot zum Schutz von Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind nach § 16 MuSchG oder die arbeitsplatzbezogenen weiteren Beschäftigungsverbote nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG – nicht einbezogen. Während eines solchen Beschäftigungsverbots erhält die Arbeitnehmerin kein tarifliches Entgelt und keine Entgeltfortzahlung nach § 21, sondern den sog. Mutterschutzlohn nach § 18 MuSchG, ein spezialgesetzlich geregelter Zahlungsanspruch greift ein. Bei enger Auslegung des Tarifvertrags anhand des Wortlauts könnte für die Zeit bis zum 31.12.2019 somit vertreten werden, dass ein nach ärztlichem Zeugnis angeordnetes oder arbeitsplatzbezogenes Beschäftigungsverbot vor der vorgeburtlichen Schutzfrist zu einer Verminderung der Jahressonderzahlung führe. Hiergegen bestehen jedoch rechtliche Bedenken.
Nach einer Entscheidung des BAG sind Fehlzeiten aufgrund der Mutterschutzfristen des Mutterschutzgesetzes für die Zahlung einer tariflichen Jahresleistungsprämie einer tatsächlichen Arbeitsleistung gleichzusetzen. Das BAG unterschied im Leitsatz seines Urteils nicht zwischen den generellen und den individuellen Beschäftigungsverboten des MuSchG. Im Übrigen würde die Nichtberücksichtigung der Zeiten eines individuellen oder arbeitsplatzbezogenen Beschäftigungsverbots eine unzulässige Diskriminierung wegen des Geschlechts darstellen und somit gegen das Diskriminierungsverbot in §§ 1, 7 AGG verstoßen.
Somit ist § 20 Abs. 4 Satz 1 TV-L dahingehend auszulegen, dass als "Entgelt" im Sinne der Vorschrift auch der sog. Mutterschutzlohn anzusehen ist. Somit führen Kalendermonate mit einem Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG nicht zu einer Verminderung der Jahressonderzahlung.
Mit der anspruchserhaltenden Anrechnung der Elternzeit im Jahr der Geburt des Kindes unterstützen die Tarifvertragsparteien die gesetzgeberische Zielsetzung des BEEG, die es den Eltern ermöglichen soll, sich der intensiven Betreuung des Kleinkindes zu widmen. Die Förderung des sozialpolitischen Anliegens rechtfertigt eine Besserstellung der Elternzeit gegenüber krankheitsbedingten Fehlzeiten.
Elternzeit im Jahr der Geburt des Kindes führen nicht zu einer Verminderung der Jahressonderzahlung, wenn am Tag vor Antritt der Elternzeit "Entgeltanspruch" bestanden hat. Als "Entgelt" im Sinne dieser Vorschrift ist auch der vom Arbeitgeber zu zahlende Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zu werten. Die Tarifvertragsparteien haben zwischenzeitlich in einer Niederschriftserklärung zu § 20 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst c) die Gleichstellung von Zuschuss zum Mutterschaftsgeld und Entgeltanspruch ausdrücklich klargestellt.
Bestand dagegen am Tag vor dem Antritt der Elternzeit kein Anspruch auf Entgelt oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, so ist die Jahressonderzahlung für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen.
Das Kind ist während eines unbezahlten Sonderurlaubs nach § 28 TV-L (zur Betreuung des erstgeborenen Kindes über das dritte Lebensjahr hinaus) geboren. Die Mutter nimmt Elternzeit für das zweite Kind direkt im Anschluss an den Sonderurlaub in Anspruch. Die Jahressonderzahlung wird auch für die Kalendermonate der Elternzeit, die im Geburtsjahr des zweiten Kindes liegen, vermindert.
Die Elternzeit in den Jahren nach dem Geburtsjahr des Kindes führt in jedem Fall zu einer Verminderung der Jahressonderzahlung.
Eine Beschäftigte entbindet am 10.5.2020. Im Anschluss an die Mutterschutzfristen nimmt sie vom 6.7.2020 bis einschließlich 9.5.2023 Elternzeit in Anspruch. Am Tag vor Beginn der Elternzeit (5.7.2019) bestand Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld.
Die Jahressonderzahlung wird im Kalenderjahr der Geburt des Kindes (2020) in voller Höhe gezahlt. Weder die Mutterschutzfristen noch die Elternzeit im Kalenderja...