Entscheidungsstichwort (Thema)
Reduzierung der Arbeitszeit. entgegenstehende betriebliche Gründe. Einhaltung der Dreimonatsfrist durch den Arbeitnehmer
Leitsatz (amtlich)
1. § 8 TzBfG ist nicht nach Art. 12 GG wegen Eingriffs in die Unternehmens- und Vertragsfreiheit des Arbeitgebers verfassungswidrig.
2. Die Einhaltung der Dreimonatsfrist des § 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG durch den Arbeitnehmer ist keine materielle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit. Die Versäumung der Dreimonatsfrist verschiebt für den Regelfall lediglich den Beginn der reduzierten Arbeitszeit auf einen späteren Zeitpunkt.
3. Entgegenstehende betriebliche Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 TzBfG können dann nicht angenommen werden, wenn bei der Suche nach einer geeigneten Ersatzkraft in Stellenausschreibungen zu hohe Qualifikationsanforderungen gestellt werden.
Normenkette
TzBfG § 8 Abs. 2, 4; ZPO § 894
Verfahrensgang
ArbG Herne (Urteil vom 30.11.2001; Aktenzeichen 4 Ca 2477/01) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 30.11.2001 – 4 Ca 2477/01 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, die Zustimmung zur Reduzierung der Arbeitszeit des Klägers auf 81,13 Stunden monatlich zu erteilen und die Verteilung der reduzierten Arbeitszeit entsprechend dem Wunsch des Klägers dahingehend festzulegen, dass dieser in Conti-Schicht lediglich jeden 2. Schicht-Turn (2 Frühschichten à 8 Stunden, 2 Spätschichten à 8 Stunden, 2 Nachtschichten à 8 Stunden, 4 Freischichten) tätig wird.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger während der Dauer des vorliegenden Rechtsstreits nur noch mit 81,13 Stunden monatlich reduzierter Arbeitszeit entsprechend zu beschäftigen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 1/4, die Beklagte 3/4 zu tragen.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Reduzierung der Arbeitszeit des Klägers nach § 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes – TzBfG –.
Der 29jährige Kläger ist ledig und keinen Kindern unterhaltsverpflichtet. Seit November 1998 ist er bei der Beklagten, einem Betrieb zur Herstellung von Getränkedosen und Getränkedeckeln mit ca. 470 Mitarbeitern einschließlich der Auszubildenden, zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 4.228,15 DM vollzeitbeschäftigt.
Im Betrieb der Beklagten wird aufgrund von Betriebsvereinbarungen vom 30.11.1999 unter anderem in der Produktion Dosenfertigung, der Produktion Deckelfertigung, der Elektrowerkstatt Dosenfertigung wie in der Elektrowerkstatt Deckelfertigung in vollkontinuierlicher Arbeitsweise, dreischichtig an sieben Tagen in der Woche, gearbeitet. Der Kläger, der als Betriebselektriker in der Elektrowerkstatt Deckelfertigung eingesetzt ist, arbeitet neben neun weiteren Betriebselektrikern im vollkontinuierlichen Schichtdienst. Dabei ist nach dem Stellenbesetzungsplan der Beklagten jeweils ein Team von zwei vollzeitbeschäftigten Betriebselektrikern jeder einzelnen Schicht zuzuordnen. Für jede Schicht in der Deckelfertigung besteht ein Rhythmus von zehn Tagen, wovon in regelmäßiger Abfolge jeweils hintereinander zwei Tage Frühschicht, zwei Tage Spätschicht, zwei Tage Nachtschicht und vier Tage Freischicht gefahren wird (vgl. Schichtübersicht 2002 – Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 09.08.2002 – Bl. 172 ff.d.A.).
Im Betrieb der Beklagten werden keine zusammenhängenden Betriebsferien gefahren. In Fällen der Abwesenheit durch Erholungsurlaub, Arbeitsunfähigkeit, Fortbildung u.a. vertreten sich die Betriebselektriker untereinander. Bei notwendigen Schichtumbesetzungen, die u.a. auch daraus resultieren, dass bestimmte Arbeiten aus Sicherheitsgründen nach deutschen und internationalen Normen nur von einer Elektrofachkraft unter Anwesenheit einer weiteren Elektrofachkraft durchgeführt werden dürfen, kommt es im Betrieb der Beklagten immer wieder vor, dass einzelne Schichten nur mit einem Betriebselektriker gefahren werden. Ferner werden bestimmte Tätigkeiten möglichst in den Frühschichtbereich gelegt, um sicherzustellen, dass die verantwortliche Elektrofachkraft als Aufsichtsperson zugegen ist.
Im Bereich der Betriebselektriker Deckelfertigung fielen in der Vergangenheit, April 2001 bis April 2002 u.a. aufgrund von kurzfristig und zeitlich nicht kalkulierbaren Reparaturarbeiten Überstunden an. Die Einzelheiten der angefallenen Überstunden ergeben sich aus der Aufstellung „Überstunden Schichtelektriker Deckelfertigung” (Bl. 153, 162 d.A.).
Die Haupttätigkeit des Klägers und der übrigen Betriebselektriker besteht in der verbeugenden Wartung, Instandhaltung und -setzung der Produktions- und Nebenanlagen sowie Energieversorgung und Beleuchtung sowie der Betriebsdatenerfassung und -verarbeitung. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung für Betriebselektriker (Bl. 29 d.A.) verfügen diese u.a. über Kenntnisse in „Rockwell SPS, Basic, CAD …”. Bei seiner Einstellung verf...