Entscheidungsstichwort (Thema)
Reinigungsarbeiten von Schulhausmeistern in NRW
Leitsatz (redaktionell)
Den Schulhausmeistern bei kommunalen Arbeitgebern in Nordrhein-Westfalen kann nach dem für sie maßgebenden Bezirks-Zusatztarifvertrag zum BAT über ihr Pflichtpensum hinaus die Bearbeitung weiterer Reinigungsflächen bis zu 600 qm mit einer zusätzlichen Vergütung übertragen werden. Voraussetzung ist, daß sich bei der Verteilung der Gesamtfläche einer Schule auf Putzhilfen entsprechende Restflächen ergeben und daß der Schulhausmeister der Übertragung zustimmt. Die entsprechende Vereinbarung bedarf nicht der Schriftform und kann nicht einseitig widerrufen werden.
Normenkette
BGB §§ 157, 127, 126, 133; BAT § 4 Abs. 2, § 17 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 07.01.1981; Aktenzeichen 5 sa 1293/80) |
ArbG Solingen (Entscheidung vom 31.07.1980; Aktenzeichen 4 Ca 325/80 (L)) |
Tatbestand
Der am 1. August 1934 geborene Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin (der früheren Stadt O) seit dem 1. November 1957 als Schulhausmeister beschäftigt, zunächst im Arbeiter-, seit Mitte März 1966 im Angestelltenverhältnis. Der unter dem 5. Mai 1966 geschlossene Anstellungsvertrag bestimmt, daß sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 (BAT), dem maßgebenden Bezirks- Zusatztarifvertrag (BZT) und allen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung richten soll. Nach § 8 des Vertrages sind Änderungen und Ergänzungen dieses Arbeitsvertrages sowie Nebenabreden nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden.
Mit Schreiben vom 14. April 1966 teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger folgendes mit:
Betr.: Neuregelung Ihres Arbeitsvertrages
Nach Fertigstellung des neuen Schultrakts in der
ev. Volksschule in Q wurde durch Aufmaß
des Stadtbauamtes vom 7.2.1966 eine
Gesamt-Reinigungsfläche einschl. Turn-
halle von 3252,03 qm ermittelt.
Entsprechend der "Sonderregelung für Schulhausmei-
ster" § 6, Abschn. B des Zusatztarifvertrages zum
BAT vom 5.11.61, ist bei Schulhausmeistern an
Schulen mit einer Reinigungsfläche von mehr als
2500 qm der BAT anzuwenden. Bei der Größenklasse
der von Ihnen zu betreuenden Schule ist von Ihnen
eine überwiegende Angestellten-Tätigkeit auszuüben,
so daß Sie ab 15.3.1966 in das Angestellten-Ver-
hältnis übernommen werden. Nach Ziffer 9 der Son-
derregelung erfolgt Ihre Eingruppierung in die Ver-
gütungsgruppe IX BAT.
Für die Festsetzung der Vergütung und die Fest-
stellung der notwendigen Putzstellen ist folgende
Berechnung aufzustellen:
Gesamt-Reinigungsfläche 3252,03 qm
Pflichtreinigung 105 qm
bleiben 3147,03 qm
Reinigungsfl. 5 Putzhilfen 3000 qm
freiwillige Reinigungsfläche 147,03 qm
Für die 147,03 qm freiwillige Reinigungsfläche werden
Ihnen 24,5 Stunden der Lohngruppe A V gezahlt, = 24,5
x 2,75 DM = 67,38 DM.
Die Vergütungen gemäß örtlicher Tarif-Vereinbarung
bleiben wie bisher bestehen.
Ihre genaue Gehaltsberechnung wollen Sie aus der
Anlage ersehen.
Für die übertragene Reinigung der sogenannten freiwilligen Reinigungsfläche von 147,03 qm erhielt der Kläger zuletzt eine monatliche Vergütung von 358,90 DM. Mit Schreiben vom 28. April 1980 wies die Beklagte den Kläger an, die von ihm übernommenen Reinigungsarbeiten auf die vorhandenen Putzhilfen zu übertragen; die dafür bisher bewilligte Zusatzvergütung werde sie ab 1. Juli 1980 nicht mehr zahlen.
Der Kläger hält die einseitige Entziehung der ihm übertragenen Reinigungsarbeiten durch die Beklagte für rechtsunwirksam. Er hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen
den Parteien über den 1. Juli 1980 hinaus zu un-
veränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Übertragung von zusätzlichen Reinigungsflächen an Schulhausmeister stelle sich als Anordnung von Überstundenarbeit dar, auf deren Fortbestand kein Anspruch bestehe. Der Arbeitsvertrag des Klägers enthalte keine Regelung über die zusätzliche Reinigung. Aus der Trennung der Absprache vom Arbeitsvertrag und insbesondere aus der Bezeichnung "freiwillige Reinigungsfläche" ergebe sich weiter, daß die Beklagte die Leistung jederzeit habe widerrufen können. Für einen derartigen Widerruf habe im übrigen auch ein sachlicher Grund vorgelegen. Die vom Kläger bisher durchgeführte zusätzliche Reinigung habe nämlich nunmehr von Reinigungskräften übernommen werden können. Selbst wenn aber für die zusätzlichen Reinigungsarbeiten eine Vereinbarung zwischen den Parteien vorgelegen hätte, wäre die Beklagte berechtigt, die Übertragung wieder rückgängig zu machen. Diese wäre nämlich dann eine Nebenabrede im Sinne des § 4 Abs. 2 BAT. Im vorliegenden Fall sei sie nicht schriftlich niedergelegt worden und infolgedessen unwirksam (§ 126 BGB). Überdies wäre eine etwaige Absprache der Parteien hinsichtlich der Übertragung der zusätzlichen Reinigungsarbeiten nach § 134 BGB nichtig, weil sie von einer für beide Seiten bindenden Tarifvorschrift abweiche (§ 6 Abschn. B Abs. 2 Buchst. c Satz 2 BZT). Nach der Größe der Schule, an der der Kläger beschäftigt sei, hätte dem Hausmeister eine zusätzliche Reinigungsfläche nicht übertragen werden dürfen. Der maßgebende Bezirks-Zusatztarifvertrag im Bereich der kommunalen Arbeitgeber im Lande Nordrhein-Westfalen sieht folgende Sonderregelung für Hausmeister vor:
§ 6 BZT
(Zu SR 2 r BAT)
A. ...
B. Sonderregelungen für Schulhausmeister
(1) ...
(2) a) ...
b) Die Verpflichtung des Schulhausmeisters zu
Reinigungsarbeiten beschränkt sich im Rahmen
der regelmäßigen Arbeitszeit im Regelfall
an Schulen mit einer Reinigungsfläche
bis 1500 qm auf 500 qm
von mehr als 1500 qm bis 1750 qm auf 425 qm
von mehr als 1750 qm bis 2000 qm auf 350 qm
von mehr als 2000 qm bis 2250 qm auf 275 qm
von mehr als 2250 qm bis 2500 qm auf 200 qm
von mehr als 2500 qm bis 2750 qm auf 125 qm
von mehr als 2750 qm bis 3000 qm auf 50 qm.
Bei einer Reinigungsfläche von über 3000 qm entfällt
die Verpflichtung zu Reinigungsarbeiten.
c) Für die Reinigung über die Pflichtgrenze hinaus
werden Putzhilfen gestellt. Sofern diese Putzhilfen
weniger als 600 qm zu reinigen hätten, kann die
Reinigung dieser Fläche dem Schulhausmeister zu-
sätzlich übertragen werden. Hierfür wird ihm, wenn
in der 6-Tage-Woche gereinigt wird, monatlich für
je 6 qm eine Vergütung des auf die Arbeitsstunde
umgerechneten Monatstabellenlohnes der Stufe 4 der
Lohngruppe I nach dem jeweils geltenden Monatslohn-
tarifvertrag zum BMT-G gezahlt; wird die Schule an
weniger als 6 Tagen in der Woche gereinigt, vermin-
dert sich die Vergütung entsprechend. Absatz vier
(betr. Überstunden und Feiertagsarbeit) findet neben
diesen Vorschriften keine Anwendung.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, die ihr Klageziel der Abweisung der Klage weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger kann die ihm übertragenen Reinigungsarbeiten weiterhin ausführen und hat Anspruch auf entsprechende Vergütung.
1. Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist durch das Schreiben vom 14. April 1966, das von der Rechtsvorgängerin der Beklagten stammt, ergänzt worden. Der Kläger war als Hausmeister einer Schule mit einer Gesamt-Reinigungsfläche von 3252,03 qm eigentlich nicht verpflichtet, selbst Reinigungsarbeiten zu übernehmen. Das ergibt sich aus § 6 Buchst. B Abs. 2 Buchst. b BZT. Abweichend davon bot ihm die Rechtsvorgängerin der Beklagten an, daß er 147,03 qm der Reinigungsfläche zur eigenen Bearbeitung freiwillig übernehmen könne und dann Anspruch auf Vergütung nach Lohngruppe A V für 24,5 Stunden im Monat habe. Dieses Angebot hat der Kläger stillschweigend angenommen, indem er die entsprechenden Arbeiten durchführte und abrechnete. 14 Jahre lang ist unstreitig so verfahren worden.
Soweit die Beklagte geltend macht, dem Kläger seien die zusätzlichen Reinigungsarbeiten durch einseitige Arbeitgeberweisung übertragen worden, verkennt sie den Umfang ihres Direktionsrechts. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Überstundenanordnung. Diese wäre nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BAT auf dringende Fälle zu beschränken, wovon im vorliegenden Fall keine Rede sein kann. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, ging es von Anfang an um eine Dauerregelung. Das Schreiben vom 14. April 1966 ist deshalb zutreffend mit "Neuregelung des Arbeitsvertrages" überschrieben.
Auch der Bezirks-Zusatztarifvertrag begründet insoweit kein einseitiges Gestaltungsrecht zugunsten der kommunalen Arbeitgeber. Vielmehr wird in § 6 Buchst. B Abs. 2 Buchst. b BZT ausdrücklich geregelt, inwieweit Schulhausmeister zu Reinigungsarbeiten verpflichtet sind. Diese Regelung hätte wenig praktische Bedeutung, wenn die kommunalen Arbeitgeber ohnehin einseitig bestimmen dürften, welche Reinigungsflächen der Hausmeister selbst bearbeiten muß. Ein solches Gestaltungsrecht ginge weit über das arbeitsrechtliche Direktionsrecht hinaus, zumal es die Vergütung eines Angestellten nach einer Lohngruppe des BMT-G einschlösse. Deshalb ist die Regelung in § 6 Buchst. B Abs. 2 Buchst. c BZT so zu verstehen, daß unter den dort genannten Voraussetzungen zusätzliche Reinigungsarbeiten an die Schulhausmeister übertragen werden können, wenn eine entsprechende Einigung zustandekommt. In diesem Sinne spricht auch das Schreiben vom 14. April 1966 von einer "freiwilligen Reinigungsfläche". Weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer können vom anderen Vertragsteil die Zuweisung bzw. Übernahme entsprechender Reinigungsarbeiten verlangen.
2. Die vertragliche Regelung im Schreiben vom 14. April 1966 verstößt nicht gegen zwingendes Tarifrecht.
a) Das ergibt sich allerdings nicht schon allein aus dem Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG). Die Übertragung der zusätzlichen Reinigungsarbeiten ist eine zweischneidige Regelung, die nicht nur Vorteile für den Arbeitnehmer bietet. So gelten z.B. die Vorschriften über Überstundenvergütung und Feiertagsbezahlung nicht bezüglich der zusätzlichen Reinigungsarbeiten (§ 6 Buchst. B Abs. 2 Buchst. c Satz 3 BZT). Außerdem entspricht die Vergütung nicht den sonstigen Bezügen des Schulhausmeisters, sondern richtet sich nach dem für Arbeiter maßgebenden Lohntarifvertrag. Diese Abweichungen vom sonstigen Tarifrecht haben die Vertragsparteien des Bezirks-Zusatztarifvertrages unter genau bestimmten Voraussetzungen zugelassen. Deshalb sind entsprechende Arbeitsverträge wirksam (§ 4 Abs. 3 TVG).
b) Die tariflichen Voraussetzungen für die Übertragung zusätzlicher Reinigungsarbeiten sind im vorliegenden Fall erfüllt, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat.
Sofern Putzhilfen weniger als 600 qm zu reinigen hätten, kann die Reinigung dieser Fläche dem Schulhausmeister zusätzlich übertragen werden. Diese Regelung will die Beklagte dahin verstehen, daß freiwillige Reinigungsflächen nur dann an einen Schulhausmeister übertragen werden dürfen, wenn über die von diesem ohnehin zu reinigenden Flächen hinaus insgesamt nur weniger als 600 qm für die Reinigung durch Putzhilfen übrig bleiben. Eine solche Fallgestaltung könnte aber nach den in § 6 Buchst. B Abs. 2 Buchst. b BZT geregelten Pflichtreinigungsflächen nur dann in Betracht kommen, wenn die Gesamtfläche der Schule insgesamt weniger als 1100 qm beträgt. Bei einer Fläche bis zu 1500 qm müssen Schulhausmeister nämlich selbst 500 qm reinigen. Schulen mit einer Gesamtfläche unter 1100 qm sind eine Ausnahmeerscheinung, wie sich schon aus der tariflichen Aufstellung der Pflichtreinigungsflächen ergibt und auch die Beklagte nicht bestreitet. Außerdem käme die Fallgestaltung nur in Betracht, wenn nicht einmal eine einzige Putzhilfe voll ausgelastet wäre. Die tarifliche Regelung spricht aber ausdrücklich von "Putzhilfen" in der Mehrzahl. Schließlich weist das Landesarbeitsgericht mit Recht darauf hin, daß die Auslegung der Beklagten sehr viel einfacher und klarer hätte geregelt werden können, wenn sie von den Tarifvertragsparteien tatsächlich beabsichtigt gewesen wäre. Die Regelung hätte dann lauten müssen: "Bei Schulen mit einer Reinigungsfläche unter 1100 qm kann den Schulhausmeistern die gesamte Restfläche zur Reinigung übertragen werden."
In Wahrheit fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, daß die Tarifvertragsparteien eine Sonderregelung nur für die Hausmeister von Kleinstschulen treffen wollten. Vielmehr ist dem Landesarbeitsgericht darin zu folgen, daß erkennbar eine rationelle Arbeitsverteilung ermöglicht werden sollte. Wenn bei einer gleichmäßigen Aufteilung der Putzfläche nicht jeder Putzhilfe volle 600 qm zugewiesen werden können, ergibt sich eine Restfläche, für die nicht unbedingt eine weitere Putzhilfe eingestellt werden muß. Die entsprechende Arbeit kann dem Schulhausmeister übertragen werden, wenn dieser zustimmt und seine sonstige Arbeitsbelastung das erlaubt. Auch das Schreiben vom 14. April 1966 geht offensichtlich von dieser Auslegung aus, indem es für 3000 qm Reinigungsfläche fünf Putzhilfen voraussetzt und den Restbedarf als "freiwillige Reinigungsfläche" bezeichnet.
3. Die Vereinbarung, durch die dem Kläger zusätzliche Reinigungsarbeiten übertragen wurden, ist auch nicht formnichtig.
a) Nach § 4 Abs. 2 BAT sind allerdings Nebenabreden nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um eine Nebenabrede, gleichgültig, wie man diesen Begriff abgrenzt.
Ob eine Nebenabrede vorliegt, bestimmt der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts in ständiger Rechtsprechung nach dem Gegenstand der betroffenen Ansprüche. Wenn die Abrede die gegenseitigen Hauptrechte und Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag betrifft, also Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt zum Gegenstand hat, soll es sich nach dieser Rechtsprechung nicht um eine schriftformbedürftige Nebenabrede handeln (vgl. BAG Urteil vom 6. September 1972 - 4 AZR 422/71 - AP Nr. 2 zu § 4 BAT). Demgegenüber will das Landesarbeitsgericht Nebenabreden nur dann annehmen, wenn es um tariflich nicht vorgesehene Leistungen geht (ähnlich Herschel zu AP Nr. 3 zu § 19 TVArb Bundespost, unentschieden der erkennende Senat im Urteil vom 3. August 1982 - 3 AZR 503/79 - zu I 2 c, und Urteil vom 7. September 1982 - 3 AZR 5/80 - unter II 1 der Gründe, beide Entscheidungen zur Veröffentlichung vorgesehen). Diese Frage der Begriffsbestimmung muß im vorliegenden Fall nicht abschließend geklärt werden, weil beide Auslegungen zum gleichen Ergebnis führen: Die Übertragung zusätzlicher Reinigungsarbeiten betrifft sowohl die Arbeitsleistung wie auch die Vergütung und damit die beiderseitigen Hauptpflichten. Nach der Rechtsprechung des Vierten Senats kann sie keine Nebenabrede darstellen. Sie betrifft aber auch keine tariffremde Leistung, sondern nutzt lediglich eine von den Tarifvertragsparteien ausdrücklich eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit. Dazu bedarf es nicht der Schriftform.
b) Über die tarifliche Regelung hinausgehend haben die Parteien in § 8 des Anstellungsvertrages vereinbart, daß alle Änderungen und Ergänzungen schriftlich getroffen werden müssen. Aber diese Schriftformklausel ist wirksam durchbrochen worden.
Nach seit langem gefestigter Rechtsprechung der Zivilgerichte können die Vertragsparteien das für eine Vertragsänderung vereinbarte Schriftformerfordernis jederzeit aufheben. Das kann ausdrücklich oder stillschweigend geschehen und ist sogar dann möglich, wenn die Vertragspartner bei ihrer neuen Abrede an die Schriftformklausel überhaupt nicht gedacht haben (vgl. BAG Urteil vom 4. Juni 1963 - 5 AZR 16/63 - AP Nr. 1 zu § 127 BGB; BGH Urteil vom 26. November 1964 - VII ZR 111/63 - AP Nr. 2 zu § 127 BGB, zu II 1 der Gründe; aus neuerer Zeit mit ausführlicher Begründung BGHZ 66, 378, 380 f., jeweils mit weiteren Nachweisen). Maßgeblich ist dann neben dem schriftlich Niedergelegten auch das mündlich Abgesprochene.
Im vorliegenden Fall sind die Parteien 14 Jahre lang übereinstimmend von der mit Schreiben vom 14. April 1966 getroffenen Regelung ausgegangen. Der Kläger hat die zusätzlichen Reinigungsarbeiten geleistet und die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin haben diese absprachegemäß vergütet. Ein solches Verhalten ist nach Treu und Glauben als einverständliche Durchbrechung der Schriftformklausel auszulegen. Keine Seite kann sich jetzt noch darauf berufen, daß Änderungen und Ergänzungen des Anstellungsvertrages schriftlich erfolgen sollten.
4. Die Beklagte kann die einmal getroffene Vereinbarung nicht einseitig widerrufen. Ein Widerrufsrecht ist in § 6 Buchst. B Abs. 2 Buchst. c BZT nicht vorgesehen. Deshalb gilt der allgemeine arbeitsrechtliche Grundsatz, daß die Änderung oder Aufhebung einzelner Arbeitsbedingungen nur im beiderseitigen Einverständnis möglich ist.
Im übrigen ist ein Widerruf in dem Schreiben vom 14. April 1966 nicht vorbehalten worden. Die Annahme der Beklagten, schon die Bezeichnung als "freiwillige Reinigungsfläche" enthalte einen solchen Vorbehalt, ist unzutreffend. Wie das Landesarbeitsgericht überzeugend ausführt, bezieht sich das Merkmal der Freiwilligkeit auf das Verhalten des Klägers, der zur Übernahme der entsprechenden Arbeiten nicht verpflichtet war. Aber nach dem Zustandekommen des Änderungsvertrages sind beide Parteien an diesen gebunden.
Dr. Dieterich Dr. Gehring Schaub
Kynast Dr. Bermel
Fundstellen
AP § 17 BAT (LT1), Nr 9 |
PersV 1985, 214-216 (LT1) |