Entscheidungsstichwort (Thema)
Schichtlohnzuschlag und Zeitzuschlagspauschale. Ständiger Schichtarbeiter
Normenkette
BMT-G II §§ 24, 67 Nr. 34; Tarifvertrag zu § 24 Abs. 4; BMT-G II vom 1. Juli 1981 i.d. Fassung vom 22. März 1991 § 2; Bezirkstarifvertrag Nr. 1 zum BMT-G II zu § 25 Abs. 5; BMT-G II Nr. 5 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der beklagten Stadt gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 14. November 1996 – 4 Sa 501/95 – wird zurückgewiesen.
2. Die beklagte Stadt trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung eines Schichtlohnzuschlages und einer Zeitzuschlagspauschale für die Zeit vom 1. Oktober 1992 bis 30. Juni 1993.
Der Kläger, von Beruf Heizungsinstallateur, ist seit dem Jahre 1979 bei der Beklagten im sog. Veranstaltungsdienst der Stadthalle als Arbeiter beschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Tarifbindung der Bundesmanteltarifvertrag für Gemeindearbeiter (BMT- G II) mit seinen Zusatztarifverträgen und den ergänzenden bezirklichen Regelungen (Tarifvertrag zwischen der KAV Bayern und der ÖTV Bayern) Anwendung.
Der Kläger wurde im Klagezeitraum regelmäßig nach den Dienstplänen der Beklagten im Monat zu 75 % seiner Arbeitszeit in ständig wechselnden Schichten mit anderen Mitarbeitern im sog. Veranstaltungsdienst der Stadthalle eingesetzt. Im Rahmen des Veranstaltungsdienstes hat er die einzelnen Veranstaltungsräume für die jeweils anstehenden Veranstaltungen durch Aufstellung von Tischen, Stühlen und Hinweisschildern vorzubereiten, sich während der Veranstaltungen für etwaige Störfälle in einem Dienstzimmer bereit zu halten sowie am Schluß der Veranstaltung entsprechende Aufräum- und Reinigungsarbeiten zu erledigen. Der Einsatz im Veranstaltungsdienst erfolgt nach einem Dienstplan an allen Tagen der Woche in Früh- und Spätschicht. Die Frühschicht dauert in der Regel von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr, die Spätschicht von 16.00 Uhr bis 23.00 Uhr. Diese Zeiten variieren angesichts unterschiedlicher Veranstaltungsdauer.
Im übrigen war der Kläger in der Frühschicht mit der Wartung und Reparatur der Heizungs-, Sanitär- und Klimaanlage beschäftigt.
Für diese Tätigkeiten fordert der Kläger Schichtlohnzuschläge und die Zeitzuschlagspauschale nach den tariflichen Bestimmungen, die u.a. wie folgt lauten:
„BMT-G II
§ 24
Schichtlohnzuschlag
(1) …
(2) Ständige Schichtarbeiter erhalten einen Schichtlohnzuschlag, wenn
…
c) die Schichtarbeit innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet wird.
…
(4) Die Höhe des Schichtlohnzuschlages wird durch besonderen Tarifvertrag vereinbart.
…
§ 67
Begriffsbestimmungen
…
34. Schichtarbeit
Schichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht.
Protokollerklärung:
Arbeiter, die zwar einer Schicht angehören, jedoch nicht am Schichtwechsel beteiligt sind, sind nicht Schichtarbeiter im Sinne dieser Begriffsbestimmung.
Tarifvertrag
zu § 24 Abs. 4 BMT-G (Schichtlohnzuschlag)
§ 2
Übergangsregelung zu § 1
Anstelle des § 1 gelten für den Arbeiter, der nicht unter § 3 Abs. 3 fällt, die für ihn in Betracht kommenden nachfolgenden Vorschriften …
2. Bereich des KAV Bayern
(1) …
(2) Ständige Schichtarbeiter erhalten einen Schichtlohnzuschlag in Höhe von monatlich 3 v.H. des Monatsgrundlohnes der Stufe 1 der jeweiligen Lohngruppe.”
Zur Zeitzuschlagspauschale bestimmt Nr. 5 Abs. 2 des Bezirkstarifvertrages Nr. 1 zum BMT-G II:
„Ständige Schichtarbeiter erhalten eine monatliche Zeitzuschlagspauschale in Höhe von 10 v.H. des Monatsgrundlohnes der Stufe 1 der jeweiligen Lohngruppe. …”
Die Beklagte hat an den Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum Zuschläge in Höhe von insgesamt 1.669,65 DM brutto gezahlt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er leiste Schichtarbeit und habe deshalb für den Klagezeitraum Anspruch auf Schichtlohnzuschlag sowie eine Zeitzuschlagspauschale in Höhe von insgesamt 3.236,04 DM.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger 3.236,04 DM nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat die Ansicht vertreten, daß keine Schichtarbeit vorliege. Der Kläger sei neben der Tätigkeit im sog. Veranstaltungsdienst als einziger Mitarbeiter für den Bereich Heizung, Sanitär und Klima zuständig. Aufgrund der unterschiedlichen Qualifikation der Arbeitnehmer sei ein Abwechseln in diesem Arbeitsbereich mit anderen Mitarbeitern nicht möglich.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 2.285,27 DM brutto stattgegeben und im übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger könne den Schichtlohnzuschlag sowie die Zeitzuschlagspauschale beanspruchen, weil er im sog. Veranstaltungsdienst Schichtarbeit leiste. Diese Aufgabe bestimme im zeitlichen Umfang von 75 % seine Tätigkeit und gebe dem Arbeitsverhältnis daher das Gepräge. Diese Arbeit werde auch innerhalb einer Zeitspanne von 13 Stunden geleistet. Daher werde der Kläger im Wechsel mit Kollegen im Laufe eines Monats sowohl im Früh- als auch im Spätdienst des Veranstaltungsdienstes aufgrund von Dienstplänen eingesetzt. Damit lösten sich je zwei Arbeitnehmer bei ein und derselben Arbeitsaufgabe nach einem feststehenden Plan ab.
Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind im Ergebnis nicht zu beanstanden.
II. Der Kläger hat gemäß § 24 Abs. 2 c und 4 BMT-G II i.V.m. der Übergangsregelung in § 2 Ziff. 2 Abs. 2 des Tarifvertrages vom 1. Juli 1981 einen Anspruch auf einen Schichtlohnzuschlag für den Klagezeitraum in unstreitiger Höhe von 912,78 DM brutto. Darüber hinaus steht ihm gemäß Nr. 5 Abs. 2 des Bezirkstarifvertrages Nr. 1 zum BMT-G II eine monatliche Zeitzuschlagspauschale in unstreitiger Höhe von 3.042,14 DM brutto zu. Damit hat der Kläger über den bereits gezahlten Betrag von 1.669,65 DM brutto hinaus einen weiteren Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 2.285,27 DM brutto.
1. Nach § 24 Abs. 2 c BMT-G II erhalten ständige Schichtarbeiter einen Schichtlohnzuschlag, wenn die Schichtarbeit innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet wird. Gemäß Nr. 5 Abs. 2 Bezirkstarifvertrag Nr. 1 zum BMT-G II erhalten ständige Schichtarbeiter darüber hinaus eine Zeitzuschlagspauschale. Beide Zuschlagsarten fordern somit übereinstimmend, daß der Kläger ständiger Schichtarbeiter ist. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger.
a) Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff Schichtarbeit in § 67 Nr. 34 BMT-G II und der dazugehörigen Protokollerklärung dahingehend bestimmt, daß Schichtarbeit die Arbeit nach einem Schichtplan ist, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht. Mit dieser Begriffsbestimmung stellen die Tarifvertragsparteien nicht auf die Lage der Arbeitszeit ab, sondern sie verstehen unter Schichtarbeit die Tätigkeit, die im allgemeinen mit diesem Begriff erfaßt wird (so schon BAG Urteil vom 18. Januar 1983 – 3 AZR 447/80 – AP Nr. 1 zu § 24 BMT-G II). Allgemein wird für das Wesen der Schichtarbeit angenommen, daß eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren Zeitraum als die tägliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers hinaus zu erfüllen ist und daher von mehreren Arbeitnehmern in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit erbracht werden muß (ständige Rechtsprechung vgl. BAG Urteil vom 18. Januar 1983, a.a.O. und BAG Urteil vom 18. Oktober 1995 – 10 AZR 853/94 – AP Nr. 8 zu § 33 a BAT). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
b) Nach den für die Revisionsinstanz mangels Verfahrensrüge bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts leistet der Kläger im sog. Veranstaltungsdienst Schichtarbeit. Nach den Dienstplänen war der Kläger im Klagezeitraum sowohl in der Frühschicht von 7.00 bis 16.00 Uhr als auch in der Spätschicht von 16.00 bis 23.00 Uhr im Wechsel mit anderen Arbeitnehmern eingesetzt. Dabei gehörte es zu seinen Aufgaben, die Veranstaltungsräume durch Aufstellen der notwendigen Tische, Stühle und erforderlichen Hinweisschilder für die jeweilige Veranstaltung vorzubereiten und nach Schluß der Veranstaltung entsprechende Aufräum- und Reinigungsarbeiten zu erledigen. Diese Arbeitsaufgabe war täglich über mehr als 13 Stunden angefallen und wurde jeweils von zwei Arbeitnehmern im Wechsel erledigt.
Zu Unrecht meint die Revision, der Kläger leiste insofern keine Schichtarbeit, weil die Arbeiter der Spätschicht andere Arbeitsaufgaben hätten, weil sie andere Veranstaltungen in anderen Räumen zu betreuen hätten. Der Arbeitsinhalt der sich gegenseitig ablösenden Arbeitnehmer, nämlich Vorbereitungsarbeiten für die einzelnen Veranstaltungsräume und entsprechende Aufräum- und Reinigungsarbeiten nach Veranstaltungsende sowie die Betreuung der Veranstaltung bei etwaigen Störfällen, stimmen überein. Die Arbeitsaufgabe Veranstaltungsdienst wird daher von mehreren Arbeitnehmern die in dieser Funktion gegeneinander austauschbar sind, in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge erbracht. Damit leistet der Kläger insoweit Schichtarbeit.
2. Entgegen der Auffassung der Revision leistet der Kläger auch ständige Schichtarbeit, obwohl er im zeitlichen Umfang nur zu etwa 75 % seiner Arbeitsleistung im sog. Veranstaltungsdienst eingesetzt wird. Darüber hinaus gehört es nämlich nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch zu den Arbeitsaufgaben des Klägers, im zeitlichen Umfang von 25 % auch die Heizungs-, Sanitär- und Klimaanlagen der Stadthalle zu warten und zu reparieren. Diese letztere Arbeitsaufgabe ist untrennbar mit dem Veranstaltungsdienst verbunden. Dies führt dazu, daß der Kläger „ständiger Schichtarbeiter” im tariflichen Sinne ist.
a) Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff „ständig” gleichbedeutend mit sehr häufig, regelmäßig oder (fast) ununterbrochen wiederkehrend, andauernd, dauernd, immer, ununterbrochen und unaufhörlich verwandt (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2. Aufl., S. 1453; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 6. Aufl., S. 1170). Aus dieser Wortbedeutung und dem tariflichen Gesamtzusammenhang ist zu schließen, daß die Tarifvertragsparteien das Tatbestandsmerkmal „ständig” ebenfalls im Sinne „von Dauer” bzw. „fast ausschließlich” verstanden haben. Die Tarifvertragsparteien haben in § 42 Abs. 1 BMT-G II den Begriff „überwiegend” definiert als „mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit”. Demnach setzt der Tarifbegriff „ständig” voraus, daß der Arbeiter fast ausschließlich Schichtarbeit verrichtet. Dafür spricht auch, daß die Tarifvertragsparteien in der Protokollerklärung zu § 67 Nr. 35 BMT-G II den Begriff des Schichtbetriebes dahin definiert haben, daß die sich ablösenden Schichten dem Betrieb oder der Betriebsabteilung „das Gepräge” geben. Eine derartige Regelung haben sie für den Begriff der Schichtarbeit nicht getroffen. Daher geht das Landesarbeitsgericht zu Unrecht davon aus, daß es vorliegend genügt, daß die Schichtarbeit dem Arbeitsverhältnis des Klägers das Gepräge gibt. Verlangt wird vielmehr, daß der Arbeiter auf Dauer aufgrund von Schichtplänen zur Schichtarbeit eingesetzt wird (so auch BAG Urteile vom 6. Dezember 1978 – 4 AZR 321/77 – AP Nr. 11 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 1. Februar 1983 – 3 AZR 408/80 – AP Nr. 5 zu § 33 BAT; vom 16. Januar 1985 – 7 AZR 226/82 – AP Nr. 10 zu § 33 BAT; vom 22. März 1995 – 10 AZR 167/94 – ZTR 1995, 407 f.).
b) Der Kläger ist sowohl zeitlich wie auch inhaltlich auf Dauer dienstplanmäßig als Schichtarbeiter eingesetzt, weil zu den Arbeitsaufgaben im Veranstaltungsdienst auch das Warten und Reparieren der Heizungs-, Sanitär- und Klimaanlagen gehört. Das Wesen der Schichtarbeit wird zwar dadurch bestimmt, daß übereinstimmende Arbeitsaufgaben von mehreren Arbeitnehmern in einer regelmäßigen zeitlichen Reihenfolge erbracht werden müssen (vgl. BAG Urteil vom 4. Februar 1988 – 6 AZR 203/85 – AP Nr. 17 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk). Vorliegend kann jedoch der Umstand, daß der Kläger die Heizungs-, Sanitär- und Klimaanlagen allein wartet und repariert, inhaltlich nicht losgelöst von seinen zeitlich überwiegenden Aufgaben im Veranstaltungsdienst beurteilt werden. Zur ordnungsgemäßen Durchführung der Veranstaltungen gehört ein funktionierendes Heizungs-, Sanitär- und Klimasystem genauso wie die Vorbereitungs- und Nachbereitungsarbeiten in den einzelnen Veranstaltungsräumen. Der Kläger erledigt die Wartung und Reparatur dieser Anlagen auch während der Schicht. Zwar sind die allgemeinen Wartungs- und Reparaturarbeiten dienstplanmäßig in der Frühschicht zu erledigen. Das schließt jedoch nicht aus, daß der Kläger solche Arbeiten, soweit sie erforderlich sind – insbesondere bei Störfällen –, auch in der Spätschicht erledigen kann und muß. Der Kläger ist damit auch mit diesem Aufgabenbereich, wie es die Protokollerklärung zu § 67 Nr. 34 BMT-G II fordert, am Schichtwechsel beteiligt. Damit leistet der Kläger auch hinsichtlich dieser Tätigkeit Schichtarbeit. Bei einer solchen Sach- und Rechtslage würde es dem Sinn und Zweck eines Schichtlohnzuschlages bzw. der Zeitzuschlagspauschale widersprechen, insoweit die Leistung von Schichtarbeit zu verneinen als der Kläger Wartungs- und Reparaturarbeiten an den Heizungs-, Sanitär- und Klimaanlagen vornimmt. Mit diesen Zuschlägen soll dem Arbeitnehmer ein finanzieller Ausgleich dafür gewährt werden, daß die Schichtarbeit erheblich auf den Lebensrhythmus des Schichtarbeiters einwirkt und dadurch das Leben in und außerhalb der Familie erschwert wird (vgl. BAG Urteil vom 18. Januar 1983, a.a.O.). Eine solche Erschwernis ist aufgrund der Schichtarbeit beim Kläger auch dann gegeben, wenn er während einer Schicht Arbeiten an den Heizungs-, Sanitär- und Klimaanlagen verrichtet.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Dr. Jobs, Böck, Bacher, Brose
Fundstellen