Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung des Depotfahrers einer Brauerei. Eingruppierung eines LKW-Fahrers, der 40 to-LKW lenkt
Leitsatz (amtlich)
- Die Beispielstätigkeiten der Bewertungsgruppe IV des Bundesrahmentarifvertrages für die Arbeitnehmer der deutschen Brauwirtschaft vom 19. Febr. 1981 sind auch der Bewertungsgruppe V zugeordnet. Eine Eingruppierung nach Bewertungsgruppe V kommt nur in Betracht, wenn auch die allgemeinen Merkmale der Vergütungsgruppe V erfüllt sind.
- Alle Arbeitnehmergruppen, die die allgemeinen Merkmale der Bewertungsgruppe IV erfüllen, können auch in die Bewertungsgruppe V aufsteigen.
- Ein LKW-Fahrer erfüllt noch nicht allein deswegen eine schwierige und verantwortungsvolle Tätigkeit, weil er einen LKW mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 to fährt. Vielmehr hält es sich im Bewertungsermessen der Tatsacheninstanzen, wenn sie auf die Umstände des Einzelfalles abstellen.
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Brauereien; Bundesrahmentarifvertrag für die Arbeitnehmer der deutschen Brauwirtschaft vom 19. Februar 1981 § 3 Bewertungsgruppen IV und V
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 22.01.1991; Aktenzeichen 7 Sa 117/90) |
ArbG Stuttgart (Urteil vom 23.08.1990; Aktenzeichen 19 Ca 778/90) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 22. Januar 1991 – 7 Sa 117/90 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers in den Monaten Oktober 1989 bis Januar 1990 nach dem einheitlichen Bundesrahmentarifvertrag für die Arbeitnehmer in der deutschen Brauwirtschaft vom 19. Februar 1981 (BRTV-Brauereien).
Die Beklagte, die ihren Sitz in Stuttgart hat, betreibt dort eine Brauerei. Ihr Fuhrpark umfaßt ca. 70 LKW, davon etwa 50 mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 12 Tonnen und darunter wiederum vier Lastzüge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 Tonnen.
Der Kläger hat den Beruf eines Zimmermanns erlernt. Er ist seit dem 15. März 1961 Arbeitnehmer der Beklagten. Seit 1962 wurde er vorwiegend als Fahrer eingesetzt und seit 1985 als sog. “Depotfahrer” beschäftigt. Er fährt einen Mercedes-Lastzug Typ 2233, der mit dem zweiachsigen Anhänger ein zulässiges Gesamtgewicht von 40 Tonnen hat (Länge: 18 Meter; Breite mit Außenspiegeln: 2,40 Meter; Höhe: 3,60 Meter). Diesen Lastzug hat die Beklagte als Gebrauchtfahrzeug mit einem Anschaffungswert von ca. 100.000,-- DM erworben. Aufgabe des Klägers ist es, die betriebseigenen Depots in T…, S…, K…, E… und W… mit Flaschen- und Faßbier zu beliefern und Leergut von dort nach Stuttgart zurückzutransportieren. Darüber hinaus muß der Kläger gelegentlich verschiedene Großkunden beliefern. Bei seinen Fahrten hat der Kläger keinen Beifahrer. Bei einigen Fahrzielen muß er rückwärts an die Abladestelle heranfahren und – nach seiner Behauptung – teilweise auch rangieren. Der Wert der Ladung je Fahrt beträgt nach den Angaben des Klägers ca. 25.000, -- DM, nach der Darstellung der Beklagten allenfalls 18.000, -- DM. An den Fahrzielen führt der Kläger, ohne dazu verpflichtet zu sein, teilweise auch Ladearbeiten mit dem Elektrostapler aus; er erhält dann eine Prämie. Kaufmännische Tätigkeiten irgendwelcher Art hat der Kläger nicht zu erledigen, wenn man von der Kontrolle der übernommenen Ware und der Abzeichnung des Lieferscheins absieht.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung der einheitliche Bundesrahmentarifvertrag für die Arbeitnehmer in der deutschen Brauwirtschaft (BRTV-Brauereien) vom 19. Februar 1981 und der Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer der Brauereien in Baden-Württemberg vom 6. Dezember 1988 (ETV) Anwendung. In der streitbefangenen Zeit bezahlte die Beklagte dem Kläger Lohn gem. der tariflichen Bewertungsgruppe IV. Darüber hinaus erhielt der Kläger von der Beklagten je Arbeitstag eine sog. Fahrerzulage von 3,-- DM und eine sog. Solofahrerzulage von weiteren 3,-- DM. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Zulagen entsprechend der Behauptung der Beklagten zweckgebunden zum Abschluß einer Haftpflichtversicherung gezahlt werden.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe eine Vergütung nach der Bewertungsgruppe V zu. Er hat den monatlichen Differenzbetrag zwischen den Bewertungsgruppen IV und V in Höhe von 156,-- DM brutto monatlich für die Zeit vom 1. Oktober 1989 bis 31. Januar 1990 geltend gemacht. Er hat behauptet, er habe “schwierigere Tätigkeiten” im Sinne der Bewertungsgruppe V BRTV-Brauereien auszuüben. Er müsse nämlich im Vergleich zu Fahrern von kleineren Fahrzeugen mehr Können und mehr Umsicht aufbringen, um mit seinem Großlastzug die pflichtgemäße Arbeitsmethode einzuhalten. Darüber hinaus stehe ihm beim Rangieren, in Kurven, bei Gefälle und bei Steigungen kein Beifahrer zur Verfügung. Rangieren müsse er im Depot S…, in den übrigen Depots dann, wenn “Selbstabholer” anwesend seien, da diesen Vorrang einzuräumen sei. Auch bei den Großabnehmern falle hin und wieder Rangierarbeit an; der Anhänger müsse ab- und wieder angehängt werden.
Der Kläger hat demgemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 624,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, das Führen eines LKW's mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 Tonnen sei keine Ausführung von schwierigeren Tätigkeiten im Sinne der Bewertungsgruppe V. Im Vergleich mit den von ihr eingesetzten “Bestellfahrern” übe der Kläger vielmehr eher eine einfachere Tätigkeit aus. Er habe überwiegend gerade, breite Ausfallstraßen zu benutzen. Nur bei der gelegentlich anfallenden Belieferung von Großkunden könne es passieren, daß er rückwärts an die Rampe heranfahren müsse. Dies sei jedoch in den Monaten November 1989 und Januar 1990 nur zweimal und im Dezember 1989 nur viermal eingetreten. Die Größe der vom Kläger zu tragenden Verantwortung könne nicht an dem höchstmöglichen bei einem Unfall zu befürchtenden Schaden gemessen werden; diese sei vielmehr in Anbetracht der vom Kläger zu fahrenden Strecken eher geringer als bei der ständigen Teilnahme am innerstädtischen Verkehr, wie sie für die Fahrer kleinerer LKW's üblich sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach § 3 Bewertungsgruppe V BRTV-Brauereien.
I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beiderseitiger Tarifbindung der einheitliche Bundesrahmentarifvertrag für die Arbeitnehmer der deutschen Brauwirtschaft vom 19. Februar 1981 (BRTV-Brauereien) unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG).
Dieser sieht zunächst in § 2 allgemeine Grundsätze für die Eingruppierung und Vergütung vor. Nach § 2 Ziff. 1 Abs. 1 richtet sich die Eingruppierung in eine Bewertungsgruppe “nach der vom Arbeitnehmer überwiegend ausgeübten Tätigkeit. In den Gruppenmerkmalen sind Können, Verantwortung und Belastungen berücksichtigt, auch soweit nicht ausdrücklich erwähnt”. Nach § 2 Ziff. 1 Abs. 2 ist unter Können “die durch Berufserfahrung und/oder Ausbildung erworbenen Fachkenntnisse sowie die für einen Arbeitsgang erforderliche Geschicklichkeit” zu verstehen. Nach Abs. 3 ist Verantwortung “die Zusammenfassung der Anforderungen an Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit, an die Umsicht, Schäden zu verhüten oder Störungen des Arbeitsablaufs zu verhindern. Die Höhe der Verantwortung hängt ab von der Schwierigkeit, die pflichtgemäße Arbeitsmethode einzuhalten, und steht im Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit, Schäden zu verursachen. Mit der Selbständigkeit des Arbeitenden steigt der Grad der Verantwortung”. § 2 Ziff. 2 und 3 lauten wie folgt:
Dieser Tarifvertrag enthält die Merkmale der tariflichen Bewertungsgruppen sowie Beispiele für typische Tätigkeiten der jeweiligen Bewertungsgruppe.
Die aufgeführten Tätigkeitsbeispiele sind Richtbeispiele und dienen der Erläuterung; sie sind kein abschließender Katalog. Die Beispiele begründen nur in Verbindung mit den Gruppenmerkmalen einen Anspruch auf entsprechende Einstufung. Maßgebend für die Eingruppierung sind die Gruppenmerkmale.
Soweit die Merkmale einer Bewertungsgruppe einen bestimmten beruflichen Ausbildungsgang ansprechen, ein Arbeitnehmer diesen aber nicht durchlaufen hat, ist er doch in diese Bewertungsgruppe einzustufen, wenn seine übertragene und ausgeführte Arbeit die Anforderungen dieser Bewertungsgruppe erfüllt. Unberührt bleiben in Tätigkeitsbeispielen etwa genannte Voraussetzungen (z.B. EVU-Zulassung).
Andererseits begründet ein bestimmter Ausbildungsgang für sich allein keinen Anspruch auf Eingruppierung in eine bestimmte Bewertungsgruppe. Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt eine bestandene jeweils einschlägige Prüfung.
Der BRTV-Brauereien sieht sodann in § 3 elf Bewertungsgruppen vor. In den einzelnen Bewertungsgruppen haben die Tarifvertragsparteien jeweils zunächst allgemeine Tätigkeitsmerkmale (“Gruppenmerkmale”) aufgeführt und anschließend Tätigkeitsbeispiele gegeben. Soweit hier von Interesse heißt es in § 3 wie folgt:
Bewertungsgruppe III:
Gruppenmerkmale:
Ausführen von Tätigkeiten nach spezieller Anweisung. Für diese Tätigkeiten ist keine Berufsausbildung, jedoch eine gewisse Anlernzeit erforderlich.
Tätigkeitsbeispiele:
…
Beifahrer ohne Inkasso
…
Fahren eines Gabelstaplers
…
Bewertungsgruppe IV:
Gruppenmerkmale:
Ausführen von Tätigkeiten nach Anweisungen, die Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen, die üblicherweise durch eine abgeschlossene Berufsausbildung erworben werden,
oder
Ausführen von Tätigkeiten von Arbeitnehmern, die ohne Berufsausbildung auf andere Weise entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten erworben haben und in dieser Tätigkeit gleichwertige Leistungen erbringen,
oder
Ausführen von Tätigkeiten, die durch übertragene Verantwortung und erhöhte Belastung gleichwertig sind.
Tätigkeitsbeispiele:
…
Handwerker, der in seinem erlernten oder einem verwandten Beruf beschäftigt wird
…
Fahren eines Gabelstaplers
Gespannfahrer
Kraftfahrer
Kraftfahrer, die überwiegend auf feste Bestellung nach Menge und Sorte ausliefern (Bestellfahrer)
Beifahrer in Ausübung der Inkasso-Vollmacht; dies gilt grundsätzlich nicht für Beifahrer, die nur als Hilfskraft des Fahrers tätig sind oder keine Inkasso-Vollmacht haben
Kraftfahrer, die überwiegend nicht auf feste Bestellung ausliefern, sondern den Verkauf nach Menge und Sorte durch eigene Bemühungen beeinflussen können (Verkaufsfahrer)
Bewertungsgruppe V:
Gruppenmerkmale:
Ausführen von schwierigeren Tätigkeiten.
Schwierigere Tätigkeiten liegen vor, wenn neben der abgeschlossenen Berufsausbildung und einer entsprechenden Berufserfahrung nach der Berufsausbildung Tätigkeiten ausgeführt werden, die eine größere Verantwortung als nach Bewertungsgruppe IV erfordern.
Diese Voraussetzungen können in Ausnahmefällen auch von Gleichgestellten gemäß Bewertungsgruppe IV Abs. 2 des Gruppenmerkmals erfüllt werden.
Tätigkeitsbeispiele:
In die Bewertungsgruppe V fallen Tätigkeiten der Bewertungsgruppe IV, soweit sie die Gruppenmerkmale der Bewertungsgruppe V erfüllen.
II. Danach ist für die zutreffende Eingruppierung des Klägers die von ihm zeitlich überwiegend auszuübende Tätigkeit maßgebend. Auf einen Eingruppierungsakt des Arbeitgebers kommt es nicht an (BAG Urteil vom 23. April 1980 – 4 AZR 378/78 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Brauereien). Nach der feststehenden Rechtsprechung des Senats (vgl. BAGE 45, 121 = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung, m.w.N.) sind, wenn allgemein gefaßten Tätigkeitsmerkmalen konkrete Beispiele beigefügt sind, die Erfordernisse der Vergütungsmerkmale regelmäßig dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit auszuüben hat. Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale ist allerdings dann zurückzugreifen, wenn das Tätigkeitsbeispiel selbst unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können oder wenn dasselbe Tätigkeitsbeispiel in mehreren Beschäftigungs- oder Vergütungsgruppen auftaucht und damit als Kriterium für eine bestimmte Beschäftigungsgruppe ausscheidet.
III.1. Der Kläger wurde nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Klagezeitraum ganz überwiegend als Kraftfahrer beschäftigt. Er erfüllt danach ein Tätigkeitsbeispiel der Bewertungsgruppe IV. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zutreffend aus der Formulierung im Tätigkeitsbeispiel der Bewertungsgruppe V: “In die Bewertungsgruppe V fallen Tätigkeiten der Bewertungsgruppe IV, soweit sie die Gruppenmerkmale der Bewertungsgruppe V erfüllen” geschlossen, damit seien alle Tätigkeitsbeispiele der Bewertungsgruppe IV in die Bewertungsgruppe V übernommen worden unter der Voraussetzung, daß die entsprechenden Tätigkeiten auch die Gruppenmerkmale der Bewertungsgruppe V erfüllen. Damit ist es grundsätzlich möglich, daß auch Kraftfahrer in die Bewertungsgruppe V eingruppiert werden können, wenn sie nur die entsprechenden Gruppenmerkmale erfüllen.
2. Das Landesarbeitsgericht meint zunächst, der Kläger könne schon deshalb nicht in die Bewertungsgruppe V eingruppiert werden, weil Kraftfahrer grundsätzlich nicht zu “Gleichgestellten” im Sinne der Bewertungsgruppe IV Abs. 2 gehören könnten. Es folgert dies aus dem Umstand, daß die Tätigkeit eines Kraftfahrers nicht Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetze, die üblicherweise durch eine abgeschlossene Berufsausbildung erworben werden. Es gebe zwar den Ausbildungsberuf “Berufskraftfahrer” nach der Berufskraftfahrerausbildungsverordnung vom 26. Oktober 1978. Doch hätte eine solche Ausbildung nur eine Minderheit der Kraftfahrer absolviert. Kraftfahrer könnten daher nicht in die zweite Alternative des Gruppenmerkmale der Bewertungsgruppe IV sondern nur in die dritte Alternative “Ausführen von Tätigkeiten die durch übertragene Verantwortung und erhöhte Belastung gleichwertig sind”, eingruppiert werden. Da diese dritte Alternative der Gruppenmerkmale der Bewertungsgruppe IV in den Gruppenmerkmalen der Bewertungsgruppe V nicht in Bezug genommen worden sei, könnten Kraftfahrer die Gruppenmerkmale der Bewertungsgruppe V in keinem Fall erfüllen.
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Nach dem Wortlaut der zweiten Alternative der Gruppenmerkmale der Bewertungsgruppe IV ist erforderlich “Ausführen von Tätigkeiten von Arbeitnehmern, die ohne Berufsausbildung auf andere Weise entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten erworben haben und in dieser Tätigkeit gleichwertige Leistungen erbringen”. Damit haben die Tarifvertragsparteien in dieser Alternative allein darauf abgestellt, ob die Tätigkeiten von Arbeitnehmern ausgeübt werden, die die in einer Berufsausbildung zu erwerbenden Kenntnisse und Fertigkeiten auf andere Weise erworben haben und in dieser Tätigkeit auch gleichwertige Leistungen erbringen. Ob die geforderten Kenntnisse und Fertigkeiten auch üblicherweise durch eine Berufsausbildung erworben werden, ist für die zweite Alternative gerade nicht maßgebend. Nach § 1 Abs. 2 der Berufskraftfahrerausbildungsverordnung vom 26. Oktober 1973 (BGBl. I S. 1518 ff.) ist Berufskraftfahrer, wer die Fahrerlaubnis der Klasse 2 erworben und die Fertigkeiten und Kenntnisse des Ausbildungsberufsbildes (§ 3) in einer Abschlußprüfung (§ 9) nachgewiesen hat. Das Ausbildungsberufsbild in der Fachrichtung Güterverkehr (§ 3 Abs. 2 und 3) der Ausbildungsverordnung beinhaltet dabei im wesentlichen technische und fahrerische Kenntnisse und Fähigkeiten. Nach der inzwischen 30-jährigen Tätigkeit des Klägers als Kraftfahrer ist anzunehmen, daß er sich die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten angeeignet hat. Eine Entscheidung der Frage, ob der Kläger nach seiner Tätigkeit zu den im Sinne der Bewertungsgruppe IV Abs. 2 Gleichgestellten gehört, kann jedoch dahingestellt bleiben, zumal das Landesarbeitsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat. Denn der Kläger führt jedenfalls keine schwierigeren Tätigkeiten im Sinne der Bewertungsgruppe V aus.
IV.1. Schwierigere Tätigkeiten im Sinne der Gruppenmerkmale der Bewertungsgruppe V liegen dann vor, wenn neben der abgeschlossenen Berufsausbildung und einer entsprechenden Berufserfahrung nach der Berufsausbildung Tätigkeiten auszuführen sind, die eine größere Verantwortung als nach Bewertungsgruppe IV erfordern. Danach müßte der Kläger in den fraglichen Monaten schwierigere, d.h. insbesondere verantwortungsvollere Tätigkeiten (§ 2 Ziff. 1 Abs. 3 Satz 1 BRTV) ausgeübt haben, als sie im Normalfall von einem Kraftfahrer in einem Brauereibetrieb zu verrichten sind (vgl. oben I).
2. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorliegen solcher “schwierigeren Tätigkeiten” unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers verneint. Wie bei den tariflichen Begriffen “Schwierigkeit der Aufgaben” und “Größe der Verantwortung” handelt es sich insoweit um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Anwendung durch die Tatsachengerichte vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob diese vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen sind, ihn bei der Subsumtion beibehalten haben, ihnen Verstöße gegen die Denkgesetze oder allgemeinen Erfahrungssätze unterlaufen sind und alle entscheidungserheblichen Tatumstände Berücksichtigung gefunden haben (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. insbes. BAG Urteil vom 11. März 1987 – 4 AZR 229/86 – AP Nr. 134 zu §§ 22, 23 BAT 1975, mit weiteren umfangreichen Nachweisen und Urteil vom 24. April 1974 – 4 AZR 267/73 – AP Nr. 2 zu § 58 TVAL II).
Solche Rechtsverstöße sind weder von der Revision gerügt worden noch sind sie sonst erkennbar. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß den Tatsachengerichten ein besonders weiter Beurteilungsspielraum wegen der großen Reichweite und des hohen Maßes der Unbestimmtheit des tariflich verwendeten Rechtsbegriffs einzuräumen ist. Soweit die Revision meint, das Landesarbeitsgericht habe die Tatsache nicht genügend berücksichtigt, daß der Kläger einen LKW mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 Tonnen zu führen habe, trifft dies nicht zu. Das Landesarbeitsgericht hat sich vielmehr ausdrücklich mit den Anforderungen an den Kläger mit Rücksicht auf die Größe seines Fahrzeugs befaßt, sie allerdings anders bewertet, als der Kläger dies möchte. Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
Auch soweit die Revision meint, die Tarifvertragsparteien seien bei ihren Tätigkeitsbeispielen in der Bewertungsgruppe IV bzw. V von Kraftfahrern als Führer von LKW's mit einem zulässigen Gesamtgewicht von weniger als 40 Tonnen ausgegangen, ergibt sich hierfür nichts aus dem Wortlaut des Tarifvertrages, seinem Gesamtzusammenhang und seinem Sinn und Zweck. Obwohl sie in den Tätigkeitsbeispielen der Bewertungsgruppe IV die Tätigkeit eines Kraftfahrers in verschiedenen Funktionen im einzelnen aufgeführt haben, haben sie in keinem dieser Beispiele auch nur andeutungsweise auf das Gewicht oder die Größe des zu führenden Kraftfahrzeuges abgestellt.
V. Die von dem Kläger geltend gemachten Verfahrensrügen sind bereits unzulässig. Bei der Rüge einer unterlassenen Beweiserhebung muß bestimmt angegeben werden, wo das entsprechende Beweisangebot gemacht worden ist, über welches Thema hätte Beweis erhoben werden müssen und welches Ergebnis diese Beweisaufnahme gehabt hätte (Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, § 74 Rz 39, m.w.N.). Hierzu enthält die Revisionsbegründung nichts.
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Dr. Etzel, Schneider, Koerner, Müller-Tessmann
Fundstellen
NZA 1992, 613 |
RdA 1992, 158 |