Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Betriebsberaters im Außendienst
Leitsatz (amtlich)
- Enthält eine tarifliche Vergütungsgruppe sowohl allgemeine Oberbegriffe wie konkrete Tätigkeitsbeispiele, dann sind zunächst die Beispielstätigkeiten zu prüfen, weil die Tarifvertragsparteien mit der Bezeichnung einer Tätigkeit in dem Beispielkatalog zum Ausdruck bringen, daß der diese Tätigkeit ausübende Arbeitnehmer die Erfordernisse der betroffenen Vergütungsgruppe erfüllt.
- Erfaßt eine Beispielstätigkeit die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht erschöpfend oder enthält sie selbst auslegungsfähige und auslegungsbedürftige unbestimmte Rechtsbegriffe, dann ist für deren Auslegung auf die abstrakten Oberbegriffe zurückzugreifen.
- Im TV Ortskrankenkassen werden Angestellte im Außendienst sowohl in der Vergütungsgruppe 8 wie in der Vergütungsgruppe 9 aufgeführt. Das Heraushebungsmerkmal in der Vergütungsgruppe 9 muß sich jedoch auf die gesamte Tätigkeit des Außendienstangestellten beziehen.
- Für das Vorliegen tarifvertraglicher Heraushebungsmerkmale ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig.
Normenkette
BAT 1975 § 22 Krankenkassen, § 23 Krankenkassen; Bundes-Angestelltentarifvertrag/Ortskrankenkassen (BAT/OKK) VergGr. 8 Nr. 6; Bundes-Angestelltentarifvertrag/Ortskrankenkassen (BAT/OKK) VergGr. 9
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 24.02.1993; Aktenzeichen 3 Sa 107/92) |
ArbG Stuttgart (Urteil vom 29.09.1992; Aktenzeichen 11 Ca 3478/92) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 24. Februar 1993 – 3 Sa 107/92 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft der Sozialversicherung. Er ist seit dem 1. Juli 1988 als Betriebsberater bei der Beklagten beschäftigt, die der Tarifgemeinschaft der Ortskrankenkassen in Baden-Württemberg angehört. Dementsprechend findet auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag zum Bundes-Angestelltentarifvertrag/Ortskrankenkassen (BAT/OKK) nebst seinen Anlagen Anwendung.
Nach der Arbeitsplatzbeschreibung vom 1. März 1991 ist die Stelle des Klägers im Referat “Beiträge” der Abteilung “Betriebsdienst” zugeordnet. Fach- und Disziplinarvorgesetzter ist der Abteilungsleiter.
Nach der Arbeitsplatzbeschreibung hat der Kläger folgende Aufgaben:
- Umfassende Beratung und Information der Arbeitgeber in Fragen der Sozialversicherung
- Mitgliedergewinnung
- Laufende Berichterstattung über Marktsituationen hinsichtlich der Mitgliederbewegung
- Versicherungs- und beitragsrechtliche Überprüfung der Beschäftigungsverhältnisse
- Bearbeiten des Betriebsprüferplans
- Führen der Beraterkartei
- Erstellen von Erfassungsbelegen nach IDVS II
- Einsatz bei Sonderaktionen.
Diese Aufgaben obliegen dem Kläger für etwa 200 bis 250 Betriebe des ihm zugewiesenen räumlichen Bereichs, wobei er den einzelnen Betrieb etwa alle zwei bis drei Jahre prüft.
Durch Tarifvertrag vom 6. Juli 1990 faßten die Tarifvertragsparteien die Vergütungsordnung zu § 22 BAT/OKK (Anlage 1a) mit Wirkung zum 1. Januar 1991 neu. Die Beklagte leitete den Kläger in die Vergütungsgruppe 8 der Anlage 1a zu § 22 BAT/OKK (im folgenden: Vergütungsgruppe 8 BAT/OKK) über.
Mit Schreiben vom 30. August 1991 beantragte der Kläger vergeblich Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er erfülle mit seiner Tätigkeit das Beispiel Nr. 4 in Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK.
Da die Beklagte Aufgaben in der Betriebsberatung nicht nach Sachbereichen trenne, sei der Betriebsberater innerhalb des ihm zugewiesenen örtlichen Bereichs “allzuständig”. Notwendigerweise habe er deshalb “auch besondere Aufgaben” zu verrichten. 9 % seiner Gesamtarbeitszeit entfalle auf die Prüfung von Großbetrieben und “besonders schwieriger” Betriebe (z. B. Festzeltbetrieb) sowie Konkurs- und Ermittlungsfälle. Eine besondere Aufgabe bestehe zu 15 % in der Beratung von Betrieben, die aus Sicht der Beklagten gefährdet seien (Gründung einer Betriebskrankenkasse; Wechsel zur IKK; hoher Anteil von Angestellten). 15 % seiner Gesamtarbeitszeit sei er in Marketingaktionen “eingebunden”, die nicht mehr vom typischen Aufgabenfeld eines Betriebsberaters erfaßt seien.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß er seit dem 1. Januar 1991 in die Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK eingruppiert ist,
- die Beklagte zu verurteilen, ihn ab 1. Januar 1991 nach der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK zu vergüten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger verrichte keine besonderen Aufgaben im Tarifsinne. Darunter seien nur spezielle hochqualifizierte Aufgaben zu verstehen, die über die üblichen Aufgaben eines Betriebsberaters hinausgingen. Der Tarifvertrag gehe dabei von dem “universalistisch” eingesetzten Betriebsberater aus. Die Prüfung von Großbetrieben sei z. B. wegen des dort eingesetzten Personals häufig einfacher als die von Kleinbetrieben. Bei den vom Kläger aufgeführten besonderen Fallgruppen (Fußballverein, Festzeltbetrieb) seien lediglich die dort auftretenden Alltagsfragen zu lösen. Die Mitwirkung des Klägers an Marketingaktionen, die in die Zuständigkeit einer Sonderabteilung fielen, nehme deutlich weniger als 5 % seiner Arbeitszeit in Anspruch und bestehe in gelegentlicher “Überbringungs- und Hinweisfunktion”.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung aus der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK.
Die Klage ist als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen die nach ständiger Senatsrechtsprechung keine Bedenken bestehen (vgl. BAGE 51, 59 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die Anträge des Klägers sind im Wege der Auslegung dahin zu verstehen, daß er die Feststellung begehrt, die Beklagte sei verpflichtet, ihn ab 1. Januar 1991 nach der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK zu vergüten.
Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, beide Klageanträge seien in der gestellten Form unzulässig. Der erste Antrag sei nicht auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses (§ 256 Abs. 1 ZPO) gerichtet, sondern auf das Bestehen einer (Rechts-)Tatsache. Der zweite, unbezifferte Antrag genügt als unbestimmter Zahlungsantrag nicht den Anforderungen des Bestimmtheitsgebotes gemäß § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO. Da Sachanträge als Prozeßhandlungen aber der Auslegung nach allgemeinen Grundsätzen zugänglich sind, hat das Landesarbeitsgericht diese – wie vorliegend – rechtsfehlerfrei dahin verstanden, der Kläger habe die im öffentlichen Dienst anerkannte Eingruppierungsfeststellungsklage erheben wollen.
II. Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, weil er die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK nicht schlüssig vorgetragen hat.
1. Auf das Arbeitsverhältnis findet der BAT/OKK Anwendung kraft beiderseitiger, auf Verbandsmitgliedschaft beruhender Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Die Vergütung des Klägers richtet sich nach der Anlage 1a zum BAT/OKK in der zum 1. Januar 1991 in Kraft getretenen Fassung.
a) Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit davon ab, ob die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal der von ihm beanspruchten Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK entsprechen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT/OKK).
Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Diesen hat der Senat verstanden als eine unter Hinzuziehung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 59; 51, 282; 51, 356 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; ständige Rechtsprechung des Senats).
b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Tätigkeiten des Klägers seien in zwei Arbeitsvorgängen zusammenzufassen.
Es hat festgestellt, ein Arbeitsvorgang nehme jedenfalls mehr als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit des Klägers ein, nämlich 71 %, die sich folgendermaßen errechneten: 45 % Prüfer-Tätigkeit abzüglich 9 % für schwierige Prüfungstätigkeiten, 40 % Betriebsberatung abzüglich 15 % für Betriebe in Sondersituationen. Hinzuzurechnen seien mit einem Zeitanteil von 10 % die Zusammenhangstätigkeiten (Bearbeiten des Betriebsprüferplans, Führen der Beraterkartei, Erstellung von Erfassungsbelegen, Einsatz bei Sonderaktionen).
In einem zweiten Arbeitsvorgang könnten die übrigen, in ihrer tariflichen Beurteilung gleichstehenden Tätigkeiten “gebündelt” werden. Tatsächlich trennbar von dem vorherigen Arbeitsvorgang sei mit einem Zeitanteil von 29 % an der Gesamtarbeitszeit die Bearbeitung schwieriger Prüfungsfälle (9 %), die Beratungstätigkeit in besonders “gefährdeten” Betrieben (15 %) und die Mitwirkung an Marketingaktionen (5 %). Der vom Kläger behauptete Zeitanteil von 15 % für Marketingaktionen könne nicht zugrunde gelegt werden, weil die Beklagte diesen Vortrag bestritten und der Kläger nicht vermocht habe, den sich daraus ergebenden Erweiterungen der Darlegungslast zu entsprechen.
c) Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung, die bei der Bildung von Arbeitsvorgängen stets geboten ist (vgl. BAGE 29, 364, 370 = AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 BAT 1975), nicht stand.
aa) Maßgeblich bei der Bildung von Arbeitsvorgängen ist nach der Senatsrechtsprechung das jeweilige Arbeitsergebnis einer Tätigkeit. Dabei sind die einem bestimmten Aufgabenbereich zugehörenden Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsvorgang zusammenzufassen, wenn die Tarifvertragsparteien diesen Aufgabenbereich zum Tätigkeitsmerkmal erhoben haben und die Einzeltätigkeiten nicht tariflich besonders bewertbar sind (BAG Urteil vom 21. Februar 1990 – 4 AZR 603/89 – AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT Krankenkassen, m.w.N.).
bb) Das Berufungsgericht hat unter Beachtung dieser Grundsätze zutreffend festgestellt, die vom Kläger nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeiten entsprächen denen eines Betriebsberaters im Außendienst. Da diese Tätigkeiten in Form eines Beispiels als “Tätigkeitsmerkmal” in den Vergütungsgruppen 7 Nr. 5, 8 Nr. 6 und 9 Nr. 4 BAT/OKK genannt seien, bildeten die darauf bezogenen Tätigkeiten des Klägers einen “Arbeitsvorgang”, soweit sie nicht tatsächlich trennbar und tariflich eigenständig zu bewerten seien. Danach sei die gesamte “Prüfer- und Beratungstätigkeit” nebst “werbenden” Elementen in einem Arbeitsvorgang zusammenzufassen.
Dem Landesarbeitsgericht ist hingegen nicht zu folgen, soweit es die Prüfung und Bearbeitung schwieriger Prüfungsfälle, die Beratungstätigkeit in besonders gefährdeten Betrieben und die Mitwirkung an Marketingaktionen aus dem ersten Arbeitsvorgang herausnimmt. Es ist zwar richtig, daß Tätigkeiten von unterschiedlicher tariflicher Wertung grundsätzlich nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden dürfen. Nach der Senatsrechtsprechung ist aber nur die Zusammenfassung tatsächlich trennbarer Tätigkeiten ausgeschlossen (vgl. etwa BAG Urteil vom 12. November 1986 – 4 AZR 718/85 – AP Nr. 129 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.). Im vorliegenden Fall legt der Tarifvertrag fest, daß die Tätigkeiten tatsächlich nicht in getrennte Arbeitsvorgänge aufzuspalten sind, soweit sie dem Tätigkeitsbeispiel Nr. 4 der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK entsprechen. Denn das Beispiel “Angestellte im Außendienst … in der Betriebsberatung” bildet die Klammer für alle Tätigkeiten des Klägers, die diesem Arbeitsergebnis dienen, ohne daß sich nach der tariflichen Wertigkeit differenzieren ließe. Dies ergibt sich daraus, daß der Tarifvertrag im Gegensatz zu den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen keine zeitlichen Anforderungen an die “besonderen Aufgaben” stellt. Die Tarifvertragsparteien haben damit zum Ausdruck gebracht, daß die tarifliche Höhergruppierung nicht von einem weiteren Arbeitsvorgang abhängt, der einen bestimmten Anteil an der Gesamtarbeitszeit ausmacht, sondern von der Erfüllung besonderer Aufgaben innerhalb des einheitlich zu bildenden Arbeitsvorgangs.
Da sämtliche in der Arbeitsplatzbeschreibung vom 1. März 1991 genannten Tätigkeiten letztlich der Betriebsberatung im Außendienst dienen, ist vorliegend von einem Arbeitsvorgang auszugehen.
2. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es damit auf die folgenden Tarifbestimmungen an:
“Vergütungsgruppe 8
Angestellte mit Tätigkeiten, die gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordern und mit einer besonderen Verantwortung verbunden sind
zum Beispiel:
- …
- Angestellte im Außendienst in der Betriebsberatung spätestens nach sechs Monaten
Vergütungsgruppe 9
Angestellte mit Tätigkeiten, die gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordern, mit einer besonderen Verantwortung verbunden sind und sich zu einem Drittel durch die besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe 8 herausheben
zum Beispiel:
- …
- Angestellte im Außendienst mit besonderen Aufgaben in der Betriebsberatung
- …”
Da die allgemeinen Tarifmerkmale (“Angestellte mit Tätigkeiten, die gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordern und mit einer besonderen Verantwortung verbunden sind”) in den Vergütungsgruppen 8 und 9 teilweise übereinstimmen, ist von der Vergütungsgruppe 8 auszugehen, denn die Vergütungsgruppen bauen insoweit aufeinander auf.
3. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht nur eine pauschale Prüfung des Tarifbeispiels Nr. 6 (“Angestellter im Außendienst in der Betriebsberatung spätestens nach sechs Monaten”) der Vergütungsgruppe 8 vorgenommen, weil die entsprechende Tätigkeit des Klägers über den erforderlichen Zeitraum zwischen den Parteien unstreitig ist und die Beklagte das Tätigkeitsbeispiel als erfüllt ansieht (vgl. allg. zum pauschalen Prüfungsmaßstab BAG Urteil vom 6. Juni 1984 – 4 AZR 203/82 – AP Nr. 91 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Dieser pauschalen Prüfung genügt die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei länger als sechs Monate mit mehr als der Hälfte seiner regelmäßigen Arbeitszeit als Betriebsberater im Außendienst eingesetzt.
4. Das Landesarbeitsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK.
a) Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen des Tarifbeispiels “besondere Aufgaben in der Betriebsberatung” gemäß Vergütungsgruppe 9 Nr. 4 BAT/OKK.
aa) Die Revision vertritt zutreffend die Auffassung, mit der Erfüllung des Tätigkeitsbeispiels lägen zugleich die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK vor. Denn die Tarifvertragsparteien haben im Anschluß an allgemeine Tätigkeitsmerkmale Beispielstätigkeiten angeführt, die sie mit “zum Beispiel” einleiten. Dies hat nach der ständigen Senatsrechtsprechung eine zweifache Bedeutung. Übt der Arbeitnehmer eine der Beispielstätigkeiten aus, dann sind nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die Merkmale der betreffenden Vergütungsgruppe erfüllt. Nur wenn dies nicht der Fall ist, ist zu prüfen, ob die allgemeinen Merkmale der begehrten Vergütungsgruppe aus anderen Gründen erfüllt sind (BAG Urteil vom 24. April 1985 – 4 AZR 448/83 – AP Nr. 4 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel; BAG Urteil vom 20. August 1986 – 4 AZR 256/85 – AP Nr. 47 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie; BAG Urteil vom 13. November 1991 – 4 AZR 131/91 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Brauereien; BAG Urteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 486/92 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
bb) Bei dem in dem Tätigkeitsbeispiel Nr. 4 der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK enthaltenen Merkmal der “besonderen Aufgabe in der Betriebsberatung” handelt es sich jedoch um einen unbestimmten, der Auslegung zugänglichen Rechtsbegriff.
Bei der Auslegung eines Tätigkeitsbeispiels gelten die allgemeinen Regeln für die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Dabei ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages, gegebenenfalls auch eine praktische Tarifübung heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifvertragsauslegung der Vorrang, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG Urteil vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel, m.w.N., unter I 2a der Gründe).
Soweit Gegenstand des Rechtsstreits die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ist, überprüft das Revisionsgericht die Entscheidungsgründe allerdings nur daraufhin, ob der Rechtsbegriff als solcher verkannt wurde, Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen und ob alle entscheidungserheblichen Umstände des beiderseitigen Parteivorbringens berücksichtigt wurden (BAG Urteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 624/84 – AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
b) Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsbegriff der “besonderen Aufgabe in der Betriebsberatung” nicht verkannt. Zutreffend zieht das Gericht zur Wertausfüllung des Rechtsbegriffs “besondere Aufgaben in der Betriebsberatung” die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK heran. Nach der Senatsrechtsprechung muß auf allgemeine Tätigkeitsmerkmale zurückgegriffen werden, wenn das Tätigkeitsbeispiel selbst unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können (BAG Urteil vom 29. April 1981 – 4 AZR 1007/78 – AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk; BAGE 45, 121, 126 = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung).
aa) Nach dem Wortlaut des Tätigkeitsbeispiels muß es sich zunächst um Aufgaben “in” der Betriebsberatung handeln und nicht um besondere Aufgaben neben der eigentlichen Aufgabe eines Betriebsberaters. Hier unterscheidet der Tarifvertrag etwa zu dem Tätigkeitsbeispiel Nr. 3 der Vergütungsgruppe 8 (“Angestellte in der Sachbearbeitung mit besonderen Aufgaben”).
Davon geht das Berufungsgericht aus und zieht daraus zutreffend den Schluß, zur Auslegung des Rechtsbegriffs der “besonderen Aufgaben” könne nicht an die Rechtsfigur der Spezialtätigkeit im Sinne des BAT (zum Beispiel Vergütungsgruppe III Fallgruppe 2 der Anlage 1a zum BAT in der Fassung des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 24. April 1991) zurückgegriffen werden. Denn nach ständiger Rechtsprechung fordert eine Spezialität im Tarifsinne eine Tätigkeit, die ein außerhalb der üblichen Aufgabe eines einschlägig ausgebildeten Angestellten liegendes außergewöhnliches Spezialgebiet betrifft und deshalb besondere Fachkenntnisse erfordert (vgl. BAG Urteil vom 11. November 1992 – 4 AZR 83/92 – AP Nr. 166 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Da die besonderen Aufgaben “in” der Betriebsberatung liegen müssen, ergeben sich auch keine Anhaltspunkte zur Auslegung dieses Tarifbeispiels aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. September 1969 – 5 AZR 549/68 – (AP Nr. 7 zu § 611 BGB Gewerkschaftsangestellte). Denn in diesem Fall ist für die tarifliche Eingruppierung Voraussetzung: “Sekretäre mit besonderen Aufgaben auf Vorschlag des Landesbezirksvorstandes durch Beschluß des Geschäftsführenden Bundesvorstandes”. Im Gegensatz zum vorliegenden Fall sind im Sinne dieser Vergütungsgruppe “besondere Aufgaben” nur dann gegeben, wenn das Aufgabengebiet den normalen vertraglichen Rahmen in nicht unerheblichem Maße überschreitet (BAG, aaO).
bb) Des weiteren läßt das Tätigkeitsbeispiel nur den Schluß zu, daß die Tarifvertragsparteien die allgemeine, am durchschnittlichen Berufsbild eines Betriebsberaters orientierte Tätigkeit im Außendienst nicht für die Vergütung nach der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK ausreichen lassen wollten.
Das Berufungsgericht geht bei der Auslegung zutreffend davon aus, aus dem Wortlaut “besondere Aufgaben” folge keine fachlichgegenständliche Begrenzung des Tarifmerkmals. Allein aus der Gegenüberstellung zu dem Begriff der “allgemeinen” Aufgabe folge nicht, daß bestimmte Aufgabenkreise (etwa die Prüfung und/oder Beratung von Betrieben bestimmter Branchen, die Größe der Betriebe oder Besonderheiten in ihren sozialversicherungsrechtlichen Strukturen) besondere Aufgaben darstellten. Hierfür ergebe sich auch kein Hinweis aus anderen Tarifbeispielen für Betriebsberater im Außendienst, weil sie lediglich zwischen der Tariftätigkeit des Betriebsberaters in und nach Ablauf von sechs Monaten trennen.
Entgegen der Auffassung der Revision sind “besondere Aufgaben” nicht stets dann anzunehmen, wenn “schwierige” Betriebe zu prüfen sind. Dieses ist zwar Abgrenzungsmerkmal in der früheren Fassung des Tarifvertrages gewesen (vgl. Fallgruppe 16d der Anlage 1a zu § 22 des Tarifvertrages über die Wiederinkraftsetzung sowie die Änderung und Ergänzung des Tarifvertrages I vom 19. März 1985 über die Eingruppierung der Angestellten der Ortskrankenkassen und ihrer Verbände vom 29. September 1965 in der Fassung des Tarifvertrages vom 6. Dezember 1978). In der Neufassung der Vergütungsgruppen ist das Merkmal jedoch zugunsten des weitergefaßten und tätigkeitsbezogenen Begriffs der “besonderen Aufgaben” ersetzt worden.
cc) Da sich die besonderen Aufgaben eines Betriebsberaters weder sachlich-gegenständlich definieren lassen noch im Sinne einer Spezialtätigkeit, die außerhalb der vertraglichen Aufgabe liegt, ist zur Ermittlung des Sinngehalts auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe zurückzugreifen. Denn es ist nicht bereits aus sich heraus verständlich, worin innerhalb des Tätigkeitsbereichs eines Betriebsberaters besondere Aufgaben im Tarifsinne liegen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
Auch die Gegenüberstellung der Begriffe “allgemeine” und “besondere” Aufgaben führt zu keinem tarifgerechten Auslegungsergebnis. Das Adjektiv “besondere” läßt zwar den Schluß zu, jede nicht allgemeine Aufgabe genüge zur Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals. Daß diese Abgrenzung zu keinem zweckorientierten und sachgerechten Ergebnis führt, zeigt sich jedoch schon daran, daß eine einfache, nicht einmal die Voraussetzungen der niedrigeren Tarifgruppe erfüllende Tätigkeit nicht zur Begründung der höheren Tarifgruppe ausreichen kann, nur weil sie keine allgemeine Aufgabe darstellt. Die besonderen Aufgaben im Tarifsinne müssen daher dem Anforderungsniveau der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale entsprechen und an diesen ausgerichtet werden.
dd) Die Tätigkeiten der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK unterscheiden sich von denen der Vergütungsgruppe 8 BAT/OKK dadurch, daß sie “sich zu einem Drittel durch die besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe 8 BAT/OKK herausheben”. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, mit der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK honorierten die Tarifvertragsparteien gegenüber der Vergütungsgruppe 8 BAT/OKK die deutlich erhöhten fachlichen Anforderungen und (kumulativ) die erhöhte Bedeutung des Aufgabenkreises. “Besondere Aufgaben” im Tarifsinne seien solche, die sich gegenüber denjenigen des Betriebsberaters im Außendienst nach sechsmonatiger Tätigkeit durch die erhöhte fachliche Anforderung und Bedeutung unterschieden. Die Besonderheit der Aufgabe könne durch unterschiedliche Einzelfallumstände begründet sein, insbesondere hinsichtlich der Ermittlung prüfungsrelevanter Sachverhalte oder deren rechtlicher Würdigung.
c)
aa) Mit diesen Voraussetzungen knüpft das Berufungsgericht zutreffend an die ständige Senatsrechtsprechung zur besonderen Schwierigkeit und Bedeutung einer Tätigkeit an. Das Merkmal der besonderen Schwierigkeit betrifft die Anforderungen an die fachliche Qualifikation des Arbeitnehmers. Gegenüber der Vergütungsgruppe 8 Nr. 6 BAT/OKK muß sich sein Wissen und Können beträchtlich, d. h. in gewichtiger Weise herausheben. Diese erhöhte Qualifikation kann zum Beispiel in der Breite des geforderten fachlichen Wissens und Könnens, in Spezialkenntnissen oder außergewöhnlichen Erfahrungen liegen (vgl. BAG Urteil vom 10. Februar 1982 – 4 AZR 466/79 – AP Nr. 56 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urteil vom 6. Juni 1984 – 4 AZR 218/82 – AP Nr. 90 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Soweit sich das sachliche Wissen und Können des Angestellten bei der Ausübung ihm übertragener Aufgaben in dem üblichen Rahmen eines einschlägig ausgebildeten Betriebsberaters im Außendienst mit mehrjähriger praktischer Erfahrung hält und darüber hinaus keine besonderen fachlichen Steigerungen zu verzeichnen sind, kommt eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe 9 Nr. 4 BAT/OKK nicht in Betracht. Diese Anforderungen rechtfertigen sich aus der Stellung der Tarifnorm, die für Betriebsberater im Außendienst, denen Mitarbeiter nicht unterstellt sind, die Spitzengruppe darstellt. Die gesteigerte Bedeutung der Tätigkeit kann sich beispielsweise aus der Größe des Aufgabengebietes, der außerordentlichen Bedeutung der zu bearbeitenden Materie sowie den Auswirkungen der Tätigkeit für den innerbetrieblichen Bereich oder die Allgemeinheit ergeben (BAG Urteil vom 6. Juni 1984 – 4 AZR 218/82 – AP, aaO).
bb) Darüber hinaus hat der Rückgriff zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs “besondere Schwierigkeit und Bedeutung” auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale zur Folge, daß die Tätigkeiten eines Betriebsberaters im Außendienst zu einem Drittel von besonderer Schwierigkeit und Bedeutung sein müssen. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, der Kläger müsse im tariflich relevanten Umfang (zu einem Drittel seiner Gesamttätigkeit) das Tarifbeispiel der Vergütungsgruppe 9 Nr. 4 BAT/OKK erfüllen. Verlangen die Tarifvertragsparteien zur Erfüllung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale einer Spitzenvergütungsgruppe zu einem Drittel der Gesamttätigkeit aus der vorhergehenden Vergütungsgruppe herausgehobene Tätigkeit, dann muß dieser Zeitanteil auch bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe in den Tätigkeitsbeispielen zugrunde gelegt werden. Anderenfalls bliebe der Wille der Tarifvertragsparteien, nur ein zeitliches Ausmaß von einem Drittel an herausgehobenen Tätigkeiten genüge den Anforderungen an die höhere Vergütungsgruppe, unberücksichtigt.
d) Das Fallbeispiel Nr. 4 der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK behält auch bei dieser Auslegung gegenüber den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen eine eigenständige Bedeutung und ist nicht, wie die Revision meint, eine “Leergruppe”.
Die Tarifvertragsparteien haben durch das Tätigkeitsbeispiel vielmehr klargestellt, daß auch Betriebsberater im Außendienst die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK erfüllen können. Dieser Klarstellung bedurfte es, weil nach der Senatsrechtsprechung eine Tätigkeit nicht mehr unter die abstrakten Tätigkeitsmerkmale der begehrten Lohngruppe subsumiert werden kann, wenn die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit einem Tätigkeitsbeispiel einer niedrigeren als der beantragten Lohngruppe entspricht (BAG Urteil vom 25. September 1991 – 4 AZR 87/91 – AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel = NZA 1992, 273, 274, m.w.N.). Vorliegend enthält die Vergütungsgruppe 8 BAT/OKK unter Nr. 6 das Tätigkeitsbeispiel “Angestellte im Außendienst in der Betriebsberatung spätestens nach sechs Monaten”, so daß für diese Tätigkeiten eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK ohne das Tätigkeitsbeispiel Nr. 4 grundsätzlich nicht in Betracht gekommen wäre.
e) Die Vorinstanzen haben rechtsfehlerfrei festgestellt, der Kläger habe nicht schlüssig dargelegt, worin die von ihm behaupteten besonderen Aufgaben bestehen.
aa) Bei der Eingruppierungsfeststellungsklage hat der Kläger nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozesses und des materiellen Rechts je nach Lage und Erfordernissen des Einzelfalls diejenigen Tatsachen vorzutragen und soweit diese bestritten werden zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluß möglich ist, daß er die für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluß der darin vorgesehenen Qualifizierungen erfüllt. Eine Eingruppierungsfeststellungsklage ist deshalb nur schlüssig, wenn das tatsächliche Vorbringen des Klägers bei Unterstellung seiner Richtigkeit den Klageantrag begründet erscheinen läßt, so daß im Falle der Säumnis der beklagten Partei ein Versäumnisurteil nach § 331 ZPO ergehen könnte. Dazu reicht jedenfalls dann, wenn der Kläger ein Hervorhebungsmerkmal für sich in Anspruch nimmt (hier die “besonderen Aufgaben”), die genaue und lückenlose Darstellung seiner eigenen Tätigkeit nicht aus, weil daraus noch keine Rückschlüsse möglich sind, ob sie eine “besondere Aufgabe” darstellen (vgl. allg. BAG Urteil vom 19. März 1980 – 4 AZR 300/78 – AP Nr. 32 zu §§ 22, 23 BAT 1975; aus jüngster Zeit BAG Urteil vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 47/93 –, unter B II 3b der Gründe, m.w.N., zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
Der Kläger mußte danach Tatsachen vortragen, die den Schluß zulassen, welche der ihm übertragenen Aufgaben bei wertender Betrachtung in fachlichem Schwierigkeitsgrad und Bedeutung gemessen an den “allgemeinen” Anforderungen eines Betriebsberaters im Außendienst “besondere” sind.
bb) Daran fehlt es vorliegend. Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Kläger habe nicht dargelegt, welche fachlichen Anforderungen bei Marketingaktionen von ihm zu erfüllen seien, zumal die Beklagte diese mit dem Vortrag bestritten habe, dem Kläger oblägen allenfalls Überbringungs- und Hinweisfunktionen. Nicht ausreichend zur Darlegung besonderer Aufgaben sei der Hinweis auf die “schiere Größe” des zu prüfenden Betriebes, weil dieser erfahrungsgemäß über qualifizierte Personal- und/oder Lohnsachbearbeiter und eine entsprechende sachgemäße Organisation dieses betrieblichen Arbeitsgebietes verfüge. Bei den vom Kläger als “schwierig” eingestuften Betrieben “Sportvereine und Festzeltbetrieb” seien nach seinem Vortrag “branchenspezifische Probleme” zu bewältigen, die das Wissen und Können voraussetzten, wie es üblicherweise von einem Betriebsberater der Vergütungsgruppe 8 BAT/OKK erwartet werde (Stichworte: Sachleistungen, Aufwendungsersatz, Beschäftigungsdauer). Entsprechendes gelte für Konkurs- und Ermittlungsfälle. Zur Beratungstätigkeit in besonders gefährdeten Betrieben sage der Kläger nicht, inwiefern erhöhte fachliche Anforderungen zu erfüllen seien.
Diese tatsächlichen Feststellungen sind für den Senat bindend (§ 561 Abs. 2 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, daß sie auf einem Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze beruhen oder unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind.
Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klage wegen unschlüssigen Vortrags erfolglos ist. Nicht, wie die Revision meint, das Landesarbeitsgericht, sondern der Kläger ist “eine Erklärung schuldig geblieben”, welche Aufgaben er als besondere ansieht. Damit kann der Senat, wie schon das Arbeitsgericht, dahinstehen lassen, ob die von der Beklagten genannten Tätigkeiten (Vortragstätigkeit bei Arbeitgeberseminaren, Schulung anderer Betriebsberater, Stellungnahme zu Widersprüchen bzw. Wahrnehmung von Terminen vor Gericht) besondere Aufgaben im Sinne des Tätigkeitsbeispiels darstellen.
Entgegen der Auffassung der Revision folgt die Schlüssigkeit des klägerischen Vortrags auch nicht schon daraus, der “universalistisch” tätige Betriebsberater, dem grundsätzlich alle Aufgaben in der Betriebsberatung für einen bestimmten Bezirk übertragen würden, erledige die “besonderen Aufgaben” mit. Diese weite Aufgabenzuweisung müsse zur Folge haben, daß “mehr und mehr” Betriebsberater in die Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK hineinwachsen und eingruppiert seien.
Es ist denkbar, daß in der Konsequenz eines veränderten organisatorischen Zuschnitts der zugewiesenen Aufgaben eine größere Anzahl von Betriebsberatern auch besondere Aufgaben wahrnimmt. Es kann auch unterstellt werden, daß die Beklagte durch die Organisationsänderung davon ausgegangen ist, die für ein bestimmtes Gebiet zuständigen Betriebsberater erbrächten tariflich höher zu bewertende Leistungen. Hierfür sprechen die vom AOK-Bundesverband herausgegebenen “Hilfen zur Umsetzung” der zum 1. Januar 1991 in Kraft getretenen neuen Tarifregelungen, in denen es auf Seite 2 u.a. heißt:
“Generell ist festzustellen, daß der wettbewerbsgerechte Umgang mit Kunden neue, höherwertige Anforderungen an AOK-Mitarbeiter stellt und deshalb für Mitarbeiter in der Kundenbetreuung eine günstigere Eingruppierung erfordert.”
Für den Einzelfall ist die Wahrnehmung und Übertragung besonderer Aufgaben damit allerdings noch nicht automatisch belegt. Selbst wenn nach dem Konzept “Alle Leistungen aus einer Hand” ein einziger Betriebsberater Ansprechpartner ist, so bedingt dies nicht, daß er alle Dienstleistungen der AOK persönlich erbringt. Es ist vielmehr seine Aufgabe, Dienstleistungen zu vermitteln und zum Gegenstand eines Kontaktgesprächs zu machen. Ob der in seinem Gebiet “universalistisch” tätige Betriebsberater diese Aufgaben dann selbst löst, ob und in welchem Umfang er dabei arbeitsteilig auf die Organisation der AOK bzw. ihrer Spezialisten zurückgreift, ist durch den Hinweis auf eine Allzuständigkeit nicht belegt.
cc) Der Kläger hat damit auch die allgemeinen Hervorhebungsmerkmale der Vergütungsgruppe 9 BAT/OKK (“besondere Schwierigkeit und Bedeutung”) nicht schlüssig dargelegt. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, der Kläger habe schon seine eigene Tätigkeit nicht konkret geschildert. Er zeige auch nicht auf, welche Tatsachen, die nicht bereits durch die Anforderungen der vorhergehenden Vergütungsgruppen konsumiert seien, die Heraushebungsmerkmale erfüllten. Auf das erforderliche Zeitmaß (“zu einem Drittel”) kommt es danach nicht an.
Da die Klage unschlüssig ist, kommt es schließlich auf die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen nicht entscheidend an.
Es kann dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht dem Beweisantritt des Klägers auf Seite 6 seines Schriftsatzes vom 22. Juli 1992 hätte nachgehen müssen, er erledige zu 15 %, nicht zu 5 % Marketingaufgaben.
Soweit der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht sei unzutreffend von einer Zuständigkeit des Klägers für 200 bis 300 Betriebe in seiner Region ausgegangen, tatsächlich habe er aber 500 bis 600 Betriebe zu betreuen, ist die Rüge unstatthaft. Der Kläger hätte insoweit Berichtigung des Tatbestandes gemäß § 320 ZPO beantragen müssen, weil die Feststellung streitigen bzw. unstreitigen Parteivorbringens zum Tatbestand des § 314 ZPO gehört.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. h.c. Schaub, Bott, Schneider, Wiese, Hecker
Fundstellen
Haufe-Index 856714 |
BB 1994, 2004 |
NZA 1995, 483 |