Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Widerspruchssachbearbeiterin. Eingruppierung einer Sachbearbeiterin Widerspruch in der Zentralen Rechtsstelle des Rechtsamtes eines Landkreises. besonders verantwortungsvolle Tätigkeit. wertender Vergleich. Überprüfung eines unbestimmten Rechtsbegriffs im Revisionsverfahren
Orientierungssatz
1. Bei Aufbaufallgruppen ist die Tätigkeit zunächst darauf zu überprüfen, ob sie die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt. Anschließend sind die Voraussetzungen des darauf aufbauenden Tätigkeitsmerkmals zu überprüfen.
2. Die Feststellung, ob sich die Tätigkeit des Angestellten iSd. VergGr. IVb Fallgr. 1a und 1b dadurch aus der VergGr. Vb Fallgr. 1 heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist, erfordert einen wertenden Vergleich mit dem unausgesprochen in dem letztgenannten Tätigkeitsmerkmal vorausgesetzten Maß der Verantwortung.
3. Im Eingruppierungsrechtsstreit obliegt es dem Kläger, diejenigen Tatsachen darzulegen, die diesen Vergleich ermöglichen.
4. Bei dem Heraushebungsmerkmal der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit der VergGr. IVb Fallgr. 1a und 1b handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bezüglich dessen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbar ist.
Normenkette
BAT-O VKA § 22; BAT-O VKA § 23; Anlage 1a zum BAT-O/Allgemeine Vergütungsordnung VergGr. IVb Fallgr. 1a; Anlage 1a zum BAT-O/Allgemeine Vergütungsordnung VergGr. IVb Fallgr. 1b; Anlage 1a zum BAT-O/Allgemeine Vergütungsordnung VergGr. Vb Fallgr. 1a; Anlage 1a zum BAT-O/Allgemeine Vergütungsordnung VergGr. Vb Fallgr. 1b
Verfahrensgang
LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 27.03.2007; Aktenzeichen 8 Sa 514/06 E) |
ArbG Stendal (Urteil vom 26.07.2006; Aktenzeichen 5 Ca 417/06 E) |
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 27. März 2007 – 8 Sa 514/06 E – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Vergütung der Klägerin.
Die 49jährige Klägerin trat am 1. Oktober 1985 in die Dienste des Rechtsvorgängers des beklagten Landkreises. Seit dem 16. September 1991 richtet sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem schriftlichen Vertrag vom 29. Juli 1991 zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 1. Juli 1990. Nach dem vorgenannten Änderungsvertrag ist die Klägerin in VergGr. Vb BAT eingruppiert. Kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit bestimmte sich das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 30. September 2005 nach dem BAT-O/VKA, der am 1. Oktober 2005 durch den nunmehr normativ für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltenden TVöD ersetzt worden ist.
Mit Wirkung vom 15. Oktober 2002 übertrug der Beklagte der zuvor in dessen zentraler Vergabestelle als Sachbearbeiterin für Vergabewesen beschäftigten Klägerin die Tätigkeit einer “Sachbearbeiterin Widerspruch” in der zentralen Widerspruchsstelle seines Rechtsamtes. Dort bearbeitete die Klägerin Widersprüche aus den Rechtsgebieten Sozialhilfe, kommunale Abgaben, Jugendhilfe und Schulgesetz/Schülerbeförderung.
In der Folgezeit machte die unverändert nach VergGr. Vb bezahlte Klägerin vergeblich gegenüber dem Rechtsamtsleiter eine Vergütung nach der VergGr. IVa BAT-O geltend. Auf dessen Hinweis, dass sie sich auf eine Stelle als “Sachbearbeiterin Widerspruch” in der Arbeitsgemeinschaft Grundsicherung im Job-Center J… L… (nachfolgend: AGS JL) bewerben könne, die in deren Organigramm mit Besoldungsgr. A 10 = VergGr. IVa BAT-O ausgewiesen sei, bewarb sich die Klägerin um diese Tätigkeit. Diese wurde ihr vom Beklagten auf der Grundlage einer zwischen ihm und der Agentur für Arbeit befristet bis zum 31. Dezember 2009 geschlossenen Vereinbarung im Einverständnis der Klägerin vorübergehend ab 1. Januar 2005 übertragen. In diesem Schreiben ist zur Vergütung der Klägerin ausgeführt, die Aufgabe sei derzeit mit VergGr. Vb mit Bewährungsaufstieg nach VergGr. IVb bewertet. Sie erhalte somit ihre bisherige Vergütung. Außerdem werde ihr nach Ablauf der Bewährungszeit während der weiteren Zeit ihrer Tätigkeit in der AGS JL eine persönliche Zulage nach § 24 BAT-O gewährt.
Mit Schreiben vom 17. Januar 2005 beantragte die Klägerin, ihr die persönliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den VergGr. IVb und Vb nicht erst nach Ablauf der (vierjährigen) Bewährungszeit, sondern bereits ab 1. Januar 2005 zu gewähren. Zugleich machte sie rückwirkend für die Zeit ihrer Tätigkeit in der zentralen Widerspruchsstelle des Rechtsamtes vom 15. Oktober 2002 bis 31. Dezember 2004 Vergütung nach VergGr. IVb geltend. Mit Schreiben vom 17. Februar 2005 lehnte der Beklagte beides mit der Begründung ab, weder die Tätigkeit in der zentralen Widerspruchsstelle noch diejenige in der Widerspruchsstelle der AGS JL seien besonders verantwortungsvoll im Tarifsinne. Zur tariflichen Wertigkeit der Planstelle “SB Widersprüche” im Rechtsamt ist darin ua. ausgeführt:
“Die bisher von Ihnen im Rechtsamt wahrgenommene Stelle ‘SB Widersprüche’ war nach Prüfung und Auswertung der vorliegenden Literatur mit der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a BAT-O richtig bewertet.
Die Bescheidung von Widersprüchen im Rechtsamt ist eine gehobene Sachbearbeitertätigkeit und erfordert gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen. …”
Die Klägerin ist auf Wunsch des Geschäftsführers der AGS JL seit dem 5. Januar 2007 nicht mehr dort beschäftigt. Sie übt seitdem vorübergehend eine Tätigkeit beim Beklagten in dessen Fachbereich Soziales, Jugend und Gesundheit aus. Die vorübergehende Ausübung dieser Tätigkeit soll nach einer Vereinbarung der Parteien “für den Ausgang” des Rechtsstreits keine Bedeutung haben.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin den Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. IVb BAT-O bzw. nach der sich bei ihrer Überleitung in den TVöD aus dieser Eingruppierung ergebenden Entgeltgruppe für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2004 weiter. Sie hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, geltend gemacht, ihre Tätigkeit als Sachbearbeiterin Widerspruch in der Zentralen Widerspruchsstelle des Rechtsamtes hebe sich durch besondere Verantwortung aus der Tätigkeit der VergGr. Vb Fallgr. 1a heraus. Die dortige Bescheidung von Widersprüchen sei von besonderer Verantwortung gekennzeichnet. Zwar sei sie im Rechtsamt dem Leiter unterstellt gewesen, der regelmäßig die von ihr vorbereiteten Bescheide durchgesehen habe. Dies schließe das Vorliegen der tariflich geforderten besonderen Verantwortung jedoch nicht aus. Ihre Tätigkeit sei deshalb materiell in hohem Maße verantwortungsvoll, weil sie existentielle Lebensbereiche Dritter unmittelbar betreffe. Das Widerspruchsverfahren stelle formell zudem die Schnittstelle der Leistungsgewährung und der Leistungsprüfung dar. Die besondere Verantwortung ihrer Tätigkeit scheitere auch nicht daran, dass das Widerspruchsverfahren Bestandteil des sog. Vorverfahrens sei und ggf. im gerichtlichen Verfahren noch Einflussmöglichkeiten der Behörde bestünden.
Die Klägerin hat unter Neufassung ihres der Sache nach unveränderten erstinstanzlichen Klagebegehrens auf Anregung des Berufungsgerichts beantragt
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 1. Juli 2004 eine Vergütung nach der VergGr. IVb BAT-O/VKA und ab 1. Oktober 2005 eine Vergütung, die sich nach tariflicher Überleitung aus der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O/VKA ergibt, zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, die Anforderungen für den Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVb seien nicht erfüllt. Es fehle die Darlegung, dass bei der Ausübung der Tätigkeiten einer Sachbearbeiterin Widerspruch im Rechtsamt mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge angefallen seien, die einem Tätigkeitsmerkmal der begehrten Vergütungsgruppe entsprächen. Zu ihrer Tätigkeit in der Zentralen Widerspruchsstelle des Rechtsamtes habe die Klägerin schon nicht dargelegt, dass diese Tätigkeit gründliche und umfassende Fachkenntnisse erfordere. Jedenfalls fehle es an der Heraushebung durch besonders verantwortungsvolle Tätigkeit. Die Klägerin sei dem Rechtsamtsleiter unterstellt gewesen, der regelmäßig die von ihr bearbeiteten Bescheide durchgesehen habe. Widerspruchsverfahren und Bescheidungen seien auch nicht grundsätzlich von besonders herausgehobener Bedeutung. So sei es im nachfolgenden Gerichtsverfahren ohne Weiteres möglich, Sachvortrag nachzuschieben und damit von Seiten der Verwaltungsbehörde Einfluss auf den Bestand des Verwaltungsaktes zu nehmen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag aus dem Berufungsverfahren mit der Maßgabe weiter, dass die ab 1. Oktober 2005 zu zahlende Vergütung diejenige der Entgeltgruppe 10 TVöD ist. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
I. Mit Recht haben die Vorinstanzen die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat mit im Wesentlichen nicht zu beanstandender Begründung erkannt, dass die tariflichen Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach der VergGr. IVb BAT bei ihrer für ihre Eingruppierung allein maßgebenden Tätigkeit in der Zentralen Widerspruchsstelle des Beklagten in der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2004 nicht vorliegen. Demzufolge war die Klägerin auch nicht am 1. Oktober 2005 in die dieser Vergütungsgruppe entsprechende Entgeltgruppe 10 TVöD überzuleiten.
1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmte sich kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit bis zum 30. September 2005 nach dem BAT-O in der für den Bereich der Kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Seit dem 1. Oktober 2005 gilt für das Arbeitsverhältnis normativ der TVöD, der den BAT-O ersetzt hat.
2. Der Klage kann daher nur stattgegeben werden, wenn die die Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge ab 1. Juli 2004 die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der von ihr für sich in Anspruch genommenen VergGr. IVb erfüllt haben (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 Unterabs. 4 BAT-O).
3. Für die Eingruppierung der Klägerin kommt es auf die nachfolgenden Tätigkeitsmerkmale des Allgemeinen Teils der Anlage 1a zum BAT-O an, deren Hinweise auf Protokollerklärungen mangels deren Bedeutung für den Rechtsstreit unerwähnt bleiben:
“Vergütungsgruppe IVb
1.a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a heraushebt, daß sie besonders verantwortungsvoll ist.
1.b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a heraushebt, daß sie mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist,
nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppen Vb Fallgruppe 1b.
…
Vergütungsgruppe Vb
1.a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.
(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der Fallgruppe 1b der Vergütungsgruppe VII und in den Fallgruppen 1a der Vergütungsgruppen VIb und Vc geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)
1.b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus Buchstabe a) heraushebt, daß sie mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist.
…”
4. Zutreffend konnte es das Landesarbeitsgericht dahinstehen lassen, aus welchen Arbeitsvorgängen die Tätigkeit der Klägerin besteht. Dies ist unerheblich. Denn ihr steht bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge ihrer Tätigkeit kein Anspruch auf die von ihr geforderte Vergütung zu.
5. Auf die von der Klägerin in der AGS JL ab 1. Januar 2005 bis zum 4. Januar 2007 ausgeübte Tätigkeit ist die Revision ebenso wenig gestützt wie auf die von der Klägerin ab 5. Januar 2007 ausgeübte Sachbearbeitertätigkeit im Fachbereich Soziales, Jugend und Gesundheit; letztere soll nach einer Vereinbarung der Parteien für den Ausgang des Rechtsstreits keine Bedeutung haben. Damit kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits allein auf die Bearbeitung von Widersprüchen durch die Klägerin in der Zentralen Widerspruchsstelle des Rechtsamtes des Beklagten in der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2004 an, deren Anteil an ihrer Gesamtarbeitszeit die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung einmal mit 80 %, ein anderes Mal mit 90 % angibt. Bezüglich ihrer Tätigkeit im Vergaberecht in dieser Zeit, die die restliche Arbeitszeit der Klägerin ausgefüllt hat, macht sie in der Revision selbst nicht geltend, diese sei nach VergGr. IVb BAT zu bewerten.
6. Die für die Eingruppierung der Klägerin maßgebenden Tätigkeitsmerkmale bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist die Tätigkeit zunächst daraufhin zu überprüfen, ob sie die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe, hier diejenigen der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O, erfüllt. Anschließend sind die Voraussetzungen der darauf aufbauenden VergGr. IVb Fallgr. 1a und 1b sowie VergGr. Vb Fallgr. 1b zu überprüfen (st. Rspr. des Senats, zB 22. Juli 1998 – 4 AZR 333/97 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 256 mwN; 4. April 2001 – 4 AZR 187/00 –). Zu dieser Prüfung enthält das Berufungsurteil zwar keine Ausführungen. Dies ist jedoch unschädlich. Denn der Beklagte hat der Klägerin mit Schreiben vom 17. Februar 2005 ausdrücklich bestätigt, ihre Tätigkeit “SB Widersprüche” im Rechtsamt sei zutreffend nach VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O bewertet, und dies knapp begründet. Mangels gegenteiligen substantiierten Sachvortrages des Beklagten kann daher als Ergebnis einer Pauschalprüfung (vgl. Senat 12. Mai 2004 – 4 AZR 371/03 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 301 mwN) davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen dieses Eingruppierungsmerkmals erfüllt sind.
7. Die Bearbeitung von Widersprüchen in der Zentralen Widerspruchsstelle des Rechtsamtes des Beklagten durch die Klägerin erfüllt auf der Grundlage ihres Sachvortrages nicht das Heraushebungsmerkmal der “besonders verantwortungsvollen” Tätigkeit. Das hat das Landesarbeitsgericht näher dargelegt. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
a) Bei dem Heraushebungsmerkmal der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff (Senat 24. Februar 1999 – 4 AZR 8/98 – ZTR 1999, 319; 9. Mai 2007 – 4 AZR 351/06 – Rn. 25). Die revisionsrechtliche Überprüfung ist dabei grundsätzlich darauf beschränkt, ob das Landesarbeitsgericht von dem zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob es alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt hat (zB Senat 10. Dezember 1997 – 4 AZR 221/96 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 237; 9. Mai 2007 – 4 AZR 351/06 – aaO).
b) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Urteil des Landesarbeitsgerichts stand.
aa) Die Klägerin wirft dem Landesarbeitsgericht weder eine Verkennung des unbestimmten Rechtsbegriffs der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit noch einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze bei seiner Anwendung vor. Ein solcher Verstoß ist auch nicht zu erkennen.
bb) Hingegen kann ihre als Verletzung materiellen Rechts erhobene Rüge, die angefochtene Entscheidung verkenne, dass sich ihre Tätigkeit “im Hinblick auf die Anforderungen und die Verantwortung erheblich von der Tätigkeit der Sachbearbeiter” unterschieden habe, “die in der Verwaltung jeweils nur in dem ihnen zugewiesenen singulären Verwaltungsrechtsgebiet regelmäßig tätig” würden, dahin verstanden werden, wenn das Landesarbeitsgericht dies verkenne, verstoße es gegen Denkgesetze. Diese Rüge ist jedoch unbegründet. Zum einen hat das Landesarbeitsgericht weder zur Tätigkeit der Sachbearbeiter in der Verwaltung in dem ihnen jeweils zugewiesenen einzelnen Sachgebiet noch zu deren Eingruppierung Feststellungen getroffen und demzufolge auch eine Vergleichsbetrachtung zwischen der tariflichen Wertigkeit der Widerspruchsbearbeitung und der Tätigkeit dieser Sachbearbeiter nicht angestellt. Zudem ist die Rüge unsubstantiiert. Ohne die Darstellung der Sachbearbeitertätigkeit kann diese nicht eingruppierungsrechtlich bewertet werden. Ob die Bearbeitung von Widersprüchen auf vier Rechtsgebieten verantwortungsvoller ist als die Sachbearbeitung auf einem Rechtsgebiet, hängt vom Inhalt der jeweiligen Tätigkeiten ab.
cc) Als Außerachtlassung eines wesentlichen Umstandes wirft die Klägerin dem Landesarbeitsgericht vor, es habe nicht beachtet, dass ihr seitens des Beklagten bereits zutreffend mit Schreiben vom 22. Dezember 2004 eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit im Tarifsinne bescheinigt worden sei. Darin sei ihr von dem Beklagten mitgeteilt worden:
“Die Aufgabe ist derzeit mit Vergütungsgruppe Vb mit einem Bewährungsaufstieg zur Vergütungsgruppe IVb bewertet. Es wird derzeit geprüft, ob diese Bewertung sachgerecht ist oder ob sie nach Vergütungsgruppe IVb erfolgen muss.”
Auch diese Rüge ist unbegründet. Die Klägerin übersieht – oder will nicht sehen –, dass sich dieses Schreiben mit der Bewertung ihrer Tätigkeit als Sachbearbeiterin Widerspruch in der ASG JL befasst, auf die es im Revisionsverfahren auch nach der Auffassung der Klägerin nicht ankommt.
c) Die die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zum Heraushebungsmerkmal der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit betreffenden Verfahrensrügen der Klägerin sind ebenfalls unbegründet.
aa) Die Klägerin rügt die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Zum einen habe das Landesarbeitsgericht im Beschluss vom 28. Februar 2007 den Standpunkt eingenommen, es spreche viel dafür, “dass sowohl die Bearbeitung von Widersprüchen in der Zentralen Widerspruchsstelle des Rechtsamtes als auch in der AGS Grundsicherung eine ‘besonders verantwortungsvolle’ Tätigkeit iSd. VergGr. IVb BAT-O (vermindert um Bewährungsaufstieg) erfüllt” – richtig: “ist”. Angesichts dessen stelle die Abweisung der Klage wegen Nichterfüllung dieser tariflichen Anforderung eine Überraschungsentscheidung dar. Zum anderen habe das Landesarbeitsgericht erstmals in der Berufungsverhandlung darauf hingewiesen, dass die vorübergehende Übertragung der Tätigkeit bei der AGS JL wegen § 24 BAT-O nicht zu der von ihr – der Klägerin – begehrten Eingruppierung führen könne. “Nach entsprechendem Hinweis” hätte sie ergänzend zu ihrer Tätigkeit in der Zentralen Widerspruchsstelle näher vorgetragen. Den Inhalt dieses Vortrages hat die Klägerin in der Revisionsbegründung nachgeholt.
bb) Diese Verfahrensrüge ist unbegründet. Wird die Verletzung der Hinweispflicht gerügt, muss der Vortrag, der auf den Hinweis gehalten worden wäre, vollständig über die Verfahrensrüge schlüssig gemacht werden (BAG 18. Oktober 2000 – 2 AZR 380/99 – BAGE 96, 123, 129 mwN).
(1) Der nachgeholte Vortrag der Klägerin ist unschlüssig. Aus ihm folgt nicht die Erfüllung der Anforderung des Heraushebungsmerkmals der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit im Sinne der VergGr. IVb Fallgr. 1a und 1b. Denn der diesbezügliche Vortrag der Klägerin verharrt durchweg im Abstrakten. Konkrete Arbeitsinhalte werden für alle vier Rechtsgebiete, für die die Klägerin als Sachbearbeiterin Widerspruch in der Zentralen Widerspruchsstelle des Rechtsamtes des Beklagten tätig war, nicht einmal beispielhaft vorgetragen.
(a) So führt die Klägerin etwa zur Sachbearbeitung Widerspruch auf dem Rechtsgebiet der Sozialhilfe im Wesentlichen aus, zur Prüfung des Widerspruchs lägen idR das Antragsformular, die entsprechenden Akten- und Bearbeitungsvermerke der Sachbearbeiter, der Bescheid sowie das Widerspruchsschreiben vor. Sodann obliege ihr die umfassende Überprüfung des gesamten Sach- und Streitstoffes, und zwar zunächst anhand der Akte. Hierbei obliege es ihr, nicht nur festzustellen, ob der Bescheid schlüssig sei, dh. von den vor Erlass des Bescheides festgestellten Tatsachen getragen werde. Vielmehr habe sie den Sachverhalt auch anhand allgemeiner Plausibilitätsregeln zu überprüfen und könne die in der Akte vorliegenden Angaben der Antragsteller nicht ungeprüft hinnehmen. Zusätzlich habe sie aus den oft umfangreichen Widerspruchschriften diejenigen Informationen zu entnehmen, die geeignet seien, den Widerspruch zu tragen bzw. zu einer geänderten Entscheidung zu kommen. Sofern sich während dieser Prüfung Bedarf für eine ergänzende Sachverhaltsermittlung ergebe – was nicht selten vorkomme –, führe sie diese im Widerspruchsverfahren durch. Zum einen höre sie die Betroffenen persönlich an, wobei es ihr obliege, durch entsprechende Fragestellung die Wahrheit zu ermitteln und hierzu auch die Aussagen und das Aussageverhalten der Betroffenen zu werten. Verantwortungserhöhend komme dabei hinzu, dass die Antragsteller nicht selten bildungsfernen Schichten der Bevölkerung angehörten und von sich aus zur schlüssigen, aus sich heraus verständlichen Darlegung der häufig komplexen Sachverhalte nur äußerst eingeschränkt in der Lage seien. Hierneben veranlasse sie bei Bedarf, dh. ebenfalls regelmäßig, weitere Nachprüfungen, etwa durch Hausbesuche. Die hierfür “von der Arbeitsgemeinschaft” – hier befasst sich die Klägerin mit ihrer eingruppierungsrechtlich unerheblichen Tätigkeit in der AGS JL – eingesetzten Sachverhaltsermittler seien mit konkreten Prüfaufträgen versehen, wobei sie – die Klägerin – auch hier die Verantwortung dafür trage, dass sowohl die Vorgehensweise der Sachverhaltsermittler als auch deren Auftrag so gewählt seien, dass eine umfassende Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts möglich sei. Im Anschluss an diese Ermittlungen obliege ihr die Auswertung der Besuchsberichte, die, soweit erforderlich, ergänzt würden durch Befragung der jeweils beauftragten Sachverhaltsermittler. In der Folge nehme sie die rechtliche Bewertung des festzustellenden Sachverhalts vor. Diesem Vortrag entspricht ihr Vorbringen zu ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe.
(b) Das gesamte nachgeholte Vorbringen der Klägerin zur Widerspruchsbearbeitung auf dem Rechtsgebiet Schulgesetz/Schülerbeförderung lautet, in diesem Bereich hätten ihr Widersprüche über die Entscheidung zur Gewährung von Fahrtkostenübernahme für den Besuch auswärtiger Schulen oblegen. Hierbei handele es sich um ein spezielles Problem des Beklagten. Der Landkreis sei ländlich geprägt, grenze jedoch in großen Teilen an die Landeshauptstadt Magdeburg. Insbesondere im Nahbereich zu Magdeburg lebten viele Berufspendler, deren Kinder häufig ebenfalls Schulen in Magdeburg besuchten (gesetzliche Grundlage der Schulbeförderung sei § 71 Schulgesetz LSA). In diesem Bereich habe sie abschließend und endgültig entschieden. Anspruchsgrundlage seien spezielle Regelungen des Beklagten (“SchülerbeförderungsRL”), die häufigen Änderungen unterlegen hätten und deren Anwendung auch auf Grund der teilweise missverständlichen Formulierungen der Einzelnormen schwierig gewesen sei – was für das Maß der Verantwortung ihrer Tätigkeit nichts besagt –. Ebenso knapp und inhaltlich wenig fassbar sind ihre Ausführungen betreffend die Widerspruchsachbearbeitung auf dem Gebiet der Kommunalabgaben.
(2) Dieser Vortrag der Klägerin lässt nicht erkennen, was es ausmacht, dass ihre Tätigkeit besonders verantwortungsvoll im Sinne der VergGr. IVb Fallgr. 1a und 1b ist. Die Feststellung, ob sich ein Angestellter mit seiner Tätigkeit dadurch im Sinne der VergGr. IVb aus der VergGr. Vb heraushebt, dass diese Tätigkeit “besonders verantwortungsvoll” ist, lässt sich nur gemessen an den in der VergGr. Vb Fallgr. 1a gestellten Anforderungen treffen. Unausgesprochen setzt auch die VergGr. Vb Fallgr. 1a ein bestimmtes der darin beschriebenen Tätigkeit adäquates Maß an Verantwortung voraus (vgl. Senat 4. April 2001 – 4 AZR 187/00 – EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVa Nr. 19; 12. Mai 2004 – 4 AZR 371/03 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 301), denn anderenfalls enthielte dieses Tätigkeitsmerkmal für den durch VergGr. IVb Fallgr. 1a und 1b und VergGr. Vb Fallgr. 1b gebotenen Verantwortungsvergleich keine Vergleichsgröße. Die Prüfung der Anforderungen der besonderen Verantwortung setzt daher einen wertenden Vergleich mit der bereits in VergGr. Vb Fallgr. 1a geforderten Verantwortung voraus (st. Rspr. Senat, vgl. 4. April 2001 – 4 AZR 187/00 – und 12. Mai 2004 – 4 AZR 371/03 – aaO; unzutreffend 21. Februar 2001 – 4 AZR 40/00 –). Im Eingruppierungsrechtsstreit obliegt es dem Kläger, diejenigen Tatsachen darzulegen, die diesen Vergleich ermöglichen (Senat 16. Oktober 2002 – 4 AZR 579/01 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 294 mwN; 12. Mai 2004 – 4 AZR 371/03 – aaO). Solchen Sachvortrag lässt das nachgeholte Vorbringen der Klägerin vollständig vermissen. Davon abgesehen beschränkt sich die Klägerin darauf, den Inhalt ihrer Tätigkeit abstrakt darzustellen und zu bewerten, ohne die dieser Abstrahierung und Wertung zugrunde liegenden (Einzel)Tatsachen vorzutragen. Bezüglich dieser ist daher offen, ob sie überhaupt vorliegen und ob sie – soweit dies der Fall ist – zutreffend abstrahiert und bewertet worden sind.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Bepler, Treber, Bott, Schmalz, Drechsler
Fundstellen