Entscheidungsstichwort (Thema)
GmbH-Gesellschafter als Arbeitnehmer ihrer Gesellschaft
Leitsatz (amtlich)
- Die Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes finden nach ihrem Geltungsberiech nur auf Arbeitnehmer Anwendung.
- Die Gesellschafter einer GmbH können ihre Arbeitsleistung der Gesellschaft aufgrund Gesellschaftsvertrages oder eines Arbeits- bzw. Dienstvertrages erbringen. Ob neben den gesellschaftsrechtlichen Rechtsbeziehungen weitere vertragliche Beziehungen bestehen, entscheiden allein die Betroffenen durch ihre Vereinbarungen.
- Die Abgrenzung, ob ein Arbeits- oder Dienstvertrag vorliegt, richtet sich danach, ob die geleistete Arbeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dies muß nach der tatsächlichen Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse beurteilt werden. Nicht maßgebend ist die bloße Bezeichnung.
- Verfügen drei mitarbeitende Gesellschafter einer Familien-GmbH jeder für sich über eine Sperrminorität, sind sie jedenfalls keine Arbeitnehmer.
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Bau; BRTV-Bau § 1; Verfahrenstarifverträge-Bau vom 19. Dezember 1983 i.d.F. vom 12. Dezember 1984
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 1. Dezember 1989 – 15 Sa 1414/88 – aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 7. Dezember 1988 – 3 Ca 998/88 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung und der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die mitarbeitenden Gesellschafter der Klägerin Siegfried und Hermann H… in der Zeit von Februar 1983 bis November 1985 Arbeitnehmer im Sinne der Verfahrenstarifverträge für das Baugewerbe waren.
Die Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Sie zieht nach näherer tariflicher Regelung die Beiträge der baugewerblichen Arbeitgeber zu den Sozialkassen des Baugewerbes ein.
Die Klägerin, ein in der Rechtsform einer GmbH betriebenes Unternehmen des Bauhauptgewerbes (Tiefbau und Erdkabelverlegung), zahlte 1983 für beide und ab 1984 für einen der in der Gesellschaft mitarbeitenden Gesellschafter Sozialkassenbeiträge an die Beklagte. Hiervon verblieben der Beklagten 1.266,27 DM. Bei den Gesellschaftern handelte es sich um die Brüder Siegfried und Hermann H…, die im gesamten Klagezeitraum den Aushub von Kabelgräben, deren Wiederverfüllung sowie die Wiederherstellung der Erdoberfläche ausführten. Sie waren neben ihrer Schwester, die bis November 1985 Geschäftsführerin der Klägerin war, deren einzige Mitarbeiter und verrichteten alle gewerblich anfallenden Arbeiten. Darüber hinaus waren sie zusammen mit ihrer Schwester Claudia H… im Klagezeitraum auch die einzigen Gesellschafter der Klägerin.
In § 8 des Gesellschaftsvertrages vom 26. Juli 1977 hieß es:
Ҥ 8
Gesellschafterbeschlüsse
Gesellschafterbeschlüsse werden mit 85 % Mehrheit gefaßt. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Je 500, -- DM eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme.”
Im Zeitraum von Februar 1983 bis 20. November 1985 hielt Claudia H… mit 8.000,-- DM 2/5 der Anteile, was 16 Stimmen entspricht. Ebenfalls 8.000,-- DM waren in der Hand von Siegfried H…. Demgegenüber hielt Hermann H… mit 4.000,-- DM Stammkapital nur 1/5 der Anteile, was einem Stimmenanteil von 8 entspricht. Ab 21. November 1985 war Claudia H… nicht mehr Gesellschafterin, sie wurde auch als Geschäftsführerin abberufen. Dementsprechend wurden die Anteile ihrer Brüder erhöht: Siegfried H… auf 12.000,-- DM = 3/5 = 24 Stimmen und Hermann H… auf 8.000,-- DM = 2/5 = 16 Stimmen. Aufgrund einer gleichzeitig durchgeführten Kapitalerhöhung ergaben sich folgende Anteile: Siegfried H… 32.000,-- DM = 32/50 = 64 Stimmen und Hermann H… 18.000,-- DM = 18/50 = 36 Stimmen. Neuer Geschäftsführer wurde Siegfried H…. Mit Rücksicht auf § 8 des Gesellschaftsvertrages konnten im gesamten Klagezeitraum Beschlüsse der Gesellschaft nur einstimmig gefaßt werden. Beide Gesellschafter hatten keine Lohnansprüche, sondern waren lediglich am Gewinn beteiligt.
Mit Schreiben vom 3. März 1986 forderte die Klägerin die von ihr geleisteten Beiträge erfolglos von der Beklagten zurück.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, Siegfried und Hermann H… seien keine Arbeitnehmer, sondern Unternehmer gewesen. Sie habe die Beiträge nur in der irrigen Auffassung gezahlt, die Gesellschafter ständen in einem … versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. Nach der Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag über die erforderliche Stimmenmehrheit seien zur Beschlußfassung 34 von 40 Stimmen erforderlich gewesen. Beide Gesellschafter hätten dadurch maßgeblichen Einfluß auf die Gesellschaft gehabt. Das mit der Sperrminorität verbundene Einflußpotential löse Vorwirkungen aus, die zur Durchsetzung persönlicher Interessen genutzt werden könnten. Zu berücksichtigen sei auch, daß es sich um einen reinen Familienbetrieb gehandelt habe. § 814 BGB greife nicht ein, da dafür positive Kenntnis der Rechtslage erforderlich sei. Bloße Zweifel genügten nicht.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.266,27 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 12. Juni 1986 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und die Ansicht vertreten, im Falle nebeneinander bestehender Arbeits- und Gesellschaftsverhältnisse könnten Lohnansprüche bestehen und abhängige, fremdbestimmte Arbeit geleistet werden. Die damalige Geschäftsführerin sei in ihrer Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis in keiner Weise eingeschränkt gewesen. Sie sei kraft ihrer Funktion weisungsbefugt gegenüber allen gewerblich tätigen Mitarbeitern. Durch sie habe die Klägerin gehandelt. Die Möglichkeit, aufgrund der Stimmrechtsverteilung die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft zu verhindern, genüge nicht, um eine Arbeitnehmereigenschaft zu verneinen. Auf die Höhe der Stammeinlage komme es zur Beurteilung der Beitragspflicht nicht an. Beide Gesellschafter seien auch keine mitarbeitenden Familienangehörigen gewesen, weil die Klägerin als juristische Person keine Familienangehörige haben könne. Jedenfalls habe die Klägerin ab Ende Mai 1984 Kenntnis vom fehlenden Rechtsgrund gehabt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Denn Siegfried und Hermann H… waren keine Arbeitnehmer der Klägerin.
I. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt, Siegfried und Hermann H… seien Arbeitnehmer gewesen. Ein Gesellschafter könne Arbeitnehmer seiner Gesellschaft sein, da es allein auf seine persönliche Abhängigkeit ankomme. Die Klägerin habe das zwischen ihr und den beiden Gesellschaftern bestehende Verhältnis selbst jahrelang als Arbeitsverhältnis angesehen, sie also als persönlich abhängig i.S. von § 1227 Abs. 1 Nr. 1 RVO betrachtet. Die Arbeitnehmereigenschaft sei auch nicht durch die Stimmrechte beseitigt worden. Es komme nicht auf die gesellschaftsrechtlichen Einflußmöglichkeiten an, sondern darauf, ob der Beschäftigte im jeweiligen Rechtsverhältnis Arbeitnehmer sei. Denn der Aufgabenkreis der Gesellschafter habe mit den Aufgaben der Geschäftsführerin nichts zu tun. Gesellschafterbeschlüsse hätten darauf keinen Einfluß. Die Sperrminorität von Siegfried und Hermann H… habe nichts bewirkt, weil die Geschäftsführerin ebenfalls über eine solche verfügt habe.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung weder in der Begründung noch im Ergebnis stand.
II.1. Die im Klagezeitraum geltenden Verfahrenstarifverträge für das Baugewerbe finden kraft Allgemeinverbindlichkeitserklärung auf die Parteien mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1 und Abs. 2 TVG). Die an die Beklagte nach den Verfahrenstarifverträgen gezahlten Beiträge waren für diejenigen Arbeitnehmer abzuführen, auf die sich der persönliche Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer erstreckte. Die Tarifverträge über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 12. November 1960 i.d.F. vom 10. November 1981, vom 19. Dezember 1983 und vom 12. Dezember 1984 (Verfahrenstarifverträge) bestimmten bzw. bestimmen in § 1 Nr. 3:
“Persönlicher Geltungsbereich:
Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben.”
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats werden damit vom persönlichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge die Beschäftigten erfaßt, die eine von der RVO über die Rentenversicherung der Arbeiter erfaßte Tätigkeit ausüben. Dagegen ist es unerheblich, ob im Einzelfall Versicherungspflicht besteht und entsprechende Beiträge an die Rentenversicherung abzuführen sind (BAGE 59, 346, 348 und BAGE 60, 183, 186 = AP Nr. 99 und 100 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Nach den nicht angefochtenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind die Gesellschafter aber mit dem Ausheben und Verfüllen von Kabelgräben beschäftigt. Sie üben also eine gewerbliche und damit versicherungspflichtige Tätigkeit aus.
3. Die Gesellschafter H… sind jedoch entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine Arbeitnehmer, da sie nicht persönlich abhängig sind.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es für die Entscheidung der Frage, ob die beiden Gesellschafter Arbeitnehmer der Klägerin waren, weniger darauf an, wie die Beteiligten ihr Rechtsverhältnis benannt haben, sondern vielmehr in erster Linie darauf, wie sie es nach objektivem Maßstab praktiziert haben (vgl. BAGE 19, 324, 329 = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAGE 34, 111, 118 = AP Nr. 37 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG Urteil vom 14. Februar 1974 – 5 AZR 298/73 – AP Nr. 12 zu § 611 BGB Abhängigkeit, m.w.N.). Dem ist die Literatur gefolgt (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 6. Aufl., § 36 I 3, S. 154; Kraft/Konzen, Die Arbeiterselbstverwaltung im Spannungsverhältnis von Gesellschafts- und Arbeitsrecht, 1978, S. 39/40; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 5 Rz 6).
Weiter ist in Literatur und Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt, daß ein nicht geschäftsführender Gesellschafter neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung auch Arbeitnehmer der Gesellschaft sein kann unter der Voraussetzung, es liegen die sonstigen Merkmale des Arbeitnehmerbegriffs, insbesondere seine persönliche Abhängigkeit vor (Molitor, Arbeitsverhältnisse und Mitgliedschafts(Gesellschafts-)verhältnisse, DB 1957, 164; Götz Hueck, Zur Tätigkeit des Kommanditisten im Dienste der KG, DB 1962, 1363 ff.; Kraft/Konzen, aaO, S. 33 ff.; BSG Urteil vom 29. Oktober 1986 – 7 RAr 43/85 – BB 1987, 406; BSG Urteil vom 20. März 1984 – 7 RAr 70/82 – SozR 4100, § 168 Nr. 16; BSG Urteil vom 8. August 1990 – 11 RAr 77/89 – ZIP 1990, 1566). Entscheidend ist dabei, ob die für die Arbeitnehmereigenschaft maßgebliche abhängige Arbeit geschuldet wird oder nicht (Kraft/Konzen, aaO, S. 40; Goetz Hueck, aaO, S. 1366). Dabei ist maßgebend stets das Gesamtbild der zu beurteilenden Rechtsbeziehungen, das sich unter Berücksichtigung aller Einzelheiten und Begleitumstände ergibt (G. Hueck, aaO, S. 1366). In diesem Zusammenhang hat das Landesarbeitsgericht zwar zutreffend darauf hingewiesen, daß bei der GmbH die Geschäftsführung dem Geschäftsführer als Gesellschaftsorgan obliegt, dieser also das Weisungsrecht des Arbeitgebers (der Gesellschaft) gegenüber den Beschäftigten der Gesellschaft ausübt und daher auch der mitarbeitende Gesellschafter weisungsgebunden und damit Arbeitnehmer sein kann. Es hat jedoch nicht genügend beachtet, daß im vorliegenden Fall durch die Regelungen des Gesellschaftsvertrages, insbesondere das dort in § 8 vorgeschriebene Quorum und die Stimmverteilung auf die drei bzw. später zwei Gesellschafter, die einzelnen Gesellschafter jeder für sich eine auch für sein Beschäftigungsverhältnis relevante Sperrminorität besitzen (vgl. hierzu Kraft/Konzen, aaO, S. 41/42; G. Hueck, aaO, unter 3.; BSG Urteil vom 8. August 1990 – 11 RAr 77/89 – ZIP 1990, 1566; BSG Urteil vom 13. Dezember 1960 – 3 RK 2/56 Berlin = NJW 1961, 1134, 1135; BGHZ 18, 205, 210 f. = NJW 1955, 1716; Kunkel, GmbH-Rundschau 1954, 22, 25). Bei einer Gesamtschau ist ferner in diesem Zusammenhang zu beachten einmal das Fehlen jeder über den Gewinnanteil hinausgehenden Vergütung und zum anderen die Tatsache, daß nur Gesellschafter für die Gesellschaft tätig sind, die darüber hinaus auch noch Geschwister sind. Schließlich kann nicht übersehen werden, daß die Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag zwar verschieden hohe Geschäftsanteile halten, diese jedoch so bemessen sind, daß Gesellschafterbeschlüsse nur einstimmig ergehen können und zum Geschäftsführer nur Gesellschafter bestellt werden können (§ 5 des Gesellschaftsvertrages).
b) Soweit das Landesarbeitsgericht im Tatbestand bei der Wiedergabe des unstreitigen Sachverhalts ausführt, die beiden mitarbeitenden Gesellschafter seien “aufgrund von Arbeitsverträgen” beschäftigt worden, handelt es sich nicht um eine den Senat bindende Tatsachenfeststellung im Sinne von § 561 Abs. 2 ZPO, sondern um eine erst zu überprüfende Rechtsmeinung. Dies zeigt sich schon daran, daß die Parteien gerade über die Arbeitnehmereigenschaft der Gesellschafter und damit über die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses zwischen ihnen und der Gesellschaft streiten.
c) Selbst wenn die Feststellung des Landesarbeitsgerichts mit der es die Revisionszulassung begründet, “daß sich die Zahl der Fälle mehrt, in denen durch gesellschaftsrechtliche Vertragsgestaltung die Beitragspflicht zu den Sozialkassen des Baugewerbes zu beeinflussen versucht wird” zutreffen sollte, ändert sich dadurch nichts daran, daß im vorliegenden Fall eine Abhängigkeit der Gesellschafter schlicht zu verneinen ist. Es ist das gute Recht eines jeden Gesellschafters, seine vertraglichen Beziehungen zu der Gesellschaft im Rahmen der geltenden Gesetze in der für beide Teile günstigsten Weise zu regeln und über die Ausgestaltung seiner gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte zu bestimmen.
d) Ebensowenig läßt sich für die Arbeitnehmereigenschaft der Gesellschafter der Klägerin daraus etwas herleiten, daß diese langjährig Beiträge zu den Sozialkassen und zur Sozialversicherung gezahlt hat, wie das Landesarbeitsgericht meint. Denn nicht die Abführung dieser Beiträge begründet ein Arbeitsverhältnis, sondern die Verpflichtung, Beiträge zu den Sozialkassen zu zahlen, ist Folge eines Arbeitsverhältnisses.
e) Nach alledem üben die Gesellschafter Siegfried und Hermann H… keine fremdbestimmte Tätigkeit aus und sind daher keine Arbeitnehmer der Klägerin. Sie hat damit die Beiträge an die Beklagte ohne Rechtsgrund (§ 812 BGB) geleistet.
III. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte darauf, ein Rückforderungsanspruch bestehe nach § 814 BGB nicht, da die Klägerin seit Mai 1984 aufgrund eines Bescheides der zuständigen AOK gewußt habe, nicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet zu sein.
Im Rahmen des § 814 Fall 1 BGB ist positive Kenntnis der Rechtslage erforderlich. Der Leistende muß aus den Tatsachen eine im Ergebnis zutreffende rechtliche Schlußfolgerung gezogen haben (BGH Beschluß vom 26. Juni 1986 – III ZR 232/85 – WM 1986, 1160). Jeder Rechts- oder Tatsachenirrtum schließt die Anwendung des § 814 BGB aus (BGH Urteil vom 29. Februar 1968 – VII ZR 98/65 – DB 1968, 612, 613; MünchKomm-Lieb, BGB, 2. Aufl. 1986, § 814 Rz 14 m.w.N.; Palandt/Thomas, BGB, 48. Aufl. 1989, § 814 Anm. 2a). Vorliegend ging die Klägerin jedoch unstreitig von der irrigen Auffassung aus, ihre Gesellschafter Siegfried und Hermann H… seien Arbeitnehmer im Sinne der Verfahrenstarifverträge. Sie ist daher einem Rechtsirrtum erlegen.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Dr. Freitag, Schneider, Dr. Börner, Pahle
Fundstellen
BB 1991, 479 |
JR 1991, 352 |
RdA 1991, 126 |
ZIP 1991, 817 |
AP, 0 |
GmbHR 1991, 460 |