Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeitwunsch. Drei-Monats-Frist. Organisationskonzept. betriebliche Gründe. Schichtarbeit. Darlegungslast. Einstweilige Verfügung. Ablehnung eines Teilzeitwunsches. Schichtarbeit auch nachmittags und abends-
Leitsatz (amtlich)
1) Ein zu kurzfristig gestelltes Teilzeitverlangen, das die in § 8 Abs. 2 TzBfG geregelte Ankündigungsfrist von drei Monaten nicht wahrt, kann so ausgelegt werden, dass sich das Begehren auf den Zeitpunkt richtet, zu dem die Drei-Monats-Frist abläuft.
2) Die bloße Berufung des Arbeitgebers auf ein praktiziertes Organisationskonzept, dass alle Beschäftigten des Betriebes, auch die Teilzeitbeschäftigten im Schichtbetrieb arbeiten und in diesem Zusammenhang die Nachmittagsschicht bis mindestens 18:00 Uhr abdecken müssen, ist allein kein Grund für die Ablehnung eines Teilzeitwunsches nach § 8 Abs. 4 TzBfG. Es bedarf darüber hinaus der Darlegung und ggf. des Nachweises konkreter Umstände, inwiefern dieses Konzept dem konkreten Teilzeitwunsch tatsächlich entgegensteht und die gewünschte zeitliche Lage der Arbeit nicht durch zumutbare Änderung der Betriebsabläufe ermöglicht werden kann.
Normenkette
TzBfG § 8
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Urteil vom 24.11.2010; Aktenzeichen 3 Ga 21 a/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 24.11.2010 – 3 Ga 21 a/10 – abgeändert:
Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, die Verfügungsklägerin bei Meidung von Zwangsgeld bis zu 25.000,– EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder von Zwangshaft ab dem 04.01.2011 zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Änderungsschneiderin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 22 Stunden und 50 Minuten, und zwar dienstags bis donnerstags von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr und samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem Hauptsacheverfahren beim Arbeitsgericht Neumünster zum Aktenzeichen 3 Ca 1356 a/10 zu beschäftigen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 10 % und die Beklagte 90 %.
Tatbestand
Die 1970 geborene und verheiratete Verfügungsklägerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die vorläufige Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden auf 22 Stunden 50 Minuten und deren Verteilung auf Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr und samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr.
Die Verfügungsklägerin trat am 01.10.1999 in Vollzeit als Änderungsschneiderin in die Dienste der Beklagten ein. Sie erhielt zuletzt eine Vergütung von 2.200,– EUR brutto monatlich. Sie ist als Damenschneiderin eingesetzt, steckt die gewünschten Änderungen jedoch nicht vor Ort beim Kunden ab, arbeitet vielmehr lediglich im Hintergrund.
Die Klägerin hat am 17.12.2007 eine Tochter geboren und befand sich bis zum 16.12.2010 in Elternzeit. Der Ehemann der Klägerin ist als Kfz-Sachverständiger in K… in Vollzeit tätig. Er ist regelmäßig mindestens von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr von zu Hause abwesend und hat keinen festen Dienstschluss. Das Kind der Klägerin kann in der Kindestagesstätte R… von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr betreut werden. Die Klägerin hat hier einen Platz für ihre Tochter. Eine über 16:00 Uhr hinausgehende Betreuung wird nicht angeboten. Die Klägerin hat für ihr Kind einen Betreuungsplatz für drei Tage, nämlich dienstags, mittwochs und donnerstags. Die zeitliche Lage dieser drei Tage ist von der Kindestagesstätte vorgegeben. Die Klägerin hat nur die Wahl zwischen einer dreitägigen und einer fünftägigen Kindertagesstättenbetreuung. Ein anderes Angebot unterbreitet die Kindertagesstätte R… nicht. Eine Betreuung außerhalb der Kindertagesstätte durch Familienangehörige ist nicht möglich. Solche leben nicht vor Ort.
Im August 2010 führte die Klägerin mit dem Personalleiter der Beklagten, Herrn S…, ein Gespräch über die Reduzierung ihrer Arbeitszeit. Die Details sind streitig. Mit Schreiben vom 29.09.2010, bei der Beklagten eingegangen am 04.10.2010, beantragte die Klägerin schließlich unter Bezugnahme auf das im August geführte Gespräch die Verringerung ihrer Arbeitszeit ab 18.12.2010 auf 22 Stunden und 50 Minuten und eine zeitliche Festlegung auf dienstags, mittwochs und donnerstags von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr sowie samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr.
Mit Schreiben vom 08.10.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit ab dem 18.12.2010 könne grundsätzlich genehmigt werden, die von ihr gewünschten Arbeitszeiten seien aber aus organisatorischen Gründen so leider nicht möglich (Bl. 5 d. A.).
Das Arbeitsgericht hat den darauf folgenden, am 11.11.2010 eingegangenen Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf entsprechende vorläufige Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit und zeitliche Festlegung im begehrten Sinne nach vorangegangener Beweisaufnahme abgewiesen. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung gesche...