§ 7 Abs. 2 BAT ermächtigt den Arbeitgeber, bei gegebener Veranlassung durch einen Vertrauensarzt oder das Gesundheitsamt feststellen zu lassen, ob der Angestellte dienstfähig oder frei von ansteckenden Krankheiten ist. Der Begriff der Dienstfähigkeit hat seinen Ursprung im Beamtenrecht. Es ist das Gegenteil der dort definierten Dienstunfähigkeit. Ein Beamter ist dienstunfähig, wenn er infolge körperlicher Gebrechen oder wegen Schwäche seiner körperlichen und geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten unfähig ist (§ 42 Abs. 1 BBG). Nach Auffassung des BAG ist dies deckungsgleich mit dem Begriff der Arbeitsunfähigkeit.[1] Diese liegt vor, wenn der Arbeitnehmer wegen der genannten Ursachen nicht in der Lage ist, die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (vgl. Arbeitsunfähigkeit). Die Untersuchung auf die Dienstfähigkeit zielt somit nicht nur auf die Feststellung der allgemeinen Arbeitsfähigkeit, sondern auch darauf ab, ob der Arbeitnehmer in der Lage ist, die besonderen Anforderungen seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zu erbringen.[2] Auch ein allgemein arbeitsfähiger Arbeitnehmer kann somit im Sinne des § 7 Abs. 2 BAT dienstunfähig sein. Dienstfähig ist der Angestellte erst dann, wenn sein Leistungsvermögen mit den gesundheitlichen Anforderungen des Arbeitsplatzes in Übereinstimmung steht.

§ 7 Abs. 2 BAT spricht von "gegebener Veranlassung". Geregelt ist nur, dass der Arbeitgeber von der Befugnis nicht willkürlich Gebrauch machen darf. Der Anlass zur Untersuchung kann sich aus der Fürsorgepflicht für den Arbeitnehmer selbst, aus der Fürsorgepflicht für die übrigen Arbeitnehmer oder aus dem sonstigen Pflichtenkreis der Verwaltung oder des Betriebes ergeben.[3] Ein sachlicher Grund für die Anordnung einer Untersuchung ist somit gegeben, wenn begründete Zweifel bestehen, ob der Angestellte dienst-(arbeits-)fähig ist.

 
Praxis-Beispiel
  1. Ein Arbeitnehmer, z.B. ein Busfahrer, erscheint nach längerer Erkrankung wieder zur Arbeit, ohne eine Arbeitsfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes vorzulegen. Aufgrund seines Auftretens und Erscheinungsbildes bestehen Zweifel an seiner vollen Einsatzfähigkeit.
  2. Ein Arbeitnehmer lässt in seinen Arbeitsleistungen deutlich nach. Aufgrund verschiedener Vorfälle und seines Erscheinungsbildes ist nicht auszuschließen, dass sein Gesundheitszustand hierfür ursächlich ist.
  3. Ein Arbeitnehmer hat wegen der gesundheitlichen Folgen eines Verkehrsunfalles einen Verwaltungslehrgang abbrechen müssen. Er beantragt kurz darauf seine erneute Teilnahme. Es bestehen Zweifel, ob der Angestellte den gesundheitlichen Anforderungen gewachsen ist.[4]
  4. Bei einer arbeitsmedizinischen Untersuchung über die Geeignetheit des bisherigen Arbeitsplatzes äußert der Arzt gesundheitliche Bedenken gegen die Weiterverwendung auf Dauer am bisherigen Arbeitsplatz. Dies ist für den Arbeitgeber eine ausreichende Veranlassung, den Arbeitnehmer auf seine Dienstfähigkeit hin untersuchen zu lassen.[5]
  5. Der Arbeitnehmer hat sich krankgemeldet und auch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. Dem Arbeitgeber werden aber konkrete Umstände bekannt, die zu berechtigten Zweifeln am Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit Anlass geben. Auch in diesen Fällen kann der Arbeitgeber eine ärztliche Untersuchung nach § 7 Abs. 2 BAT veranlassen. Diese Möglichkeit steht ihm neben einer Untersuchung durch den medizinischen Dienst der Krankenkasse nach § 275 Abs. 1 Nr. 3 lit. b SGB V zur Verfügung (siehe hierzu näher Arbeitsunfähigkeit).

Die Möglichkeit der Untersuchung bedeutet jedoch nicht, dass der Arzt ohne jede Einschränkung alle Untersuchungen vornehmen darf, die er oder der Arbeitgeber für sachdienlich halten. Das Interesse des Arbeitgebers an der geforderten Untersuchung ist vielmehr abzuwägen gegen das Interesse des Arbeitnehmers an der Wahrung seiner Intimsphäre und körperlichen Unversehrtheit.[6] So ist der Arbeitnehmer regelmäßig nicht verpflichtet, einen mit einer Blutentnahme verbundenen Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit zu dulden.[7]

Der Arbeitgeber ist in der Wahl des Arztes nicht beschränkt. Es liegt im Ermessen des Arbeitgebers, ob er im Einzelfall das Gesundheitsamt oder einen Vertrauensarzt mit der Untersuchung betrauen will. Der Begriff Vertrauensarzt ist nicht im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gemeint. Vertrauensarzt ist ein vom Arbeitgeber mit der Untersuchung betrauter Arzt. Trotz des unterschiedlichen Wortlauts besteht somit in der Frage der Arztwahl im Ergebnis kein Unterschied zur Regelung in Abs. 1. Der Arbeitgeber kann daher einen Facharzt oder den Betriebsarzt mit der Untersuchung beauftragen. Der Arbeitnehmer kann den vom Arbeitgeber ausgewählten Arzt nur ablehnen, wenn er konkrete und gewichtige Gründe vorzubringen vermag, aufgrund derer eine Untersuchung durch gerade diesen Arzt für ihn unzumutbar ist.

Der Arbeitnehmer ist zur Mitwirkung verpflichtet.[8] Er hat den untersuchenden Arzt insoweit von der ärztlichen Schweigepflicht zu ...

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