Leitsatz (amtlich)

I. Der Arbeitgeber kann auch Arbeitspersonen mit Führungsaufgaben im Einzelhandel (hier: „Storeleiterin”) den Wunsch nach Verkürzung der Wochenarbeitszeit nicht allein mit dem Hinweis darauf abschlagen, eine Vollzeittätigkeit sei für ihn konzeptionell unabdingbar (s. § 6 TzBfG). Es gehört vielmehr zur Organisationspflicht des Arbeitgebers „alle zumutbaren organisatorischen Maßnahmen” zu ergreifen, damit auch Arbeitnehmer in leitenden Positionen von ihrem Recht auf Teilzeitarbeit Gebrauch machen können” (Kohte/Schulze-Doll, ArbuR 2009, 313, 314).

II. Es stellt keine „Änderung” eines Verteilungswunsches im Sinne der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (s. BAG 24.06.2004 – 9 AZR 514/07 – NZA 2008, 1289 [Leitsatz]) dar, wenn der Anspruchsteller seine bereits im innerbetrieblichen Konsensverfahren kursorisch zur Sprache gebrachten Verteilungswünsche (hier: „gleichmäßig” auf die Arbeitstage verteilt) im späteren Klagebegehren konkretisiert (hier: jeweils von 10.00 bis 16.00 Uhr).

 

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, dem Antrag der Klägerin vom 9. September 2011 auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit von 40 auf 30 Wochenarbeitsstunden zuzustimmen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die Verteilung der Arbeitszeit auf montags von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr, dienstags von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr, mittwochs von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr, donnerstags von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr und freitags von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr sowie an maximal zwei Samstagen im Monat von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr festzulegen.

III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

IV. Der Wert der Streitgegenstände wird für dieses Teilurteil auf 22.515,– Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Es geht um Arbeitszeitverkürzung unter bestimmter Verteilung des verkürzten Arbeitspensums (§ 8 TzBfG[1]). – Vorgefallen ist dies:

I. Die (heute[2]) 39-jährige Klägerin trat im Februar 2008 als „Store Manager”[3] in die Dienste der Beklagten, die mit regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer(inne)n ohne Berücksichtigung der Auszubildenden[4] ein Filialunternehmen des Einzelhandels in der Modebranche betreibt. Die an der T.straße gelegene Verkaufsstelle beschäftigt während der Öffnungszeiten (Montag bis Samstag jeweils 11.00 bis 20.00 Uhr) neben zwei Vollzeitkräften (darunter der Klägerin) mehrere Teilzeitkräfte[5]. Zur Zeit der Ereignisse, die den Hintergrund des Rechtsstreits bilden, bezog die Klägerin bei wöchentlich 40 Arbeitsstunden unter Gewinnbeteiligung bis zu 10.000,– Euro jährlich (s. Urteilsanlage I.) ein Jahresgehalt von 60.040,– Euro (brutto)[6].

II. Mit besagten „Ereignissen” hat es folgende Bewandtnis:

Nach Schwangerschaft und Mutterschutz ging die Klägerin (wohl ab 25. Januar 2011[7]) in sogenannte Elternzeit. Als mit dem 30. November 2011 deren Ablauf nahte, geschah folgendes:

1. Am 9. September 2011 wandte die Klägerin sich zunächst mündlich mit der Bitte an die Beklagte, für die Zeit ab 1. Dezember oder spätestens binnen dreier Monate in eine Verringerung ihrer Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche einzuwilligen, „gleichmäßig verteilt auf die Arbeitstage”[8].

2. Das beschied die Beklagte mit Schreiben vom 11. Oktober 2011[9] (Kopie: Urteilsanlage II.) abschlägig:

„Teilzeitbeschäftigung nach Elternzeit

… mit Bezug auf Ihren mündlichen Antrag vom 09. September 2011 auf eine Teilzeitbeschäftigung (30 Stunden pro Woche) nach Ihrer Elternzeit mit Beginn des 01. Dezembers 2011 müssen wir Ihnen heute mitteilen, dass wir nach eingehender Prüfung Ihrem Wunsch leider nicht entsprechen können,

Aus entgegenstehenden betrieblichen Gründen müssen wir Ihren Antrag auf eine Teilzeitbeschäftigung nach Ihrer Elternzeit ablehnen”.

3. Nach nochmals vergeblichem Versuch der Klägerin, die Beklagte im Gespräch mit dem direkten Vorgesetzten (Herrn A.M.) umzustimmen[10], wandte sie sich durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 3. November 2011[11] und der Bitte an die Beklagte, die erwähnten betrieblichen Gründe konkret darzulegen. – Hierauf reagierte die Beklagte per Brief vom 15. November 2011[12] (Kopie: Urteilsanlage III.):

„… Teilzeitantrag Frau … [Name der Klägerin; d.U.]

… wie bereits mit Ihnen am Dienstag, dem 08. November 2011 telefonisch besprochen, möchten wir nun Stellung zum Teilzeitantrag unserer Mitarbeiterin Frau A.K. nehmen. Frau A.K. ist seit 18. Februar 2008 als Store Managerin unseres Strellson Stores in Berlin beschäftigt. Mit Ende ihres Mutterschutzes am 25. Januar 2011 folgte die von Frau K. beantragte Elternzeit bis zum 30. November 2011.

Auf mündliche Anfrage von Frau K. über einen erneuten Einstieg als Store Managerin in Berlin zum 01. Dezember 2011 folgten mehrere persönliche Gespräche und Telefonate mit ihren Vorgesetzten Herrn K. P., Herrn A. M. und ihrem Personalverantwortlichen Herrn M. O.. In diesen Gesprächen äußerte Frau K. mehrfach den Wunsch, ab dem 01. Dezember 2011 als Store Managerin in Teilzeit (30 Wochenstunden) arbeiten zu wollen. Im Schreiben vom 11. Oktober 2011 habe wir aus entgegenstehenden betriebl...

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