Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Ethik-Richtlinien. sog. Ordnungsverhalten. Gesetzesvorbehalt des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG. Verbot der Geschlechtsdiskriminierung. Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats. Mitbestimmung bei Anwendung technischer Kontrolleinrichtungen. Beteiligung am Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber in einem Verhaltenskodex das Verhalten der Arbeitnehmer und die betriebliche Ordnung regeln will. Das Mitbestimmungsrecht an einzelnen Regelungen begründet nicht notwendig ein Mitbestimmungsrecht am Gesamtwerk.
Orientierungssatz
1. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber durch Ethik-Richtlinien in einem Verhaltenskodex (“Code of conduct”) das sog. Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer regeln will.
2. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG setzt nicht notwendig voraus, dass es sich um verbindliche Verhaltensregeln handelt. Ausreichend ist, wenn die Maßnahme des Arbeitgebers darauf gerichtet ist, das Verhalten der Arbeitnehmer zu steuern oder die Ordnung des Betriebs zu gewährleisten.
3. Kein Mitbestimmungsrecht besteht bei Regelungen, mit denen lediglich die geschuldete Arbeitsleistung konkretisiert werden soll, oder bei der Verlautbarung der “Unternehmensphilosophie” und der Beschreibung von Unternehmenszielen.
4. Die Mitbestimmung des Betriebsrats ist nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen, wenn der Gegenstand gesetzlich geregelt ist. Ausländische Vorschriften schließen die Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG nicht aus.
5. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG berechtigt die Betriebsparteien nicht, in die private Lebensführung der Arbeitnehmer einzugreifen. Regelungen über private Beziehungen im Betrieb sind aber nicht von vornherein der Mitbestimmung entzogen.
6. Ein vom Arbeitgeber aufgestellter Verhaltenskodex kann mitbestimmungspflichtige und mitbestimmungsfreie Teile enthalten. Das Mitbestimmungsrecht an einzelnen Regelungen eines Verhaltenskodexes begründet nicht notwendig ein Mitbestimmungsrecht an dem Gesamtwerk.
7. Soll durch einen Verhaltenskodex eine konzerneinheitliche “Unternehmensphilosophie” umgesetzt und für ein “ethisch-moralisch einheitliches Erscheinungsbild” und eine konzernweite Identität gesorgt werden, steht das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG gemäß § 58 Abs. 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat zu.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 1, 6, § 58 Abs. 1; AGG §§ 1, 3 Abs. 4, § 7 Abs. 1-2, § 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 13 Abs. 1, § 16 Abs. 1 S. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1; ArbGG § 83 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die Rechtsbeschwerden der Arbeitgeberinnen wird der Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Januar 2007 – 5 TaBV 31/06 – teilweise aufgehoben.
II. Die Beschwerde des Konzernbetriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 24. November 2005 – 3 BV 44/04 – wird zurückgewiesen.
III. Auf die Anschlussbeschwerden der Arbeitgeberinnen wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 24. November 2005 – 3 BV 44/04 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass folgende Regelungen des Honeywell Verhaltenskodexes der erzwingbaren Mitbestimmung des Konzernbetriebsrats unterliegen:
a) “Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um ungebührliche Vorgesetztenverhältnisse zu vermeiden und Personen, mit denen wir familiäre oder enge persönliche Verbindungen haben, nicht direkt oder indirekt über- oder untergeordnet zu sein.
Sollte ein tatsächlicher oder scheinbarer Interessenkonflikt entstehen, muss der betreffende Mitarbeiter das Problem der Rechtsabteilung oder dem Honeywell-Kontrollbüro (“Integrity and Compliance Office”) und einem Mitglied des Führungsteams in dem Geschäftsbereich, in dem der Konflikt entsteht, schriftlich mitteilen, damit der Fall geprüft und ggf. Maßnahmen zur Beseitigung des Interessenkonflikts ergriffen werden können.”
b) “Insbesondere verbietet das Unternehmen das Zeigen oder Verbreiten von Bildern, Karikaturen oder Witzen sexueller Natur.
Zur Meldung von sexuellen Belästigungen steht den Mitarbeitern ein einschlägiges Beschwerdeverfahren zur Verfügung.”
c) “Mitarbeiter oder Vertreter, die Arbeiten im Namen von Honeywell durchführen, sind bezüglich Ressourcen der Honeywell Information Technology nicht zum Schutz ihrer Privatsphäre berechtigt, außer wenn dies durch die örtlichen Gesetze vorgesehen ist. Alle Computerdaten, die unter Verwendung von Ressourcen der Honeywell Information Technology erstellt, empfangen oder übertragen werden, gelten nicht als private Informationen des Benutzers. Honeywell behält sich das Recht vor, alle Daten aus jedwedem Grund ohne Vorankündigung zu untersuchen, wenn Verstöße gegen diesen Veraltenskodex oder andere Richtlinien von Honeywell vermutet werden. Durch die Verwendung von Ressourcen der Honeywell Information Technology erklären sich Benutzer mit dieser Überwachung einverstanden.”
2. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.
IV. Die weitergehenden Rechtsbeschwerden der Arbeitgeberinnen werden zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über Mitbestimmungsrechte bei der Einführung und Anwendung eines “Code of business conduct” (Verhaltenskodex). Antragsteller ist der bei der Beteiligten zu 2) errichtete Konzernbetriebsrat. Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin ist die Muttergesellschaft der weiteren zu 3) bis 13) beteiligten Arbeitgeberinnen. Beteiligter zu 14) ist der bei der Beteiligten zu 3) gebildete Gesamtbetriebsrat. Dieser ist errichtet von den zu 22) bis 34) beteiligten Betriebsräten der Betriebe der Beteiligten zu 3). Als Beteiligte zu 15) bis 21) sowie 37) und 38) sind die Betriebsräte der Beteiligten zu 4) sowie 6) bis 13) beteiligt. Die Beteiligten zu 39) und 40) sind die in den Betrieben der Beteiligten zu 5) gebildeten Betriebsräte.
Die Beteiligte zu 2) ist Tochter einer an der New Yorker Börse (NYSE) notierten US-amerikanischen Gesellschaft. US-amerikanische Vorschriften wie Section 406 des Sarbanes Oxley Act 2002 und Section 303A.10 des NYSE listed Company Manual sehen vor, dass börsennotierte Gesellschaften einen “Code of business for directors, officers and employees” aufstellen und veröffentlichen müssen. Dieser soll Regelungen zur Verhinderung von und zum Umgang mit Interessenkonflikten, zur Verschwiegenheitspflicht, zu lauterem und fairem Geschäftsgebaren, zum Schutz von Unternehmenseigentum, zur Verpflichtung der Mitarbeiter zu gesetzeskonformen Verhalten und zur Ermutigung der Mitarbeiter, Gesetzesverstöße und Verstöße gegen den Kodex zu melden, enthalten.
Die Arbeitgeberinnen gaben seit 1993 mehrere Fassungen von Verhaltenskodexen bekannt. Im Jahr 2004 erstellte die US-amerikanische Muttergesellschaft einen Kodex, der weltweit für alle im Konzern tätigen Unternehmen und die in diesen beschäftigten Arbeitnehmer gelten soll. Dieser “Honeywell Verhaltenskodex – Ihr Leitfaden für korrektes Verhalten im Geschäftsleben” (im Folgenden: Verhaltenskodex) gliedert sich in die Abschnitte “Unsere Beziehungen zum Unternehmen und untereinander”, “Unsere Beziehungen zu unseren Kunden”, “Unsere Beziehungen zu unseren Lieferanten”, “Unsere Beziehungen zu anderen” und “Unser Programm zur Einhaltung der Verhaltensregeln und zur Wahrung der Integrität (I&C-Programm;)”.
In dem Abschnitt “Unsere Beziehungen zum Unternehmen und untereinander” finden sich unter der Überschrift “Wir vermeiden Interessenkonflikte” ua. folgende Passagen:
“• Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um ungebührliche Vorgesetztenverhältnisse zu vermeiden und Personen, mit denen wir familiäre oder enge persönliche Verbindungen haben, nicht direkt oder indirekt über- oder untergeordnet zu sein.
…
• Sollte ein tatsächlicher oder scheinbarer Interessenkonflikt entstehen, muss der betreffende Mitarbeiter das Problem der Rechtsabteilung oder dem Honeywell-Kontrollbüro (“Integrity and Compliance Office”) und einem Mitglied des Führungsteams in dem Geschäftsbereich, in dem der Konflikt entsteht, schriftlich mitteilen, damit der Fall geprüft und gegebenenfalls Maßnahmen zur Beseitigung des Interessenkonflikts ergriffen werden können.”
Unter der Überschrift “Wir sind für volle Gleichberechtigung und begrüßen Unterschiede” heißt es ua.:
“Honeywell engagiert sich für eine alles umfassende Arbeitskultur. Wir sind der Überzeugung und erkennen an, dass alle Menschen für ihre individuellen Fähigkeiten und Beiträge respektiert werden sollten. Ziel des Unternehmens ist es, allen Mitarbeitern herausfordernde, sinnvolle und lohnende Möglichkeiten zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung zu bieten, und zwar unabhängig von Geschlecht, Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, sexueller Orientierung, körperlicher oder geistiger Behinderung, Alter, Schwangerschaft, Religion, Veteranenstatus, Herkunftsland oder jeglichem anderen gesetzlich geschützten Status.”
Unter der Überschrift “Wir arbeiten in einem positiven Umfeld” findet sich ua. folgender Abschnitt:
“• Insbesondere verbietet das Unternehmen unwillkommene sexuelle Zudringlichkeiten oder Körperkontakte, Gesten und Aussagen sexuellen Inhalts sowie das Zeigen oder Verbreiten von Bildern, Karikaturen oder Witzen sexueller Natur. Ebenfalls verboten sind Repressalien gegen Mitarbeiter, die sich gewehrt und über sexuelle Belästigungen beschwert haben. Zur Meldung von sexuellen Belästigungen steht den Mitarbeitern ein einschlägiges Beschwerdeverfahren zur Verfügung.”
Unter der Überschrift “Wir nehmen weder Kinder- noch Zwangsarbeit in Anspruch” heißt es:
“• Honeywell nimmt weder derzeit noch künftig Kinderarbeit in Anspruch. Honeywell definiert ein Kind als eine Person unter 16 Jahren. Wenn örtliche Gesetze strenger sind als die Honeywell-Grundsätze, wird Honeywell diese örtlichen Gesetze befolgen. Sollten örtliche Gesetze Honeywell jedoch gestatten, Menschen im Alter von unter 16 Jahren zu beschäftigen, wird das Unternehmen hiervon absehen.
• Honeywell nimmt weder derzeit noch künftig Zwangsarbeit in Anspruch.”
Unter der Überschrift “Wir schützen Unternehmenseigentum und Daten” findet sich ua. folgende Passage:
“Mitarbeiter oder Vertreter, die Arbeiten im Namen von Honeywell durchführen, sind bezüglich Ressourcen der Honeywell Information Technology nicht zum Schutz ihrer Privatsphäre berechtigt, außer wenn dies durch die örtlichen Gesetze vorgesehen ist. Alle Computerdaten, die unter Verwendung von Ressourcen der Honeywell Information Technology erstellt, empfangen oder übertragen werden, gelten nicht als private Informationen des Benutzers. Honeywell behält sich das Recht vor, alle Daten aus jedwedem Grund ohne Vorankündigung zu untersuchen, wenn Verstöße gegen diesen Verhaltenskodex oder andere Richtlinien von Honeywell vermutet werden. Durch die Verwendung von Ressourcen der Honeywell Information Technology erklären sich Benutzer mit dieser Überwachung einverstanden.”
Unter der Überschrift “Wir achten auf hohe Integrität in unseren Geschäftsbüchern, Unterlagen, Berichten und Abschlüssen” wird ua. ausgeführt:
“• Das Unternehmen verbietet falsche und irreführende Eintragungen in seinen Büchern und Unterlagen aus jedwedem Grunde und duldet keine geheimen oder schwarzen Bankkonten oder Vermögenswerte, ungeachtet deren Zwecks.
• …
• Alle Provisions- und Abschlagszahlungen erfolgen durch einen separaten Unternehmensscheck, per Wechsel an den Zahlungsempfänger oder per elektronischer Überweisung, außer im Fall von Rückerstattungen, bei denen Gutschriften vorzuziehen sind.”
In dem Abschnitt “Unsere Beziehungen zu unseren Kunden” heißt es unter der Überschrift “Wir befolgen alle Gesetze und Vorschriften”:
“Unsere Kundenbeziehungen sind von besonderer Bedeutung für Honeywell. Bei der Erfüllung der Bedürfnisse unserer Kunden verpflichten wir uns, integer vorzugehen und alle anwendbaren Gesetze zu beachten. Produkte müssen so konzipiert, hergestellt, installiert und gewartet werden, dass sie neben internen Normen auch externen Vorschriften, den Normen der zuständigen Zulassungsstellen sowie allen geltenden vertraglichen Verpflichtungen entsprechen.”
Unter der Überschrift “Wir bieten hochwertige Produkte und Dienstleistungen” finden sich ua. folgende Abschnitte:
“• Wenn zur Bestätigung der Übereinstimmung mit den Spezifikationen des Kunden Kontrollen oder Test durchgeführt werden müssen, darf es keine unrichtige Wiedergabe von Daten und keine Unterlagenfälschung geben.
• Beim Produktentwurf ist darauf zu achten, dass die Produkte allen anwendbaren öffentlichen und behördlichen Normen und Vorschriften entsprechen.
• Produkte oder Systeme, die – abgesehen von normalen Testverfahren vor dem Verkauf – bereits benutzt wurden, dürfen nicht als neue Produkte verkauft werden.”
Unter der Überschrift “Wir verwenden akkurate Abrechnungsverfahren” wird ausgeführt:
“Im Einklang mit den Unternehmensrichtlinien müssen auf allen Rechnungen, die an Kunden gehen, der Verkaufspreis und die Geschäftsbedingungen für verkaufte Produkte oder geleistete Dienste akkurat wiedergegeben werden. Jeder Mitarbeiter ist dafür verantwortlich, präzise und vollständige Unterlagen zu führen. Es dürfen keine falschen, irreführenden oder vorgetäuschten Eintragungen in Honeywells Büchern und Unterlagen vorgenommen werden.”
Unter der Überschrift “Wir befolgen die Ausfuhrkontroll- und Einfuhrgesetze” heißt es ua.:
“Honeywell wird alle Ausfuhrkontroll- und Einfuhrgesetze und Vorschriften befolgen, die für den Export und Import von Waren und technischen Daten gelten, einschließlich von Artikeln, die als Muster im Handgepäck oder als Vorführobjekte als Gepäckstück mitgeführt werden. …”
In dem Abschnitt “Unser Programm zur Einhaltung der Verhaltensregeln und zur Wahrung der Integrität (I&C-Programm;)” wird unter der Überschrift “Persönliche Verantwortung” ua. ausgeführt:
“Die Einhaltung der Verhaltensregeln ist die erste und wichtigste Aufgabe jedes Mitarbeiters. Jeder leitende Angestellte und Mitarbeiter des Unternehmens ist persönlich dafür verantwortlich, dass er diesen Verhaltenskodex und die anderen Richtlinien des Unternehmens, die für seine Arbeit relevant sind, kennt und versteht.”
Unter der Überschrift “Alle Mitarbeiter” finden sich ua. folgende Passgen:
“Alle Honeywell-Mitarbeiter müssen den Verhaltenskodex sowie die Grundsätze und Verfahren des Unternehmens genau befolgen und mutmaßliche Verstöße umgehend melden. …
• Mitarbeiter werden dazu angeregt, Verstöße durch ihre normalen Berichterstattungskanäle an den Kontrollbeauftragten ihrer Geschäftseinheit, ein Mitglied des Integrity and Compliance Council oder an die Rechtsabteilung zu melden.
• Außerdem haben alle Mitarbeiter Zugang zu einer oder mehreren Telefon-Helplines, die rund um die Uhr von einem professionellen, unabhängigen Auftragnehmer besetzt sind.
• …
• Um die Umsetzung dieses Verhaltenskodex zu vereinfachen, sind die Mitarbeiter verpflichtet, uneingeschränkt im Rahmen eines Untersuchungsverfahrens des Unternehmens zu kooperieren …
• …
• Die Nichterfüllung jeglicher der in diesem Verhaltenskodex aufgestellten Verpflichtungen kann ein Disziplinarverfahren bis hin zur Kündigung nach sich ziehen. …”
Unter der Überschrift “ACCESS, unsere Integritäts-Helpline” enthält das hintere Deckblatt des Verhaltenskodexes “internationale Anrufanweisungen” dazu, wie mit dem “Helpline-Sachbearbeiter” telefonisch Kontakt aufgenommen werden kann.
Nachdem die Arbeitgeberinnen begonnen hatten, die Fassung des Verhaltenskodexes an die Beschäftigten zu verteilen und sich deren Einverständnis mit dem Inhalt schriftlich bestätigen zu lassen, beauftragten die in den Betrieben gebildeten Betriebsräte und der Gesamtbetriebsrat den Konzernbetriebsrat mit der Wahrnehmung ihrer Interessen und der Verhandlungsführung gegenüber den Arbeitgeberinnen. Die Verhandlungen führten zu keinem einvernehmlichen Ergebnis. Unter dem 19. Juli 2004 übersandten die “Geschäftsleitung” und der Konzernbetriebsrat an alle Personalleiter und Betriebsräte ein Schreiben, in dem es heißt:
“Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wie Ihnen bekannt ist, gibt es unterschiedliche Auffassungen zwischen Geschäftsleitung und Konzernbetriebsrat im Hinblick auf Mitbestimmungsrechte bei der Einführung des Codes of Conduct. Der Konzernbetriebsrat hat in dieser Thematik ein Verhandlungs- und Abschlussmandat von allen Betriebsräten erhalten.
Um den Vorgaben des Konzerns zur weltweiten Einführung des Codes zu entsprechen, haben wir uns nach mehreren Gesprächen auf folgende pragmatische Vorgehensweise verständigt:
Der Konzernbetriebsrat toleriert ohne Aufgabe seiner Rechtsposition die Einführung des Codes. Dies beinhaltet die Verteilung der Broschüre, der ein gemeinsam abgestimmtes Vorwort beigefügt wird, sowie die Durchführung von Informationsveranstaltungen über den Inhalt des Codes in der am jeweiligen Standort üblichen Form oder in elektronischer Version. Den Erhalt und das Verständnis der Broschüre kann sich der Arbeitgeber schriftlich bestätigen lassen, eine Verpflichtungserklärung auf den Code erfolgt dadurch nicht.
Diese Vorgehensweise entspricht dem Verfahren bei der Einführung des Codes im Jahr 2002.
Um die Rechtslage im Hinblick auf Mitbestimmungsrechte endgültig zu klären, wird der Konzernbetriebsrat ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren einleiten. Über den Ausgang dieses Verfahrens werden wir Sie selbstverständlich informieren.
…”
In dem “gemeinsam abgestimmten Vorwort” zum Verhaltenskodex heißt es ua.:
“Der Honeywell Verhaltenskodex wurde zum Schutz der Arbeitnehmer(innen) und Anteilseigner des Unternehmens erstellt. Es ist beabsichtigt, allen Arbeitnehmer(innen) die ethischen Grundsätze, nach denen das Unternehmen seine Geschäfte durchführt, bewusst zu machen sowie das von ihnen erwartete Verhalten im Geschäftsleben aufzuzeigen.
Honeywell ist davon überzeugt, dass der Kodex in allen Ländern, in denen Geschäfte durchgeführt werden, Anwendung finden kann. Allerdings könnte es Situationen geben, in denen der Kodex nicht mit den lokalen und/oder nationalen Gesetzen übereinstimmt. Falls ein lokales oder nationales Gesetz im Widerspruch zu einer Aussage des Kodexes steht, müssen Unternehmen und Arbeitnehmer(innen) gemäß dem lokalen oder nationalen Gesetz handeln.
Wo darüber hinaus der Kodex nicht mit den vertraglichen Bedingungen eines einzelnen Arbeitsvertrages übereinstimmt, haben die in diesem Vertrag festgesetzten Bedingungen stets Vorrang.
…
Die Beratung zwischen der Arbeitgeberseite und den Arbeitnehmer(innen)vertretern in Deutschland hat folgende gemeinsame Auffassung ergeben:
“Bestimmte Formulierungen im Text stehen im Widerspruch oder in einem Spannungsverhältnis zur Rechtssituation in Deutschland. Insbesondere möchten wir auf folgende Punkte hinweisen:
• Der Schutz von persönlichen Daten im Rahmen des Bundesdatenschutzgesetzes sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung;
• Das Recht auf Aussageverweigerung von Beschuldigten bzw. wenn eine Aussage den Beschuldigten selbst belasten würde;
• Das im deutschen wie im europäischen Recht verankerte Diskriminierungsverbot, welches hinsichtlich der Behandlung von Familienangehörigen unabdingbare Grundsätze festlegt.
• Darüber hinaus möchten wir den Punkt betonen, dass für die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses maßgebend das deutsche Vertragsrecht, das Arbeitsrecht und in diesem Rahmen der schriftliche Arbeitsvertrag sind. Teil des Arbeitsvertrages sind – soweit vorhanden – maßgebende tarifliche Bestimmungen und Betriebsvereinbarungen.
Diese Punkte verstehen Sie bitte als Konkretisierung der Formulierung im Text des Honeywell Code of Business Conduct, dass nationales und lokales Recht bzw. nationale und lokale Regeln Vorrang vor den Formulierungen des Textes des Honeywell Code of Business Conduct haben.
…”
In dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Konzernbetriebsrat die Auffassung vertreten, er habe hinsichtlich des Verhaltenskodexes mitzubestimmen. Der Kodex betreffe Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Soweit in ihm vorgesehen sei, dass die Arbeitgeberinnen alle Computerdaten aus jedwedem Grund ohne Vorankündigung untersuchen könnten, bestehe ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Der Kodex sei ein geschlossenes Gesamtkonzept, aus dem einzelne Teile nicht herausgelöst werden könnten. Da zahlreiche und wesentliche Regelungen mitbestimmungspflichtig seien, unterfalle er insgesamt der Mitbestimmung. Der Konzernbetriebsrat sei nach § 58 Abs. 1 BetrVG für die Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte zuständig, da der Verhaltenskodex konzernweit angewandt werden solle.
Der Konzernbetriebsrat hat beantragt,
festzustellen, dass die Einführung und Anwendung des Honeywell Code of Business Conduct seiner erzwingbaren Mitbestimmung, hilfsweise derjenigen der einzelnen Betriebsräte/des Gesamtbetriebsrats, unterliegt;
hilfsweise
festzustellen, dass folgende Regelungen des Honeywell Code of Business Conduct seiner erzwingbaren Mitbestimmung, hilfsweise derjenigen der einzelnen Betriebsräte/des Gesamtbetriebsrats, unterliegen:
1. Seite 6: “Wir vermeiden Interessenkonflikte”
“Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um ungebührliche Vorgesetztenverhältnisse zu vermeiden und Personen, mit denen wir familiäre oder enge persönliche Verbindungen haben, nicht direkt oder indirekt über- oder untergeordnet zu sein.
Sollte ein tatsächlicher oder scheinbarer Interessenkonflikt entstehen, muss der betreffende Mitarbeiter das Problem der Rechtsabteilung oder dem Honeywell-Kontrollbüro (“Integrity and Compliance Office”) und einem Mitglied des Führungsteams in dem Geschäftsbereich, in dem der Konflikt entsteht, schriftlich mitteilen, damit der Fall geprüft und gegebenenfalls Maßnahmen zur Beseitigung des Interessenkonflikts ergriffen werden können.”
2. Seite 6: “Wir sind für volle Gleichberechtigung und begrüßen Unterschiede”.
“… Wir sind der Überzeugung und erkennen an, dass alle Menschen für ihre individuellen Fähigkeiten und Beiträge respektiert werden sollten. Ziel des Unternehmens ist es, allen Mitarbeitern herausfordernde, sinnvolle und lohnende Möglichkeiten zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung zu bieten, und zwar unabhängig von Geschlecht, Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, sexueller Orientierung, körperlicher oder geistiger Behinderung, Alter, Schwangerschaft, Religion, Veteranenstatus, Herkunftsland oder jeglichem anderen gesetzlich geschützten Status.”
3. Seite 7 “Wir arbeiten in einem positiven Umfeld”.
“Insbesondere verbietet das Unternehmen unwillkommene sexuelle Zudringlichkeiten oder Körperkontakte, Gesten und Aussagen sexuellen Inhalts sowie das Zeigen oder Verbreiten von Bildern, Karikaturen oder Witzen sexueller Natur. Ebenfalls verboten sind Repressalien gegen Mitarbeiter, die sich gewehrt und über sexuelle Belästigungen beschwert haben. Zur Meldung von sexuellen Belästigungen steht den Mitarbeitern ein einschlägiges Beschwerdeverfahren zur Verfügung.”
4. Seite 9 “Wir schützen Unternehmenseigentum und Daten”.
“Mitarbeiter oder Vertreter, die Arbeiten im Namen von Honeywell durchführen, sind bezüglich Ressourcen der Honeywell Information Technology nicht zum Schutz ihrer Privatsphäre berechtigt, außer wenn dies durch die örtlichen Gesetze vorgesehen ist. Alle Computerdaten, die unter Verwendung von Ressourcen der Honeywell Information Technology erstellt, empfangen oder übertragen werden, gelten nicht als private Informationen des Benutzers. Honeywell behält sich das Recht vor, alle Daten aus jedwedem Grund ohne Vorankündigung zu untersuchen, wenn Verstöße gegen diesen Verhaltenskodex oder andere Richtlinien von Honeywell vermutet werden. Durch die Verwendung von Ressourcen der Honeywell Information Technology erklären sich Benutzer mit dieser Überwachung einverstanden. …”
Die Arbeitgeberinnen haben beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, die Anträge seien unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Ein mögliches Mitbestimmungsrecht des Konzernbetriebsrats sei verbraucht. Die unterschiedlichen und voneinander unabhängigen Regelungsbereiche des Verhaltenskodexes stellten auch keine verbindliche Verhaltensordnung dar, sondern enthielten lediglich Leitlinien. Dies zeige auch das Vorwort. Der Kodex habe zum erheblichen Teil Programmcharakter und beschreibe Ziele und Selbstverpflichtungen des Unternehmens.
Das Arbeitsgericht hat den Hauptantrag abgewiesen, dem Hilfsantrag bezüglich der Nr. 1, 3 und 4 entsprochen und ihn hinsichtlich der Nr. 2 abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Beschwerde des Konzernbetriebsrats dem Hauptantrag entsprochen und die Anschlussbeschwerden der Arbeitgeberinnen zurückgewiesen. Mit den vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerden begehren die Arbeitgeberinnen weiterhin die Abweisung der Anträge des Konzernbetriebsrats. Der Konzernbetriebsrat, der zu 14) beteiligte Gesamtbetriebsrat und der zu 37) beteiligte Betriebsrat beantragen, die Rechtsbeschwerden zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerden der Arbeitgeberinnen sind teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Hauptantrag des Betriebsrats zu Unrecht stattgegeben. Die Rechtsbeschwerden haben auch hinsichtlich des Hilfsantrags Nr. 3, dem das Arbeitsgericht in vollem Umfang entsprochen hat, teilweise Erfolg; hinsichtlich eines Teils des Hilfsantrags Nr. 3 sowie hinsichtlich der Hilfsanträge Nr. 1 und 4 sind sie unbegründet. Das Arbeitsgericht hat insoweit zu Recht das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Konzernbetriebsrats an den Regelungen des Verhaltenskodexes festgestellt. Den Hilfsantrag Nr. 2 hat das Arbeitsgericht zu Recht abgewiesen.
I. Die vom Landesarbeitsgericht zugelassenen, form- und fristgerecht ausgeführten Rechtsbeschwerden der Arbeitgeberinnen sind zulässig. Die beschwerdeführenden 12 Arbeitgeberinnen sind sämtlich durch die angefochtene Entscheidung beschwert. Das mit der Entscheidung festgestellte Bestehen eines originären Mitbestimmungsrechts des Konzernbetriebsrats an dem Verhaltenskodex betrifft nicht nur die Beteiligte zu 2), die im Rahmen der originären Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats nach § 58 Abs. 1 BetrVG als “Konzernarbeitgeberin” dessen Verhandlungs- und Vertragspartnerin ist (vgl. BAG 12. November 1997 – 7 ABR 78/96 – AP BetrVG 1972 § 58 Nr. 2 = EzA BetrVG 1972 § 58 Nr. 2, zu B 2b der Gründe; vgl. auch 22. Januar 2002 – 3 AZR 554/00 – AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 77 Ruhestand Nr. 2, zu III der Gründe; Fitting BetrVG 24. Aufl. § 58 Rn. 6 mwN; DKK-Trittin BetrVG 11. Aufl. § 58 Rn. 8; Kreutz GK-BetrVG 8. Aufl. § 58 Rn. 11 ff.; Roloff in Wlotzke/Preis BetrVG 3. Aufl. § 58 Rn. 3). Durch die Feststellung, der Konzernbetriebsrat habe bei der Einführung und Anwendung des Verhaltenskodexes mitzubestimmen, sind vielmehr auch die beherrschten Konzernunternehmen beschwert. Sie sind, jedenfalls dann, wenn sie – wie hier – am Verfahren beteiligt sind, an eine entsprechende gerichtliche Feststellung gebunden.
II. Die Rechtsbeschwerden sind insoweit begründet, als mit ihnen die Abweisung des Hauptantrags des Konzernbetriebsrats begehrt wird. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht ein Mitbestimmungsrecht des Konzernbetriebsrats an der Einführung und Anwendung des gesamten Verhaltenskodexes festgestellt.
1. An dem Verfahren sind gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG sämtliche in den Vorinstanzen gehörten Personen und Stellen beteiligt.
a) Beteiligt an einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist stets der Antragsteller. Dies ist hier der Konzernbetriebsrat. Keine Antragsteller in diesem Sinne sind der zu 14) beteiligte Gesamtbetriebsrat und der zu 37) beteiligte Betriebsrat. Zwar haben diese im Rechtsbeschwerdeverfahren Anträge gestellt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um die das Verfahren einleitenden und dessen prozessualen Gegenstand bestimmenden Anträge.
b) Als Arbeitgeber waren nach § 83 Abs. 3 ArbGG sowohl die Beteiligte zu 2) als in Deutschland herrschendes Konzernunternehmen als die von ihm beherrschten Konzernunternehmen, die Beteiligten zu 3) bis 13), zu hören. Wer in einem Konzern “Arbeitgeber” iSv. § 83 Abs. 3 ArbGG ist, regeln weder das Arbeitsgerichtsgesetz noch das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich. Jedenfalls dann, wenn von dem Gegenstand des Beschlussverfahrens alle Unternehmen des Konzernverbunds betroffen sind und die begehrte Entscheidung ihnen gegenüber Wirkung entfalten soll, sind sowohl das herrschende Unternehmen als auch die beherrschten Unternehmen zu hören (vgl. zur Beteiligung auf Arbeitgeberseite im Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen BAG 29. September 2004 – 1 ABR 39/03 – BAGE 112, 100, zu B I 2 der Gründe; 15. Mai 2007 – 1 ABR 32/06 – Rn. 14 ff., AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 30 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 5).
c) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberinnen sind in dem Verfahren auch der zu 14) beteiligte Gesamtbetriebsrat und die zu 15) bis 34) sowie zu 37) bis 40) beteiligten Betriebsräte zu hören.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats richtet sich die Beteiligung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren danach, ob eine Person oder Stelle in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen oder mitbestimmungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist. Betroffen ist ein Betriebsverfassungsorgan, wenn es als Inhaber des streitigen Rechts materiellrechtlich ernsthaft in Betracht kommt (28. März 2006 – 1 ABR 59/04 – Rn. 11–14 mwN, BAGE 117, 337). Reklamiert ein Gesamtbetriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, müssen die örtlichen Betriebsräte nur beteiligt werden, wenn Arbeitgeber oder Gesamtbetriebsrat hilfsweise deren Zuständigkeit behaupten oder objektiv zumindest ernsthafte Zweifel bestehen können, ob nicht statt des Gesamtbetriebsrats die örtlichen Betriebsräte Inhaber des streitigen Mitbestimmungsrechts sind (vgl. 28. März 2006 – 1 ABR 59/04 – Rn. 13, aaO). Gleiches gilt grundsätzlich im Verhältnis des Konzernbetriebsrats zu den Gesamtbetriebs- und den örtlichen Betriebsräten.
bb) Hiernach haben die Vorinstanzen den Gesamtbetriebsrat und die Betriebsräte zu Recht gehört. Die originäre Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats ist hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte bei den streitbefangenen Regelungen des Verhaltenskodexes jedenfalls nicht so offenkundig, dass eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats oder der örtlichen Betriebsräte nicht ernsthaft in Betracht käme. Nach der Rechtsprechung des Senats genügt allein der Wunsch des Arbeitgebers nach einer konzerneinheitlichen Regelung nicht, um die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats zu begründen; vielmehr muss hierfür ein zwingendes Erfordernis bestehen (vgl. etwa 19. Juni 2007 – 1 AZR 454/06 – Rn. 17 ff., AP BetrVG 1972 § 58 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 58 Nr. 1). Dementsprechend hat der Konzernbetriebsrat vorsorglich für den Fall, dass die Gerichte seine originäre Zuständigkeit nach § 58 Abs. 1 BetrVG verneinen sollten, den Antrag gestellt, das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Gesamtbetriebsrats, hilfsweise der Betriebsräte festzustellen. Die Existenz weiterer Gesamtbetriebsräte oder örtlicher Betriebsräte ist weder festgestellt noch von einem der Beteiligten behauptet.
2. Der Hauptantrag ist zulässig.
a) Er bedarf in mehrfacher Hinsicht der Auslegung.
aa) Mit dem Antrag wird nicht etwa im Wege einer – verdeckten – objektiven Antragshäufung die Feststellung von Mitbestimmungsrechten an einer Vielzahl von Regelungstatbeständen begehrt. Vielmehr handelt es sich um einen einheitlichen Antrag, mit dem ein Mitbestimmungsrecht an der Einführung und Anwendung des gesamten Verhaltenskodexes festgestellt werden soll. In diesem Sinn haben die Vorinstanzen den Antrag verstanden. Sie haben nicht die einzelnen Regelungen und Passagen des Kodexes auf ihre Mitbestimmungspflichtigkeit hin geprüft, sondern sich damit befasst, ob ein Mitbestimmungsrecht an der Gesamtheit des Verhaltenskodexes besteht. Ein solches Verständnis entspricht erkennbar dem Begehr des Konzernbetriebsrats. Dieser begründet den Antrag wesentlich mit der Behauptung, der Verhaltenskodex sei ein geschlossenes Gesamtwerk, das sich nicht in einzelne, voneinander unabhängige Regelungen aufspalten lasse. Außerdem hätte der Konzernbetriebsrat, sofern er mit seinem Hauptantrag eine Mehrzahl von Anträgen zur Entscheidung hätte stellen wollen, gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die einzelnen Regelungen, hinsichtlich derer sein Mitbestimmungsrecht festgestellt werden soll, konkret bezeichnen und eine darauf bezogene Begründung geben müssen. Für ein einheitliches Antragsverständnis sprechen schließlich auch die Hilfsanträge. Sie wären überflüssig, wenn die mit ihnen begehrte und auf konkrete einzelne Regelungen bezogene Feststellung eines Mitbestimmungsrechts bereits als selbständiger Teil in dem Hauptantrag enthalten wäre.
bb) Die Auslegung des Antrags ergibt ferner, dass er nicht auf zwei gesonderte Feststellungen, einmal die “Einführung” des Verhaltenskodexes, das andere Mal dessen “Anwendung” betreffend gerichtet ist. Der Konzernbetriebsrat reklamiert kein zweifaches Mitbestimmungsrecht. Er will vielmehr festgestellt wissen, dass ihm bei der weiteren Anwendung des Verhaltenskodexes ein Mitbestimmungsrecht zustehe. Ein solches Verständnis ist vor allem auch angesichts des gemeinsamen Schreibens der Beteiligten zu 2) und des Konzernbetriebsrats vom 19. Juli 2004 geboten. Nach diesem “toleriert” der Konzernbetriebsrat “ohne Aufgabe seiner Rechtsposition die Einführung des Kodex” und wird, “um die Rechtslage im Hinblick auf Mitbestimmungsrechte endgültig zu klären, … ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren einleiten”. Um eben diese Klärung seines Mitbestimmungsrechts bei der weiteren Anwendung des vorläufig tolerierten Verhaltenskodexes geht es dem Konzernbetriebsrat.
cc) Außerdem ergibt die Auslegung des Antrags, dass der Konzernbetriebsrat hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Antrag mit der Begründung abweisen sollte, ein mögliches Mitbestimmungsrecht stehe jedenfalls nicht ihm zu, hilfsweise das Bestehen entsprechender Mitbestimmungsrechte der bei den Beteiligten zu 4) bis 13) gebildeten örtlichen Betriebsräte und des bei der Beteiligten zu 3) errichteten Gesamtbetriebsrats, sowie für den Fall von dessen Unzuständigkeit weiter hilfsweise der bei der Beteiligten zu 3) bestehenden örtlichen Betriebsräte festgestellt wissen will. Dies hat der Konzernbetriebsrat in der mündlichen Anhörung vor dem Senat bestätigt.
b) Der Antrag ist mit diesem Inhalt hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Bei einem einheitlichen, auf die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts an dem Gesamtwerk des Verhaltenskodexes gerichteten Antrag ist es unschädlich, dass nicht im Einzelnen näher beschrieben ist, an welchen der vielen Regelungen und Passagen des Gesamtwerks der Konzernbetriebsrat aus welchen Gründen ein Mitbestimmungsrecht reklamiert. Dementsprechend kann dem Antrag nur entweder insgesamt entsprochen oder er muss insgesamt abgewiesen werden. Eine teilweise Stattgabe ist danach nicht möglich.
c) Die Voraussetzungen des im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Das Bestehen eines betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechts eines Betriebsverfassungsorgans bei einem bestimmten Regelungstatbestand ist ein Rechtsverhältnis, das einer gerichtlichen Feststellung zugänglich ist. Nachdem die Arbeitgeberin das vom Konzernbetriebsrat behauptete Mitbestimmungsrecht bestreitet, den Verhaltenskodex aber weiterhin anwenden will, hat der Konzernbetriebsrat ein berechtigtes Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Feststellung. Dem Feststellungsinteresse steht die Bereitschaft des Konzernbetriebsrats zur vorläufigen Tolerierung des von den Arbeitgeberinnen einseitig aufgestellten Verhaltenskodexes nicht entgegen.
d) An der rechtlichen Existenz und der Beteiligtenfähigkeit des antragstellenden Konzernbetriebsrats bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Allerdings kann ein Konzernbetriebsrat nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich nicht errichtet werden, wenn die Konzernobergesellschaft ihren Sitz im Ausland hat (14. Februar 2007 – 7 ABR 26/06 – Rn. 52 bis 64, AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 13 = EzA BetrVG 2001 § 54 Nr. 3; 16. Mai 2007 – 7 ABR 63/06 – Rn. 33, AP ArbGG 1979 § 96a Nr. 3). Das gilt aber nicht in Fällen des “Konzerns im Konzern”, wenn einem im Inland ansässigen abhängigen Unternehmen als inländischer Teilkonzernspitze wesentliche Leitungsaufgaben in personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zur eigenständigen Ausübung gegenüber nachgeordneten Unternehmen verbleiben (vgl. 14. Februar 2007 – 7 ABR 26/06 – Rn. 49 aaO; 16. Mai 2007 – 7 ABR 63/06 – Rn. 31, aaO). Hier hat die Konzernspitze ihren Sitz zwar im Ausland. Bei der Beteiligten zu 2) handelt es sich aber ersichtlich um eine inländische Teilkonzernspitze mit eigenständigen Leitungsbefugnissen gegenüber den ihr nachgeordneten Unternehmen der Beteiligten zu 3) bis 13). Gegen die rechtliche Existenz des Konzernbetriebsrats hat im Übrigen keiner der Beteiligten Einwendungen erhoben.
e) Der Konzernbetriebsrat ist antragsbefugt. Soweit er – gestützt auf § 58 Abs. 1 BetrVG – die Feststellung seines Mitbestimmungsrechts begehrt, macht er eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechte geltend. Soweit er – gestützt auf ein entsprechendes Mandat – hilfsweise Mitbestimmungsrechte des Gesamtbetriebsrats und/oder der örtlichen Betriebsräte festgestellt wissen will, folgt seine Antragsbefugnis aus § 58 Abs. 2 BetrVG.
3. Der Hauptantrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts insgesamt unbegründet. Der Verhaltenskodex enthält – zahlreiche – Passagen, die nicht der Mitbestimmung unterfallen. Ein Mitbestimmungsrecht an einzelnen Regelungen des Verhaltenskodexes führt nicht zu einem Mitbestimmungsrecht an deren Gesamtheit. Der Kodex stellt kein unauflösbares Gesamtwerk dar. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, auf Grund einer darin geregelten umfassenden Meldepflicht bei mutmaßlichen Verstößen gegen seine Vorgaben unterliege der gesamte Kodex dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
a) Ein vom Arbeitgeber aufgestellter Verhaltenskodex, der unterschiedliche Regelungen, Verlautbarungen und Vorgaben zum Inhalt hat, unterliegt nicht nur entweder insgesamt oder überhaupt nicht der Mitbestimmung. Der Umstand, dass ein Arbeitgeber Verlautbarungen unterschiedlicher Inhalte in einem Gesamtwerk, wie etwa einem Handbuch oder Katalog zusammenfasst, hat nicht zur Folge, dass das Gesamtwerk mitbestimmungsrechtlich nur einheitlich behandelt werden könnte. Ein solches Gesamtwerk kann sowohl Teile enthalten, die mitbestimmungspflichtig sind, als auch solche, die nicht der Mitbestimmung unterliegen. Entscheidend ist nicht die mehr oder weniger zufällige Zusammenfassung arbeitgeberseitiger Verlautbarungen in einem Werk, sondern der Inhalt der einzelnen Bestimmungen. Das gilt auch für konzernweite Ethik-Richtlinien. Diese sind weder pauschal mitbestimmungspflichtig noch pauschal mitbestimmungsfrei. Vielmehr ist nach dem Inhalt der einzelnen Regelungen zu differenzieren (allgemeine Meinung im Schrifttum, vgl. etwa DKK/Klebe § 87 Rn. 50; Richardi BetrVG 11. Aufl. § 87 Rn. 195; Fitting § 87 Rn. 71; Mengel/Hagemeister BB 2007, 1386, 1392; Junker BB 2005, 602, 604; Schuster/Darsow NZA 2005, 273, 274; Eisenbeis/Nießen FS Leinemann S. 697, 713; Kolle/Deinert AuR 2006, 177, 182; im Ergebnis ebenso LAG Düsseldorf 14. November 2005 – 10 TaBV 46/05 – DB 2006, 162). Ebenso wie Arbeitsordnungen können derartige Ethik-Richtlinien mitbestimmungspflichtige und mitbestimmungsfreie Sachverhalte betreffen. Die Darstellung der “Unternehmensphilosophie”, allgemeine ethisch-moralische Programmsätze oder Zielvorgaben, Selbstverpflichtungen des Unternehmens oder auch konkrete Regeln, die ausschließlich das Arbeitsverhalten betreffen, sowie Bestimmungen, die lediglich gesetzliche Vorschriften wiederholen, sind mitbestimmungsfrei, während Regelungen über das sog. Ordnungsverhalten der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterfallen. Im Regelfall wird auch nicht angenommen werden können, die einzelnen Verlautbarungen und Vorgaben seien unauflösbar in einer Weise verknüpft, die dazu führe, dass die Mitbestimmungspflicht hinsichtlich einzelner Teile zwangsläufig die Mitbestimmungspflicht hinsichtlich des Gesamtwerks zur Folge habe.
b) Der hier streitbefangene Verhaltenskodex unterliegt nicht insgesamt der Mitbestimmung. In ihm finden sich weite Passagen, an denen kein Mitbestimmungsrecht besteht. Er enthält zwar auch Regelungen, die nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig sind. Das führt jedoch nicht zu einem Mitbestimmungsrecht am Gesamtwerk. Dies gilt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch angesichts der im Verhaltenskodex normierten Meldepflicht.
aa) Der Verhaltenskodex enthält weite Passagen, die mitbestimmungsfrei sind. Hierzu gehören etwa die unter A… der Gründe dargestellten Verlautbarungen im Abschnitt “Unsere Beziehungen zum Unternehmen und untereinander” unter den Überschriften “Wir nehmen weder Kinder-, noch Zwangsarbeit in Anspruch” und “Wir achten auf hohe Integrität in unseren Geschäftsbüchern, Unterlagen, Berichten und Abschlüssen” sowie im Abschnitt “Unsere Beziehungen zu unseren Kunden” unter den Überschriften “Wir befolgen alle Gesetze und Vorschriften”, “Wir bieten hochwertige Produkte und Dienstleistungen”, “Wir verwenden akkurate Abrechnungsverfahren” und “Wir befolgen die Ausfuhrkontroll- und Einfuhrgesetze”. Es handelt sich bei diesen Passagen teils um Zielvorgaben, die sich das Unternehmen setzt, teils um Selbstverpflichtungen, die es sich auferlegt, teils um Bestimmungen, die das Arbeitsverhalten – etwa im Verhältnis zu Kunden – betreffen, teils um den schon wegen des Eingangshalbsatzes des § 87 BetrVG mitbestimmungsfreien Hinweis, dass einschlägige Gesetze zu befolgen sind.
bb) Die Mitbestimmungspflichtigkeit einzelner Regelungen des Verhaltenskodexes nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG (vgl. dazu unter B IV 2 der Gründe), führt nicht zu einem Mitbestimmungsrecht an dem Gesamtwerk. Entgegen der Auffassung des Konzernbetriebsrats stehen die einzelnen Teile und Passagen des Kodexes nicht in einem unauflösbaren Gesamtzusammenhang. Sie sind vielmehr auch hinsichtlich eines jeweils bestehenden Mitbestimmungsrechts einer differenzierenden, gesonderten Betrachtung zugänglich.
cc) Die Begründung des Landesarbeitsgerichts, “durch die gleichsam ‘vor die Klammer gezogene’ Meldepflicht” unterliege der gesamte Kodex der Mitbestimmung des Konzernbetriebsrats, ist rechtsfehlerhaft.
(1) Zwar stellt die im Abschnitt “Unser Programm zur Einhaltung der Verhaltensregeln und zur Wahrung der Integrität (I&C-Programm;)” unter der Überschrift “Alle Mitarbeiter” vorgesehene Meldepflicht – “Alle Honeywell-Mitarbeiter müssen den Verhaltenskodex sowie die Grundsätze und Verfahren des Unternehmens genau befolgen und mutmaßliche Verstöße umgehend melden” – jedenfalls in Verbindung mit der Einrichtung hierfür vorgesehener “Telefon-Helplines” eine Regelung dar, die das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betrifft und daher gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist (vgl. zu einem standardisierten Meldeverfahren beim zivilen Gefolge der US-Stationierungsstreitkräfte BAG 27. September 2005 – 1 ABR 32/04 – BAGE 116, 36; vgl. ferner LAG Düsseldorf 14. November 2005 – 10 TaBV 46/05 – DB 2006, 162; Mengel/Hagemeister BB 2007, 1386, 1392; Schuster/Darsow NZA 2005, 273, 276; Kock MDR 2006, 673, 675; DKK-Klebe § 87 Rn. 50; Fitting § 87 Rn. 71; Hako-BetrVG/Kothe § 87 Rn. 35; Eisenbeis/Nießen FS Leinemann S. 697, 715).
(2) Gleichwohl ist deshalb nicht der gesamte Verhaltenskodex mitbestimmungspflichtig. Die Meldepflicht ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine “Klammer”, die ein Mitbestimmungsrecht bei sämtlichen Regelungen des Verhaltenskodexes begründet. Das Mitbestimmungsrecht bei einem Meldeverfahren bezüglich bestimmter Tatbestände begründet kein Mitbestimmungsrecht bei den zu meldenden Tatbeständen selbst. Erhebliche Teile des Verhaltenskodexes regeln keine Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer, sondern beschreiben Ziele, Wertvorstellungen und Selbstverpflichtungen des Unternehmens. Insoweit gibt es nichts zu melden. Aber auch soweit die Meldepflicht sich auf Pflichtenverstöße von Arbeitnehmern in ihrem Arbeitsverhalten bezieht, begründet ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Ausgestaltung einer Meldepflicht kein Mitbestimmungsrecht beim Arbeitsverhalten.
III. Das Hilfsbegehren festzustellen, das Mitbestimmungsrecht stehe dem Gesamtbetriebsrat bzw. den örtlichen Betriebsräten zu, fällt nicht zur Entscheidung an. Es ist nur für den Fall angebracht worden, dass der Senat den Hauptantrag wegen fehlender Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats abweisen sollte.
IV. Teils begründet, teils unbegründet sind die Rechtsbeschwerden der Arbeitgeberinnen, soweit mit ihnen die Anschlussbeschwerden gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts weiterverfolgt werden. Das Arbeitsgericht hat den Hilfsanträgen Nr. 1 und 4 zu Recht, dem Hilfsantrag Nr. 3 teilweise zu Recht, teilweise aber auch zu Unrecht entsprochen.
1. Das Landesarbeitsgericht hat die Anschlussbeschwerden der Arbeitgeberinnen mit der Begründung zurückgewiesen, es habe dem weitergehenden Hauptantrag des Konzernbetriebsrats entsprochen. Dies war prozessual nicht korrekt. Das Landesarbeitsgericht hätte vielmehr die den Hilfsanträgen teilweise stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts von Amts wegen aufheben müssen. Der Beschluss des Arbeitsgerichts stand hinsichtlich der Hilfsanträge unter der auflösenden Bedingung, dass dem Hauptantrag nicht stattgegeben wird (vgl. BGH 19. Januar 2001 – V ZR 437/99 – BGHZ 146, 298, zu III 4 der Gründe). Dementsprechend bedurfte es auch keiner Entscheidung über die Anschlussbeschwerden. Diese waren nur für den Fall eingelegt, dass die Beschwerde des Konzernbetriebsrats hinsichtlich des Hauptantrags erfolglos bliebe (vgl. BGH 19. Januar 2001 – V ZR 437/99 – aaO). Gegenstand der Anschlussbeschwerden waren die Hilfsanträge des Konzernbetriebsrats, denen das Arbeitsgericht entsprochen hatte. Diese Hilfsanträge waren auflösend bedingt durch den Erfolg des Hauptantrags. Nachdem das Landesarbeitsgericht dem Hauptantrag entsprochen hat, waren Hilfsanträge und Anschlussbeschwerden gegenstandslos.
2. Dagegen musste der Senat über die Anschlussbeschwerden der Arbeitgeberinnen gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts befinden und sich demgemäß mit den vom Konzernbetriebsrat gestellten Hilfsanträgen befassen. Da er auf die Rechtsbeschwerden der Arbeitgeberinnen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Beschwerde des Konzernbetriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts zurückgewiesen hat, leben die mit den Rechtsbeschwerden mitgewanderten Hilfsanträge Nr. 1, 3 und 4 wieder auf und fallen zur Entscheidung an. Die Hilfsanträge Nr. 1 und 4 sind begründet; der Hilfsantrag Nr. 3 ist teils begründet, teils unbegründet.
a) Der Hilfsantrag Nr. 1 ist in vollem Umfang begründet. Mit ihm werden, wie die Auslegung ergibt, im Wege der objektiven Antragshäufung zwei Feststellungen begehrt. Der Konzernbetriebsrat will sein Mitbestimmungsrecht bei zwei Tatbeständen feststellen lassen. Zum einen geht es um die Pflicht der Arbeitnehmer, “alle notwendigen Maßnahmen (zu) ergreifen, um ungebührliche Vorgesetztenverhältnisse zu vermeiden und Personen, mit denen wir familiäre oder eng persönliche Verbindungen haben, nicht direkt oder indirekt über- oder untergeordnet zu sein”. Zum anderen geht es um die näher beschriebene schriftliche Meldepflicht.
aa) Der Antrag ist in seinem ersten Teil zulässig und begründet.
(1) Der Antrag ist zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es ist klar, an welchem Regelungstatbestand der Konzernbetriebsrat ein Mitbestimmungsrecht beansprucht. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Das Bestehen eines entsprechenden Mitbestimmungsrechts ist ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis, an dessen Feststellung der Konzernbetriebsrat angesichts des Bestreitens der Arbeitgeberinnen ein rechtliches Interesse hat. Der Konzernbetriebsrat ist antragsbefugt.
(2) Der Antrag ist begründet. Das Mitbestimmungsrecht an der streitbefangenen Bestimmung folgt aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
(a) Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses kann der Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen beeinflussen und koordinieren. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist es, die Arbeitnehmer hieran zu beteiligen. Sie sollen an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens gleichberechtigt teilnehmen.
(aa) Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nur mitzubestimmen bei Maßnahmen, die das sog. Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen. Dagegen sind Maßnahmen, die das sog. Arbeitsverhalten regeln sollen, nicht mitbestimmungspflichtig. Dies sind solche Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert und abgefordert wird (BAG 27. Januar 2004 – 1 ABR 7/03 – BAGE 109, 235, zu B II 1a aa der Gründe mwN). Der außerbetriebliche private Lebensbereich der Arbeitnehmer ist der Regelungsbefugnis der Betriebsparteien entzogen. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG berechtigt die Betriebsparteien nicht, in die private Lebensführung einzugreifen (BAG 28. Mai 2002 – 1 ABR 32/01 – BAGE 101, 216, zu B I 2c der Gründe; 12. Dezember 2006 – 1 AZR 96/06 – Rn. 21, BAGE 120, 308). Die Vorschrift begründet dementsprechend auch kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Der Begriff des Betriebs ist allerdings nicht räumlich, sondern funktional zu verstehen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats soll immer dann ausgeübt werden können, wenn der Arbeitgeber das mit ihrer Tätigkeit verbundene Verhalten der Arbeitnehmer regelt. Daher kann es auch dann bestehen, wenn es um das Verhalten der Arbeitnehmer außerhalb der Betriebsstätte, etwa gegenüber Kunden und Lieferanten, geht (BAG 27. Januar 2004 – 1 ABR 7/03 – aaO, zu B II 1a bb der Gründe). Dementsprechend hat der Senat die Einführung von Regelungen über den Privatbesitz von Wertpapieren und die Ausübung von Nebentätigkeiten bei Redakteuren einer Wirtschaftszeitung dem betrieblichen und damit grundsätzlich nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Geschehen zugeordnet (28. Mai 2002 – 1 ABR 32/01 – aaO, zu B I 2c der Gründe).
(bb) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberinnen setzt das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht notwendig voraus, dass es sich um verbindliche Verhaltensregeln handelt. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG greift auch dann ein, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die das Verhalten der Arbeitnehmer in Bezug auf die betriebliche Ordnung betreffen, ohne dass sie verbindliche Vorgaben zum Inhalt haben. Ausreichend ist es, wenn die Maßnahme darauf gerichtet ist, das Verhalten der Arbeitnehmer zu steuern oder die Ordnung des Betriebs zu gewährleisten (vgl. BAG 18. April 2000 – 1 ABR 22/99 – AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 33 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Ordnung Nr. 27, zu B II 1a der Gründe mwN).
(cc) Die Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz werden nicht dadurch ausgeschlossen oder eingeschränkt, dass ausländische Bestimmungen in Deutschland tätigen Unternehmen bestimmte Pflichten auferlegen. Ausländische Vorschriften sind jedenfalls dann keine die Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausschließende gesetzliche Regelungen, wenn es an einer wirksamen völkerrechtlichen Transformation in das deutsche Arbeitsrecht fehlt. Die Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmervertretungen in Betrieben, die in Deutschland liegen, richten sich auch dann nach deutschem Recht, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz im Ausland hat. Dies entspricht dem im internationalen Arbeitsrecht geltenden Territorialitätsprinzip, nach dem auch für die Arbeitgeber grundsätzlich die nationale Rechtsordnung des Aufnahmestaats gilt (BVerfG 8. Oktober 1996 – 1 BvL 15/91 – BVerfGE 95, 39 = AP ZA-NATO-Truppenstatut Art. 56 Nr. 21 = EzA GG Art. 3 Nr. 60, zu B II 1b der Gründe; BAG 11. Dezember 2007 – 1 ABR 67/06 – Rn. 41, AP BPersVG § 75 Nr. 86 = EzA BPersVG § 75 Nr. 4). Hiervon unabhängig ist die Frage, in welcher Weise die Betriebsparteien oder eine Einigungsstelle bei ihren Regelungen Vorgaben in Form das Unternehmen betreffender ausländischer Bestimmungen als betriebliche Belange zu berücksichtigen haben.
(b) Hiernach besteht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht an der im Verhaltenskodex vorgesehenen Regelung, wonach – auch – die Arbeitnehmer, “alle notwendigen Maßnahmen (zu) ergreifen (haben), um ungebührliche Vorgesetztenverhältnisse zu vermeiden und Personen, mit denen wir familiäre oder eng persönliche Verbindungen haben, nicht direkt oder indirekt über- oder untergeordnet zu sein”.
(aa) Die Regelung betrifft das betriebliche Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer. Sie sollen sich so verhalten, dass “ungebührliche Vorgesetztenverhältnisse” – gemeint sind ersichtlich insbesondere intime Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Untergebenen – vermieden und Verwandte oder Personen mit engen persönlichen Verbindungen nicht Vorgesetzte und Untergebene werden. Damit ist das Verhalten der Arbeitnehmer untereinander betroffen. Dem steht nicht entgegen, dass die Arbeitnehmer häufig nur beschränkten Einfluss darauf haben werden, wem sie vorgesetzt und wem sie untergeben sind. Jedenfalls ist eine entsprechende Einflussnahme – etwa durch Bewerbungen auf bestimmte Arbeitsplätze – nicht ausgeschlossen. Die Regelung betrifft nicht allein das private außerdienstliche Verhalten der Arbeitnehmer. Vielmehr geht es auch um ihr Verhalten im Betrieb.
(bb) Die Regelung ist nicht deshalb mitbestimmungsfrei, weil der mit ihr verbundene Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer ohnehin unzulässig und daher kein Raum für eine Mitbestimmung wäre (vgl. Fitting § 87 Rn. 71; Bender in Wlotzke/Preis § 87 Rn. 42; aA jedenfalls für “Flirtverbote” LAG Düsseldorf 14. November 2005 – 10 TaBV 46/05 – DB 2006, 162; Schlachter FS Richardi S. 1067, 1071; Kolle/Deinert AuR 2006, 177, 183; Eisenbeis/Nießen FS Leinemann S. 697, 715). Zwar wäre ein generelles Verbot von Liebesbeziehungen im Betrieb wegen des darin liegenden schwerwiegenden Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer regelmäßig unzulässig. Dies bedeutet aber nicht, dass Regelungen über private Beziehungen im Betrieb von vorneherein der Mitbestimmung entzogen wären. Insbesondere schließt die Unzulässigkeit einer konkret vom Arbeitgeber geplanten Regelung nicht die Mitbestimmung des Betriebsrats an dem Regelungsgegenstand aus. Der Betriebsrat soll vielmehr im Rahmen der Mitbestimmung gerade darauf achten, dass durch die Regelung Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer nicht verletzt werden. Auch sind Regelungen über im Betrieb stattfindende private Verhaltensweisen der Arbeitnehmer, insbesondere wenn es um das Verhältnis von Vorgesetzten und Untergebenen geht, nicht generell unzulässig.
(c) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberinnen ist das Mitbestimmungsrecht nicht “verbraucht”. Der Umstand, dass der Konzernbetriebsrat sich mit den Arbeitgeberinnen darauf verständigt hat, die vorläufige Einführung des Verhaltenskodexes unter Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunkts zu tolerieren und zur Klärung der streitigen Mitbestimmungsrechte ein Beschlussverfahren einzuleiten, rechtfertigt nicht den Schluss, der Konzernbetriebsrat habe sein Mitbestimmungsrecht hierdurch abschließend ausgeübt.
(d) Das Mitbestimmungsrecht steht dem Konzernbetriebsrat zu. Seine Zuständigkeit folgt aus § 58 Abs. 1 BetrVG.
(aa) Nach der Kompetenzzuweisung des Betriebsverfassungsgesetzes ist für die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten in erster Linie der von den Arbeitnehmern unmittelbar durch Wahl legitimierte Betriebsrat zuständig. Er hat die Interessen der Belegschaften der einzelnen Betriebe gegenüber dem Unternehmer wahrzunehmen. Diese Aufgabe weisen § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Gesamtbetriebsrat und § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat nur für den Fall zu, dass die zu regelnde Angelegenheit nicht auf den einzelnen Betrieb oder zumindest das Unternehmen beschränkt ist und deshalb die Interessen der Arbeitnehmer nicht mehr auf der betrieblichen Ebene bzw. der Ebene des Unternehmens gewahrt werden können (BAG 19. Juni 2007 – 1 AZR 454/06 – Rn. 17 mwN, AP BetrVG 1972 § 58 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 58 Nr. 1). Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. BetrVG ist der Konzernbetriebsrat für die Behandlung von Angelegenheiten zuständig, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können. Diese originäre Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats ist nach denselben Kriterien zu bestimmen wie die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Sie kann sich danach aus objektiv zwingenden Gründen oder aus der “subjektiven Unmöglichkeit” einer Regelung auf Betriebs- oder Unternehmensebene ergeben (BAG 19. Juni 2007 – 1 AZR 454/06 – Rn. 18, aaO). Ein objektiv zwingendes Erfordernis für eine konzerneinheitliche oder eine unternehmensübergreifende Regelung können technische oder rechtliche Umstände begründen. Allein der Wunsch des Konzernarbeitgebers nach einer konzerneinheitlichen oder unternehmensübergreifenden Regelung, sein Kosten- oder Koordinierungsinteresse sowie reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte genügen nicht, um die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats zu begründen. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des Konzerns, seiner Unternehmen und Betriebe (BAG 19. Juni 2007 – 1 AZR 454/06 – Rn. 20, aaO).
(bb) Hier betrifft die von den Arbeitgeberinnen beabsichtigte Einführung des Verhaltenskodexes den gesamten Konzern und nicht lediglich einzelne Konzernunternehmen oder Betriebe. Durch den Verhaltenskodex soll eine konzerneinheitliche “Unternehmensphilosophie” umgesetzt und für ein “ethischmoralisch einheitliches Erscheinungsbild” und eine konzernweite Identität gesorgt werden. Dies ist im Wege unterschiedlicher Regelungen auf Unternehmens- oder gar auf Betriebsebene nicht möglich. Ein konzernbezogenes identitätsstiftendes “ethisch-moralisches Erscheinungsbild” ist nur einheitlich umsetzbar (vgl. Eisenbeis/Nießen FS Leinemann S. 697, 713).
cc) Der Hilfsantrag Nr. 1 ist auch in seinem zweiten Teil zulässig und begründet. Auch insoweit folgt das Mitbestimmungsrecht des Konzernbetriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Die Regelung betrifft ebenfalls das sog. Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer. Sie statuiert eine Meldepflicht der Arbeitnehmer und regelt, wem gegenüber und wie die Meldung zu erfolgen hat. Die Einführung und Ausgestaltung eines solchen – jedenfalls in gewissem Umfang standardisierten – Meldeverfahrens unterliegt der Mitbestimmung (vgl. BAG 27. September 2005 – 1 ABR 32/04 – BAGE 116, 36; vgl. auch BAG 28. Mai 2002 – 1 ABR 32/01 – BAGE 101, 216, zu B I 2a der Gründe; ferner LAG Düsseldorf 14. November 2005 – 10 TaBV 46/05 – DB 2006, 162; Mengel/Hagemeister BB 2007, 1386, 1392; Kock MDR 2006, 673, 675; DKK-Klebe § 87 Rn. 50; Fitting § 87 Rn. 71; Hako-BetrVG/Kothe 2. Aufl. § 87 Rn. 35; Eisenbeis/Nießen FS Leinemann S. 697, 715). Die Meldepflicht geht auch über eine lediglich das Arbeitsverhalten betreffende und deshalb mitbestimmungsfreie Schadensmeldepflicht hinaus. Sie betrifft das Verhalten der Arbeitnehmer untereinander. Das Mitbestimmungsrecht ist nicht verbraucht. Es steht nach § 58 Abs. 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat zu.
b) Der Hilfsantrag Nr. 3 besteht, wie die gebotene Auslegung ergibt, aus vier Teilen. Der Konzernbetriebsrat begehrt insoweit die Feststellung seines Mitbestimmungsrechts an vier Regelungsgegenständen. Es geht
– um das Verbot “unwillkommener sexueller Zudringlichkeiten oder Körperkontakte, Gesten und Aussagen sexuellen Inhalts”,
– um das Verbot des “Zeigens oder Verbreitens von Bildern, Karikaturen oder Witzen sexueller Natur”,
– um das Verbot von “Repressalien gegen Mitarbeiter, die sich gewehrt und über sexuelle Belästigungen beschwert haben”, sowie
– darum, “zur Meldung von sexuellen Belästigungen … den Mitarbeitern ein einschlägiges Beschwerdeverfahren zur Verfügung” zu stellen.
Damit handelt es sich um die objektive Häufung von vier Anträgen. Diese sind zulässig, aber nur teilweise begründet.
aa) Der Hilfsantrag Nr. 3 ist in seinem ersten Teil unbegründet. Der Konzernbetriebsrat hat bei dieser Passage des Verhaltenskodexes nicht mitzubestimmen. Ein Mitbestimmungsrecht folgt insoweit insbesondere nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Zwar betrifft die Regelung das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer. Eine Mitbestimmung ist aber nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen. Die Bestimmungen des AGG enthalten insoweit eine abschließende gesetzliche Regelung.
(1) Nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG bestehen Mitbestimmungsrechte nach dieser Bestimmung nur, soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht. Wenn eine solche Regelung den Mitbestimmungsgegenstand inhaltlich und abschließend regelt, sind die Interessen der Arbeitnehmer hinreichend geschützt und bedürfen keines weiteren Schutzes durch Mitbestimmungsrechte. Auch fehlt es dann, wenn der Arbeitgeber auf Grund einer zwingenden gesetzlichen oder tariflichen Regelung selbst keine Gestaltungsmöglichkeit mehr besitzt, an einem Ansatz für eine eigenständige Regelung durch die Betriebsparteien (BAG 25. Januar 2000 – 1 ABR 3/99 – BAGE 93, 276, zu B I 2b cc (1) der Gründe). Verbleibt dagegen trotz der gesetzlichen oder tariflichen Regelung ein Gestaltungsspielraum, so ist insoweit Raum für die Mitbestimmung des Betriebsrats.
(2) Hier gibt es eine gesetzliche Regelung über den durch die vorliegende Passage des Verhaltenskodexes betroffenen Gegenstand. Die Bestimmungen der §§ 1, 3, 7 und 12 AGG regeln das Verbot “unwillkommener sexueller Zudringlichkeiten oder Körperkontakte, Gesten und Aussagen sexuellen Inhalts” inhaltlich. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AGG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zu treffen. Nach § 12 Abs. 3 AGG hat er, sofern Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung zu ergreifen. Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, unwirksam. Zu den in § 1 AGG genannten Gründen zählt ua. die Benachteiligung wegen des Geschlechts. Nach § 3 Abs. 4 AGG ist eine “sexuelle Belästigung” dann eine – unzulässige – Benachteiligung, wenn “ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten … bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird”. Hiernach sind die im Verhaltenskodex bezeichneten “unwillkommenen sexuellen Zudringlichkeiten oder Körperkontakte, Gesten und Aussagen sexuellen Inhalts” bereits gesetzlich verboten. Das Verbot hat der Arbeitgeber durchzusetzen. Diese Pflicht können die Betriebsparteien weder abmildern noch relativieren (im Ergebnis ebenso Schlachter FS Richardi S. 1067, 1071; Kolle/Deinert AuR 2006, 177, 183; Eisenbeis/Nießen FS Leinemann S. 697, 716).
bb) Der Hilfsantrag Nr. 3 ist in seinem zweiten Teil begründet. Das Mitbestimmungsrecht folgt insoweit aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Das Verbot des “Zeigens oder Verbreitens von Bildern, Karikaturen oder Witzen sexueller Natur” betrifft das sog. Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer. Insoweit fehlt es an einer abschließenden gesetzlichen Regelung. Die Bestimmungen des AGG regeln diesen Tatbestand nicht vollständig. Zwar gehört nach § 3 Abs. 4 AGG zum “unerwünschten, sexuell bestimmten Verhalten” auch das “unerwünschte Zeigen und sichtbare Anbringen von pornografischen Darstellungen”. Die Regelung im Verhaltenskodex geht hierüber aber hinaus. Sie verbietet unabhängig von der Einstellung der Betroffenen nicht nur das unerwünschte, sondern jegliches Zeigen oder Verbreiten von Bildern, Karikaturen oder Witzen sexueller Natur. Aus den Regelungen des AGG ergibt sich auch nicht etwa im Umkehrschluss, dass ein betriebliches Verbot von Bildern, Karikaturen und Witzen sexueller Natur immer dann ausgeschlossen wäre, wenn die Betroffenen dagegen keine Einwendungen haben. Vielmehr besteht insoweit grundsätzlich ein der Mitbestimmung zugänglicher Gestaltungsspielraum. Das Mitbestimmungsrecht steht gemäß § 58 Abs. 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat zu.
cc) Der Hilfsantrag Nr. 3 ist in seinem dritten Teil unbegründet. Dem Konzernbetriebsrat steht hinsichtlich einer Regelung, nach der “Repressalien gegen Mitarbeiter (verboten sind), die sich gewehrt und über sexuelle Belästigungen beschwert haben”, kein Mitbestimmungsrecht zu. Ein solches folgt insoweit nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Zum einen richtet sich die Regelung ohnehin ersichtlich nicht an die Arbeitnehmer, sondern an die Arbeitgeberinnen. Zum anderen gibt sie lediglich das in § 16 Abs. 1 Satz 1 AGG normierte Maßregelungsverbot wieder. Dieses steht nicht zur Disposition der Betriebsparteien.
dd) Der Hilfsantrag Nr. 3 ist in seinem vierten Teil begründet. Das Mitbestimmungsrecht folgt insoweit aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Der Betriebsrat hat bei der Einführung eines Beschwerdeverfahrens zur Meldung von sexuellen Belästigungen mitzubestimmen. Die Einführung und Ausgestaltung eines Beschwerdeverfahrens ist zu unterscheiden von der Errichtung und der personellen Besetzung einer Beschwerdestelle nach § 13 Abs. 1 AGG, hinsichtlich derer ein Mitbestimmungsrecht umstritten ist (vgl. Fitting § 87 Rn. 75 mwN). Die Einführung und Ausgestaltung bestimmter Melde- und Beschwerdeverfahren betrifft die gesetzlich oder tariflich nicht geregelte Ordnung des Betriebs (vgl. BAG 28. Mai 2002 – 1 ABR 32/01 – BAGE 101, 216, zu B III 2a der Gründe; vgl. auch Mengel/Hagemeister BB 2007, 1386, 1392). Das Mitbestimmungsrecht steht nach § 58 Abs. 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat zu.
c) Der Hilfsantrag Nr. 4 ist – anders als die Hilfsanträge Nr. 1 und 3 – ein einheitlicher Antrag und keine – verdeckte – objektive Antragshäufung. Es handelt sich insoweit um eine einheitliche Regelung, bezüglich derer die Feststellung des Mitbestimmungsrechts begehrt wird. Der Antrag ist zulässig und begründet. Das Mitbestimmungsrecht folgt insoweit jedenfalls aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Es scheidet entgegen der Auffassung der Arbeitgeberinnen nicht etwa deshalb aus, weil die streitbefangenen Regelungen des Verhaltenskodexes ohnehin keine Anwendung fänden.
aa) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Das Mitbestimmungsrecht bezweckt den Schutz der Arbeitnehmer vor den besonderen Gefahren solcher Überwachungsmaßnahmen, die sich für das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer aus dem Einsatz technischer Einrichtungen ergeben. Ein datenverarbeitendes System ist zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer bestimmt, wenn es individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten selbst erhebt und aufzeichnet, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die erfassten und festgehaltenen Verhaltens- oder Leistungsdaten auch auswerten oder zu Reaktionen auf festgestellte Verhaltens- oder Leistungsweisen verwenden will. Überwachung in diesem Sinne ist sowohl das Sammeln von Informationen als auch das Auswerten bereits vorliegender Informationen (BAG 14. November 2006 – 1 ABR 4/06 – AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 43 = EzA BetrVG 2001 § 50 Nr. 6, zu B I 1c bb (2) (b) (aa) der Gründe). Mitbestimmungspflichtig ist nicht nur die Einführung, sondern auch die Anwendung der Kontrolleinrichtung. Die Anwendung betrifft den Einsatz der Überwachungseinrichtung und der dadurch bewirkten Überwachungsmaßnahmen (BAG 27. Januar 2004 – 1 ABR 7/03 – BAGE 109, 235, zu B II 1c aa der Gründe).
bb) Hiernach hat der Konzernbetriebsrat bei der streitbefangenen Regelung mitzubestimmen.
(1) Der Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist eröffnet. Geregelt wird die Verwertung “aller Computerdaten, die unter Verwendung von Ressourcen der Honeywell Information Technology erstellt, empfangen oder übertragen werden”. Es wird festgelegt, wann sowie unter welchen Voraussetzungen die Arbeitgeberinnen ihre Computer und die darin gespeicherten Daten auch zur Verhaltenskontrolle ihrer Mitarbeiter verwenden dürfen. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberinnen ist der Antrag nicht deshalb unbegründet, weil die streitbefangene Passage des Verhaltenskodexes ohnehin keine Geltung beanspruchen würde. Der Umstand, dass in dem “gemeinsam abgestimmten Vorwort” zu dem Verhaltenskodex darauf hingewiesen wird, dass “bestimmte Formulierungen im Text … im Widerspruch oder in einem Spannungsverhältnis zur Rechtssituation in Deutschland” stehen, und insoweit auf den “Schutz von persönlichen Daten im Rahmen des Bundesdatenschutzgesetzes sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung” hingewiesen wird, bedeutet nicht, dass die streitbefangene Passage im Verhaltenskodex als Regelung für den Zugriff auf Computerdaten durch die Arbeitgeberinnen offensichtlich und für die Arbeitnehmer erkennbar unbeachtlich wäre. Im Übrigen stellt das Bundesdatenschutzgesetz keine vollständige und abschließende gesetzliche Regelung über den Umgang mit Arbeitnehmerdaten dar, die eine Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausschlösse.
(2) Das Mitbestimmungsrecht steht auch insoweit dem Konzernbetriebsrat zu. Seine Zuständigkeit folgt aus § 58 Abs. 1 BetrVG. Die Voraussetzungen einer originären Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats nach § 58 Abs. 1 BetrVG für die Wahrnehmung der Mitbestimmung bei Regelungen über die Anwendung technischer Kontrolleinrichtungen sind erfüllt. Es besteht eine – technische – Notwendigkeit zu einer konzerneinheitlichen oder unternehmensübergreifenden Regelung (vgl. zur Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats bei der Einführung eines elektronischen Datenverarbeitungssystems aus Gründen technischer Notwendigkeit BAG 14. November 2006 – 1 ABR 4/06 – AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 43 = EzA BetrVG 2001 § 50 Nr. 6). Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Gegenstand der Mitbestimmung. Dies ist die Anwendung technischer Kontrolleinrichtungen. Die originäre Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats folgt daraus, dass nach der vorgesehenen Regelung der Datenzugriff nicht nur betriebs- oder unternehmensbezogen erfolgen, sondern ersichtlich konzernweit möglich sein soll. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass auch die empfangenen und versandten Daten betroffen sind. Damit bedarf es einer betriebs- und unternehmensübergreifenden Regelung. Andernfalls könnte ein mögliches Verbot, auf bestimmte – versandte – Daten zuzugreifen, nicht effektiv vereinbart werden.
V. Infolge der Aufhebung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts und der Abweisung des Hauptantrags des Konzernbetriebsrats fällt dem Senat auch die Beschwerde des Konzernbetriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts insoweit an, als dieser sich mit ihr hilfsweise gegen die Abweisung seines Hilfsantrags Nr. 2 wendete. Die Beschwerde des Konzernbetriebsrats ist insoweit unbegründet. Das Arbeitsgericht hat diesen Hilfsantrag zu Recht abgewiesen. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Die streitige Passage enthält keine Regelungen über die Ordnung des Betriebs oder das Verhalten von Arbeitnehmern, sondern beschreibt Unternehmensziele.
Unterschriften
Schmidt, Kreft, Linsenmaier, Münzer, U. Zachert
Fundstellen
Haufe-Index 2063470 |
BAGE 2010, 146 |
BB 2008, 1673 |
BB 2008, 2520 |
DB 2008, 2485 |