Entscheidungsstichwort (Thema)
Leiharbeitsverhältnis. Verrichtungsgehilfe
Leitsatz (redaktionell)
Ein Arbeitnehmer, der aufgrund eines sogenannten echten Leiharbeitsverhältnisses vorübergehend im Betrieb eines anderen Arbeitgebers tätig ist, kann, wenn er einem Dritten einen Schaden zufügt, Verrichtungsgehilfe des Verleihers im Sinne des § 831 Abs 1 Satz 1 BGB sein. Dies setzt voraus, daß das widerrechtliche Verhalten des Arbeitnehmers in die Weisungszuständigkeit des Verleihers fällt.
Normenkette
ZPO § 565; BGB §§ 618, 831; RVO §§ 539, 547-548, 636-637; ZPO §§ 256, 563; StGB § 230; BGB § 276 Abs. 1, § 823 Abs. 1, § 847 Abs. 1, § 823 Abs. 2
Verfahrensgang
LAG Berlin (Entscheidung vom 31.05.1985; Aktenzeichen 14 Sa 22/85) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 18.12.1984; Aktenzeichen 14 Ca 1364/84) |
Tatbestand
Der Kläger war als Maler bei einer Firma Q beschäftigt. Zur Durchführung von Anstreicherarbeiten an einer Giebelwand benötigte die Firma eine fahrbare Ausziehleiter. Diese stellte ihr der Beklagte zu 2) mit einem Bedienungsmann, dem Beklagten zu 1), entgeltlich zur Verfügung. Am Montag, dem 28. September 1981, mußte der Kläger Arbeiten in einer Höhe von 18,60 m ausführen. Der Beklagte zu 1) stellte die Leiter auf einen Neigungswinkel von 53 Grad ein und fuhr sie auf die Länge von 19 m aus. Die bei diesem Neigungswinkel höchstzulässige Ausziehlänge betrug aber nur 16 m. Dies ergab sich aus einer an der Leiter befindlichen Anzeigetafel. Nachdem der Kläger die Leiter bestiegen hatte, stürzte diese um. Der Kläger erlitt schwere Verletzungen, die zu seiner Invalidität führten. Er erhält Leistungen (Verletztenrente und Pflegegeld) der zuständigen Berufsgenossenschaft.
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadenersatz. Er hält ein Schmerzensgeld von rd. 120.000,-- DM für angemessen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte zu 1) sei nicht im Betrieb der Firma Q tätig gewesen; der Haftungsausschluß nach § 637 Abs. 1 RVO greife daher nicht ein. Außerdem hat der Kläger behauptet, der Beklagte zu 2) habe den Beklagten zu 1) nicht ordnungsgemäß in die Bedienung der Leiter eingewiesen.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, als Ge-
samtschuldner ihm ein Schmerzensgeld zu
zahlen, dessen Höhe in das Ermessen
des Gerichts gestellt wird;
2. festzustellen, daß die Beklagten ver-
pflichtet sind, als Gesamtschuldner dem
Kläger den gesamten Schaden zu erset-
zen, der sich aus dem Unfall vom 28.
September 1981 ergibt, soweit nicht An-
sprüche auf öffentliche Versicherungs-
träger übergegangen sind.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben bestritten, daß der Beklagte zu 1) den Unfall schuldhaft verursacht habe; die an der Leiter befindliche Sicherheitsglocke habe versagt. Jedenfalls sei die Haftung nach den §§ 636, 637 RVO ausgeschlossen. Der Beklagte zu 1) sei Betriebsangehöriger der Firma Q gewesen. Andererseits sei der Kläger aber auch in den Betrieb des Beklagten zu 2) eingegliedert gewesen, denn er sei bei seiner Arbeit davon abhängig gewesen, daß der Beklagte zu 1) die Leiter sicher bediene. Der Beklagte zu 2) habe den Beklagten zu 1), der am Unfalltag etwa vier Wochen bei ihm beschäftigt gewesen sei, sorgfältig ausgesucht. Aufgrund seiner vorangegangenen Tätigkeit bei einer Baumaschinenfirma sei der Beklagte zu 1) mit der Bedienung derartiger Leitern vertraut gewesen. Er sei bei seiner Einstellung in den Betrieb des Beklagten zu 2) in die Bedienung der Leiter eingewiesen und später durch Stichproben überwacht worden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger die Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat teilweise Erfolg. Soweit der Kläger Feststellung begehrt (Klageantrag zu 2), ist die Klage unzulässig. Der gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgelds ist unbegründet. Soweit das Landesarbeitsgericht den Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgelds gegen den Beklagten zu 2) zurückgewiesen hat, muß das Berufungsurteil jedoch aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden (§ 565 Abs. 1 ZPO).
A. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2) ist die Klage unzulässig.
Mit ihm begehrt der Kläger festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, ihm den gesamten Unfallschaden zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht auf öffentliche Versicherungsträger übergegangen ist. Diesem Antrag fehlt es an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen rechtlichen Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung. Voraussetzung für seine Zulässigkeit wäre, daß weitere Schadensfolgen möglich sind (BGH Urteil vom 30. Oktober 1973 - VI ZR 51/72 - Versicherungsrecht 1974, 248; BGH Urteil vom 25. Januar 1972 - VI ZR 20/71 - Versicherungsrecht 1972, 459; siehe auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 46. Aufl. 1988, § 256 Anm. 3 E; Zöller/Stephan, ZPO, 15. Aufl. 1987, § 256 Rz 8, jeweils mit weiteren Nachweisen), und daß für diese die gesetzliche Unfallversicherung nicht eintreten muß. Beides hat der Kläger nicht substantiiert behauptet. Allein die Schwere der Verletzungen berechtigt nicht, davon auszugehen, daß dem Kläger weitere Schäden entstehen werden, und daß diese vom Unfallversicherungsträger nicht zu ersetzen sind. Der Kläger hätte Tatsachen bezeichnen müssen, aus denen auf den Eintritt weiterer Schäden zu schließen ist, und darlegen müssen, warum der Träger der Unfallversicherung nicht verpflichtet ist, für diese Unfallfolgen Leistungen nach §§ 547 ff. RVO zu erbringen. Mit dem Hinweis, weitere Schäden seien nicht auszuschließen, hat der Kläger seiner Darlegungslast nicht genügt. Auch der künftige nicht ersatzfähige immaterielle Schaden wäre gegenwärtig nur dann gerichtlich feststellbar, wenn eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit bestünde, daß weitere, bisher noch nicht erkennbare und in Rechnung zu stellende Leiden auftreten (vgl. BGH Urteil vom 2. Dezember 1966 - VI ZR 88/66 - VersR 1967, 256). Auch dafür hat der Kläger keine Tatsachen vorgetragen.
B. Die Klage auf Zahlung eines Schmerzensgelds ist insoweit unbegründet, als sie sich gegen den Beklagten zu 1) richtet.
I. Ohne Rechtsirrtum hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß der Beklagte zu 1) fahrlässig (§ 276 Abs. 1 BGB) die Gesundheit des Klägers verletzt hat. Der Beklagte zu 1) war als Bedienungsmann verpflichtet, beim Ausfahren der Leiter die Sicherheitsbestimmungen einzuhalten. Ihm oblag es, die Leiter so aufzustellen, daß sie sicher stand. Diese Pflicht verletzte er, indem er die Leiter weiter ausfuhr, als bei dem eingestellten Neigungswinkel zulässig war. Dadurch, daß er die Angaben auf der an der Leiter befindlichen Anzeigetafel unbeachtet ließ, verletzte er die bei der Bedienung der Leiter erforderliche Sorgfalt. Es genügte nicht, daß der Beklagte zu 1) sich allein auf das Läuten der Sicherheitsglocke verließ.
II. Der Beklagte zu 1) haftet aber für die unfallbedingten Schäden des Klägers nicht nach § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB in Verb. mit § 230 StGB. Ersatzansprüche eines in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten wegen eines Schadens aus einem Arbeitsunfall gegen einen in demselben Betrieb tätigen Betriebsangehörigen sind ausgeschlossen, wenn dieser den Unfall durch eine betriebliche Tätigkeit nicht vorsätzlich verursacht hat (§ 637 Abs. 1 in Verb. mit § 636 RVO). Dies gilt auch für den Anspruch auf Schmerzensgeld nach § 847 Abs. 1 BGB (vgl. BAG Urteil vom 23. Februar 1978 - 3 AZR 695/76 - AP Nr. 9 zu § 637 RVO, zu I 1 der Gründe; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung: BVerfG Beschluß vom 7. November 1972 - 1 BvL 4/71, 17/71, 10/72 -, - I BvR 355/71 - BVerfGE 34, 118 = AP Nr. 6 zu § 636 RVO). Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß dieser Haftungsausschluß zugunsten des Beklagten zu 1) eingreift.
1. Der Unfall, den der Kläger am 28. September 1981 erlitten hat, war ein Arbeitsunfall im Sinne der §§ 637, 548 RVO. Gegen diese zutreffende Annahme des Berufungsgerichts wendet sich die Revision nicht.
2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß der Betrieb der Firma Q der Unfallbetrieb war. Die Anstreicherarbeiten, bei denen der Kläger verunglückte, dienten, ebenso wie der Einsatz der für die Durchführung dieser Arbeiten erforderlichen Ausziehleiter, den Zwecken des Betriebs der Firma Q. Daraus folgt zugleich, daß der Arbeitsunfall auch durch eine betriebliche Tätigkeit verursacht wurde. Eine solche liegt vor, wenn die Tätigkeit betriebsbezogen ist, d. h. den Zwecken des Betriebs dient (vgl. BAG Urteil vom 23. Februar 1978 - 3 AZR 695/76 - AP Nr. 9 zu § 637 RVO, zu II 4 a der Gründe).
3. Der Kläger und der Beklagte zu 1) waren in demselben Betrieb tätige Betriebsangehörige. Für den Beklagten zu 1) folgte dies daraus, daß er in den Unfallbetrieb eingegliedert war. Er wurde dort wie ein Arbeitnehmer des Unfallbetriebs tätig, weil er der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers des Unfallbetriebs unterlag und dessen Fürsorge beanspruchen konnte (vgl. dazu BAGE 42, 194, 197 f. = AP Nr. 13 zu § 637 RVO, zu I 2 der Gründe; BAG Urteil vom 15. Januar 1985 - 3 AZR 59/82 - AP Nr. 16 zu § 637 RVO, zu II 1 b der Gründe).
a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Firma Q sei dem Beklagten zu 1) gegenüber weisungsbefugt gewesen. Dieser habe nicht eine Werkleistung des Beklagten zu 2) ausgeführt. Die vertragliche Verpflichtung des Beklagten zu 2) habe sich vielmehr darin erschöpft, der Firma Q die Ausziehleiter zur Verfügung zu stellen, wobei die Firma mit Hilfe des Beklagten zu 1) über die Leiter habe verfügen dürfen. Die Firma Q habe die Arbeitsleistung des Beklagten zu 1) hinsichtlich Ort, Zeit und Art bestimmen dürfen. Dieser habe sich an der Stelle zur Arbeit einfinden müssen, die die Firma Q nach Maßgabe ihrer Kundenaufträge bestimmt habe. Er sei auch an die Arbeitszeit der Firma Q gebunden gewesen. Diese von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen tragen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts. Dieses hat zu Recht angenommen, daß die Überlassung der Leiter aufgrund eines Mietvertrags erfolgt sei und daß der Tätigkeit des Beklagten zu 1) im Betrieb der Firma Q ein sogenanntes echtes Leiharbeitsverhältnis zugrunde gelegen habe, der Beklagte zu 2) also den Beklagten zu 1) als seinen Arbeitnehmer vorübergehend der Firma Q für eine Tätigkeit in deren Betrieb überlassen habe.
b) Die dagegen gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch. Die Revision meint, der Beklagte zu 1) sei der Firma Q gegenüber nicht weisungsgebunden gewesen, weil er für die Art und Weise der Aufstellung der Leiter alleinverantwortlich gewesen sei. Darauf kommt es für die Frage, ob der Beklagte zu 1) in den Betrieb der Firma Q eingegliedert war, nicht an. Entscheidend ist, daß der Beklagte zu 2) nach dem mit der Firma Q geschlossenen Vertrag keinen Einfluß darauf hatte, ob, wann und für welche Anstreicherarbeiten der Beklagte zu 1) mit der Ausziehleiter zum Einsatz kam. Für die Zeit, in der der Beklagte zu 2) den Beklagten zu 1) der Firma Q überließ, besaß er hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Einsatzes des Beklagten zu 1) kein Weisungsrecht. Daran ändert nichts, daß der Beklagte zu 2) den Beklagten zu 1) jederzeit hätte abziehen und durch einen anderen Arbeitnehmer hätte ersetzen können (vgl. BAGE 25, 514, 521 = AP Nr. 7 zu § 637 RVO, zu II 5 c der Gründe). Solange der Beklagte zu 2) den Beklagten zu 1) der Firma Q überließ, war der Beklagte zu 1) dieser weisungsunterworfen.
c) Aus dem Weisungsrecht der Firma Q folgte auch, daß der Beklagte zu 1) deren Fürsorge (§ 618 BGB) beanspruchen konnte (BAGE 25, 514, 522 = AP Nr. 7 zu § 637 RVO, zu II 5 e der Gründe; BAG Urteil vom 23. Februar 1978 - 3 AZR 695/76 - AP Nr. 9 zu § 637 RVO, zu II 4 c der Gründe).
C. Ob dem Kläger gegen den Beklagten zu 2) ein Anspruch auf Schmerzensgeld zusteht, läßt sich aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht beurteilen. Über diesen Teil des Rechtsstreits wird das Berufungsgericht erneut verhandeln und entscheiden müssen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Beklagte zu 2) hafte dem Kläger schon deshalb nicht auf Schmerzensgeld (§ 847 Abs. 1 BGB), weil der Beklagte zu 1) als echter Leiharbeitnehmer der Firma Q nicht Verrichtungsgehilfe des Beklagten zu 2) im Sinne des § 831 Abs. 1 BGB gewesen sei.
1. Dagegen wendet sich die Revision zu Recht. Zwar war der Beklagte zu 1) während der Zeit, in der ihn der Beklagte zu 2) der Firma Q zur Bedienung der Ausziehleiter überlassen hat, in den Betrieb der Firma Q als weisungsunterworfener Arbeitnehmer eingegliedert. Er war jedoch hinsichtlich der fachgerechten Bedienung der Leiter Verrichtungsgehilfe des Beklagten zu 2).
Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Beklagte zu 1) sei nur Verrichtungsgehilfe der Firma Q gewesen. Es hat dies damit begründet, daß der Beklagte zu 1) bei Ausführung der Unfalltätigkeit nur auf Weisung der Firma Q tätig geworden sei und der Beklagte zu 2) im wesentlichen keinen Einfluß auf die Tätigkeit des Beklagten zu 1) gehabt habe. Zwar ist diese Fallgestaltung bei einem echten Leiharbeitsverhältnis möglich (vgl. BAG Urteil vom 27. Mai 1983 - 7 AZR 1210/79 - EzAÜG, Bd. 2, Nr. 126; MünchKomm-Mertens, 2. Aufl., § 831 Rz 36; Soergel/Zeuner, BGB, 11. Aufl., § 831 Rz 22) und dann die Regel, wenn Arbeitnehmer einem anderen Arbeitgeber dergestalt überlassen werden, daß sie voll in seinen Betrieb oder seine sonstige Arbeitsorganisation einbezogen sind und damit bei ihrer Arbeitsleistung nicht mehr den Weisungen und der Aufsicht des Überlassenden unterliegen. Ist ein Arbeitnehmer jedoch mehreren Weisungszuständigkeiten untergeordnet, so ist maßgeblich, in wessen Weisungszuständigkeit das rechtswidrige Verhalten fällt (vgl. MünchKomm-Mertens, aaO; BGH Urteil vom 16. Mai 1983 - III ZR 78/82 - JZ 1983, 764). Die Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) fiel in die Weisungszuständigkeit des Beklagten zu 2).
Soweit es darum ging, ob, wo und wann der Beklagte zu 1) tätig zu werden hatte, unterlag er den Weisungen der Firma Q.Er war insoweit deren Verrichtungsgehilfe. Der Beklagte zu 1) war aber auch Verrichtungsgehilfe des Beklagten zu 2). Die fachmännische Bedienung der Leiter, also das sichere Aufstellen, die Einstellung des richtigen Neigungswinkels und der richtigen Ausziehhöhe, waren Verrichtungen, zu denen er von dem Beklagten zu 2) bestellt worden war. Dies verkennt das Berufungsgericht nicht, das eine "Verantwortlichkeit des Beklagten zu 1) für die Einhaltung der Bedienungsvorschriften" (Seite 17 des Berufungsurteils) anerkennt, und damit den Vertrag zwischen der Firma Q und dem Beklagten zu 2) in einer den Senat bindenden Weise auslegt. Insoweit hatte der Beklagte zu 2) auch während der Eingliederung des Beklagten zu 1) in den Betrieb der Firma Q ein Weisungs- und Aufsichtsrecht gegenüber dem Beklagten zu 1). Nach der Vereinbarung zwischen der Firma Q und dem Beklagten zu 2) hatte dieser weiterhin das Recht und die Pflicht, den sachgerechten Umgang des Beklagten zu 1) mit der Leiter zu überwachen. Deutlich wäre dies geworden, wenn während der Dauer der Verleihung ein Konstruktionsfehler des verliehenen Leitertyps bekannt geworden wäre, der Veranlassung zu besonderer Sorgfalt bei der Bedienung gab, oder wenn die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft in einem für die Benutzung dieser Leiter erheblichen Punkt geändert worden wären. Der Beklagte zu 2) wäre dann berechtigt und verpflichtet gewesen, während der Tätigkeit des Beklagten zu 1) im Betrieb des Entleihers, ja sogar während eines einzelnen Arbeitsvorgangs, den Beklagten zu 1) zur Beachtung der veränderten Sachlage anzuhalten.
2. Der Beklagte zu 2) haftet für den von dem Beklagten zu 1) widerrechtlich herbeigeführten Schaden nicht, wenn er bei der Auswahl des Beklagten zu 1) die erforderliche Sorgfalt beobachtet hat (§ 831 Abs. 1 Satz 2 BGB). Darüber, ob dem Beklagten zu 2) ein Auswahlverschulden vorzuwerfen ist, besteht zwischen den Parteien Streit. Der Beklagte zu 2) hat behauptet, der Beklagte zu 1) sei bei ihm etwa vier Wochen vor dem Unfalltag eingestellt worden, habe vorher bei einer Firma "Baumaschinen K" gearbeitet und dort mit mechanischen Leitern zu tun gehabt. Vor seinem Einsatz sei er in die Bedienungsanleitung der später umgestürzten Leiter eingewiesen worden, und zwar von ihm, dem Beklagten zu 2), und von dem Meister O. Dabei habe sich herausgestellt, daß der Beklagte zu 1) bereits gute Kenntnisse und Erfahrungen beim Aufstellen derartiger Leitern besessen habe. Der Meister habe den Beklagten zu 1) außerdem durch Stichproben überwacht. Der Beklagte zu 2) hat diesen Vortrag durch die Benennung des Meister O und einer Frau B als Zeugen unter Beweis gestellt. Diesen Entlastungsbeweis wird das Berufungsgericht erheben müssen.
3. Der Entlastungsbeweis erübrigt sich nicht deshalb, weil der Beklagte zu 2) wegen Verletzung seiner allgemeinen Aufsichtspflicht haftet (§ 847 Abs. 1 in Verb. mit § 823 Abs. 1 BGB). Zu Recht hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß der insoweit darlegungspflichtige Kläger seinerseits keine Tatsachen behauptet hat, aus denen sich ergibt, daß der Beklagte zu 2) es an der erforderlichen Beaufsichtigung und Überwachung des Beklagten zu 1) hat fehlen lassen. Der Kläger hat sich vielmehr darauf beschränkt, die Tatsachen zu bestreiten, die der Beklagte zu 2) zu seiner Entlastung im Sinne des § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgetragen hat.
II. Die Zurückverweisung ist nicht deshalb entbehrlich, weil die klageabweisende Entscheidung des Berufungsgerichts, soweit sie den Schmerzensgeldanspruch gegen den Beklagten zu 2) betrifft, sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 563 ZPO).
Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht abgelehnt, daß der Kläger im Betrieb des Beklagten zu 2) Versicherter war und sich deshalb den Haftungsausschluß nach § 636 RVO entgegenhalten lassen muß. Da es für die Eingliederung des Klägers in den Betrieb des Beklagten zu 2) an jeglichem Anhaltspunkt fehlt, könnte der Kläger nur nach § 539 Abs. 2 RVO Versicherter im Betrieb des Beklagten zu 2) gewesen sein. Auch dies hat das Landesarbeitsgericht aber zu Recht abgelehnt. Dafür, daß der Kläger im Betrieb des Beklagten zu 2) wie ein dort beschäftigter Arbeitnehmer im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO tätig geworden ist, bestehen keine Anhaltspunkte. Daß der Kläger auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften durch den Beklagten zu 1) angewiesen war, machte ihn weder zum Beschäftigten (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO) noch zum Helfer (§ 539 Abs. 2 RVO) im Betrieb des Beklagten zu 2).
Dr. Leinemann Dr. Peifer Dr. Wittek
Fox Dr. Pühler
Fundstellen
Haufe-Index 441642 |
BAGE 00, 00 |
DB 1989, 131-132 (LT1) |
ARST 1989, 68-73 (LT1) |
ASP 1989, 18 (K) |
Gewerkschafter 1989, Nr 1, 38-38 (T) |
NZA 1989, 340-342 (LT1) |
RdA 1988, 381 |
AP § 831 BGB (LT1), Nr 2 |
AR-Blattei, ES 1100 Nr 16 (LT1) |
AR-Blattei, Leiharbeitsverhältnis Entsch 16 (LT1) |
EzAÜG, Nr 271 (LT1) |
EzA § 831 BGB, Nr 1 (LT1) |
HV-INFO 1988, 2207-2214 (LT1) |