Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Sozialarbeiterin. Amtspflegerin
Leitsatz (redaktionell)
1. Für eine als Amtspflegerin tätige Sozialarbeiterin gelten die speziellen tariflichen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozialdienst.
2. Daran ändert nichts, daß solchen Angestellten im Rahmen ihres Wirkungskreises auch Aufgaben mit administrativem und rechtlichem Charakter obliegen.
Normenkette
BAT Anlage 1a; BGB § 1909; BAT § 22 Fassung: 1975-03-17
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Entscheidung vom 15.08.1985; Aktenzeichen 2 Sa 25/85) |
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 14.01.1985; Aktenzeichen 21 Ca 11/84) |
Tatbestand
Die Klägerin, die staatlich anerkannte Sozialpädagogin ist, wird seit dem 1. April 1979 bei der Beklagten als Sozialarbeiterin beschäftigt. Seit dem 7. Februar 1983 ist sie im Landesamt für Rehabilitation im Bereich Sozialtherapeutischer Dienste als Amtspflegerin tätig. Sie erhält Vergütung nach VergGr. IV b BAT.
Die Klägerin übt folgende Tätigkeiten aus:
Anteil der
Arbeitszeit
in v. H.
Anspruchswahrung
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Feststellung des Gesundheitszustandes des
Klienten wegen Prüfung der Arbeitsfähig-
keit; dann Antragstellung auf BU/EU-Rente,
Krankengeld, Sozialhilfe, Schwerbehinderten-
ges., Unterhalt, Kriegsopferfürsorge usw.
Erbansprüche, Wohngeld, Arbeitslosenhilfe/-
geld, Beihilfen, Versorgungs- und Betriebs-
renten, Altersrente, Witwenrente, Leibrente,
und besondere sich aus Lage des Falles
ergebende andere Ansprüche 30
Wohnungsangelegenheiten
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1) Wohnungsbeschaffung:
"§ 5-Schein", Dringlichkeitsschein bean-
tragen, Regelung Genossenschaftsanteile/
Kaution, Wohnungssuche und Besichtigung,
Mietvertrag, Wohnungseinrichtung und Reno-
vierung, Abschluß der Versicherungsverträge,
Mietzahlungsregelung; Heimplatzsuche,
Vertragsabschluß und Kostenregelung.
2) Wohnungsauflösung:
Bestandsaufnahme des Inventars, Sicherung der
Vermögenswerte und persönlichen Habe, Ver-
handlung mit Vermieter wegen Vertragsauf-
lösung und Beendigung d. Mietverhältnisses,
Kündigung aller laufenden Verträge, Ent-
scheidung über Verwertung des Vermögens,
Erledigung von Räumungsklagen.
3) Haus- und Wohnungsverkauf bzw. Verwaltung:
alle damit im Zusammenhang stehenden Tätig-
keiten 25
Schuldenregulierung:
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Ermittlung der Schulden und Klärung der gesamt-
wirtschaftlichen Situation, Kontensperrung bei
Banken und Änderung der Verfügungsberechtigung
auf den Pfleger, Verhandlung mit Gläubigern,
Verhinderung von Prozessen bzw. Beendigung
laufender Klagen und Mahnverfahren, Abschluß
von außergerichtlichen und gerichtlichen Ver-
gleichen, Erstellung von Tilgungsplänen und
Einhaltung der Verpflichtungen, Rückgängig-
machung von Verträgen. 25
Persönliche und sonstige Hilfe
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Schlichtung von Streitigkeiten mit Vermietern,
Nachbarn und anderen wegen vertragswidrigen
Verhaltens, Verhandlungen mit Angehörigen,
Arbeitgebern, Ärzten (Krankenhaus, Gesund-
heitsamt).
Durchführung oder Hilfestellung bei Ehe-
scheidung, Teilnahme am vormundschafts-
gerichtlichen Verfahren, Einüben von wirt-
schaftlichem und sozialem Verhalten. 10
Administrative Aufgaben
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Prüfung der Rechtslage und Antrag auf Änderung/
Erweiterung des Wirkungskreises, bzw. Einleitung/
Anregung des Entmündigungsverfahrens,
Berichte an das Vormundschaftsgericht, Erstellung
des Vermögensverzeichnisses, Anordnungs- und
Bewilligungsbefugnis, Schlußabwicklung mit
ehemaligem Pflegling, dem Nachlaßpfleger, den
Erben oder dem Vormundschaftsgericht. 10
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100
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß ihre Tätigkeit das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV a Fallgruppe 1 a Teil I der Anlage 1 a zum BAT erfülle. Ihre Tätigkeit werde nicht von den speziellen Tätigkeitsmerkmalen des Teils II Abschnitt G Unterabschnitt I - Angestellte im Sozialdienst - der Anlage 1 a zum BAT erfaßt, weil sie nicht die einer Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin entsprechende Tätigkeit ausübe. Sie nehme überwiegend juristisch/administrative Aufgaben wahr und sei nur in geringem Umfang im Bereich der Personensorge tätig. Insoweit unterscheide sich ihre Tätigkeit auch von der in der Protokollnotiz Nr. 9 zur VergGr. IV b Fallgruppe 7 Teil II Abschnitt G Unterabschnitt I der Anlage 1 a zum BAT genannten Aufgabe des Führens der Sammelvormundschaft für gefährdete Erwachsene. Bei der Sammel- oder Amtsvormundschaft stehe die Personensorge, die pädagogische Lenkung der Lebensverhältnisse der Betreuten und damit die eigentlich sozialpädagogische Tätigkeit viel mehr im Vordergrund als bei der ihr übertragenen Amtspflegschaft. Auch setze die Beklagte überwiegend Verwaltungsangestellte und nicht Sozialarbeiter/Sozialpädagogen als Amtspfleger ein. Das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV a Fallgruppe 1 a Teil I der Anlage 1 a zum BAT erfülle ihre Tätigkeit deshalb, weil sie sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus dem Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV b Fallgruppe 1 a Teil I der Anlage 1 a zum BAT heraushebe.
Die Klägerin hat beantragt festzustellen,
1. daß die Beklagte verpflichtet ist,
die Klägerin ab 7. Februar 1983
nach der VergGr. IV a BAT zu entlohnen,
2. daß die Beklagte bei der Erfüllung der
Entlohnungspflicht nach Ziff. 1 der
Klägerin die nachzuzahlenden monatlichen
Differenzbeträge zwischen den Vergütungs-
gruppen IV b und IV a BAT, gerechnet
von jeweiliger Fälligkeit an, mit
4 % zu verzinsen hat.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß die Klägerin tarifgerecht vergütet werde. Die tarifliche Bewertung der Tätigkeit der Klägerin sei allein nach den speziellen Tätigkeitsmerkmalen des Teils II Abschnitt G Unterabschnitt I - Angestellte im Sozialdienst - der Anlage 1 a zum BAT vorzunehmen, da die Klägerin als staatlich anerkannte Sozialpädagogin mit einer entsprechenden Tätigkeit beschäftigt werde. Ihre Tätigkeit als Amtspflegerin erfülle das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV b Fallgruppe 7 Teil II Abschnitt G Unterabschnitt I der Anlage 1 a zum BAT, da ihr besonders schwierige Aufgaben übertragen seien. Als Beispiel für eine besonders schwierige Tätigkeit werde in der Protokollnotiz Nr. 9 das Führen von Sammelvormundschaften für gefährdete Erwachsene genannt. In gleicher Weise gehöre die Führung von Amtspflegschaften zur Tätigkeit eines Sozialpädagogen/Sozialarbeiters, da fürsorgerische Aufgaben wahrgenommen werden würden. Es komme nicht darauf an, ob die Personen- oder Vermögensfürsorge überwiege. Im übrigen erfülle die Tätigkeit der Klägerin, auch wenn sie nach den Tätigkeitsmerkmalen des Allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT bewertet würde, nicht das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV a Fallgruppe 1 a, da es an besonderer Schwierigkeit und Bedeutung der Aufgaben fehle.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Dabei hat sie ihren Zinsanspruch auf Prozeßzinsen aus den Nettobeträgen beschränkt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT nicht zu.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der BAT einschließlich der Anlage 1 a kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Danach kommt es für die Eingruppierung der Klägerin darauf an, ob bei ihrer Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der von der Klägerin in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe IV a BAT erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabsatz 1 und Unterabsatz 2 Satz 1 BAT). Hierbei ist als Arbeitsvorgang eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (ständige Rechtsprechung, BAG Urteil vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - zur Veröffentlichung bestimmt).
Die Vorinstanzen haben sich mit den bei der Tätigkeit der Klägerin anfallenden Arbeitsvorgängen nicht befaßt. Dies hindert den Senat jedoch nicht, diese selbst festzulegen, da die maßgeblichen Tatsachen vom Landesarbeitsgericht festgestellt worden sind (ständige Rechtsprechung, Urteil vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Aus diesen ergibt sich, daß die gesamte der Klägerin als Amtspflegerin übertragene Tätigkeit als ein Arbeitsvorgang anzusehen ist. Wie stets bei der Bestimmung von Arbeitsvorgängen der Tätigkeit eines Angestellten ist von den Arbeitsergebnissen auszugehen. Als Arbeitsergebnisse sind jedoch nicht die einzelnen in der Tätigkeitsbeschreibung der Klägerin angegebenen Aufgabengebiete der Anspruchswahrnehmung, der Wohnungsangelegenheiten, der Schuldenregulierung, der persönlichen und sonstigen Hilfe sowie die Erledigung administrativer Aufgaben anzusehen. Arbeitsergebnis der der Klägerin übertragenen Tätigkeit ist vielmehr die Besorgung der Angelegenheiten des Pflegebefohlenen in dem ihr als Amtspflegerin übertragenen Wirkungskreis. Alle von ihr im einzelnen aufgeführten Tätigkeiten dienen allein der Erfüllung dieser gesetzlich vorgegebenen Aufgabe (§§ 1909 ff. BGB). Insoweit macht es keinen Unterschied, ob die Klägerin einen Antrag auf Sozialhilfe stellt oder einen Antrag auf einen Dringlichkeitsschein bei der Wohnraumsuche, ob sie mit Gläubigern verhandelt oder mit dem Arbeitgeber. Stets wird sie im Rahmen des ihr als Amtspflegerin übertragenen Wirkungskreises für den Pflegebefohlenen tätig. Die weitere Aufspaltung dieser auf ein einheitliches Arbeitsergebnis gerichteten Tätigkeit der Klägerin in einzelne Aufgabenbereiche verbietet sich schon deshalb, weil der Klägerin nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Pflegschaft gerade die Erledigung aller Angelegenheiten der Pflegebefohlenen im übertragenen Wirkungskreis obliegt. Bei der Abgrenzung einzelner Aufgaben bliebe das gesetzlich vorgesehene einheitliche Ziel der Tätigkeit unberücksichtigt. Diese wird von der Klägerin entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen auch allein und alleinverantwortlich wahrgenommen. Sie ist auch rechtlich selbständig bewertbar.
Das Landesarbeitsgericht geht zutreffend davon aus, daß zur tariflichen Bewertung der Tätigkeit der Klägerin nicht die Tätigkeitsmerkmale der jeweils ersten Fallgruppen des Allgemeinen Teils (Teil I) der Anlage 1 a zum BAT heranzuziehen sind. Nach Nr. 1 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen kommt die Anwendung der jeweils ersten Fallgruppen des Allgemeinen Teils dann nicht in Betracht, wenn für die Tätigkeit des Angestellten besondere Tätigkeitsmerkmale gelten. Dies ist vorliegend entgegen der Auffassung der Klägerin der Fall. Zur tariflichen Bewertung ihrer Tätigkeit sind nämlich die besonderen Tätigkeitsmerkmale des Teils II Abschnitt G Unterabschnitt I "Angestellte im Sozialdienst" der Anlage 1 a zum BAT heranzuziehen. Diese haben, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:
VergGr. IV a
7. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher
Anerkennung, die sich dadurch aus der
VergGr. IV b Fallgr. 7 herausheben, daß sie
Grundsatzfragen und Planungsaufgaben bearbeiten,
deren Schwierigkeitsgrad über den in VergGr. IV b
Fallgr. 7 geforderten Schwierigkeitsgrad hinaus-
geht
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1, 2, 3, 4 und 9)
VergGr. IV b
7. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher
Anerkennung, denen besonders schwierige Aufgaben
übertragen sind.
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1, 2, 3, 4 und 9)
VergGr. V b
1. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher
Anerkennung und entsprechender Tätigkeit
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1, 2, 3 und 4).
Protokollnotiz Nr. 9
--------------------
Besonders schwierige Aufgaben sind z. B.
a) Führen der Sammelvormundschaft für gefährdete
Erwachsene.
.......
Die Klägerin nimmt die Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IV a Fallgruppe 7 für sich nicht in Anspruch. Ihre Tätigkeit erfüllt jedoch zumindest das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V b Fallgruppe 1, so daß nach dem Grundsatz der Spezialität die Anwendung der Tätigkeitsmerkmale des Allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT, die ansonsten allein eine Vergütung nach VergGr. IV a BAT rechtfertigen könnten, nicht in Betracht kommt.
Die Klägerin ist unstreitig Sozialpädagogin mit staatlicher Anerkennung. Sie übt auch, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausführt, eine entsprechende Tätigkeit aus.
Als Amtspflegerin nimmt die Klägerin eine fürsorgerische Aufgabe für sozial schwache und gefährdete Erwachsene wahr. Diese Tätigkeit entspricht nach heutiger Vorstellung dem Berufsbild und der Ausbildung eines Sozialarbeiters und eines Sozialpädagogen, die in den tariflichen Bestimmungen jeweils einheitlich behandelt werden. Das Berufsziel eines Sozialarbeiters ist es, Menschen verschiedener Altersstufen in entwicklungs-, reife-, konflikt- oder notbedingten Situationen so zu helfen, daß sie möglichst zur vollen Entfaltung ihrer Persönlichkeit und all ihrer Kräfte und Möglichkeiten kommen, daß sie sich aus unnötiger Abhängigkeit lösen und Sozialisationsdefizite wie Benachteiligungen und Unterprivilegierungen überwinden können. Damit sollen Selbstbestimmung, Mündigkeit und ein der Würde des Menschen entsprechendes Leben ermöglicht werden (BAG Urteil vom 18. Mai 1983 - 4 AZR 552/80 - AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter). Diese Arbeit wird geleistet im wesentlichen im Bereich der Jugendhilfe, der Sozialhilfe und der Gesundheitshilfe. Die Sozialhilfe leistet wirtschaftliche Hilfe, Rehabilitation sowie Hilfe für sozial schwache und gefährdete Erwachsene (Blätter für Berufskunde, Band 2 - IV A 30, S. 2, 3).
Die Hilfe für sozial schwache und gefährdete Erwachsene kann in den verschiedensten Formen erforderlich sein. Sie entspricht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur dann der Tätigkeit eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen, wenn sie überwiegend im sozialtherapeutischen Bereich, den die Klägerin mit "Personensorge" umschreibt, geleistet wird. Zum heutigen Berufsbild eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen gehört vielmehr auch die Hilfeleistung in wirtschaftlichen Angelegenheiten, weil diese oftmals erst die Voraussetzungen für die Bewältigung sozialer Problemfälle schafft. Die Hilfeleistung in wirtschaftlichen Angelegenheiten erfordert im Hinblick auf die Vielzahl einschlägiger gesetzlicher Vorschriften sowohl entsprechende Kenntnis der rechtlichen Grundlagen als auch eine aktenmäßige Bearbeitung und administrative Erledigung der gestellten Aufgaben. Durch die Ausbildung werden die erforderlichen rechtlichen Grundkenntnisse vermittelt.
Zwar ist die aktenmäßige Bearbeitung und administrative Erledigung solcher Aufgaben in der Vergangenheit, worauf die Klägerin mit Recht verweist, überwiegend von Verwaltungsangestellten in Jugend- und Sozialämtern bzw. von Verwaltungsbeamten wahrgenommen worden. Teilweise ist das auch gegenwärtig noch so. Aufgaben eines Pflegers werden jedoch in zunehmendem Maße Sozialarbeitern/ Sozialpädagogen übertragen, deren Berufsbild und deren Ausbildung auf die Hilfeleistung in sozialen Problemfällen gerade ausgerichtet sind (Blätter für Berufskunde, aaO, S. 8). Damit kann der übertragene Aufgabenbereich gerade auch in der Wahrnehmung einer Amtspflegschaft bestehen. Die Anordnung einer Pflegschaft setzt voraus, daß der Pflegebefohlene seine Angelegenheiten nicht selbst zu besorgen vermag (§ 1910 BGB). Ein entsprechendes Fürsorgebedürfnis mag häufig bei sozial schwachen und gefährdeten Erwachsenen vorliegen. Wenn der Klägerin aus diesem Personenkreis Amtspflegschaften übertragen sind, so leistet sie mit der Stellung von Anträgen für den Pflegebefohlenen, der Regelung seiner Wohnungs- und Vermögensangelegenheiten, mit Verhandlungen bei Streitigkeiten mit Vermietern und Arbeitgebern Hilfe in einem Bereich, in dem der Pflegebefohlene der Fürsorge bedarf. Diese Tätigkeit entspricht damit ihrem Berufsbild und ihrer Ausbildung.
Dafür, daß die Tätigkeit eines Amtspflegers derjenigen eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen entspricht, kann auch die Protokollnotiz Nr. 9 herangezogen werden. In der Protokollnotiz Nr. 9 ist das Führen einer Sammelvormundschaft für gefährdete Erwachsene als Beispiel für eine von einem Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung wahrzunehmende, besonders schwierige Aufgabe genannt. Zwar kann vorliegend nicht aus der beispielhaften Nennung der Vormundschaft auf die Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 7 geschlossen werden (vgl. BAG Urteil vom 14. Mai 1986 - 4 AZR 134/85 -, zur Veröffentlichung bestimmt), weil sich der Begriff der Vormundschaft in der Rechtsterminologie von dem der Pflegschaft ersichtlich unterscheidet (vgl. BAG 42, 272, 277 = AP Nr. 61 zu § 616 BGB). Jedoch bestehen zwischen der Vormundschaft im Sinne der §§ 1773 ff. BGB und der Pflegschaft im Sinne der §§ 1909 ff. BGB tatsächliche und rechtliche Gemeinsamkeiten, die den Schluß rechtfertigen, die Wahrnehmung einer Pflegschaft als eine einem Sozialarbeiter/Sozialpädagogen entsprechende Tätigkeit anzusehen. Die Pflegschaft hat nämlich ebenso wie die Vormundschaft eine fürsorgerische Tätigkeit zum Inhalt. Die fürsorgerische Tätigkeit ist beim Vormund nur umfassender. Sie erstreckt sich grundsätzlich auf die Wahrnehmung aller persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten (§ 1793 BGB), während dem Pfleger nur die Besorgung einzelner oder eines bestimmten Kreises von Angelegenheiten obliegt (§§ 1909, 1910 BGB). Die vom Vormund und vom Pfleger zu erledigenden Aufgaben sind von ihrer Zielsetzung her jedoch ähnlich. Demgemäß finden auf die Pflegschaft auch im wesentlichen die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften Anwendung (§ 1915 BGB). Diese Gemeinsamkeiten rechtfertigen unter Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhanges, die Tätigkeit eines Amtspflegers als die einem Sozialarbeiter/Sozialpädagogen entsprechende Tätigkeit anzusehen. Dabei hat das Landesarbeitsgericht mit Recht dahinstehen lassen, ob ein Vormund in größerem Umfange im Bereich der Personensorge tätig wird als ein Pfleger, da entgegen der Auffassung der Klägerin ein entsprechendes "Gepräge" der Tätigkeit für die tarifliche Bewertung nicht maßgebend ist.
Ob die Tätigkeit der Klägerin das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 7 erfüllt, bedurfte keiner Entscheidung, da die entsprechende Vergütung zwischen den Parteien nicht streitig ist. Die Revision war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Feller Dr. Etzel Dr. Freitag
Gossen Koerner
Fundstellen
RdA 1987, 64 |
AP Nr 127 zu §§ 22, 23 BAT 1975 (LT1-2) |
PersV 1991, 136 (K) |
RiA 1987, 178-179 (T) |