Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Schulkindergartenleiterin
Leitsatz (amtlich)
Erzieherinnen mit Zusatzausbildung und Sozialpädagoginnen mit staatlicher Anerkennung können auch bei gleicher Tätigkeit als Leiterin eines Schulkindergartens nach den sogenannten Nichterfüllererlassen NRW wegen des unterschiedlichen Schulabschlusses und der unterschiedlichen Berufsausbildung unterschiedlich vergütet werden (im Anschluß an BAG Urteil vom 24. März 1993 – 4 AZR 265/92 – BAGE 73, 20 = AP Nr. 106 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).
Normenkette
BAT § 22 Lehrer, § 23 Lehrer; BGB § 242
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin besuchte nach dem Realschulabschluß ein Jahr eine Frauenfachschule. Sie erlangte sodann nach dem Besuch der Frauenfachschule für Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen in den Jahre 1959 bis 1961 die Befähigung als staatlich anerkannte Erzieherin. Zu ihrer Ausbildung gehörten Praktika in einem Kindergarten, in einem Kinderhort, einer Tagesstätte sowie einem Kinderheim. Seit dem Jahre 1961 leitete sie einen evangelischen Kindergarten in B…. Sodann arbeitete sie als Erzieherin in einem Kindergarten des Diakonischen Werkes in T….
Mit Wirkung vom 7. September 1970 wurde die Klägerin von dem beklagten Land als Angestellte beim Schulamt des Kreises S… unter Eingruppierung in die VergGr. Vb BAT angestellt und mit der Verwaltung einer Schulkindergärtnerinnenstelle an einer Grundschule der Stadt R… beauftragt. Die Klägerin besuchte sodann in der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis zum 30. September 1972 einen Lehrgang für Kindergärtnerinnen zur Erlangung der Befähigung für die Leitung eines Schulkindergartens. Nach bestandener Prüfung und einem praktischen Anerkennungsjahr erhielt sie im November 1973 die Bestätigung für den endgültigen Einsatz als Leiterin eines Schulkindergartens. Die Klägerin leitete in der Folgezeit den Schulkindergarten einer Grundschule in R…. Im Oktober 1978 wurde sie gemäß Ziff. 6.3 des Runderlasses des Kultusministers NRW vom 22. März 1978 (Nichterfüllererlaß 1978) in die VergGr. IVb BAT eingruppiert. Mit Schreiben vom 10. Oktober 1992 beantragte die Klägerin ihre Höhergruppierung in die VergGr. IVa BAT. Dies wurde abgelehnt.
Die Klägerin begehrt ihre Höhergruppierung in die VergGr. IVa BAT rückwirkend ab 18. August 1989. Sie stützt diesen Anspruch auf die Nichterfüllererlasse des beklagten Landes in der jeweiligen Fassung.
Gemäß dem Runderlaß des Kultusministers NRW vom 10. Juni 1969 (GABl. NW S. 219) und vom 10. Juli 1981 (GABl. NW S. 251) über die Errichtung von Schulkindergärten erfahren die Kinder in Schulkindergärten die für ihre Entwicklung notwendige Förderung, damit sie zu Beginn des nächsten Schuljahres in die erste Klasse der Grundschule aufgenommen werden können. Der Schulkindergarten wird von einem Sozialpädagogen (Jugendleiter oder -leiterin) geleitet. Der Sozialpädagoge ist nach den Erlassen für die pädagogische Arbeit im Schulkindergarten verantwortlich. Mit Erlaß vom 1. April 1970 teilte der Kultusminister des beklagten Landes dem Regierungspräsidenten und den Schulämtern mit, daß zur Sicherstellung der Errichtung von Schulkindergärten und wegen des Mangels an Jugendleiterinnen bzw. Sozialpädagogen für die Leitung von Schulkindergärten abweichend von dem Erlaß vom 10. Juni 1969 Kindergärtnerinnen und Erzieherinnen durch zweijährige nebenberufliche Lehrgänge für die Schulkindergartenleitung zu befähigen seien und in dieser Zeit möglichst unter der Anleitung einer Sozialpädagogin bzw. Jugendleiterin arbeiten sollten. In der Praxis wurden dann auch Erzieherinnen mit Zusatzausbildung als Leiterinnen von Schulkindergärten bis zum September 1974 eingesetzt. Danach wurde diese Praxis nicht mehr durchgeführt.
Der Runderlaß des Kultusministers vom 22. März 1978 zur Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erfüllen, lautet u.a.:
6.2 |
Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung, Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung |
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als Leiter eines Schulkindergartens oder einer Vorschulklasse |
IVb |
nach mindestens zehnjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit |
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und dieser Vergütungsgruppe |
IVa |
6.3 |
Erzieher, Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen, Krankengymnastinnen, Logopäden und Beschäftigungstherapeuten |
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mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung und Zusatzausbildung |
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als Leiter eines Schulkindergartens oder einer Vorschulklasse |
Vb |
nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe |
IVb |
In den nachfolgenden Nichterfüllererlassen ist der erste Absatz der Ziff. 6.2 wörtlich beibehalten worden. Seit dem Nichterfüllererlaß in der Fassung vom 4. Oktober 1989 (GABl. NW S. 570) werden die Eingruppierungsmerkmale für Leiter von Schulkindergärten unter der Ziff. 7.2 des Erlasses bei im übrigen unverändertem Inhalt angeführt. Dies gilt auch für die Erlaßfassung vom 22. Juni 1992 (GABl. NW I S. 159).
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr sei als Leiterin eines Schulkindergartens eine einem Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung gleichwertige Tätigkeit übertragen worden. Das beklagte Land habe in den Nichterfüllererlassen zum Ausdruck gebracht, daß Angestellte, denen diese Aufgabe übertragen werde, die Tätigkeit eines Sozialpädagogen im Sinne der Nichterfüllererlasse ausüben. Darüber hinaus seien die Tätigkeit einer Erzieherin mit Zusatzausbildung und die einer Sozialpädagogin im Schulkindergarten inhaltlich und in den Anforderungen vollkommen identisch. Ihre hochqualifizierte Zusatzausbildung sei genau auf die Tätigkeit als Leiterin eines Schulkindergartens ausgerichtet gewesen. Sie verleihe ihr den gleichen Ausbildungsstand und die gleiche Qualifikation wie Sozialpädagoginnen, die ihrerseits nicht speziell für die Tätigkeit im Schulkindergarten ausgebildet worden seien. Auch würden Sozialpädagoginnen im Anerkennungsjahr von den ihnen später vergütungsrechtlich nicht gleichgestellten Erzieherinnen im Schulkindergarten ausgebildet. Dabei werde Didaktik und Methodik der Arbeit in einem Schulkindergarten vermittelt, da sie keine entsprechenden Kenntnisse aus ihrem Studium hätten. Bei dieser Sachlage verletze das beklagte Land den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, wenn es Sozialpädagogen und Erzieher unterschiedlich vergüte.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin ab 18. August 1989, hilfsweise ab 10. Oktober 1992 nach der VergGr. IVa BAT zu vergüten.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, für die Eingruppierung in unterschiedliche Vergütungsgruppen sei nach dem Nichterfüllererlaß 1978 nicht die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit und deren Kenntnisse und Fähigkeiten entscheidend, vielmehr sei die Eingruppierung von einem bestimmten Ausbildungsabschluß abhängig gemacht worden. Diese qualifiziere Sozialpädagogen gegenüber Erziehern und rechtfertige eine unterschiedliche Vergütung.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Das beklagte Land bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin habe als Leiterin eines Schulkindergartens keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die VergGr. IVa BAT, weil die Kraft einzelvertraglicher Vereinbarung geltenden jeweiligen Nichterfüllererlasse die Eingruppierung in diese Vergütungsgruppe nur Jugendleitern mit staatlicher Prüfung, Sozialpädagogen und Sozialarbeitern mit staatlicher Anerkennung gewähre. Die Klägerin erfülle als staatlich anerkannte Erzieherin mit Zusatzbildung nicht diese persönlichen Ausbildungskriterien. Sie könne als Erzieherin auch nicht verlangen mit Sozialpädagogen vergütungsrechtlich gleich behandelt zu werden. Obwohl beide Berufsgruppen in der Tätigkeit als Leiter eines Schulkindergartens weitgehend die gleichen Aufgaben wahrzunehmen hätten, sei die unterschiedliche Vergütung sachlich gerechtfertigt, weil die Ausbildung von Sozialpädagogen breiter und tiefer angelegt sei und sie für Tätigkeit als Leiter eines Schulkindergartens besonders in wichtigen Bereichen besser qualifiziert seien, Problemfelder aufzudecken, zu begutachten und zu bewältigen.
Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Klage ist nicht begründet.
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Dr. Jobs, N. Schuster, Peters
Richter Böck ist durch Urlaub an der Unterschrift verhindert
Matthes
Fundstellen
Haufe-Index 893882 |
BB 1998, 596 |
RdA 1998, 61 |
RiA 1998, 283 |