Entscheidungsstichwort (Thema)
Dipl.-Sozialpädagoge im Psychiatrischen Krankenhaus
Leitsatz (redaktionell)
Eingruppierung eines Dipl.-Sozialpädagogen, der in einem Zentrum für Psychiatrie zusammen mit anderen Fachkräften psychisch kranke Rechtsbrecher betreut
Normenkette
BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 22.02.1995; Aktenzeichen 12 Sa 162/94) |
ArbG Mannheim (Urteil vom 29.06.1994; Aktenzeichen 11 Ca 125/93) |
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 22. Februar 1995 – 12 Sa 162/94 – aufgehoben.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 29. Juni 1994 – 11 Ca 125/93 – wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des als Sozialpädagogen im Sozialdienst des Beklagten tätigen Klägers.
Der Kläger ist ausgebildeter Diplom-Sozialpädagoge (FH) und hat eine Zusatzausbildung in „Systemischer Therapie” mit Erfolg abgeschlossen. Seit dem 1. Oktober 1986 wird er im „Psychiatrischen Landeskrankenhaus W. (PLK)”, wegen Trägerwechsels seit dem 1. Januar 1996 „Zentrum für Psychiatrie W.” (vgl. § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Errichtung der Zentren für Psychiatrie [EZPsychG] in Baden-Württemberg) beschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der Bund/Länder-Fassung (BAT/BL) Anwendung.
In dem PLK werden für die Allgemeinheit gefährliche psychisch kranke Rechtsbrecher untergebracht und behandelt. Darunter befinden sich einerseits vorläufig nach § 126 a StPO und nach § 63 StGB untergebrachte Frauen, andererseits nach § 63 StGB untergebrachte junge Männer, bei denen eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis vorliegt.
Bis Mai 1989 arbeitete der Kläger in der Geronto-Psychiatrischen Station 10 des Behandlungszentrums des PLK. Seit Juni 1989 arbeitet er in einem Team, bestehend aus einer Fachärztin für Psychiatrie, einer Diplom-Psychologin, einem Diplom-Musiktherapeuten, einem Arbeitserzieher, einer Sporttherapeutin sowie einer Lehrerin und 16 Krankenpflegekräften auf der Station 12 der Abteilung für Forensische Psychiatrie, die 25 bis 29 Betten umfaßt. Auf dieser Station werden Frauen vorläufig untergebracht, bei denen dringende Gründe für die Annahme bestehen, im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit Straftaten begangen zu haben (§ 126 a StPO). Daneben werden auf dieser Station auch junge Männer untergebracht, die wegen einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis nach den §§ 61 Ziff. 1, 63 StGB gerichtlich eingewiesen wurden.
Nach der Tätigkeitsdarstellung und Bewertung des PLK vom 17. Januar 1992 hat der Kläger die Aufgabe, „den Patienten und seine Angehörigen sozial zu beraten und zu betreuen, insbesondere wegen der Hilfen, die während des Krankenhausaufenthaltes und nach der Entlassung aus dem Krankenhaus geboten sind. Dabei muß der Dienstposteninhaber bei der Erfüllung seiner Aufgaben den Auftrag des Maßregelvollzugs, nämlich die Besserung und Sicherung des Untergebrachten, stets in seine Überlegungen und Planungen mit einbeziehen.”
In der Anlage zur Tätigkeitsdarstellung werden die einzelnen Aufgaben des Klägers wie folgt beschrieben:
Lfd. Nr. |
Aufgabe bzw. Teilaufgabe |
Ausführl. Beschreibung der Arbeitsschritte, anzuwendende Vorschriften |
Anteil an der gesamten Arbeitszeit |
1 |
Erstellung von Hilfeplänen |
Gespräche mit Angehörigen, Betreuern, Bezugspersonen auf Station, Stationsteam, § 63-Team-Entscheidungsgremium mit ärztlichem Direktor BZ III, Oberarztvisite, Themenschwerpunkte: Rehabilitationsschritte und Maßnahmen für den Bereich Wohnen, Arbeit, Freizeit, Urlaube, Lockerungen |
26 % |
2 |
Mitwirkung bei Behandlungsplänen durch Sozialanamnese |
|
4 % |
3a) |
Beratung und Unterstützung in allen sozialrechtlichen Bereichen |
Anzuwendende Vorschriften: BeratungshilfeG, BGB, RechtsberatungsG, Betreuungsgesetz, AFG, SGB, allgemeine und gemeinsame Vorschriften zu Krankenversicherung, Rentenversicherung, BSHG, Kinder- und Jugendhilfegesetz, BKGG, Ausländergesetz, Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter, Kinder- und Jugendhilfeschutzgesetz, Bundesversorgungsgesetz, etc. |
7 % |
3b) |
Beratung über Rechte und Pflichten während der Unterbringung |
StPO, UBG (BAWÜ), Justizkostenvollzugsordnung, StGB, Strafvollzugsgesetz |
2 % |
4 |
Psychotherapeutische Einzel-/u. Gruppengespräche, Familientherapie |
|
5 % |
5 |
Sozialtherapeutische Arbeit |
Gestaltung des Behandlungsmilieus nach milieutherapeutischen Gesichtspunkten wie z.B. Soziales Training, lebenspraktisches Training, Hilfestellung bei Behördengängen, Bewerbungsschreiben etc., Freizeitaktivitäten, Soziale Trainingswochen |
28 % |
6 |
Koordination ambulanter Hilfen |
Abstimmung mit Bewährungshilfe, Arbeitsamt, Krankenkassen, Rentenversicherungsträgern, freie Träger der Wohlfahrtshilfe, Hauptfürsorgestelle für Schwerbehinderte |
2 % |
7 |
Teilnahme an Supervision |
a) Stationssupervision |
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|
|
b) berufsübergreifende Fallsupervision |
4 % |
8 |
Vorbereitung und Durchführung von Verlegungen und Entlassungen |
Kostenregelung, Organisation und Durchführung der Entlaßfahrt |
3 % |
9 |
Krisenintervention |
Betreuung bei Probewohnen, Absprache mit Nachsorgeeinrichtung über Fortdauer oder Verlängerung des Probewohnens, Abbruch des Probewohnens |
3 % |
10 |
Hilfestellung bei besonders schwierigen Kostenregelungen |
Streit um Zuständigkeit von Kostenträgern, unklare Versicherungsverhältnisse, Klärung von Anspruchszeiten bei Rentenversicherung |
2 % |
11 |
Organisation von Fortbildungen |
Klinikeigener Arbeitskreis, Sozialrecht, Fortbildung für Pflegepersonal BZ III |
6 % |
12 |
Interne Aufgaben des Sozialdienstes |
Sozialdienstbesprechung, Arbeitsorganisation, Dokumentation, Schriftverkehr |
8 % |
Im Rahmen einer Umstrukturierung des Therapiekonzepts der Station 12 wurde der Kläger ab Juli 1993 verantwortlich für eine Patientengruppe von sechs Personen in der Weise, daß er ihr primärer Ansprechpartner bei Einzelbetreuung der Patienten, bei der Dokumentation der Krankengeschichte und bei gutachterlichen Stellungnahmen gemäß § 67 c StGB (nachträgliche richterliche Anordnung, Überweisung in den Vollzug einer anderen Maßregel der Besserung und Sicherung) wurde. Der Anteil dieser Teilaufgabe an der Gesamtarbeitszeit ist nicht festgestellt.
Der Kläger erhält zur Zeit eine Vergütung aus der VergGr. IV b der Anlage 1 a Teil II Abschn. G BAT/BL zuzüglich einer Vergütungsgruppenzulage und einer Justizvollzugszulage in Höhe von 167,59 DM monatlich.
Mit Schreiben vom 23. November 1991, dem Beklagten zugegangen am 26. November 1991, begehrte der Kläger erfolglos seine Eingruppierung in die VergGr. IV a BAT. Mit der dem Beklagten am 2. Juni 1993 zugestellten Klage vom 11. Mai 1993 hat der Kläger ab 1. Januar 1991 seine Eingruppierung in die VergGr. IV a BAT und ab 1. Juni 1993 seine Eingruppierung in die VergGr. III BAT verlangt. Mit seiner dem Beklagten am 1. Juni 1993 zugestellten Klageerweiterung vom 21. Mai 1993 hat er darüber hinaus rückwirkend zum 1. Januar 1991 Vergütung nach der VergGr. III BAT verlangt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seine Tätigkeit hebe sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung zeitlich mindestens zur Hälfte aus der VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT heraus und sei daher nach VergGr. IV a Fallgruppe 15 BAT zu vergüten. Nach vierjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit habe er Anspruch auf Vergütung aus der VergGr. III Fallgruppe 7 BAT. Seine gesamte Tätigkeit sei als einziger großer Arbeitsvorgang im Sinne von §§ 22, 23 BAT anzusehen. Die besondere Schwierigkeit seiner Tätigkeit liege darin begründet, daß er nicht nur über ein breites Wissen im Sozialrecht und im Strafvollzugsrecht verfügen müsse, sondern auch über fundierte Kenntnisse der möglichen Wohn- und Arbeitseinrichtungen. Hinsichtlich der sozialtherapeutischen Arbeit im engeren Sinne benötige er ein breites theoretisches Fachwissen über Milieutherapie, soziale Gruppenarbeit, Gemeinwesenarbeit und Erwachsenenbildung. Die Behandlung im Team erfordere von ihm auch den Einsatz fachübergreifender Kenntnisse. Auch der Umstand, daß er mit Patienten arbeiten müsse, welche nicht nur schwerwiegende psychische Störungen aufwiesen, sondern von denen wegen des hohen Aggressionspotentials auch eine unvorhersehbare potentielle Gefährlichkeit ausgehe, begründe die besondere Schwierigkeit seiner Arbeit. Meist handele es sich bei den Patienten um Multiproblemfälle ohne eigene Behandlungsmotivation, deren Verhalten durch Unzuverlässigkeit geprägt sei und bei denen ein großes Problem zunächst die Vermittlung des Therapie- und Beratungsinhalts darstelle. Die Bedeutsamkeit seiner Tätigkeit sieht der Kläger darin, daß seine Analyse, welche in die Teamentscheidung einfließe, letztendlich die Freilassung bzw. weitere Unterbringung der Patienten beeinflusse. Für die Allgemeinheit sei aber auch bedeutsam, ob die Patienten durch die Tätigkeit des Klägers resozialisiert oder verrentet würden.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger in der Zeit vom 1. Juni 1989 bis zum 31. Mai 1993 nach der VergGr. IV a Teil II G der Anlage 1 a zum BAT und ab dem 1. Juni 1993 nach der VergGr. III Teil II G der Anlage 1 a zum BAT zu bezahlen und die für den Kläger sich daraus ergebenden monatlichen Nettodifferenzbeträge mit 4 % ab dem 2. Juni 1993 zu verzinsen.
Das beklagte Zentrum hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Auffassung vertreten, die Tätigkeit des Klägers sei in die in der Tätigkeitsdarstellung vom 17. Januar 1992 aufgelisteten 12 Arbeitsvorgänge aufzuteilen. Mit Ausnahme der unter den laufenden Nummern 2, 8 und 9 genannten Teiltätigkeiten von insgesamt 10 % der Gesamttätigkeit liege keine besondere Schwierigkeit und Bedeutung bei der Tätigkeit des Klägers vor. Vielmehr sei diese vergleichbar mit der in der Protokollnotiz Nr. 5 zu der VergGr. IV b Fallgruppe 16 erwähnten begleitenden Fürsorge für Strafgefangene und nachgehenden Fürsorge für ehemalige Strafgefangene. Darüber hinaus werde die Tätigkeit des Klägers durch den Umstand erleichtert, daß er in einem Team von Fachleuten arbeite und für die Ergebnisse der Behandlung und deren Durchführung nicht allein verantwortlich sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des, Klägers hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, daß das beklagte Zentrum verpflichtet ist, den Kläger vom 1. Mai 1991 bis zum 31. Mai 1993 nach der VergGr. IV a und ab 1. Juni 1993 nach der VergGr. III des Teils II G der Anlage 1 a zum BAT zu bezahlen zuzüglich der zugehörigen Zinsen.
Mit der zugelassenen Revision erstrebt das beklagte Zentrum die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, der Kläger erfülle die Voraussetzungen der VergGr. IV a/III der Anlage 1 a zum BAT/BL.
I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (Senatsurteile vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und vom 20. März 1996 – 4 AZR 1052/94 – AP Nr. 22 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Das gilt auch hinsichtlich der geltend gemachten Zinsen (BAG, a.a.O.).
II. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt nicht die von ihm in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 BAT).
1. Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft beiderseitiger Tarifbindung der BAT in der Bund/Länder-Fassung anwendbar.
2. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit davon ab, ob mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihm in Anspruch genommenen VergGr. IV a/III der Anlage 1 a zum BAT (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) vom 19. Juni 1970 in der Neufassung des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT vom 24. April 1991 entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT).
a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die gesamte Tätigkeit des Klägers sei in vier Arbeitsvorgänge aufzuteilen. Arbeitsergebnis des ersten Arbeitsvorganges sei die Sozialtherapie auf der Station 12 des PLK mit 70 % der Gesamttätigkeit. Arbeitsergebnis des zweiten Arbeitsvorganges sei dagegen die „technische und rechtliche Beratung” mit 16 %, der dritte Arbeitsvorgang umfasse die internen Aufgaben des Sozialdienstes mit 8 % und der vierte Arbeitsvorgang die Organisation klinikeigener Fortbildung mit 6 % jeweils der Gesamttätigkeit.
b) Die Entscheidung hierüber kann dahingestellt bleiben. Der Kläger erfüllt bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge nicht die Merkmale der VergGr. IV a/III der Anlage 1 a zum BAT/BL.
3.a) Für die Bewertung der Tätigkeit des Klägers kommen folgende tariflichen Tätigkeitsmerkmale in Betracht:
„VergGr. V b Fallgruppe 10
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
…
VergGr. IV b Fallgruppe 16
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
mit schwierigen Tätigkeiten. …
(Hierzu Protokollnotizen Nr. 1 und 5)
Protokollnotiz Nr. 5:
Schwierige Tätigkeiten sind z.B. die
- Beratung von Suchtmittel-Abhängigen,
- Beratung von HIV-Infizierten oder an AIDS erkrankten Personen,
- begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner,
- begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene,
- Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der VergGr. V b.
VergGr. IV a Fallgruppe 15
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IV b Fallgruppe 16 heraushebt.
(Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)
VergGr. IV a Fallgruppe 16
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen …, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IV b Fallgruppe 16 heraushebt.
(Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)
VergGr. III Fallgruppe 6
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen …, deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der VergGr. IV a Fallgruppe 15 heraushebt.
(Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)
VergGr. III Fallgruppe 7
Sozialarbeiter/Sozialpädagogen …, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IV b Fallgruppe 16 heraushebt, nach vierjähriger Bewährung in VergGr. IV a Fallgruppe 15.
(Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)”
b) Die von dem Kläger in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale der VergGr. IV a Fallgruppe 15 und der VergGr. III BAT/BL bauen auf der VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT/BL auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der VergGr. V b Fallgruppe 10 BAT/BL voraussetzt.
Insoweit ist zunächst festzustellen, daß die Voraussetzungen der VergGr. V b Fallgruppe 10 BAT/BL erfüllt sind. Der Kläger ist Diplom-Sozialpädagoge mit staatlicher Anerkennung. Seine Tätigkeit entspricht auch dem Berufsbild eines solchen, denn sie soll den Patienten des Landeskrankenhauses Hilfe zur besseren Lebensbewältigung in ihrer besonderen Situation leisten und auf diese Weise mit dazu beitragen, daß diese im Rahmen des Möglichen ihre Sozialisationsdefizite überwinden, zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit gelangen und in Zukunft ein straffreies Leben in der Gesellschaft führen können.
Auch die Voraussetzungen der VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT/BL liegen vor. Denn die Tätigkeit des Klägers hebt sich durch ihre Schwierigkeit aus der VergGr. V b Fallgruppe 10 BAT/BL heraus. Dies ergibt sich aus der Protokollnotiz Nr. 5 Buchst. d, da die Aufgabe des Klägers in der begleitenden Fürsorge für die in dem PLK untergebrachten straffälligen Patienten besteht. Die von dem Kläger ausgeübten Tätigkeiten, wie die Betreuung, die Beratung, die Unterstützung im Umgang mit Behörden, die Kontaktpflege mit Familienangehörigen, Anwälten und Betreuern usw. fallen sämtlich unter den Begriff der Fürsorge (vgl. Urteile des Senats vom 29. September 1993 – 4 AZR 690/92 – AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter = ZTR 1994, 291, 292; vom 9. März 1994 – 4 AZR 288/93 – und vom 26. Oktober 1994 – 4 AZR 842/93 –, beide n.v.). Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit.
4. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt aber im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die Voraussetzungen der VergGr. IV a Fallgruppe 15 BAT/BL, denn sie hebt sich nicht durch ihre Bedeutung aus der VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT/BL heraus.
a) Die Tatbestandsmerkmale „besondere Schwierigkeit und Bedeutung” sind als unbestimmte Rechtsbegriffe formuliert. Bei der Anwendung eines solchen unbestimmten Rechtsbegriffes ist den Tatsachengerichten ein weiter Beurteilungsspielraum eröffnet. Insoweit ist daher die revisionsgerichtliche Überprüfung darauf beschränkt zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob es alle entscheidungserheblichen Tatumstände berücksichtigt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAGE 51, 59, 85 f. = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.; BAG Urteile vom 9. März 1994 – 4 AZR 288/93 – und vom 26. Oktober 1994 – 4 AZR 842/93 – beide n.v.). Auch unter Zugrundelegung dieses eingeschränkten Überprüfungsmaßstabes hält das angefochtene Urteil der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.
b) aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 20. März 1991 – 4 AZR 471/90 – AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 29. September 1993 – 4 AZR 690/92 – ZTR 1994, 291, 292) bezieht sich das Tatbestandsmerkmal der „besonders schwierigen Tätigkeit” auf die fachliche Qualifikation des Angestellten. Sie verlangt ein Wissen und Können, das die Anforderungen der VergGr. IV b Fallgruppe 16 in beträchtlicher und gewichtiger Weise übersteigt. Diese erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfall aus der. Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, etwa Spezialkenntnissen. Dabei muß sich die Schwierigkeit unmittelbar und aus der Tätigkeit selbst ergeben, so daß diese nicht etwa deswegen als besonders schwierig im Tarifsinne angesehen werden kann, weil sie unter belastenden Bedingungen geleistet werden muß.
bb) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die besondere Schwierigkeit der Tätigkeit des Klägers sei darin zu erblicken, daß er im jeweiligen Augenblick erkennen müsse, daß das durch die Straftat hervorgerufene Kriminalitätspotential zusätzlich geprägt sei durch die stets gegebene Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Latent vorhandene Aggressivität könne bei ihnen schwer oder gar nicht vorhersehbar plötzlich in manifeste Gewalt umschlagen. Die „normalen” Kriminellen im Strafvollzug und die AIDS-Erkrankten und HIV-Infizierten hätten gewiß auch ihre psychischen Probleme: Die eine Gruppe müsse kriminelle Schuld verarbeiten, die andere müsse mit ihrer schicksalhaften, zum Tod führenden Erkrankung psychisch fertig werden, aber hier handele es sich um leichter vorhersehbare Auswirkungen einer psychischen Grundbefindlichkeit, auf die sich der Sozialpädagoge demgemäß auch leichter einstellen könne als auf manische Schübe, akutes psychotisches Wahnerleben und Halluzinationen schizophrener Patienten. Demgemäß seien die Anforderungen an das fachliche Können und die fachliche Erfahrung des Klägers ganz beträchtlich gesteigert.
cc) Ob dem Kläger über die Tätigkeit eines Sozialpädagogen mit schwieriger Tätigkeit im Sinne der VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT/BL hinaus auch Aufgaben übertragen worden sind, die seine Arbeit als besonders schwierig erscheinen lassen, braucht der Senat nicht aufzuklären.
c) Der Kläger hat nämlich in keinem Falle etwas dafür dargetan, daß sich seine Tätigkeit auch durch ihre Bedeutung aus der eines Sozialpädagogen mit schwierigen Tätigkeiten im Sinne der VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT/BL heraushebt.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genügt für die Bedeutung der Tätigkeit eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung. Diese muß sich auf die Auswirkungen der Tätigkeit beziehen und kann sich aus der Bedeutung oder der Größe des Aufgabengebietes sowie der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und die Allgemeinheit ergeben (vgl. BAGE 51, 59, 94 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 29. September 1993 – 4 AZR 690/92 – AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter = ZTR, a.a.O.; Urteil vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 139/95 – AP Nr. 29 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter).
bb) Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Tätigkeit des Klägers sei von Bedeutung in diesem Sinne nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Allgemeinheit, weil beide vor Rückfällen und den damit verbundenen Gefahren geschützt werden müßten. Darüber hinaus sei die Allgemeinheit mit monatlichen Pflegekosten von ca. 4.000,– DM belastet. Damit hat es den unbestimmten Rechtsbegriff der Bedeutung verkannt. Es hat nicht dargelegt, inwiefern sich die Bedeutung der Tätigkeit des Klägers aus den in der VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT/BL Protokollnotiz Nr. 5 genannten Tätigkeiten heraushebt. Dazu hätte es der Darlegungen seitens des Klägers und der entsprechenden Erkenntnis des Landesarbeitsgerichts bedurft, daß die Tätigkeit des Klägers bedeutungsvoller ist als die eines Sozialpädagogen, der in einer Strafanstalt oder einem Heim tätig ist oder der HIV-Infizierte, an AIDS erkrankte oder suchtmittelabhängige Personen berät. Denn auch bei diesen in der VergGr. IV b Fallgruppe 16 BAT/BL genannten Tätigkeiten sollen die dort betreuten Personen auf ein straffreies, suchtmittelunabhängiges Leben vorbereitet werden und soll die Allgemeinheit dementsprechend vor Rückfällen und den damit verbundenen Gefahren und Kosten geschützt werden. Eine gegenüber diesen Tätigkeiten gesteigerte Bedeutung der Tätigkeit des Klägers ist auch sonst nicht erkennbar.
d) Soweit der Kläger eine Verletzung des § 139 ZPO durch das Landesarbeitsgericht rügt und meint, dieses habe ihn darauf hinweisen müssen, daß er bezüglich des Tätigkeitsmerkmals „Bedeutung” seiner Darlegungslast nicht genügt habe, greift diese Verfahrensrüge nicht durch. Denn selbst wenn man die jetzt hierzu gemachten Ausführungen des Klägers, er habe an den Entscheidungen über die Entlassungen von Patienten mitzuwirken als zutreffend unterstellt, reicht dies für die Annahme, seine Tätigkeit sei bedeutungsvoll im Sinne der VergGr. IV a Fallgruppe 16 BAT/BL, nicht aus. Abgesehen davon, daß der Kläger nach diesem eigenen Vortrag an den Entlassungsentscheidungen nur im Rahmen eines Betreuungsteams mitwirkt, also auch keine alleinige Verantwortung trägt, müssen an solchen Entscheidungen auch die in der Protokollnotiz Nr. 5 d genannten Sozialarbeiter in Strafanstalten mitwirken (vgl. z.B. bei Entscheidungen nach §§ 57, 57 a StGB).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Bott, Schneider, Fieberg, Jürgens
Fundstellen