Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Tankwarts

 

Leitsatz (redaktionell)

Eingruppierung eines Tankwarts bei den Alliierten Streitkräften

 

Normenkette

TVAL II § 51 Ziff. 2; TVAL II § 51 Ziff. 3; TVAL II VergGr. C 5; TVAL II § 49

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 14.03.1990; Aktenzeichen 3 Sa 122/89)

ArbG Stuttgart (Urteil vom 30.11.1989; Aktenzeichen 7 Ca 6874/88)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 14. März 1990 – 3 Sa 122/89 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger, der gelernter Tankwart ist, wird seit dem 1. Oktober 1985 als Tankstellenverwalter („Filling Station Supervisor”) bei den amerikanischen Streitkräften in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVAL II) Anwendung. Der Kläger erhielt zunächst Gehalt nach Gehaltsgruppe C 4 a und bezieht seit dem 1. November 1989 Gehalt nach Gehaltsgruppe C 5.

Nachdem der Kläger bereits seit dem Jahre 1981 bis zum 31. Oktober 1984 als Tankstellenverwalter für die amerikanischen Streitkräfte tätig gewesen war, leitete er bis zum Beginn seiner jetzigen Tätigkeit eine von seiner Ehefrau gepachtete Tankstelle. Zuvor war der Kläger, der amerikanischer Staatsangehöriger ist, in der amerikanischen Armee tätig und in mehreren Privatunternehmen in unterschiedlichen Funktionen beschäftigt.

Die Tankstelle, deren Verwaltung dem Kläger obliegt, ist, wie alle Tankstellen der amerikanischen Streitkräfte in Europa, nach ihrer Aufgabenstellung, Ausrüstung und Ausstattung standardisiert. Nach diesen Vorgaben hat sich der Kläger zu richten. Ihm sind drei Voll- und vier Teilzeitarbeitskräfte unterstellt. Die Tankstelle verfügt über keine Reparaturwerkstatt. Es werden keine Wartungs- und Kundendienstarbeiten durchgeführt. Ersatzteile stehen nur für Notreparaturen zur Verfügung. Der Getränkeverkauf erfolgt durch Selbstbedienung.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß ihm bereits ab 1. Oktober 1985 ein Anspruch auf Gehalt nach Gehaltsgruppe C 5 zustehe. Dies folge daraus, daß er in seiner früheren Tätigkeit als Tankstellenverwalter dieses Gehalt erhalten habe und ihm dies bei der Neueinstellung wiederum zugesagt worden sei. Außerdem erfülle er die Richtlinien der US-Stationierungsstreitkräfte für die Eingruppierung von Tankstellenverwaltern, in denen bei einem durchschnittlichen monatlichen Umsatz innerhalb eines Fiskaljahres von über 12.000 Dollar ein Gehalt nach Gehaltsgruppe C 5 vorgesehen sei.

Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, daß er die tariflichen Anforderungen der Gehaltsgruppe C 5 erfülle. Er verfüge aufgrund seines beruflichen Werdeganges über eine umfassendere berufliche Ausbildung als in Gehaltsgruppe C 4 gefordert werde und habe die Befähigung, persönliche Entscheidungen zu treffen und entsprechend den Aufgaben selbständige Leistungen zu erbringen. Seine Tätigkeit erfülle auch die objektiven Anforderungen der Gehaltsgruppe C 5, da sie schwierige und verantwortliche Arbeiten erfordere, die unter allgemeiner Aufsicht zu erbringen seien. Er sei verantwortlich für den gesamten Betrieb der Tankstelle. Die Tätigkeit sei auch schwierig im Sinne der tariflichen Bestimmung. Dies ergebe sich aus der Vielfalt und Komplexität der Aufgaben.

Der Kläger hat beantragt,

es wird festgestellt, daß dem Kläger aufgrund seiner Beschäftigung bei der ARMY AND AIR FORCE EXCHANGE SERVICE, EUROPE, ab dem 1.10.85 Vergütung aus der Gehaltsgruppe C 5 des Tarifvertrages vom 16.12.1966 für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland – TV AL II – zusteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß dem Kläger bis zum 1. November 1989 ein Gehaltsanspruch nach Gehaltsgruppe C 5 nicht zugestanden habe. Eine entsprechende Zusage sei bei der Wiedereinstellung nicht gemacht worden. Der nach den Richtlinien erforderliche Umsatz sei nach der unter Berücksichtigung eines Inflationsfaktors vorzunehmenden Berechnung bis zum 1. November 1989 nicht erreicht worden.

Die tariflichen Voraussetzungen für ein Gehalt nach Gehaltsgruppe C 5 erfülle der Kläger nicht. Seine Aufgaben seien von mittlerem Schwierigkeitsgrad und gewisser Verantwortung und entsprächen damit den Anforderungen der Gehaltsgruppe C 4. Ansprüche aus der Zeit bis zum 31. Dezember 1986 seien zudem nach der tariflichen Ausschlußfrist verfallen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage ab 1. November 1989 unzulässig sei. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben mit Recht erkannt, daß dem Kläger für die Zeit vom 1. Oktober 1985 bis zum 31. Oktober 1989 ein Anspruch auf Gehalt nach Gehaltsgruppe C 5 nicht zustand.

Ein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO besteht nur für die Zeit bis zum 31. Oktober 1989. Da der Kläger seit dem 1. November 1989 ein Gehalt nach Gehaltsgruppe C 5 erhält, ist seine auf die entsprechende Feststellung einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten über diesen Zeitpunkt hinaus gerichtete Klage, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, unzulässig.

Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet. Dem Kläger stand bis zum 31. Oktober 1989 weder ein tariflicher noch ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Gehalt nach Gehaltsgruppe C 5 zu.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVAL II) Anwendung. Demgemäß sind Ansprüche aus der Eingruppierung in eine andere Gehaltsgruppe innerhalb der tariflichen Ausschlußfrist von sechs Monaten geltend zu machen (§ 49 Nr. 3 TVAL II). Mit Recht führt das Landesarbeitsgericht aus, daß die Ausschlußfrist nur für Ansprüche ab 1. Januar 1987 gewahrt ist.

Dem Kläger stand jedoch auch nach diesem Zeitpunkt kein tariflicher Anspruch auf Gehalt nach Gehaltsgruppe C 5 zu. Für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit des Klägers kommt es darauf an, ob seine überwiegende Tätigkeit den Anforderungen der von ihm in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe C 5 entspricht (§ 51 Ziffer 2 und 3 b TVAL II). Vergütung nach Gehaltsgruppe C 5 erhalten:

„Angestellte, die unter allgemeiner Aufsicht schwierige und verantwortliche Arbeiten

im Büro, im Betrieb, im Verwaltungs- oder Finanzwesen u.ä. ausführen,

oder

vergleichbare, untergeordnete Arbeiten auf wissenschaftlichem oder technischem Gebiet verrichten.”

Diese Gruppe erfordert:

umfassendere berufliche Ausbildung

oder

große Erfahrungen bei Beaufsichtigungsarbeiten

oder

eine andere spezielle Erfahrung

oder

gute Kenntnisse auf bestimmten Arbeitsgebieten,

wie

im Büro, im Laboratorium auf technischem Gebiet, bei wissenschaftlichen Arbeiten oder anderen Tätigkeiten

und

Befähigung, persönliche Entscheidungen zu treffen und entsprechend den Aufgaben selbständige Leistungen zu erbringen …

Beispiele …

Die Tätigkeit des Klägers als Tankstellenverwalter ist in einem der zur Gehaltsgruppe C 5 genannten Beispiele nicht erfaßt. Hinsichtlich der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale nimmt das Landesarbeitsgericht an, daß der Kläger zwar die subjektiven Anforderungen der Gehaltsgruppe C 5 erfülle und objektiv unter allgemeiner Aufsicht verantwortliche Arbeiten ausführe; diese Arbeiten seien jedoch nicht schwierig im Tarifsinne, da sie sich nicht deutlich wahrnehmbar hinsichtlich der fachlichen Anforderungen aus der Gehaltsgruppe C 4 heraushöben.

Diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu bestanden. Bei der Beurteilung, ob der Kläger schwierige Arbeiten im Tarifsinne verrichtet, geht das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff aus. Die Schwierigkeit einer Tätigkeit betrifft die fachliche Qualifikation des Angestellten, also sein fachliches Können und seine fachliche Erfahrung (BAGE 51, 59 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Mit Recht berücksichtigt das Landesarbeitsgericht auch, daß bei der Interpretation des Rechtsbegriffs der schwierigen Arbeiten darauf Bedacht zu nehmen ist, daß die Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppen für Angestellte in § 58 TVAL II insoweit aufeinander aufbauen, als in den höheren Gehaltsgruppen höhere Anforderungen gestellt werden (vgl. BAG Urteil vom 24. April 1974 – 4 AZR 267/73 – AP Nr. 2 zu § 58 TVAL II). Daraus folgert das Landesarbeitsgericht zutreffend, daß schwierige Arbeiten im Sinne der Gehaltsgruppe C 5 hinsichtlich der fachlichen Qualifikation deutlich wahrnehmbar höhere Anforderungen stellen als die von Gehaltsgruppe C 4 erfaßten Arbeiten von „mittlerem Schwierigkeitsgrad”. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt, ausgehend von der angeführten Senatsrechtsprechung, ferner, daß zur Interpretation der allgemeinen Merkmale grundsätzlich auch die Beispiele heranzuziehen sind und leitet daraus ab, daß an die Schwierigkeit der Tätigkeit keine überhöhten Anforderungen zu stellen sind.

Die Subsumtion des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Subsumtion kann vom Revisionsgericht nur dahingehend überprüft werden, ob der Rechtsbegriff bei der Subsumtion wieder verlassen worden ist oder diese gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt oder wesentliche Umstände außer acht läßt. Wegen der großen Reichweite und des hohen Maßes der Unbestimmtheit des tariflichen Rechtsbegriffs kommt dem Tatsachengericht vorliegend ein besonders weiter Beurteilungsspielraum zu (vgl. BAG Urteil vom 24. April 1974 – 4 AZR 267/73 – AP Nr. 2 zu § 58 TVAL II).

Unter Berücksichtigung des eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs ist die Subsumtion im angefochtenen Urteil rechts fehlerfrei. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt bei der Beurteilung, ob der Kläger schwierige Arbeiten im Sinne der Gehaltsgruppe C 5 zu verrichten hat, im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes, daß der Kläger nicht mehr als gewisse kaufmännisch-verwaltungsmäßige Grundkenntnisse benötige. Es folgert dies zutreffend daraus, daß die Waren dem Kläger nach Gattung und Sortiment vorgegeben seien. Er habe auch nicht teilweise Einfluß auf die Gestaltung von Preis- und Lieferbedingungen, sondern habe die Ware nur abzurufen. Auch ihre Lagerung erfordere nur gewisse einfachere kaufmännische und fachlich-technische Kenntnisse. Diese Umstände konnte das Landesarbeitsgericht bei der Beurteilung der fachlichen Qualifikation des Klägers mit Recht berücksichtigen. Der beschränkte Kreis von Aufgaben, auf den sich die Tätigkeit des Klägers bezieht, ergibt sich auch daraus, daß der Betrieb der Tankstelle keinen Werkstattbereich, keine Wartungs- und Pflegearbeiten und nur einen Regalverkauf mit einem umfangmäßig nicht ins Gewicht fallenden Sortiment umfaßt. Auch diesen Umstand hat das Landesarbeitsgericht zutreffend gewertet. Dabei hat es entgegen der Auffassung des Klägers nicht außer acht gelassen, daß es sich bei der Tankstelle um ein militärisches Objekt handelt. Gleichwohl ist nur ein beschränkter Kreis von Aufgaben vom Kläger zu erledigen. Auch soweit der Kläger mit seiner Revision auf seine leitende Funktion im Personalbereich verweist, kann er damit keinen Erfolg haben. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt durchaus, daß er Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet des Personalwesens haben muß. Es läßt diese jedoch bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände nicht ausreichen, um den Schluß zu rechtfertigen, daß die Tätigkeit des Klägers fachliche Anforderungen an ihn stelle, wie sie schwierige Arbeiten im Tarifsinne erforderten.

Dem Kläger stand bis zum 31. Oktober 1989 auch kein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Gehalt nach Gehaltsgruppe C 5 zu.

Der Kläger hat insoweit behauptet, daß ihm bei seiner Einstellung ein Gehalt nach Gehaltsgruppe C 5 zugesagt worden sei.

Das Landesarbeitsgericht hat dazu zutreffend ausgeführt, daß der Kläger zum Nachweis dieses von der Beklagten bestrittenen Sachvortrags keine Beweismittel benannt habe. Dagegen werden vom Kläger mit seiner Revision auch keine Einwendungen mehr erhoben.

Gleiches gilt, soweit das Landesarbeitsgericht einen Anspruch aus betrieblicher Übung verneint hat. Eine betriebliche Übung hat das Landesarbeitsgericht hinsichtlich der Eingruppierung von Tankstellenverwaltern bei den US-Streitkräften festgestellt. Es ist jedoch zu dem Ergebnis gekommen, daß der Kläger im Anspruchszeitraum nach der von den Streitkräften zugrunde gelegten Berechnungsmethode den maßgeblichen Monatsumsatz von 12.000 Dollar noch nicht erreicht hatte. Bedenken gegen die Berechnungsmethode macht der Kläger mit der Revision nicht mehr geltend.

Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

 

Unterschriften

Schaub, Dr. Etzel, Dr. Freitag, Schamann, Dr. Apfel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073624

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