Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestehen eines Arbeitsverhältnisses als Schulleiterin trotz Widerrufs der Bestellung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird eine angestellte Lehrerin durch Verwaltungsakt zur Schulleiterin im Sinne des § 41 Sächsisches Schulgesetz bestellt, kommt spätestens durch die Aufnahme dieser Tätigkeit eine entsprechende Änderung ihres Arbeitsvertrages zustande.
2. Durch Verwaltungsakt können einer angestellten Schulleiterin nur die Leitung einer bestimmten Schule und die damit verbundenen hoheitlichen Befugnisse, nicht aber ihre entsprechende arbeitsrechtliche Stellung entzogen werden.
Normenkette
BGB §§ 133, 145; Sächsisches Schulgesetz § 41; Verwaltungsverfahrensgesetz § 49 Abs. 2 Nr. 3; ZPO § 256; BAT-O § 24 Abs. 1
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 12.02.1997; Aktenzeichen 9 Sa 867/96) |
ArbG Leipzig (Urteil vom 22.07.1996; Aktenzeichen 15 Ca 8499/95) |
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 12. Februar 1997 – 9 Sa 867/96 – aufgehoben.
2. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 22. Juli 1996 – 15 Ca 8499/95 – wird zurückgewiesen.
3. Das beklagte Land hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin in einem Arbeitsverhältnis als Schulleiterin steht.
Die Klägerin ist seit dem 1. August 1971 als Lehrerin tätig und steht in den Diensten des beklagten Landes. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) Anwendung.
Zum Schuljahresbeginn 1992/93 wurde die Klägerin mit der kommissarischen Leitung der Grundschule in L betraut. Aus diesem Anlaß haben die Parteien in einer „Anlage zum Änderungsvertrag vom 28. August 1991” vereinbart, „für die Dauer der Tätigkeit als Schulleiter einer Grundschule mit 217 Schülern” erhalte die Klägerin ab 1. August 1992 eine „Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen ihrer Vergütung und der Vergütung der VergGr. III zuzüglich Amtszulage”. Ein an die Klägerin gerichtetes Schreiben des Staatsministeriums für Kultus vom 3. Dezember 1993 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„Bestellung zur Schulleiterin
…
Sie haben bislang in kommissarischer Funktion die Leitung der Schule verantwortungsvoll wahrgenommen. Hierfür danke ich Ihnen.
Nachdem die gebotenen Vorschlags- und Beteiligungsverfahren abgeschlossen sind, bestelle ich Sie hiermit ab Beginn des Schuljahres 1993/94 endgültig zur Schulleiterin. …”
Zum 31. Juli 1995 wurde die Grundschule in L gem. § 24 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen förmlich aufgehoben. Am 3. August 1995 erhielt die Klägerin ein Schreiben des Kultusministeriums vom 28. Juli 1995, welches lautet:
„Widerruf der Bestellung
…
Sie haben bislang die Funktion der Schulleiterin der Grundschule L wahrgenommen.
Hierfür möchte ich mich bei Ihnen herzlich bedanken.
Aufgrund der Standortaufhebung der Grundschule L gem. § 24 Abs. 3 SchulG sowie § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG berufe ich Sie mit Wirkung vom 31.07.1995 von Ihrer Funktion als Schulleiterin der Grundschule L ab.”
Dem Schreiben war eine Rechtsbehelfsbelehrung angefügt, in der auf die Möglichkeit einer Klageerhebung beim Verwaltungsgericht L hingewiesen wurde. Die Klägerin wurde an die Grundschule in L versetzt und ist dort als Lehrerin eingesetzt. Sie wird vergütet nach VergGr. IV b BAT-O ohne Zulage.
Die Klägerin hat geltend gemacht, auf diese Weise habe ihr der rechtliche Status einer Schulleiterin nicht wirksam entzogen werden können. Dazu habe es, nachdem sich ihr Arbeitsverhältnis auf die höherwertige Tätigkeit als Schulleiterin konkretisiert habe, des Ausspruchs einer Änderungskündigung bedurft. Eine solche könne in dem Widerrufsschreiben des beklagten Landes nicht gesehen werden.
Die Klägerin hat neben der vorliegenden Klage auch Klage vor dem Verwaltungsgericht L erhoben. Sie hat dort die Verweisung an das Arbeitsgericht, hilfsweise die Aufhebung des Bescheides vom 28. Juli 1995 beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Verwaltungsrechtsweg für zulässig erklärt und die Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 1. April 1997 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Aus der Aufhebung der Schule folge von Gesetzes wegen die Beendigung der Schulleiterstellung.
Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin beantragt
festzustellen, daß zwischen den Parteien ungeachtet des mit Schreiben vom 28. Juli 1995 seitens des Beklagten erfolgten Widerrufs der Bestellung ein Arbeitsverhältnis mit ihrer Beschäftigung als Schulleiterin einer Grundschule besteht.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Ansicht vertreten, sowohl die Bestellung als auch der Widerruf der Bestellung zur Schulleiterin hätten als öffentlich-rechtliche Maßnahmen den Inhalt des privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses der Parteien unberührt gelassen. Arbeitsvertraglich sei stets nur eine Tätigkeit als Lehrerin vereinbart gewesen. Mit der unterschiedlichen Verwendung der Klägerin habe es lediglich von seinem Direktionsrecht Gebrauch gemacht.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Mit der Bestellung der Klägerin zur Schulleiterin hat sich auch der Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses entsprechend geändert. Mit den Mitteln des öffentlichen Rechts oder durch Ausübung seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts vermochte das beklagte Land diese Änderung nicht rückgängig zu machen.
I. Der Klageantrag bedarf der Auslegung. Er lautet festzustellen, daß zwischen den Parteien „ein Arbeitsverhältnis mit einer Beschäftigung der Klägerin als Schulleiterin einer Grundschule” besteht. Wortgleich hat das Arbeitsgericht entschieden. Die Formulierung ist ungenau und läßt das Verständnis zu, die Klägerin habe die Feststellung eines sofortigen Beschäftigungsanspruchs beantragt. Dies würde ihrem Anliegen nicht gerecht. Nach der zum Verständnis ihres Klageantrags heranzuziehenden Klagebegründung begehrt die Klägerin vielmehr „eine Klärung ihres arbeitsrechtlichen Status”. Welche konkreten Konsequenzen sich daraus diesem für einen Beschäftigungsanspruch als Schulleiterin ergeben, ist nicht Streitgegenstand. Die Klagebegründung nimmt nicht Stellung zu der Frage, ob ein unbedingter Anspruch auf Beschäftigung als Schulleiterin besteht und derzeit schon erfüllt werden könnte. Hätte die Klägerin auch darüber eine Entscheidung begehrt, wären entsprechende Ausführungen – und im übrigen eher die Erhebung einer Leistungsklage – zu erwarten gewesen. Den Worten „mit einer Beschäftigung” kommt daher keine eigenständige Bedeutung zu. Es handelt sich um die bloße Erwähnung einer mit der Schulleiterstellung möglicherweise verbundenen Rechtsfolge. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien übereinstimmend erklärt, daß sie den Antrag in diesem Sinne verstehen.
II. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat an der begehrten Feststellung ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 256 ZPO. Dies haben die Vorinstanzen zu Recht angenommen. Das beklagte Land spricht der Klägerin den arbeitsrechtlichen Status als Leiterin einer Grundschule ab. Zwischen den Parteien ist damit der Inhalt ihres Vertragsverhältnisses streitig. Die Klägerin ist nicht gehalten, zur Wahrung ihrer Rechte einzelne vertragliche Ansprüche im Wege der Leistungsklage zu verfolgen. Die Feststellungsklage ist geeignet, den Streit der Parteien insgesamt beizulegen.
Der Zulässigkeit der Klage steht die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 1. April 1997 nicht entgegen. Dieses verhält sich über die Wirksamkeit des Widerrufs vom 28. Juli 1995. Die arbeitsrechtliche Stellung der Klägerin war nicht Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Klage.
III. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat unbeschadet des Widerrufs vom 28. Juli 1995 arbeitsrechtlich die Stellung einer Grundschulleiterin.
1. Die Klägerin steht zum beklagten Land nicht in einem Dienstverhältnis als Beamtin, sondern in einem Arbeitsverhältnis als Angestellte. Dieses begründete für sie ursprünglich Rechte und Pflichten einer Lehrerin. Mit Wirkung vom 1. August 1992 wurde sie kommissarisch mit der Leitung der 19. Grundschule in Leipzig betraut. In welcher Form dies geschah, haben die Vorinstanzen nicht festgestellt. In der „Anlage zum Änderungsvertrag vom 28. August 1991” haben die Parteien in vergütungsrechtlicher Hinsicht auf die neu geschaffene Situation reagiert und die Zahlung einer Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der bisherigen Vergütung und der VergGr. III BAT-O zuzüglich Amtszulage vereinbart. Da dies der Regelung des § 24 Abs. 1 BAT-O entspricht, deutet alles darauf hin, daß der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit übertragen wurde. Die Bestellung einer Lehrerin zur kommissarischen Schulleiterin ist vom Direktionsrecht als dem vertraglichen Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers nach § 315 BGB gedeckt (BAG Urteil vom 17. Dezember 1997 – 5 AZR 332/96 – AP Nr. 52 zu § 611 BGB Direktionsrecht, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, unter IV 2 der Gründe). Das beklagte Land hat sich daher, als es die Klägerin mit der kommissarischen Schulleitung betraute, einer privatrechtlichen Befugnis bedient.
2. Mit Schreiben vom 3. Dezember 1993 hat der Kultusminister des beklagten Landes die Klägerin sodann „endgültig” zur Schulleiterin bestellt. Das Landesarbeitsgericht hat – ebenso wie in diesem Punkt das Verwaltungsgericht L – angenommen, die Bestellung sei durch einen Verwaltungsakt aufgrund des § 41 SächsSchulG erfolgt. Dieser Bestellungsakt stelle die alleinige Rechtsgrundlage für die Beschäftigung der Klägerin als Schulleiterin dar. Eine entsprechende Änderung des Arbeitsvertrages sei mit der Bestellung weder ausdrücklich noch konkludent einhergegangen. Sie sei auch nicht erforderlich gewesen. Die Rechtslage sei vergleichbar der Bestellung eines Tierarztes zum Fleischbeschauer. Auch sie erfolge regelmäßig durch Verwaltungsakt und lasse das zugrundeliegende Rechtsverhältnis – als Beamter oder als Tarifangestellter – unberührt. Ob das Arbeitsverhältnis „mit dem Inhalt der Beschäftigung als Schulleiterin” fortbestehe, hänge deshalb allein davon ab, ob die Bestellung der Klägerin mit dem Bescheid vom 28. Juli 1995 wirksam widerrufen worden sei. Darüber hätten die Verwaltungsgerichte zu befinden. Die vor den Arbeitsgerichten begehrte Feststellung, die die Unabhängigkeit der Stellung als Schulleiterin von der Wirksamkeit des Widerrufs voraussetze, sei unbegründet.
Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Die endgültige Bestellung der Klägerin zur Schulleiterin hatte eine Änderung des bisherigen Inhalts des Arbeitsvertrags zur Folge.
a) Es ist nicht ausgeschlossen, daß schon das Bestellungsschreiben vom 3. Dezember 1993 als privatrechtliche Willenserklärung und Angebot zur Vertragsänderung und nicht als Verwaltungsakt zu verstehen ist. Ist eine Behörde tätig geworden, ist zur Ermittlung des Rechtscharakters der von ihr getroffenen Maßnahme vom objektiven Erklärungswert auszugehen, den sie für den Bürger hat. Nicht entscheidend ist, in welcher Weise – privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich – die Behörde tätig werden wollte oder hätte tätig werden müssen (BVerwGE 12, 87, 91; 29, 310; Schwerdtfeger, JuS 1969, 519, 520). Die äußere Form des Schreibens vom 3. Dezember 1993 läßt auf ein öffentlich-rechtliches Handeln des beklagten Landes nicht ohne weiteres schließen. Ob ein Hoheitsträger öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich handeln wollte, ist beim Fehlen einer eindeutigen Formenwahl ferner nach dem Sachzusammenhang zu beurteilen, in welchem die Behörde tätig wurde (vgl. Ehlers in Erichsen (Hg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, § 2 Rz 35, m.w.N.; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl. 1994, § 22 Rz 45, 55 ff.). Erklärungen im Zusammenhang mit privaten Rechtsbeziehungen sind im Zweifel keine Maßnahmen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Die Parteien stehen in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis. Angesichts dessen wäre es zumindest ungewöhnlich, wenn sich das beklagte Land der Mittel des öffentlichen Rechts hätte bedienen wollen, um die Rechtsbeziehungen zur Klägerin zu gestalten.
Dafür bestand auch im Hinblick auf § 41 Abs. 1 SächsSchulG keine Notwendigkeit. Hoheitliche Funktionen kann auch der in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis stehende Arbeitnehmer ausüben (BVerfGE 9, 268, 284 f.; BAG Urteile vom 16. August 1962 – 5 AZR 505/61 – und vom 23. Juli 1965 – 5 AZR 307/64 – AP Nr. 3 und 8 zu § 611 BGB Fleischbeschauer-Dienstverhältnis; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 111 III, m.w.N.). Die genannte Vorschrift bestimmt nur, daß für jede Schule ein Schulleiter und ein stellvertretender Schulleiter zu bestellen sind. In welcher Rechtsform dies zu geschehen hat, ist nicht geregelt.
b) Ob das Bestellungsschreiben vom 3. Dezember 1993 als privatrechtliche Willenserklärung oder als öffentlich-rechtliche Maßnahme zu verstehen ist, braucht nicht abschließend geklärt zu werden. Selbst wenn mit dem Landesarbeitsgericht und dem Verwaltungsgericht L angenommen wird, es handele sich um einen Verwaltungsakt, ist mit der Bestellung der Klägerin zur Schulleiterin eine entsprechende Änderung ihres Arbeitsvertrags einhergegangen.
aa) Ob dieselbe Maßnahme zugleich einen Hoheitsakt und eine privatrechtliche Willenserklärung – etwa das Angebot zum Abschluß eines privatrechtlichen Vertrages – darstellen kann, ist umstritten (vgl. Ehlers, aaO, Rz 39, 48). Zugunsten des beklagten Landes kann unterstellt werden, daß eine solche Annahme jedenfalls im Verhältnis zu ein und derselben Person ausgeschlossen ist. Das Schreiben vom 3. Dezember 1993 kann dann, falls es Verwaltungsakt ist, keine privatrechtliche Willenserklärung darstellen.
Das schließt aber nicht aus, im sonstigen Verhalten der Parteien arbeitsrechtlich wirksame Erklärungen zu sehen. Ein äußerlich einheitliches Geschehen kann in Wirklichkeit aus zwei Rechtshandlungen zusammengesetzt sein, von denen die eine dem öffentlichen, die andere dem Privatrecht angehört (Ehlers, aaO, Rz 39).
bb) So liegen die Dinge im Streitfall. Ist die Bestellung der Klägerin zur Schulleiterin durch Verwaltungsakt erfolgt, so konnten ihr auf diese Weise nur die mit diesem Amt verbundenen hoheitlichen Befugnisse und Kompetenzen übertragen werden. Änderungen im Arbeitsverhältnis der Parteien konnte der Verwaltungsakt nicht herbeiführen. Das vermochte er auch dann nicht, wenn er mit dem Landesarbeitsgericht als mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt behandelt wird und die erforderliche Einwilligung der Klägerin in der Entgegennahme des Bestellungsschreibens gesehen wird. Auch auf diesem Wege konnte die Klägerin nur zur Trägerin der mit dem Leitungsamt gesetzlich verbundenen Hoheitsbefugnisse werden. Die Klägerin würde folglich, wenn sich nicht gleichwohl der Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses geändert hätte, zur Erfüllung der ihr hoheitlich übertragenen Leitungsaufgaben gar nicht „endgültig” verpflichtet sein. Sie würde eine nicht nur vorübergehende Tätigkeit als Schulleiterin vertraglich nicht schulden. Auch durch einseitige Leistungsbestimmung im Wege des Direktionsrechts ist die dauerhafte und endgültige Verpflichtung einer Lehrerin zur Schulleitung nicht begründbar.
Es kann nicht angenommen werden, daß das beklagte Land die Klägerin zur Schulleiterin hat bestellen wollen, ohne von ihr die korrekte Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben und Pflichten arbeitsvertraglich auch verlangen zu können. Es lag vielmehr in seinem berechtigten Interesse, der Klägerin die hoheitlichen Befugnisse einer Schulleiterin nicht nur zu übertragen, sondern sie gleichermaßen zur Amtsausübung auch zu verpflichten. Dies war für die Klägerin erkennbar. Die entsprechende Verpflichtung wiederum kann nur durch Änderung des zugrunde liegenden Anstellungsverhältnisses begründet werden. Auf andere Weise ist die Übereinstimmung der auf hoheitlichem Wege übertragenen Befugnisse mit den arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben nicht herstellbar. Durch Verwaltungsakt kann eine solche Verpflichtung außerhalb eines Beamtenverhältnisses nicht begründet werden. Dafür fehlt es an einer Ermächtigungsgrundlage. Die „Mitwirkung” der Klägerin kann diese nicht ersetzen. Die Verpflichtung der Klägerin zur Amtsausübung ist nur im Anstellungsverhältnis begründbar und dieses wiederum kann nur mit den Mitteln des Vertragsrechts gestaltet werden.
In der weiteren Dienstverrichtung der Klägerin nach endgültiger Bestellung zur Schulleiterin und in der Annahme ihrer Dienste durch das beklagte Land liegt darum die konkludente Übereinkunft der Parteien, die Wahrnehmung der mit der Bestellung verbundenen Befugnisse sei von nun an vertraglich geschuldete Arbeitsaufgabe der Klägerin. Auf diese Weise ist der Arbeitsvertrag der Parteien dahin abgeändert worden, daß die vertraglich geschuldete Hauptpflicht der Klägerin endgültig und auf Dauer in der Leitung einer Grundschule besteht. Die Klägerin hat auch arbeitsrechtlich die Stellung einer Schulleiterin erlangt.
cc) Die vom Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang angeführte Rechtsprechung zum Fleischbeschauer-Dienstverhältnis steht dazu nicht in Widerspruch. Wie der Senat in seinen Entscheidungen vom 24. Januar 1964 – 5 AZR 263/63 – und 23. Juli 1965 – 5 AZR 307/64 – (AP Nr. 4, 8 zu § 611 BGB Fleischbeschauer-Dienstverhältnis) ausgeführt hat, ist die Bestellung zum Fleischbeschautierarzt für einen bestimmten Bezirk ein Verwaltungsakt, der lediglich die Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnisse zum Gegenstand hat. Die Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis werden davon nicht berührt. Ihr Inhalt ergibt sich jedoch bei Fleischbeschauern im privatrechtlichen Anstellungsverhältnis regelmäßig aus dem Arbeitsvertrag und den einschlägigen Tarifbestimmungen. Die Fleischbeschau ist danach die vertraglich begründete Hauptpflicht des Tierarztes. Im Fleischbeschauer-Dienstverhältnis fehlt es deshalb gerade nicht an einer internen arbeitsrechtlichen Vereinbarung über die Wahrnehmung der hoheitsrechtlichen Befugnisse.
Entsprechendes gilt im Geschäftsführer-Dienstverhältnis. Die Bestellung zum Geschäftsführer nach § 46 Nr. 5 GmbHG ist ein körperschaftlicher Rechtsakt (K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 1997, § 14 III 2). Durch ihn werden gesetzliche und satzungsmäßige Kompetenzen übertragen. Von der Bestellung ist zu unterscheiden die Anstellung des Geschäftsführers (BGH NJW 1991, 1727, 1728). Sie ist ein schuldrechtlicher Vertrag, durch den sich der Geschäftsführer zur Tätigkeit für die GmbH verpflichtet und Ansprüche auf Aufwendungsersatz, Vergütung u.ä. erhält. Auch hier ist die körperschaftliche Bestellung ohne eine dienstrechtliche Basis für keine Seite interessengerecht. Die Gesellschaft will gegenüber ihrem Geschäftsführer auf der Erfüllung der mit seiner Stellung verbundenen Pflichten bestehen können. Der Geschäftsführer will aus seiner Tätigkeit resultierende Ansprüche geltend machen können. Beides ist nur auf der Grundlage eines Anstellungsvertrages möglich.
3. Ihre Rechtsposition als Schulleiterin ist der Klägerin durch den Widerruf der Bestellung vom 28. Juli 1995 nicht wirksam entzogen worden.
a) Das Widerrufsschreiben vom 28. Juli 1995 stellt nach Form und Inhalt einen Verwaltungsakt dar. Dies folgt aus dem Gebrauch des Wortes „Widerruf”, der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG, der erbetenen Empfangsbestätigung und aus der beigefügten Rechtsmittelbelehrung. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts L vom 1. April 1997 ist der Widerruf wirksam. Das Gericht hat dabei ausdrücklich ausgesprochen, „die rein öffentlich-rechtlich zu beurteilende Abberufung der Klägerin als Schulleiterin” sei von den arbeitsrechtlichen Beziehungen der Parteien strikt zu trennen. Damit steht zwischen den Parteien rechtskräftig nur fest, daß die Klägerin ihre hoheitliche Stellung nach § 41 SächsSchulG als Leiterin der Grundschule in L – und auf diese Weise jegliche Hoheitsbefugnisse als Schulleiterin – verloren hat. Welche arbeitsvertraglichen Pflichten zwischen den Parteien (weiter)bestehen, ist durch das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht entschieden.
b) Im Arbeitsverhältnis vermag ein Handeln des öffentlichen Arbeitgebers durch Verwaltungsakt belastende Rechtsfolgen nicht auszulösen. Dafür bedarf es der Umsetzung öffentlich-rechtlicher Vorgaben mit den Mitteln des Arbeitsrechts (BAG Urteil vom 25. Februar 1998 – 7 AZR 523/96 – n.v., unter B I 2 der Gründe). Weder die Aufhebung der Grundschule in L noch das Widerrufsschreiben vom 28. Juli 1995 haben deshalb den Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geändert. Letzteres stellt keine privatrechtliche Willenserklärung und damit auch keine Änderungskündigung dar. Zwar ist die Klägerin wegen des erfolgten Widerrufs nicht mehr Leiterin der Grundschule und nicht mehr Inhaberin entsprechender Hoheitsbefugnisse. Arbeitsvertraglich hat sie jedoch die Rechtsposition einer Schulleiterin nach wie vor inne. Auch wenn sie derzeit an keiner Schule zur Leiterin im Sinne des § 41 SächsSchulG bestellt ist, ist die Leitung einer Grundschule mit allen daraus folgenden Ansprüchen weiterhin Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses.
Unterschriften
Vorsitzender Richter am BAG Griebeling ist krank und kann daher nicht unterschreiben Reinecke, Reinecke, Kreft, Müller, Buschmann
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 16.09.1998 durch Clobes, Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BAGE, 376 |
BB 1999, 480 |
NVwZ-RR 1999, 662 |
ARST 1999, 186 |
FA 1999, 68 |
JR 1999, 483 |
NZA 1999, 554 |
RdA 1999, 292 |
ZAP-Ost 1999, 490 |
ZTR 1999, 279 |
AP, 0 |
NJ 1999, 333 |
PersR 1999, 228 |