Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung: Sozialpädagoge mit Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Eingruppierung. Sozialpädagoge in einer Erziehungsberatungsstelle. Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Eingruppierung öffentl. Dienst

 

Orientierungssatz

  • Zum Berufsbild eines Sozialpädagogen in einer Erziehungsberatungsstelle gehören nicht nur die Beratung der Klienten und deren Bezugspersonen, sondern auch die Einzel-, Gruppen- und Familientherapie.
  • Die Eingruppierung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in VergGr. III Fallgr. 8 (Sozial- und Erziehungsdienst) setzt voraus, daß zu der auszuübenden Tätigkeit die Anwendung der psychotherapeutischen Methoden gehört, die für die staatliche Anerkennung oder staatlich anerkannte Prüfung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut maßgeblich sind.
  • Es war nicht zu entscheiden, ob durch die Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut das subjektive Merkmal der VergGr. III Fallgr. 8 (Sozial- und Erziehungsdienst) erfüllt ist.
 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23; Anl. 1a (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) zum BAT/VKA VergGr. IVa Fallgr. 15 und 16, VergGr. III Fallgr. 6, 7 und 8

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 27.06.2001; Aktenzeichen 15 Sa 980/00 E)

ArbG Braunschweig (Urteil vom 13.04.2000; Aktenzeichen 5 Ca 707/99 E)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

Der Kläger ist staatlich anerkannter Sozialpädagoge und steht auf Grund des Arbeitsvertrages vom 22. Juni 1982 seit dem 1. August 1982 als Sozialpädagoge in der Erziehungsberatungsstelle in den Diensten des beklagten Landkreises, zuletzt mit einer Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche. Nach § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis “nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 in der jeweils geltenden Fassung”. Der Kläger erhält Vergütung nach VergGr. IVb BAT/VKA zuzüglich der Zulage nach Fußnote II zur VergGr. IVb Fallgruppe 17 BAT/VKA.

Während seiner Tätigkeit hat der Kläger folgende Zusatzqualifikationen erworben: Familientrainingsmöglichkeiten zum Ausgleich psychosozialer Belastungen, Therapie bei Eßstörungen von Kindern und Jugendlichen, neurolinguistisches Programmieren (NLP), familienzentrierte Kindertherapie, Trennungs- und Scheidungsberatung und Zusatzausbildung in analytisch-systemischer Familientherapie. Die zuletzt genannte dreijährige Zusatzausbildung erfolgte berufsbegleitend in den Jahren 1990 bis 1993.

Die Erziehungsberatungsstelle soll gemäß § 28 SGB VIII (Sozialgesetzbuch Achtes Buch: Kinder- und Jugendhilfe) Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der zugrunde liegenden Faktoren, bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie bei Trennung und Scheidung unterstützen; dabei sollen Fachkräfte verschiedener Fachrichtungen zusammenwirken, die mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen vertraut sind. Zu dem Team der Erziehungsberatungsstelle des Beklagten gehören außer dem Kläger auch Diplompsychologen und eine Konziliarärztin.

In der von dem Kläger erstellten Arbeitsplatzbeschreibung vom 8. Januar 1992 ist die vom Kläger auszuübende Tätigkeit einschließlich der Zeitanteile wie folgt beschrieben:

1.

Fallbezogene Arbeit

%

1.1

Durchführung von Erstgesprächen mit Ratsuchenden

5

1.2

Durchführung einer Diagnosephase

5

1.3

Durchführung von Kindergarten-, Schul- und Hausbesuchen

5

1.4

Therapeutische Arbeit mit Kindern in Gruppen

14

1.5

Therapeutische Arbeit mit einzelnen Kindern und Jugendlichen

8

1.6

Beratung und Therapie mit Eltern, Elternteilen und ganzen Familien

18

1.7

Trennungs- und Scheidungsberatung

9

1.8

Nachbetreuung von Kindern und Jugendlichen, die in Heimen oder psychiatrischen Krankenhäusern untergebracht waren

5

1.9

Erstellung von schriftl. Berichten zum Therapie- bzw. Beratungsverlauf (nur nach Entbindung von der Schweigepflicht durch die Ratsuchenden und auf Anforderung anderer Institutionen)

1

1.10

Teilnahme und Mitarbeit bei den Fallbesprechungen im interdisziplinären Team

5

1.11

Teilnahme und Mitarbeit bei den fallbezogenen Supervisionssitzungen im interdisziplinären Team

2

77 %

2.

Fallübergreifende Arbeit

2.1

Präventive Maßnahmen (zB Durchführung von Elternabenden oder öffentlichen Veranstaltungen zu fachspezifischen Themen)

2

2.2

Öffentlichkeitsarbeit zu den Arbeitsbereichen und Aufgaben der Beratungsstelle (zB Vorträge und Elternabende; Erarbeitung von Informationsmaterialien)

2

2.3

Erstellung der Jahresstatistik und des Jahresberichts

2

2.4

Zusammenarbeit mit anderen Institutionen auf fachlicher Ebene (zB Durchführung von themenspezifischen Veranstaltungen)

1

2.5

Durchführung offener Angebote in der Beratungsstelle (zB offene Sprechstunde oder offene Spielstunde)

2

2.6

Organisatorische Arbeiten zur Ermöglichung der fachbezogenen Arbeit (zB Überblick, Auswahl und Kauf von Materialien und Literatur; Terminplanung und Terminabsprachen etc.)

3

2.7

Teilnahme und Mitarbeit an den Organisationsbesprechungen des interdisziplinären Teams

2

2.8

Stetige berufliche Fort- und Weiterbildung durch die Teilnahme an entsprechenden Kursen bzw. durch Literaturstudium

3

2.9

Teilnahme und Mitarbeit an regionalen Tagungen und fachbezogenen Arbeitstreffen der Dachorganisation der Erziehungsberatungsstellen Niedersachsen sowie der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft H…

1

18 %

3.

Praktikantenausbildung

3.1

Verantwortliche Anleitung der Absolventen der Fachhochschule für Sozialwesen im Anerkennungsjahr

4

3.2

Anleitung von Praktikanten verschiedener Fachrichtung während Kurzzeitpraktika

1

5 %

Im Oktober/November 1998 übergab der Kläger dem Leiter der Erziehungsberatungsstelle den Vordruck für den Nachweis der Voraussetzungen gem. § 12 Abs. 4 PsychThG (Psychotherapeutengesetz), den dieser nach Rücksprache mit dem Kläger dahingehend ausfüllte, daß der Kläger in der Erziehungsberatungsstelle in der Zeit vom 1. Januar 1989 bis zum 31. Dezember 1998 als Angestellter überwiegend psychotherapeutisch im Sinne heilkundlicher Krankenbehandlung tätig gewesen sei und in dieser Zeit 4.000 Stunden in dieser Tätigkeit erbracht habe. Nach Weiterleitung des ausgefüllten Formulars an das Haupt- und Personalamt des Beklagten bestätigte dort am 17. November 1998 eine Bezügerechnerin diese Angaben. Daraufhin erteilte das Landesprüfungsamt für Heilberufe beim Versorgungsamt Hannover dem Kläger am 4. Januar 1999 die Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Mit Schreiben vom 25. Februar 2000 widerrief der Beklagte die Bestätigung vom 17. November 1998 gegenüber dem Kläger und gegenüber dem Landesprüfungsamt für Heilberufe.

Mit Schreiben vom 13. Juli 1999 begehrte der Kläger rückwirkend ab 1. Februar 1999 die Eingruppierung in der VergGr. III BAT/VKA, was der Beklagte mit Schreiben vom 9. September 1999 ablehnte.

Mit seiner Klage erstrebt der Kläger die Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihm ab 1. Februar 1999 Vergütung nach VergGr. III, hilfsweise nach VergGr. IVa BAT/VKA zu zahlen. Er hat die Auffassung vertreten, daß die Voraussetzungen für die Eingruppierung in der VergGr. III (Fallgruppe 8) BAT/VKA gegeben seien. Da er seit dem 4. Januar 1999 die Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut besitze, erfülle er in seiner Person die subjektive Anforderung “Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut mit staatlicher Anerkennung”. Die fallbezogene Arbeit, die nach der Arbeitsplatzbeschreibung 77 % der Arbeitszeit umfasse, bilde einen einheitlichen Arbeitsvorgang, der überwiegend therapeutische Tätigkeit beinhalte. Das ergebe sich aus der Arbeitsplatzbeschreibung, aus seiner Tätigkeitsaufstellung für den Zeitraum vom 28. Februar bis zum 23. März 2000, aus der Bezeichnung des Klägers als “Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut” in dem Jahresbericht 1997/98 der Erziehungsberatungsstelle sowie aus dem von der Beklagten erteilten Nachweis vom 17. November 1998. Jedenfalls stehe ihm entsprechend seinem Hilfsantrag die Vergütung nach VergGr. IVa (Fallgr. 15) BAT/VKA zu, weil sich seine Tätigkeit durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IVb Fallgruppe 16 heraushebe.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung aus der VergGr. III des Bundes-Angestelltentarifvertrages ab dem 1. Februar 1999 nebst 4 % Zinsen auf die sich ergebenden Nettobeträge seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise,

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung aus der VergGr. IVa des Bundes-Angestelltentarifvertrages ab dem 1. Februar 1999 nebst 4 % Zinsen auf die sich ergebenden Nettobeträge seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, daß der Kläger nicht in der VergGr. III (Fallgruppe 8) BAT/VKA eingruppiert sei. Der Kläger erfülle trotz seiner Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut schon nicht die in der Person liegende Anforderung “Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut mit staatlicher Anerkennung oder staatlich anerkannter Prüfung”. Er übe jedenfalls keine entsprechende Tätigkeit aus. Der Kläger sei nach dem Arbeitsvertrag als Sozialpädagoge eingestellt. Die Arbeitsplatzbeschreibung vom 8. Januar 1992 konkretisiere nur die Tätigkeit als Sozialpädagoge in der Erziehungsberatungsstelle. Auch in der Folgezeit seien dem Kläger keine anderen Tätigkeiten, insbesondere nicht Aufgaben der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, übertragen worden. Auf den Nachweis vom 17. November 1998 könne sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen, weil dieser von einer unzuständigen und dazu unbefugten Angestellten unterschrieben und deshalb gegenüber dem Kläger und dem Landesprüfungsamt für Heilberufe zurückgenommen worden sei. Auch aus der – fehlerhaften – Bezeichnung des Klägers als “Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut” in dem Jahresbericht 1997/98 der Erziehungsberatungsstelle ergebe sich nicht die Übertragung von psychotherapeutischen Aufgaben. Die fallbezogene Arbeit gemäß der Arbeitsplatzbeschreibung bestehe aus vier Arbeitsvorgängen. Der Kläger sei zutreffend in der VergGr. IVb (Fallgruppe 17) mit der Vergütungsgruppenzulage gemäß Fußnote II eingruppiert. “Schwierige Tätigkeiten” im Sinne der VergGr. IVb Fallgruppe 16 habe der Kläger nicht auszuüben, jedenfalls aber hebe sich seine Tätigkeit nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IVb Fallgruppe 16 heraus.

Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage einschließlich des Hilfsantrags abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger vorrangig die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils und hält seinen Hilfsantrag aufrecht. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Eingruppierungsfeststellungsklage einschließlich des Hilfsantrags abgewiesen.

  • Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen.
  • Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger ab 1. Februar 1999 Vergütung nach VergGr. III BAT/VKA bzw. entsprechend dem Hilfsantrag nach VergGr. IVa BAT/VKA zu zahlen.

    1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (BAT/VKA), in der jeweils geltenden Fassung, Anwendung.

    2. Dem Kläger steht die begehrte Vergütung nach VergGr. III bzw. IVa BAT/VKA tarifrechtlich nicht zu, weil die von ihm auszuübende Tätigkeit zeitlich nicht mindestens zur Hälfte aus Arbeitsvorgängen besteht, die den Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmals der von dem Kläger in Anspruch genommenen Vergütungsgruppen entsprechen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT/VKA).

    3. Für die Eingruppierung des Klägers sind die speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1a zum BAT/VKA maßgebend. Diese haben, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:

    “Vergütungsgruppe Vb

    10. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

    Vergütungsgruppe IVb

    16. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

    mit schwierigen Tätigkeiten.

    (Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1 und 12)

    Protokollerklärungen:

    12. Schwierige Tätigkeiten sind z. B. die

    a) Beratung von Suchtmittel-Abhängigen,

    b) Beratung von HIV-Infizierten oder an AIDS erkrankten Personen,

    c) begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner,

    d) begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene,

    e) Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der Vergütungsgruppe Vb.

    Vergütungsgruppe IVa

    15. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

    deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IVb Fallgr. 16 heraushebt.

    16. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

    deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IVb Fallgr. 16 heraushebt.

    Vergütungsgruppe III

    6. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

    deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 15 heraushebt.

    7. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

    deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraushebt,

    nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 15.

    8. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten/Psychagogen mit staatlicher Anerkennung oder staatlich anerkannter Prüfung und entsprechender Tätigkeit.”

    4. Der Kläger ist nicht seit dem 1. Februar 1999 in der VergGr. III (Fallgruppe 8, Sozial- und Erziehungsdienst) eingruppiert. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

    a) Das Landesarbeitsgericht hat offen gelassen, ob die fallbezogene Arbeit des Klägers, die nach der Arbeitsplatzbeschreibung vom Januar 1992 77 % der Arbeitszeit ausmacht, aus einem einzigen Arbeitsvorgang – wie vom Kläger und vom Arbeitsgericht angenommen – oder aus vier Arbeitsvorgängen – wie von dem Beklagten angenommen – besteht, weil dem Kläger bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge kein Anspruch auf die begehrte Vergütungsgruppe zustehe. Es hat auch offen gelassen, ob der Kläger auf Grund der Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut das subjektive Merkmal der VergGr. III Fallgruppe 8 erfüllt, dh. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut mit staatlicher Anerkennung oder staatlich anerkannter Prüfung ist. Denn jedenfalls habe ihm der Beklagte keine entsprechende Tätigkeit übertragen.

    b) Das hält der Revision stand.

    aa) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht darauf abgestellt, daß für die Eingruppierung des Angestellten nach § 22 Abs. 2 BAT/VKA nur die vertraglich auszuübende Tätigkeit maßgebend ist.

    bb) Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, daß der Beklagte dem Kläger keine Tätigkeit iSd. VergGr. III Fallgruppe 8 übertragen hat, ist für das Revisionsgericht bindend (§ 561 Abs. 2 ZPO aF), wenn der Kläger sie nicht mit einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge angegriffen hat. Das ist nicht der Fall.

    Die tragende, wenn auch nur kurz gefaßte Begründung des Landesarbeitsgerichts für diese Feststellung ist, daß dem Kläger nur die Tätigkeit ausweislich der Tätigkeitsbeschreibung vom 8. Januar 1992 übertragen worden sei und daß es sich dabei um keine Tätigkeit eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten iSd. VergGr. III Fallgr. 8 handelte. Die Angriffe des Klägers gegen diese Feststellung haben keinen Erfolg.

    Der Kläger beruft sich zum einen auf die auch von dem Landesarbeitsgericht zugrunde gelegte Arbeitsplatzbeschreibung, wonach unter Einbeziehung der Aufgaben zu 1.4 bis 1.7 und 1.2 über 50 % seiner Tätigkeit therapeutische Arbeit sei. Dabei verkennt der Kläger, daß trotz der Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen beratender, therapeutischer, psychotherapeutischer und heilkundlicher psychotherapeutischer Arbeit unterschieden werden muß. Eine entsprechende Tätigkeit iSd. VergGr. III Fallgr. 8 setzt die Anwendung der therapeutischen Methoden voraus, die für die staatliche Anerkennung oder staatlich anerkannte Prüfung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut maßgeblich sind. Die Anwendung entsprechender psychotherapeutischer Methoden ergibt sich aus der Arbeitsplatzbeschreibung aber nicht.

    Insoweit verfängt auch nicht der Hinweis des Klägers auf Ziff. 4b der Arbeitsplatzbeschreibung, wonach sich seine Arbeit abgrenzt von “vielen sonstigen sozialarbeiterischen Handlungsweisen, die sich häufig auf Anweisungsebenen gegenüber zu betreuenden Personen abspielen”, und auf Ziff. 4d der Arbeitsplatzbeschreibung, wonach er als gleichberechtigtes Teammitglied bei gleicher Aufgabenerfüllung im gesamten Beratungs- und Behandlungsspektrum mit den Diplom-Psychologen zusammenarbeite. Daß der Kläger nicht nur beratend, sondern auch therapeutisch tätig ist, macht seine Arbeit noch nicht zu einer Tätigkeit eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Zum Berufsbild eines Sozialpädagogen in einer Erziehungsberatungsstelle gehören nicht nur die Beratung der Klienten und deren Bezugspersonen, sondern auch die Einzel-, Gruppen- und Familientherapie (Senat 25. September 1996 – 4 AZR 195/95 – AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 31).

    Zu Unrecht rügt der Kläger, daß das Landesarbeitsgericht die Tätigkeitsbeschreibung zu Ziff. 2b hinsichtlich der interdisziplinären Zusammenarbeit unvollständig berücksichtigt habe, indem es darauf abgestellt habe, daß die Durchführung und Planung der Arbeit in Abstimmung mit dem Beratungsstellenleiter und dem Team stattfinde, nicht aber darauf, daß der Kläger die Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich durchführe. Denn auch aus diesem vom Kläger hervorgehobenen Umstand ergibt sich nichts über den Charakter der vom Kläger anzuwendenden therapeutischen Methoden.

    Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, daß das Landesarbeitsgericht die Dokumentation und Erläuterung seiner Tätigkeit in dem Zeitraum vom 28. Februar bis zum 23. März 2000 nicht berücksichtigt habe. Denn auch darin hat der Kläger nicht dargelegt, daß die von ihm durchgeführte therapeutische Arbeit methodisch der Tätigkeit eines Kinder- und Jugendlichentherapeuten entsprach und als solche zu der von dem Kläger auszuübenden Tätigkeit gehörte.

    Daran kann auch der von der Revision geltend gemachte und vom Landesarbeitsgericht nicht ausdrücklich bewertete Umstand nichts ändern, daß der Beklagte die Zusatzausbildung des Klägers in der analytisch-systemischen Familientherapie gekannt und unterstützt habe und somit auch von deren Anwendung im Rahmen seiner Tätigkeit in der Erziehungsberatungsstelle ausgegangen sei. Dabei kann dahinstehen, ob bei dieser Sachlage davon ausgegangen werden kann, die Anwendung dieser therapeutischen Methode gehöre zu den auszuübenden Aufgaben. Jedenfalls gehört die Anwendung dieser therapeutischen Methode noch zum Berufsbild eines Diplom-Sozialpädagogen mit entsprechender Zusatzausbildung.

    Die weiteren von der Revision zur Stützung ihrer Auffassung erneut geltend gemachten Umstände hat das Landesarbeitsgericht bei der Begründung seiner Feststellung gewürdigt. Die dagegen erhobenen Rügen sind nicht begründet. Auf die Frage, ob im Rahmen der Arbeit in einer Erziehungsberatungsstelle heilkundliche Psychotherapie nur von einer Person mit entsprechender staatlicher Erlaubnis ausgeübt werden darf, kommt es nicht an, weil die Anwendung dieser Methoden – wie dargelegt – nicht zu der vom Kläger auszuübenden Tätigkeit gehört. Daß der Kläger im Jahresbericht der Erziehungsberatungsstelle 1997/98 als Diplom-Sozialpädagoge/Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut bezeichnet worden ist, ist für die Eingruppierung im Innenverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten rechtlich ohne Bedeutung. Das gilt auch für den dem Kläger erteilten Nachweis gem. § 12 Abs. 4 PsychThG, auf Grund dessen der Kläger die Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut erhalten hat.

    c) Entgegen der von dem Kläger erstmals in der Revision vertretenen Auffassung kann die von ihm begehrte Eingruppierung auch nicht auf § 23 BAT/VKA gestützt werden. Insoweit macht der Kläger geltend, es läge auf der Hand, daß sich die ihm 1982 übertragene Tätigkeit im Laufe der Zeit dauerhaft derart geändert habe, daß sie den Anforderungen der höheren Vergütungsgruppe entspreche. Das ergebe sich schon daraus, daß sich der Schwerpunkt seiner Tätigkeit schon 1992 eindeutig auf psychotherapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verlagert habe, nach Abschluß der analytisch-systemischen Familientherapie noch mehr. Dem Beklagten sei das auch bekannt gewesen, wie sich aus dem Jahresbericht 1997/98 und aus dem ihm erteilten Nachweis vom 17. November 1998 ergebe.

    Dem kann nicht gefolgt werden. Ein Fall des § 23 Abs. 1 BAT/VKA liegt nur vor, wenn sich die überwiegend – nicht nur vorübergehend – auszuübende Tätigkeit im Rahmen der an sich beibehaltenen Aufgaben derart ändert, daß sie einer höheren tariflichen Wertigkeit entspricht. Das könnte vorliegend nur angenommen werden, wenn die von dem Kläger zu erfüllenden Aufgaben nicht mehr in seiner Funktion als Sozialpädagoge erfüllt werden könnten, sondern die Anwendung der von einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erworbenen therapeutischen Methoden erforderten. Das aber ergibt sich aus den vom Kläger angeführten Umständen nicht.

    5. Der Kläger ist auch nicht in der VergGr. III (Fallgruppe 6 bzw. 7) bzw. entsprechend seinem Hilfsantrag in der VergGr. IVa (Fallgruppe 15 bzw. 16) BAT/VKA eingruppiert.

    a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, daß es sich insoweit um aufeinander aufbauende Fallgruppen handelt. Die Voraussetzungen der Ausgangsfallgruppe VergGr. Vb Fallgruppe 10 seien gegeben. “Gut möglich” sei auch, daß wegen der Vergleichbarkeit der Klienten in der Erziehungsberatungsstelle mit den in der Protokollnotiz Nr. 12 genannten Personen auch die Voraussetzung “mit schwierigen Tätigkeiten” der VergGr. IVb Fallgruppe 16 vorliege. Jedenfalls aber fehle es an dem Merkmal der herausgehobenen Bedeutung iSd. VergGr. IVa Fallgruppe 15 bzw. 16. Der Kläger habe nur zu der Voraussetzung der besonderen Schwierigkeit vorgetragen. Es fehle jeglicher Vortrag des Klägers dazu, daß bei einem wertenden Vergleich die Bedeutung seiner Tätigkeit sich deutlich gegenüber der Bedeutung der Tätigkeiten heraushebe, die den in der Protokollnotiz Nr. 12 genannten Tätigkeiten zukomme.

    b) Das hält der Revision stand. Die beiden Tätigkeitsmerkmale VergGr. III Fallgr. 6 und 7 (Sozial- und Erziehungsdienst), die die von dem Kläger vorrangig begehrte Vergütung nach VergGr. III BAT/VKA begründen können, bauen auf dem Tätigkeitsmerkmal VergGr. IVa Fallgruppe 15 auf, das – neben dem Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IVa Fallgruppe 16 – auch für die Begründung des Hilfsantrags des Klägers einschlägig ist. Das Merkmal der herausgehobenen Bedeutung iSd. VergGr. IVa Fallgr. 15 muß im wertenden Vergleich mit den Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVb Fallgruppe 16 dargelegt werden. Das Landesarbeitsgericht hat für das Revisionsgericht bindend festgestellt, daß es an jeglichem Vortrag des Klägers zu dieser Voraussetzung fehlt. Das hat der Kläger auch nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen. Er hat lediglich geltend gemacht, daß die Tarifvertragsparteien durch die Zuordnung des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuts zur VergGr. III deren Tätigkeit eine herausgehobene Bedeutung im tariflichen Sinne zuerkannt hätten, eine Wertung, die das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt habe. Diese Wertung kann aber der tariflichen Regelung nicht entnommen werden. Bei dem Tätigkeitsmerkmal des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten handelt es sich um ein eigenständiges Tätigkeitsmerkmal ohne systematischen Zusammenhang mit den Tätigkeitsmerkmalen für Sozialarbeiter/Sozialpädagogen. Unabhängig davon kann – wie dargelegt – nicht davon ausgegangen werden, daß dem Kläger die Anwendung psychotherapeutischer Methoden, die der Tätigkeit eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten entsprechen, übertragen worden ist.

  • Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
 

Unterschriften

Bott, Friedrich, Wolter, Kiefer, Münter

 

Fundstellen

Haufe-Index 934571

NZA 2003, 1056

PersR 2004, 81

PersV 2004, 197

KomVerw 2004, 235

FSt 2004, 366

FuBW 2004, 487

NJOZ 2003, 2510

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