Entscheidungsstichwort (Thema)
Apotheker in der Hochschullehre
Leitsatz (amtlich)
Die Lehrtätigkeit eines approbierten Apothekers in der pharmazeutischen Ausbildung an der Universität stellt keine Tätigkeit eines Apothekers iSd. BAT dar.
Normenkette
BAT-O § 3 Buchst. g, §§ 22-23; BAT-O Anlage 1a
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. September 1999 – 4 Sa 896/97 E – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten nach einer von dem beklagten Land vollzogenen Rückgruppierung um die tarifgerechte Eingruppierung.
Der im Jahre 1959 geborene Kläger erlangte am 31. August 1985 seinen Hochschulabschluß als Diplompharmazeut, erhielt am 22. Juni 1987 die Approbation als Apotheker, wurde am 6. November 1990 zum Dr. rer. nat. promoviert und erwarb am 16. Mai 1992 die Qualifikation als Fachapotheker für Allgemeinpharmazie. Der Kläger ist Mitglied der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt.
Der Kläger ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 20. August 1985 seit dem 1. September 1985 in der Sektion Pharmazie der M-Universität H tätig, mit Ausnahme der Zeit vom 31. Dezember 1989 bis zum 31. Dezember 1990, in der er in der Sektion Medizin der Universität beschäftigt war. Der Kläger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter iSv. § 50 Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 7. Oktober 1993 idF vom 8. Juli 1998 (HSG-LSA).
Die Tätigkeitsdarstellung vom 23. Mai 1991 enthält ohne Angabe von Zeitanteilen die folgende Beschreibung der Tätigkeiten des Klägers:
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Aufgabe |
Auszuführende Tätigkeiten |
1. |
Lehraufgaben |
Klinische Chemie, Praktikum (240 h) |
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Pharmazeutische Chemie, Seminare (56 h) |
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Arzneimittelanalyse, Praktikum (208 h) |
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Anteilige Betreuung von Diplomanden |
2. |
Forschungsaufgaben |
Selbständige Bearbeitung von „Synthese und Untersuchung von Phosphor- und Glukolipiden” |
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im Rahmen eines bestätigten DFG-Projektes anteilige Betreuung von Diplomanden |
Die Tätigkeitsdarstellung vom 16. Juli 1993 enthält die folgenden Aufgaben:
1. Lehre |
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Durchführung sowie selbständige und verantwortliche Leitung, Vorbereitung der Lehrveranstaltung „Klinische Chemie für Pharmazeuten” (Vorlesung/Übungen); Anleitung von mindestens 4 Praktikumsassistenten |
35 % |
2. Forschung |
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Eigenverantwortliche und selbständige Leitung einer Forschungsgruppe („Synthese von polaren Lipiden zur Untersuchung von biologischen Wirkungsmechanismen an Lipidmembranen) |
40 % |
3. Akademische Selbstverwaltung |
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Wahrnehmung der Aufgaben eines geschäftsführenden wissenschaftlichen Mitarbeiters des Fachbereichssprechers |
25 % |
In der im Januar 1996 erstellten Tätigkeitsdarstellung mit der Angabe „Stand 1. August 1993” sind die Zeitanteile der Lehre mit 50 %, der Forschung mit 35 % und der akademischen Selbstverwaltung mit 15 % angegeben.
Der Kläger ist ebenso wie das beklagte Land tarifgebunden. Ihm hat das beklagte Land nach Inkrafttreten des BAT-O mit Schreiben vom 15. Mai 1992 mitgeteilt, er sei nach der Anl. 1 a Teil I in die VergGr. II a Fallgr. 1 a BAT-O eingruppiert. Nach einem zwischenzeitlichen Fallgruppenwechsel in die VergGr. II a Fallgr. 5 BAT-O schrieb das beklagte Land dem Kläger am 12. Juli 1993, daß er rückwirkend zum 1. Dezember 1991 in die VergGr. I b Fallgr. 15 BAT-O höhergruppiert sei. Mit Schreiben vom 26. Juli 1995 teilte das beklagte Land dem Kläger mit, daß die Eingruppierung fehlerhaft sei und korrigiert werden müsse; die vom Kläger auszuübenden Aufgaben rechtfertigten nur die Eingruppierung in die VergGr. II a Fallgr. 1 a BAT-O, aus der nach 15-jähriger Bewährung ein Aufstieg in die VergGr. I b Fallgr. 2 BAT-O vorgesehen sei. Diese Rückgruppierung hat das beklagte Land vollzogen und die danach gegebenen Überzahlungen seit dem 1. Februar 1995 mit den späteren Vergütungsansprüchen des Klägers verrechnet. Den gegen die Rückgruppierung gerichteten Widerspruch des Klägers wies das beklagte Land mit Schreiben vom 23. August 1995 zurück.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hat die Meinung vertreten, ihm stehe auch über den 1. Februar 1995 hinaus die Vergütung nach der VergGr. I b BAT-O zu. Seit dem 1. September 1986 erfülle er die Voraussetzungen für die Eingruppierung als Apotheker. Bei der Lehre und Forschung in dem Fachbereich Pharmazie übe er die Tätigkeit eines Apothekers aus. Die Kenntnisse eines approbierten Apothekers seien dafür unerläßlich. Das Berufsbild des Apothekers sei nicht auf die Tätigkeit in einer Apotheke beschränkt. Sein Status als wissenschaftlicher Mitarbeiter gem. § 50 HSG-LSA stehe dem nicht entgegen.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. Februar 1995 Vergütung nach der VergGr. I b BAT-O zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung der Vergütung nach VergGr. I b BAT-O. Die Tätigkeit des Klägers erfülle nicht das Merkmal „Apotheker” der VergGr. II a Fallgr. 5 BAT-O. Aus der Tätigkeitsbeschreibung des Klägers ergebe sich, daß der Kläger nicht als Apotheker tätig sei, sondern Aufgaben eines wissenschaftlichen Mitarbeiters nach § 50 HSG-LSA erfülle. Die Approbation als Apotheker sei für diese Tätigkeit im Fachbereich Pharmazie nicht erforderlich. Die Stellen im Fachbereich Pharmazie für wissenschaftliche Mitarbeiter beinhalteten Tätigkeiten in Forschung und Lehre und setzten keine Approbation, sondern lediglich ein Pharmaziestudium voraus. Die Approbation sei auch nicht für die speziellen vom Kläger auszuübenden Tätigkeiten erforderlich.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision beantragt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, daß die als Feststellungsklage zulässige Klage nicht begründet ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. I b BAT-O ab dem 1. Februar 1995. Der Kläger ist nicht überwiegend als Apotheker tätig. Deshalb kommt der Bewährungsaufstieg aus der VergGr. II a BAT-O in die VergGr. I b nicht in Betracht.
1. Auf Grund der beiderseitigen Tarifgebundenheit gilt für das Arbeitsverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der für das beklagte Land geltenden Fassung (BAT-O). Gem. § 22 Abs. 2 BAT-O ist der Kläger in der VergGr. I b BAT-O eingruppiert, wenn die die Gesamttätigkeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge im tariflich geforderten zeitlichen Umfang die Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmals dieser Vergütungsgruppe erfüllen.
2. Die Geltung des BAT-O für den Kläger wird durch § 3 BAT-O nicht ausgeschlossen; diese Frage ist von den Vorinstanzen nicht erörtert worden. Nach § 3 Buchst. g BAT-O gilt der Tarifvertrag nicht für „Hochschullehrer, wissenschaftliche Assistenten, Lektoren, Verwalter von Stellen wissenschaftlicher Assistenten, wissenschaftliche Hilfskräfte und Lehrbeauftragte an Hochschulen, Akademien und wissenschaftlichen Forschungsinstituten sowie künstlerische Lehrkräfte an Kunsthochschulen, Musikhochschulen und Fachhochschulen für Musik.”
Der Kläger fällt als wissenschaftlicher Mitarbeiter nicht unter eine dieser Personengruppen. Daran ändert auch nichts, daß durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes des Bundes vom 14. November 1985 (HRG) und durch die entsprechenden Ländergesetze die Regelungen über das Personal an den Hochschulen wesentlich verändert worden sind. Wissenschaftliche Mitarbeiter verbleiben trotz dieser Änderungen im persönlichen Geltungsbereich des BAT/BAT-O, es sei denn, ihre Stellung und Aufgaben sowie die Zielsetzung ihrer Beschäftigung entsprechen dem, was früher für Verwalter von Stellen wissenschaftlicher Assistenten gegolten hat(ua. BAG 14. Juni 1989 – 4 AZR 139/89 – ZTR 1989, 396). Den Verwaltern einer Stelle eines wissenschaftlichen Assistenten sollte mit der Zielsetzung der Nachwuchsförderung die Möglichkeit der Promotion eröffnet werden. Diese Voraussetzung ist in der Person des Klägers nicht gegeben, weil der Kläger bereits seit 1990 promoviert ist und als wissenschaftlicher Mitarbeiter hauptberuflich und unbefristet Aufgaben in Forschung und Lehre wahrnimmt.
3. Es kann offenbleiben, ob der Kläger als „Lehrkraft” iSv. Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen von der Anl. 1 a zum BAT-O ausgenommen ist, eine Frage, die ebenfalls von den Vorinstanzen nicht geprüft worden ist. Denn selbst wenn man zu Gunsten des Klägers von der Geltung der Anl. 1 a ausgeht, steht ihm die begehrte Eingruppierung nicht zu.
Die Vorbemerkung Nr. 5 lautet:
Die Anlage 1 a gilt nicht für Angestellte, die als Lehrkräfte – auch wenn sie nicht unter die SR 2 l I fallen – beschäftigt sind, soweit nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist.
a) „Lehrkraft” iSd. Vorbemerkung Nr. 5 sind nach der Protokollnotiz zu Nr. 1 der SR 2 l I, die für die Bestimmung des Begriffes heranzuziehen ist(so schon BAG 26. Januar 1972 – 4 AZR 104/71 – AP BAT §§ 22, 23 Nr. 48), Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt. Durch den Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung der Anl. 1 a zum BAT vom 6. Februar 1979 wurde die Vorbemerkung ergänzt durch die Formulierung, „auch wenn sie nicht unter SR 2 l fallen”. Danach fallen in den Anwendungsbereich der Vorbem. Nr. 5 auch Lehrkräfte an Hochschulen(BAG 24. April 1985 – 4 AZR 457/83 – BAGE 48, 307).
b) Das Landesarbeitsgericht hat keine hinreichenden Feststellungen darüber getroffen, ob der Kläger danach als „Lehrkraft” anzusehen ist und dementsprechend die Anl. 1 a zum BAT-O für ihn nicht gilt. Zwar führt der Kläger seine Lehrveranstaltungen offensichtlich selbständig durch, so daß er nicht als Lehrhilfskraft angesehen werden kann(vgl. dazu BAG 1. Juni 1977 – 4 AZR 111/76 – AP BAT §§ 22, 23 Nr. 98 = EzA BAT §§ 22, 23 VergGr. IV a Nr. 4). Offen ist aber, ob die als „Lehre” bezeichnete Tätigkeit des Klägers in vollem Umfang aus selbständigen Lehrveranstaltungen besteht oder ob darunter auch wissenschaftliche Dienstleistungen für die Hochschullehrer fallen. Zwischen den Parteien strittig ist auch der zeitliche Anteil der Lehre.
c) Auch wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, daß die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten seiner Tätigkeit nicht das Gepräge gibt und somit die Geltung der Anl. 1 a für ihn nicht durch die Vorbemerkung Nr. 5 ausgeschlossen ist, ist er nicht in die von ihm begehrte VergGr. I b BAT-O eingruppiert.
4. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich dann nach den folgenden Tarifbestimmungen der VergO des BAT-O Anl. 1 a Allgemeiner Teil:
Vergütungsgruppe I b
…
6 a. Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit in der Forschung, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe II a Fallgruppe 1 a heraushebt, daß mindestens zu einem Drittel schwierige Forschungsaufgaben zur selbständigen und verantwortlichen Bearbeitung übertragen sind,
nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe II a Fallgruppe 2.
…
15. Apotheker nach fünfjähriger Tätigkeit als Apotheker.
Vergütungsgruppe II a
…
2. Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit in der Forschung, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Fallgruppe 1 a heraushebt, daß mindestens zu einem Drittel schwierige Forschungsaufgaben zur selbständigen und verantwortlichen Bearbeitung übertragen sind.*
…
5. Apotheker.
…
5. Das Landesarbeitsgericht hat ohne nähere Begründung, aber im Ergebnis zutreffend die drei Arbeitsvorgänge Lehre, Forschung und akademische Selbstverwaltung gebildet.
a) Dabei ist von dem durch die Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen, nämlich einer unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer vernünftigen, sinnvollen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbaren und tariflich selbständig bewertbaren Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten(ua. Senat 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 – BAGE 51, 59).
b) Die Tätigkeiten Lehre, Forschung und akademische Selbstverwaltung sind nach tatsächlichen Gesichtspunkten ohne weiteres abgrenzbar. Die Lehrtätigkeit stellt, wie die für Lehrkräfte bestehenden Sonderregelungen (Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen, § 3 g BAT/BAT-O, Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte – SR 2 l I BAT/BAT-O, Lehrer-Richtlinien ua.) zeigen, eine rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit dar. Auch hinsichtlich ihrer Arbeitsergebnisse sind die Tätigkeiten in der Forschung und in der Lehre klar voneinander unterscheidbar. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die akademische Selbstverwaltung keinen eigenen Arbeitsvorgang bildet, sondern als Zusammenhangstätigkeit der Forschung oder der Lehre angesehen werden muß.
c) Die dagegen vorgebrachten Gesichtspunkte des Klägers, der die vom ihm ausgeübte Tätigkeit als einen einheitlichen Arbeitsvorgang ansieht, tragen nicht. Die Schwierigkeit, den zeitlichen Umfang insbesondere der Tätigkeit in Forschung und Lehre zu bestimmen, die im Laufe des Jahres erheblichen Schwankungen unterliegt, entbindet nicht von der Notwendigkeit, Arbeitsvorgänge zu bilden. Der Gesichtspunkt der Einheit von Forschung und Lehre ist eine hochschulpolitische Zielsetzung und steht der Unterscheidung von Forschung und Lehre als verschiedene Arbeitsvorgänge nicht entgegen. Die von der Revision herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur ärztlichen Tätigkeit als einem einheitlichen Arbeitsvorgang(5. Dezember 1990 – 4 AZR 285/90 – BAGE 66, 306) ist nicht einschlägig, weil sie nicht die Frage der Unterscheidung von Forschung bzw. Lehre als eigene Arbeitsvorgänge betrifft.
6. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß der Kläger nicht als Apotheker tätig ist. Die Arbeitsvorgänge „Lehre” und „akademische Selbstverwaltung”, die in jedem Fall den zeitlich überwiegenden Anteil der vom Kläger auszuübenden Tätigkeiten ausmachten, stellten keine Tätigkeiten eines Apothekers iSv. § 2 Abs. 3 Bundes-Apothekerordnung (BApO) und damit im tariflichen Sinne dar.
a) Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff „Apotheker” nicht definiert, sondern ihn als Rechtsbegriff vorausgesetzt, der sich nach dem einschlägigen Berufsrecht richtet.
Nach dem Berufsrecht ist für den Rechtsbegriff des Apothekers bestimmend, daß er die Approbation als Apotheker besitzt (§ 2 Abs. 1 BApO) und daß er eine pharmazeutische Tätigkeit ausübt, wozu insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln (§ 2 Abs. 3 BApO), aber auch die Information und Beratung über Arzneimittel sowie die Überprüfung der Arzneimittelvorräte in Krankenhäusern (§ 3 Abs. 4 ApothekenbetriebsO – ApBetrO) gehört.
b) Der Kläger ist kein Apotheker im tariflichen Sinne. Er erfüllt die Voraussetzung der Approbation, ist aber nicht überwiegend pharmazeutisch tätig. Die Tätigkeit in der akademischen Selbstverwaltung fällt nicht darunter, das Gegenteil wird auch von dem Kläger nicht vertreten. Der Arbeitsvorgang „Lehre” stellt keine pharmazeutische Tätigkeit dar. Auch wenn der verbleibende Arbeitsvorgang „Forschung” als pharmazeutische Tätigkeit angesehen werden könnte, reicht das nicht aus, weil nach keiner Arbeitsplatzbeschreibung und auch nicht nach den Behauptungen des Klägers die Forschung zeitlich mindestens die Hälfte der Tätigkeit des Klägers ausmacht.
c) Nach den Maßstäben der berufsrechtlichen Regelungen ist die Lehrtätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter innerhalb der pharmazeutischen Ausbildung an der Universität keine Apothekertätigkeit im berufsständischen und damit tariflichen Sinn. Die Lehre im Rahmen einer pharmazeutischen Ausbildung ist in dem Katalog der in § 2 Abs. 3 BApO genannten pharmazeutischen Tätigkeiten nicht enthalten. Zwar ist diese Aufzählung, wie die Formulierung „insbesondere” ausweist, nicht abschließend. § 3 Abs. 4 ApBetrO enthält einen weiterführenden Katalog der pharmazeutischen Tätigkeiten, wozu ua. auch die Information und Beratung über Arzneimittel als pharmazeutische Tätigkeit zählen. Auch damit ist aber nicht die Lehre im Rahmen der pharmazeutischen Ausbildung gemeint. Eine Bewertung der Lehrtätigkeit des Klägers in der pharmazeutischen Ausbildung ist als Apothekertätigkeit selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn man auch den Katalog der in § 3 Abs. 4 ApBetrO aufgeführten pharmazeutischen Tätigkeiten nicht für abschließend hält. Gemeinsames Merkmal aller in den berufsrechtlichen Vorschriften benannten pharmazeutischen Tätigkeiten ist der auf die Anwendung von Arzneimitteln bezogene Charakter der Tätigkeiten. Alle benannten Tätigkeiten betreffen den Umgang mit Arzneimitteln, gleichgültig, ob es um die Entwicklung, Herstellung, Prüfung, Abgabe, Information oder Beratung geht. Bei der Lehrtätigkeit des Klägers in der pharmazeutischen Ausbildung ist dieser auf den Umgang mit Arzneimitteln bezogene Charakter der Tätigkeit nicht gegeben. In dieser Ausbildung werden die Studenten für die zukünftige pharmazeutische Tätigkeit qualifiziert. Die Lehrtätigkeit wird nicht bestimmt durch den anwendungsbezogenen Umgang mit Arzneimitteln, sondern soll die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die Studenten im Rahmen ihrer zukünftigen pharmazeutischen Tätigkeit für den anwendungsbezogenen Umgang mit Arzneimitteln qualifiziert sind. Daß die Lehre ihrerseits Theorie und Praxis verbinden muß, reicht für ihre Charakterisierung als pharmazeutische Tätigkeit nicht aus.
d) Die dagegen von der Revision vorgebrachten Gesichtspunkte überzeugen nicht. Zwar muß ein Apotheker nicht notwendig in einer Apotheke tätig sein, er kann zB auch in der pharmazeutischen Industrie, im pharmazeutischen Großhandel oder in einem pharmazeutischen Hochschulinstitut beschäftigt sein. Entscheidend ist aber auch insoweit, ob er dort pharmazeutische Tätigkeiten ausübt. Das ist, wie dargelegt, bei der vom Kläger ausgeübten Lehrtätigkeit nicht der Fall. Entgegen der Auffassung des Klägers kann aus der Einbeziehung der Information und Beratung über Arzneimittel als pharmazeutische Tätigkeit in § 3 Abs. 4 ApBetrO auch nicht im Sinne eines „erst recht” gefolgert werden, daß dann auch die Lehre darunter fällt. Die Information und Beratung über Arzneimittel sind anders als die Lehre auf die Anwendung von Arzneimitteln bezogen. Die Anerkennung der Lehre als pharmazeutische Tätigkeit kann entgegen der Argumentation des Klägers auch nicht mit der Bedeutung und Verantwortung der Ausbildung begründet werden. Bei der Abgrenzung zwischen pharmazeutischer Tätigkeit und Lehre in der pharmazeutischen Ausbildung geht es um den unterschiedlichen Charakter bzw. die unterschiedliche Funktion dieser Tätigkeiten, nicht aber um die Beurteilung ihrer Wertigkeit. Die allgemeine Behauptung, die Heranbildung von Nachwuchs gehöre zu den elementaren Aufgaben des jeweiligen Berufsstandes, sagt nichts für den Rechtsbegriff des Apothekers. Auch das auf dem Apothekertag 1996 formulierte Berufsbild des Apothekers, in das auch die Tätigkeit des Apothekers an der Universität in Forschung und Lehre aufgenommen ist, spricht nicht für die Auffassung des Klägers. Denn dabei handelt es sich nicht um Berufsrecht. Nur dieses ist für den Rechtsbegriff des Apothekers im tariflichen Sinne maßgeblich.
Die vom Kläger herangezogenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Januar 1996(– 1 C 9/93 – NJW 1997, 814) bzw. des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs(29. September 1992 – 11 UE 1829/90 – ESVGH 43, 47) stehen nicht entgegen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, daß der dortige Kläger in seiner Tätigkeit als akademischer Oberrat und Leiter eines Zentrallabors des Instituts für pharmazeutische Chemie der Universität seinen Beruf als Apotheker iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 des Heilberufsgesetzes Hessen (HeilbG) ausübe und daher als Pflichtmitglied der Landesapothekerkammer Hessen beitragspflichtig sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Auslegung ausdrücklich revisionsrechtlich nicht überprüft, weil es sich dabei um nicht revisibles Landesrecht handelt, und zwar unabhängig davon, daß der Hessische Verwaltungsgerichtshof bei der Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 HeilbG die bundesrechtliche Regelung in § 2 Abs. 3 BApO herangezogen hat. Somit hat es nicht entschieden, daß ein wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für pharmazeutische Chemie eine pharmazeutische Tätigkeit iSd. § 2 Abs. 3 BApO ausübt. Die vom Kläger zitierten weiteren Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts finden sich in dem Teil der Entscheidungsgründe, die die revisionsrechtliche Prüfung enthalten, ob die Auslegung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs Bundesrecht, insbesondere Verfassungsrecht, verletzt, dh., ob durch die Zwangsmitgliedschaft unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen Art. 2 Abs. 1 oder Art. 12 Abs. 1 GG verstoßen wurde. Nur in diesem Zusammenhang steht die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, daß die pharmazeutische Forschung und die wissenschaftliche Heranbildung des pharmazeutischen Nachwuchses ihr Gepräge durch ihren Bezug zur Pharmazie erhielten; dem stehe nicht entgegen, daß die Tätigkeit auch von einem Chemiker ausgeübt werden könne und die Approbation als Apotheker nicht erforderlich sei. Eine Aussage dazu, ob die Lehrtätigkeit in der pharmazeutischen Ausbildung nach dem Berufsrecht als Tätigkeit eines Apothekers anzusehen ist, liegt darin nicht.
7. Die vom Senat entwickelten Grundsätze zur Darlegungslast bei der korrigierenden Rückgruppierung führen zu keinem anderen Ergebnis.
a) Der an die Vergütungsordnung des BAT bzw. BAT-O gebundene Arbeitgeber muß darlegen, inwieweit und weshalb die von ihm ursprünglich mitgeteilte Eingruppierung unrichtig ist, wenn er sich an dieser Mitteilung nicht festhalten lassen will(BAG 11. Juni 1997 – 10 AZR 724/95 – AP BMT-G II § 20 Nr. 6 = EzA TVG § 4 Eingruppierung Nr. 7; 18. Februar 1998 – 4 AZR 581/96 – BAGE 88, 69). Beruft sich der Angestellte auf die ihm vom Arbeitgeber mitgeteilte Vergütungsgruppe, so muß der Arbeitgeber die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Vergütungsgruppe darlegen und ggf. beweisen; die Fehlerhaftigkeit ist bereits gegeben, wenn es auch an nur einer der tariflichen Voraussetzungen für die mitgeteilte bisherige Eingruppierung fehlt(Senat 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
b) Danach kann sich der Kläger zur Begründung seines Eingruppierungsbegehrens zunächst darauf berufen, daß das beklagte Land ihm mit Schreiben vom 12. Juli 1993 mitgeteilt hat, er sei ab dem 1. Dezember 1991 in VergGr. I b Fallgr. 15 BAT-O eingruppiert. Demgemäß mußte das beklagte Land darlegen, daß diese dem Kläger mitgeteilte Eingruppierung objektiv fehlerhaft sei.
c) Dieser Darlegungslast ist das beklagte Land nachgekommen. Das beklagte Land hat im einzelnen dargelegt, daß und weshalb nach seiner Auffassung die Tätigkeit des Klägers keine Tätigkeit als Apotheker im berufsrechtlichen und damit im tariflichen Sinne sei. Das ist, wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis rechtsfehlerfrei erkannt hat, jedenfalls für den Bereich der Lehre und der akademischen Selbstverwaltung zutreffend.
II. Der Kläger kann sich mit Erfolg auch nicht hilfsweise auf die Eingruppierung nach der VergGr. I b (nicht I a) Fallgr. 1 b BAT-O stützen.
Dieses Tätigkeitsmerkmal lautet:
Vergütungsgruppe I b
1 b. Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
denen mindestens drei Angestellte der Vergütungsgruppe II a durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.
Die Eingruppierung nach diesem Tätigkeitsmerkmal kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Unterstellung der Praktikumsassistenten nur den Arbeitsvorgang „Lehre” betrifft. Falls dieser Arbeitsvorgang einen Zeitanteil von 50 % oder mehr seiner Gesamttätigkeit ausmachen sollte, ist der Kläger, wie dargelegt, nach Nr. 5 der Vorbemerkungen als Lehrkraft von der Geltung der Anl. 1 a zum BAT-O ausgenommen. Wenn der Zeitanteil aber unterhalb von 50 % liegt, ist dieser Arbeitsvorgang für die Eingruppierung des Klägers nicht maßgeblich.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Unterschriften
Schliemann, Friedrich, Wolter, Wolf, Dräger
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 20.06.2001 durch Freitag, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BAGE, 98 |
BB 2001, 2380 |
FA 2001, 319 |
ZTR 2001, 561 |
AP, 0 |