Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung. Lehrerin mit zweijährigem Fernstudium
Leitsatz (redaktionell)
Zurückverweisung zur Beurteilung des Vergütungsanspruchs nach den ab 1. Juli 1995 geltenden Eingruppierungsbestimmungen
Normenkette
BAT §§ 22, 23 Lehrer; BAT-O § 11 S. 2; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O § 2 Nr. 3; Sonderregelung für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 1 I BAT-O) Nr. 3 a
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 30. Januar 1996 – 5 Sa 863/95 – aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin erwarb am 1. Juli 1977 am Institut für Lehrerbildung in Weimar den Fachschulabschluß und damit die Befähigung zur Arbeit als Heimerzieherin sowie die Lehrbefähigung für die Fächer Kunsterziehung und Körpererziehung der unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule mit der Berechtigung, die Berufsbezeichnung „Heimerzieher” zu führen. Die Klägerin arbeitete bis Februar 1982 als Heimerzieherin. Am 24. Mai 1984 erwarb sie am Institut für Lehrerbildung „Clara Zetkin” in Rochlitz den Fachschulabschluß im Fach Deutsch und erhielt damit die entsprechende Lehrbefähigung für den Unterricht in den unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule. Vom 1. September 1989 bis zum 19. Juli 1991 absolvierte sie an der Humboldt-Universität zu Berlin ein Fernstudium im Studiengang „Rehabilitationspädagogik” in der Studienrichtung „Pädagogik der intellektuell Geschädigten”. Sie bestand die Hochschulabschlussprüfung und ist damit berechtigt, die Berufsbezeichnung „Lehrerin für intellektuell Geschädigte” zu führen. Die Klägerin ist seit Februar 1982 an Förderschulen beschäftigt, zuletzt in C. Sie unterrichtet vorwiegend in den Klassenstufen 5–9 in den Fächern Deutsch, Mathematik, Geschichte, Ethik, Gemeinschaftskunde und Sport. Sie ist seit 1992 auch als Diagnose- und Beratungslehrerin tätig.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beiderseitiger Organisationszugehörigkeit und arbeitsvertraglicher Vereinbarung der BAT-O Anwendung. Nach § 3 des Änderungsvertrags der Parteien vom 1. Juli 1991 gilt für die Eingruppierung der zutreffende Abschnitt der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die von der Anlage 1 a nicht erfaßten Angestellten, die unter den Geltungsbereich des BAT-O fallen, in der jeweiligen Fassung. Danach wurde die Klägerin in VergGr. IV a BAT-O eingruppiert.
Das staatliche Schulamt Chemnitz teilte der Klägerin mit Schreiben vom 4. September 1992 mit, daß sie mit Wirkung vom 15. September 1992 Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O erhalte. Hiergegen wandte sich die Klägerin erfolglos mit Schreiben vom 5. Oktober 1992, 6. April 1993 und 20. Juni 1993.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie erfülle auch für die Zeit ab dem 1. Oktober 1992 die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O. Aufgrund der tariflichen Bestimmungen richte sich die Eingruppierung nach der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991. Danach erfülle sie die Voraussetzungen für eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11, die der VergGr. IV a BAT-O entspreche. Sie sei Lehrerin im Unterricht an einer Sonderschule und verfüge über eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung sowie über ein für das Lehramt geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren. Damit seien auch die Anforderungen der VergGr. IV a Fallgruppe 6 der TdL-Richtlinien erfüllt. Ihr sei Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O auch bereits einzelvertraglich in § 3 des Änderungsvertrags vom 1. Juli 1991 zugesagt worden.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Vergütung nach der VergGr. IV a BAT-O ab 1. Oktober 1992 zuzüglich 4 % Zinsen auf die rückständigen Nettodifferenzbeträge seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen für eine Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O. Sowohl nach der 2. BesÜV als auch nach den TdL-Richtlinien sei Voraussetzung für eine Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe ein mindestens zweijähriges Direktstudium. Ein zweijähriges Fernstudium reiche nicht aus.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, wobei sie ihren Klageantrag auf die Zeit ab dem 1. Juli 1995 beschränkt. Der Beklagte stimmt der Beschränkung des Klageantrags zu und beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist, soweit sie den noch anhängigen Teil des Klageantrags betrifft, begründet.
1. Dem Landesarbeitsgericht ist zwar zuzustimmen, daß ein von den maßgeblichen Eingruppierungsbestimmungen unabhängiger arbeitsvertraglicher Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O durch die Benennung dieser Vergütungsgruppe im Änderungsvertrag vom 1. Juli 1991 nicht begründet wurde (vgl. BAG Urteil vom 8. August 1996 – 6 AZR 1013/94 – AP Nr. 46 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).
2. Soweit aber durch das angefochtene Urteil die Klage auch für die Zeit ab dem 1. Juli 1995 abgewiesen wurde, ist es aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Eine abschließende Entscheidung ist mangels Feststellung der für die Beurteilung der Eingruppierung ab dem 1. Juli 1995 maßgebenden Tatsachen nicht möglich.
a) Die aufgrund der tariflichen Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O und Nr. 3 a unter Abs. 1 SR 2 1 I BAT-O für die Eingruppierung maßgebende 2. BesÜV galt nach Art. 3 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Lehrerbesoldung vom 23. August 1994 (BGBl. I S. 2186) nur bis zu einer landesrechtlichen Einstufung der Lehrer mit einer Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR, längstens jedoch bis zum 1. Juli 1995. Eine landesrechtliche Regelung über die Lehrerbesoldung hat der Beklagte nicht getroffen. Die 2. BesÜV trat damit im Bereich des Beklagten zum 30. Juni 1995 außer Kraft.
b) Im Bereich des Beklagten ist aber mit Wirkung vom 1. Juli 1995 die Eingruppierung der angestellten Lehrer durch die „Richtlinien zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer (Arbeitgeberrichtlinien)” sowie die „Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer (Ost) (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) vom 22. Juni 1995” neu geregelt (Amtsblatt des Sächsischen Ministeriums für Kultus 1995 S. 347 ff., 350 ff.). Ob der Klägerin nach diesen Verwaltungsvorschriften ab dem 1. Juli 1995 die begehrte Vergütung zusteht, kann der Senat jedoch auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht beurteilen.
Zu den Merkmalen der ab 1. Juli 1995 maßgebenden Eingruppierungsbestimmungen fehlt es bisher am Sachvortrag der Parteien und demgemäß auch an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Das Berufungsgericht wird daher den Parteien insoweit Gelegenheit zum ergänzenden Tatsachenvortrag geben müssen, um über den Vergütungsanspruch der Klägerin ab dem 1. Juli 1995 entscheiden zu können.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Klabunde, Schneider
Fundstellen