Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrittsgebühr für Fachkräfte der Druckindustrie

 

Leitsatz (amtlich)

Einen Anspruch auf Zahlung der Antrittsgebühr nach § 11 Abs. 5 RTS-Tarifvertrag haben nur solche in der rechnergesteuerten Texterfassung mit Angestelltentätigkeiten beschäftigten Fachkräfte der Druckindustrie, die schon bei Einführung der rechnergesteuerten Textsysteme im Betrieb als gewerbliche Fachkräfte der Druckindustrie beschäftigt waren.

 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Druckindustrie; Manteltarifvertrag für die kaufmännischen Angestellten in den Verlagen von Tageszeitungen im Lande Nordrhein-Westfalen, gültig ab 1. Januar 1989, § 27; Tarifvertrag über die Einführung und Anwendung rechnergesteuerter Textsysteme, gültig ab 1. April 1978, § 11 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 24.02.1994; Aktenzeichen 13 (10) Sa 1511/93)

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 21.07.1993; Aktenzeichen 6 Ca 2628/93)

 

Tenor

  • Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 24. Februar 1994 – 13 (10) Sa 1511/93 – wird zurückgewiesen.
  • Die Kosten der Revision trägt der Kläger.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung einer tariflichen Antrittszulage.

Der Kläger ist seit dem 5. Oktober 1992 bei der Beklagten als Korrektor im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Er arbeitet im Schichtdienst und zur regelmäßigen Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften auch an Sonn- und Feiertagen. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die kaufmännischen Angestellten in den Verlagen von Tageszeitungen im Lande Nordrhein-Westfalen, gültig ab 1. Januar 1989 (MTV), Anwendung. Der Kläger hat in den Jahren 1963 bis 1966 eine Ausbildung zum Schriftsetzer durchlaufen und war danach als solcher in einem Unternehmen der Druckindustrie tätig.

Hinsichtlich der Zahlung der strittigen Antrittszulage heißt es in § 27 MTV – soweit hier von Interesse –:

“Samstags-, Sonntags- und Feiertagszuschläge

  • Der Zuschlag für Sonntagsarbeit beträgt 100 %… des vereinbarten Monatsgehalts.

Protokollnotiz:

Die in § 11 Abs. 5 RTS-Tarifvertrag geregelte Antrittszulage wird in Höhe der Antrittsgebühr des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie vom 10. März 1989 gezahlt.

Auf diese Antrittszulage werden je geleistete Stunde Sonntagsarbeit jeweils die Zuschläge … angerechnet. Diese Anrechnung entfällt ab dem 1. Juli 1989.”

Der in der Protokollnotiz erwähnte RTS-Tarifvertrag (= Tarifvertrag über Einführung und Anwendung rechnergesteuerter Textsysteme, gültig ab 1. April 1978) hat – soweit vorliegend von Interesse – folgenden Inhalt bzw. Wortlaut:

“§ 1 Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt:

    • fachlich für die Betriebe der Druckindustrie, Verlage von Zeitungen und Zeitschriften;
    • sachlich für die Tätigkeiten, die von der Einführung und Anwendung rechnergesteuerter Textsysteme (Texterfassung und -gestaltung zur Herstellung von Druckerzeugnissen) betroffen sind.
  • persönlich für die gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten …

§ 2 Arbeitsplatzsicherung

  • Im rechnergesteuerten Textsystem werden Gestaltungs- und Korrekturarbeiten, d.h. …

    für einen Zeitraum von acht Jahren nach Umstellung der jeweiligen Tätigkeit durch geeignete Fachkräfte der Druckindustrie, insbesondere Schriftsetzer, ausgeübt.

  • Von der Verpflichtung nach Abs. 1 kann abgewichen werden, wenn…

§ 3 Weiterbeschäftigung

Für die Texterfassung im rechnergesteuerten Textsystem sind vorrangig Fachkräfte der Druckindustrie… des Unternehmens zu beschäftigen, deren Arbeitsplatz durch die Einführung des rechnergesteuerten Textsystems entfällt…

§ 4 Ausschreibung und Bekanntgabe offener Stellen

  • Freie Arbeitsplätze im rechnergesteuerten Textsystem sind auszuschreiben.
  • Darüber hinaus sind die durch die Einführung eines rechnergesteuerten Textsystems betroffenen Arbeitnehmer über freie Arbeitsplätze … zu informieren.

    Bewerbungen betroffener Arbeitnehmer ist bei gleicher Eignung … vor externen Bewerbern der Vorzug zu geben.

§ 5 Unterrichtung über offene Stellen

Diese Vorschrift regelt im einzelnen, daß Vertragsdruckereien über freie Arbeitsplätze, die nicht durch eigene Arbeitnehmer zu besetzen sind, zu unterrichten sind, wenn auch die Arbeitsplätze in der Vertragsdruckerei von der Einführung rechnergesteuerter Textsysteme betroffen sind. Bewerber aus Vertragsdruckereien sind nach den Bewerbungen eigener Arbeitnehmer vor anderen Bewerbern zu berücksichtigen.

§ 6 Bezahlte Einweisung

§ 7 Betriebliche Umschulung

  • Arbeitnehmer, die durch die Einführung des rechnergesteuerten Textsystems ihren Arbeitsplatz verlieren und nicht an den neuen Geräten eingesetzt … werden können, werden nach Maßgabe ihrer … Eignung sowie entsprechend der Zahl neu zu besetzender Arbeitsplätze im Betrieb bzw. Unternehmen umgeschult…

§ 8 Mobilitätshilfe

Arbeitnehmer… deren Arbeitsplätze durch Einführung des rechnergesteuerten Textsystems entfallen und die bereit sind, einen … Arbeitsplatz in ihrem Beruf an einem anderen Ort … anzunehmen, erhalten vom abgebenden Unternehmen folgende … Mobilitätshilfe:

§ 9 Unterhaltsgeld und Zuschuß bei betrieblicher Umschulung

  • Für den Fall, daß diese Umschulungen (in andere Fachberufe) von der Bundesanstalt … gefördert werden, zahlt der bisherige Arbeitgeber dem umzuschulenden Arbeitnehmer … (einen Zuschuß zum Unterhaltsgeld).

§ 10 Abfindung

Arbeitnehmer die infolge der Einführung des rechnergesteuerten Textsystems aus betriebsbedingten Gründen entlassen werden und keinen Anspruch … aus einem betrieblichen Sozialplan … haben, erhalten eine angemessene Abfindung.

§ 11 Arbeitsentgelt und Ausgleichszulage

  • Die Tätigkeiten im rechnergesteuerten Textsystem sind Angestelltentätigkeiten. Das Tarifentgelt errechnet sich nach den jeweilig einschlägigen Gehaltstarifverträgen.

  • Zur Vermeidung sozialer Härten wird vereinbart:

    Betroffene Arbeitnehmer, die vor Aufnahme der neuen Tätigkeit Anspruch auf Facharbeiterecklohn, Korrektorenlohn, Maschinensetzerlohn der Druckindustrie hatten und nach dem Gehaltstarifvertrag ein niedrigeres Tarifentgelt erhalten, haben Anspruch auf eine Ausgleichszulage, deren Höhe sich aus der Differenz zwischen altem und neuem Tarifentgelt ergibt.

    (im folgenden wird die Anrechnung und Kürzung der Ausgleichszulage geregelt)

  • Wird nach dem neu einschlägigen Gehaltstarif die regelmäßige Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften an Sonn- und Feiertagen kein Antrittsgeld gezahlt, so wird eine gesondert auszuweisende Antrittszulage in Höhe der Antrittsgebühr des MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie gezahlt.

    Dieser Artikel entfällt, wenn und soweit im neuen Tarifbereich höhere Sonntagszuschläge als in der Druckindustrie gezahlt werden oder antrittsgeldpflichtige Sonn- oder Feiertagsarbeit nicht geleistet wird.

Die folgenden Paragraphen enthalten Vorschriften zur Regelung der Arbeit an Bildschirmgeräten und der Arbeit von Redakteuren.”

Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe die Antrittszulage zu. Er sei Fachkraft der Druckindustrie – Schriftsetzer – und arbeite bei der Beklagten im Rahmen der rechnergesteuerten Texterfassung und wegen dieser als Angestellter. Unerheblich sei, daß er zur Zeit der Einführung der rechnergesteuerten Texterfassung bei der Beklagten bei dieser noch nicht beschäftigt gewesen sei. Er hat vor dem Arbeitsgericht beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm für seine Tätigkeit im Korrektorat eine Antrittsgebühr für jeden geleisteten Sonntagsdienst zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, Ansprüche aus dem RTS-Tarifvertrag könnten nur Arbeitnehmer geltend machen, die im Zeitpunkt der Einführung des rechnergesteuerten Textsystems im Betrieb schon mit Arbeiten der Texterfassung oder Textgestaltung beschäftigt gewesen seien. Zu diesen Personen gehöre der Kläger nicht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zahlung der in § 11 Abs. 5 RTS-Tarifvertrag geregelten Antrittszulage verlangen.

I. Das Arbeitsgericht, auf dessen Entscheidungsgründe das Landesarbeitsgericht vollinhaltlich Bezug genommen hat, hat seine Entscheidung damit begründet, daß der RTS-Tarifvertrag Ansprüche nur solchen Arbeitnehmern einräume, die unmittelbar durch die Einführung eines rechnergesteuerten Textsystems betroffen seien. Die Einführung eines rechnergesteuerten Textsystems bringe dem Arbeitgeber einen Rationalisierungsgewinn. Betroffen von der Einführung seien die Fachkräfte der Druckindustrie, die ein Rationalisierungsopfer erbrächten. Dieses Rationalisierungsopfer solle nach den Vorschriften des RTS-Tarifvertrages von dem Arbeitgeber ausgeglichen oder gemildert werden, der den Rationalisierungsgewinn habe.

Der Entscheidung des Arbeitsgerichts und damit des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung zu folgen.

II.1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht gesehen, daß § 11 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 des RTS-Tarifvertrages nicht ausdrücklich bestimmt, daß Anspruch auf die Antrittszulage – nur – solche Arbeitnehmer haben können, deren Arbeitsplatz und Arbeitsverhältnis durch die Einführung rechnergesteuerter Textsysteme unmittelbar verändert und nachteilig betroffen wird. Betrachtet man § 11 Abs. 5 Unterabs. 2 RTS-Tarifvertrag isoliert, so hat nach dem reinen Wortlaut Anspruch auf die Antrittszulage nach dieser Vorschrift jeder Arbeitnehmer, der als Angestellter in einem System der rechnergesteuerten Texterfassung beschäftigt wird und für den die einschlägigen tariflichen Vorschriften kein Antrittsgeld für die regelmäßige Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften an Sonn- und Feiertagen vorsehen (so auch BAG Urteil vom 26. Februar 1985 – 3 AZR 631/82 – AP Nr. 4 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie).

2. Maßgebend für den Inhalt einer tariflichen Bestimmung ist jedoch nicht nur der reine Wortlaut. Maßgebend für die Auslegung eines Tarifvertrages ist wie bei Gesetzen auch der Zweck und der Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung (so BAG Urteil vom 12. September 1984 – 4 AZR 336/82 – BAGE 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung, von da an in ständiger Rechtsprechung).

a) Nach § 1 des RTS-Tarifvertrages erstreckt sich dessen Geltungsbereich nicht nur auf die Arbeitsverhältnisse solcher Arbeitnehmer, die bei der Einführung rechnergesteuerter Textsysteme mit Tätigkeiten beschäftigt waren, die von dieser Einführung betroffen sind. Die Regelungen des RTS-Tarifvertrages erstrecken sich vielmehr auf alle Arbeitnehmer, die überhaupt mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die nicht nur von der Einführung rechnergesteuerter Textsysteme, sondern auch von deren späterer Anwendung betroffen werden.

So bestimmt § 2 zunächst, daß Gestaltungs- und Korrekturarbeiten im rechnergesteuerten Textsystem nicht nur bei der Einführung, sondern auch später für einen Zeitraum von acht Jahren durch geeignete Fachkräfte der Druckindustrie ausgeübt werden sollen. Das können auch Fachkräfte der Druckindustrie sein, die bei Einführung des Systems noch nicht im Betrieb beschäftigt waren. Die in § 5 geregelte Unterrichtung der Arbeitnehmer in Vertragsdruckereien hat mit der Regelung des Arbeitsverhältnisses der bei Einführung des Systems schon beschäftigten Arbeitnehmer nichts zu tun. Auch die bezahlte Einweisung der Arbeitnehmer an den Geräten des rechnergesteuerten Textsystems nach § 6 RTS-Tarifvertrag erfaßt nicht nur die schon beschäftigten Arbeitnehmer, sondern alle, die an diesen Geräten beschäftigt werden, gleichgültig, wann sie eingestellt werden.

Die §§ 7 bis 10 wiederum haben Arbeitnehmer im Auge, die durch die Einführung des rechnergesteuerten Textsystems ihre bisherige Arbeit verlieren. Die §§ 12 bis 18 regeln die Arbeit an Geräten des rechnergesteuerten Textsystems bei dessen Anwendung für alle Arbeitnehmer, die innerhalb dieses Systems arbeiten, gleichgültig, ob sie Fachkräfte der Druckindustrie sind, ob sie bei Einführung des Systems schon im Betrieb beschäftigt waren oder erst später eingestellt worden sind.

b) Innerhalb dieser Gesamtregelung ist der persönliche Anwendungsbereich der Bestimmungen in § 11 RTS-Tarifvertrag aus deren Zweck zu bestimmen.

§ 11 Abs. 1 RTS-Tarifvertrag stellt zunächst klar, daß die Tätigkeiten im rechnergesteuerten Textsystem Angestelltentätigkeiten sind und daß das Tarifentgelt sich daher nach den Gehaltstarifverträgen bemißt.

Die mit Tätigkeiten im rechnergesteuerten Textsystem beschäftigten Arbeitnehmer sollen nach § 2 RTS-Tarifvertrag nach Möglichkeit Fachkräfte der Druckindustrie sein. Als Fachkräfte der Druckindustrie waren sie gewerbliche Arbeitnehmer. Ihr Tarifentgelt bestimmte sich nach den Lohntarifverträgen für die Druckindustrie. Da das Tarifentgelt der jetzt mit Tätigkeiten im rechnergesteuerten Textsystem beschäftigten Fachkräfte der Druckindustrie nach den Gehaltstarifverträgen niedriger sein kann als das Tarifentgelt für Fachkräfte der Druckindustrie nach den Lohntarifverträgen, bestimmt § 11 Abs. 2 RTS-Tarifvertrag, daß eine solche mögliche Differenz durch eine Ausgleichszulage ausgeglichen werden soll, deren Berechnung, Anrechnung und Kürzung anschließend näher geregelt wird. Diesen Anspruch auf eine Ausgleichszulage haben nach § 11 Abs. 2 RTS-Tarifvertrag nicht schlichtweg alle Fachkräfte der Druckindustrie, die mit Tätigkeiten im rechnergesteuerten Textsystem beschäftigt werden und daher Angestellte sind, sondern nur “betroffene Arbeitnehmer”, die vor Aufnahme der neuen Tätigkeit als Fachkräfte der Druckindustrie ein höheres Tarifentgelt nach den Lohntarifverträgen erhalten haben.

“Betroffene Arbeitnehmer” sind aber nur solche Arbeitnehmer, denen gegenüber sich die Einführung des rechnergesteuerten Textsystems gerade dadurch ausgewirkt hat, daß sie nicht mehr in ihrer früheren Tätigkeit beschäftigt werden können und deshalb mit der “neuen Tätigkeit” im rechnergesteuerten Textsystem beschäftigt werden und deswegen Angestellte sind. Das ergibt sich zusätzlich daraus, daß die Ausgleichszulage ausdrücklich “zur Vermeidung sozialer Härten” gezahlt wird. Eine soziale Härte für eine Fachkraft der Druckindustrie liegt aber nur dann vor, wenn sich seine aktuelle, durch seinen Arbeitsvertrag gesicherte Rechtsstellung durch die Einführung des rechnergesteuerten Textsystems verschlechtert. Die damit verbundene finanzielle Schlechterstellung soll für einen gewissen Zeitraum, nämlich bis zur Aufzehrung der Ausgleichszulage durch nachfolgende Tariferhöhung, ausgeglichen werden.

c) Unmittelbar an diese Übergangsregelung schließt sich Abs. 5 an, der sich in seinem ersten Unterabsatz auch noch auf die Ausgleichszulage bezieht und erst mit dem zweiten und dritten Unterabsatz die Antrittszulage regelt. Ein bestimmter Arbeitnehmerkreis, der Anspruch auf diese Antrittszulage haben soll, wird – wie oben dargelegt – nicht ausdrücklich genannt. Gleichwohl folgt zunächst aus dem engen systematischen Zusammenhang mit der Regelung der Ausgleichszulage in Abs. 4, daß es sich auch hier um die Regelung eines vergleichbaren Sachverhaltes handelt. Angesprochen ist wiederum der Fall, daß Fachkräfte der Druckindustrie als gewerbliche Arbeitnehmer nach den für diese geltenden Tarifvorschriften eine Antrittszulage erhielten, die jetzt maßgebenden Angestelltentarifverträge aber eine solche Zulage nicht vorsehen, so daß der Arbeitnehmer evtl. neben dem geringeren tariflichen Entgelt für seine Angestelltentätigkeit eine finanzielle Einbuße auch noch dadurch erleidet, daß er als Angestellter keinen tariflichen Anspruch auf eine Antrittszulage hat. Dieser finanzielle Nachteil soll durch die Antrittszulage ausgeglichen werden, allerdings nach dem 3. Unterabsatz nur dann und insoweit, als der finanzielle Verlust nicht durch höhere Sonntagszuschläge für die Angestelltentätigkeit ausgeglichen wird und auch dann nicht, wenn er als Angestellter keine Sonn- oder Feiertagsarbeit mehr leistet, auch wenn er solche als Fachkraft der Druckindustrie geleistet hätte.

Dieser Zusammenhang macht deutlich, daß die Antrittszulage nur solche jetzt als Angestellte beschäftigten Arbeitnehmer erhalten sollen, die – wäre das rechnergesteuerte Textsystem nicht eingeführt worden und wären sie deshalb als Fachkräfte der Druckindustrie weiterbeschäftigt worden – die Antrittsgebühr erhalten hätten.

d) Wäre die Ansicht des Klägers zutreffend, daß alle Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Ausbildung Fachkräfte der Druckindustrie sind, die Antrittszulage erhalten sollen, sofern sie nur im rechnergesteuerten Textsystem für die regelmäßige Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften auch an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden, unabhängig davon ob sie in ihrem bisherigen Berufsleben überhaupt je als Fachkraft der Druckindustrie gearbeitet und jemals eine Antrittszulage erhalten haben, wäre ein Sinn dieser Regelung nicht zu erkennen. Sie würde dazu führen, daß alle mit einer Tätigkeit im rechnergesteuerten Textsystem beschäftigten Arbeitnehmer, die von ihrer Berufsausbildung her keine Fachkräfte der Druckindustrie sind, diese Zulage nicht erhielten, während ihre Arbeitskollegen bei gleicher Tätigkeit Anspruch auf diese Zulage hätten, nur weil sie irgendwann einmal eine Berufsausbildung als Fachkraft der Druckindustrie absolviert haben. Eine solche unterschiedliche Behandlung ließe sich – wenn überhaupt – nur mit der Überlegung rechtfertigen, daß Arbeitnehmer, die sich einer Berufsausbildung unterzogen haben, die infolge der technischen Entwicklung immer weniger gefragt wird, dafür eine Entschädigung erhalten sollen. Eine solche Regelung wäre zumindest ungewöhnlich. Faktoren, die die Höhe des tariflichen Entgeltes bestimmen, werden im allgemeinen im Zusammenhang mit der tariflichen Entgeltregelung selbst geregelt. Die Regelung über die Antrittszulage findet sich aber als Unterabsatz in einer umfassenden Übergangsregelung für Arbeitnehmer, die von der Einführung rechnergesteuerter Textsysteme betreffen werden und deswegen eine gegenüber ihrer bisherigen Tätigkeit “neue Tätigkeit” als Angestellte ausüben.

Dem Umstand, daß infolge der technischen Entwicklung für Fachkräfte der Druckindustrie auf dem Arbeitsmarkt immer weniger entsprechende Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, trägt schon § 2 RTS-Tarifvertrag Rechnung, indem er bestimmt, daß mit Arbeiten der Texterfassung und Textgestaltung im rechnergesteuerten Textsystem soweit wie irgend möglich Fachkräfte der Druckindustrie beschäftigt werden sollen, obwohl sie gerade für solche Tätigkeiten nicht ausgebildet und vielfach auch überqualifiziert sind. Daß diesen Fachkräften der Druckindustrie auch Entgeltbestandteile erhalten bleiben sollen, die sie in ihrem Arbeitsleben hätten verdienen können, wenn nur ausreichend entsprechende Arbeitsplätze vorhanden wären, läßt sich der Regelung des § 11 Abs. 5 RTS-Tarifvertrag und auch der Gesamtheit der Regelungen dieses Tarifvertrages nicht entnehmen. Gegen einen solchen Zweck spricht auch, daß die Antrittszulage immer dann nicht zu zahlen ist, wenn in der “neuen Tätigkeit” – gleich aus welchen Gründen – keine Sonntagsarbeit zu leisten ist.

Der Kläger, der bei Einführung des rechnergesteuerten Textsystems bei der Beklagten noch nicht beschäftigt war und daher von dieser Einführung nicht betroffen wurde, hat daher keinen Anspruch auf die Antrittszulage. Arbeits- und Landesarbeitsgericht haben die Klage daher zu Recht abgewiesen. Seine Revision ist unbegründet. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Matthes, Dr. Freitag, Böck, Lindemann, Walther

 

Fundstellen

Haufe-Index 870877

NZA 1995, 1203

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