Entscheidungsstichwort (Thema)
Weisungswidrige Überweisung. Doppelzahlung
Normenkette
BGB §§ 362, 364, 812 Abs. 1, § 818 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 23. Dezember 1997 – 2 Sa 64/96 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines an ihn zweifach überwiesenen Betrags in Anspruch.
Der Beklagte war bis zum 31. März 1994 bei der Klägerin als Vertriebsmitarbeiter mit einem Bruttogehalt von zuletzt 6.000,00 DM beschäftigt. Nach § 4 Nr. 3 des Anstellungsvertrags war das Gehalt jeweils am Monatsende auf ein der Klägerin bekanntzugebendes Bank-, Sparkassen- oder Postgirokonto zu überweisen. Nachdem die kontenführende Sparkasse den Girovertrag mit dem Beklagten wegen eines hohen Minussaldos im Dezember 1993 gekündigt hatte, zahlte die Klägerin die Gehälter für Dezember 1993, Januar und Februar 1994 mittels Scheck. Wegen des Gehaltes März 1994 führten die Parteien einen Rechtsstreit, der durch einen am 1. September 1994 vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich erledigt wurde. Die Klägerin verpflichtete sich, an den Beklagten 3.300,00 DM brutto zu zahlen. Mit Schreiben vom 13. September 1994 baten die Prozeßbevollmächtigten des Beklagten in dessen Namen um Überweisung des Vergleichsbetrags auf eines ihrer Konten. Diese Bitte wiederholte der Beklagte schriftlich anläßlich der Übersendung seiner Lohnsteuerkarte 1994. Anschließend überwies die Klägerin den sich aus 3.300,00 DM brutto ergebenden Nettobetrag von 2.091,07 DM auf das frühere Konto des Beklagten bei der Sparkasse. Die Sparkasse verrechnete den Betrag mit ihren Ansprüchen gegen den Beklagten. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung überwies die Klägerin im Oktober 1995 erneut den Nettobetrag, nunmehr auf ein Konto der Prozeßbevollmächtigten des Beklagten.
Die Klägerin verlangt Zahlung in Höhe der fehlgeschlagenen Überweisung.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.091,07 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. November 1995 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klägerin mit der Klage abzuweisen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision. Die Klägerin bittet um deren Zurückweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil zu Recht zurückgewiesen.
I. Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin 2.091,07 DM zu zahlen, weil er in Höhe dieses Betrags aufgrund der Überweisung der Klägerin auf sein Sparkassenkonto ungerechtfertigt bereichert ist, §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB.
1. Mit der Überweisung des sich aus dem Vergleich über 3.300,00 DM brutto ergebenden Nettobetrags von 2.091,07 DM hat die Klägerin erkennbar bezweckt, die sich aus dem Vergleich ergebende Verpflichtung zu erfüllen. Sie hat damit dem Beklagten die von ihr geschuldete Leistung erfüllen wollen. Das ist ihr indessen nicht gelungen. Eine Geldschuld kann zwar anstatt durch Barzahlung auch durch Banküberweisung erfüllt werden. Das setzt aber das Einverständnis des Gläubigers voraus. Dabei ist es dann eine untergeordnete Frage, ob mit der Gutschrift auf dem angegebenen Konto die Leistung im Sinne von § 362 Abs. 1 BGB bewirkt ist oder eine Leistung an Erfüllung statt im Sinne § 364 BGB vorliegt. Die Schuld ist unabhängig davon nur erfüllt und damit getilgt, wenn die Leistung bestimmungsgemäß erbracht wird.
Daran fehlt es hier. Der Beklagte war mit dem von der Klägerin gewählten Zahlungsweg der Überweisung seines Nettoentgelts auf das früher bestimmte Konto nicht einverstanden. Damit war die von der Klägerin beabsichtigte Tilgung der im Vergleich übernommenen Schuld durch diese Überweisung nicht möglich.
2. Durch die Überweisung der Klägerin auf das Konto bei der Sparkasse ist der Beklagte gleichwohl bereichert und zur Herausgabe des dadurch Erlangten verpflichtet. Denn die Sparkasse hat den entsprechenden Betrag seinem Konto gutgeschrieben und seine Verbindlichkeiten insoweit gemindert. Zwar konnte der Beklagte aufgrund dieser Verrechnung über die Vergleichssumme nicht wirtschaftlich frei verfügen. Das ändert aber nichts daran, daß er aufgrund der Leistung der Klägerin in Höhe des gutgeschriebenen Betrags von seinen Verbindlichkeiten gegenüber der Sparkasse befreit worden ist und damit einen vermögensrechtlichen Vorteil erlangt hat. Er hat deshalb nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz in entsprechender Höhe zu leisten.
3. Diese Bereicherung ist auch nicht aufgrund späterer Umstände entfallen.
a) Eine Bereicherung des Gläubigers scheidet dann aus, wenn ihm der Überweisungsbetrag tatsächlich nicht zugute kommt. Diese Voraussetzungen hat der Gläubiger im Einzelnen darzulegen und ggf. zu beweisen. Diese Voraussetzungen sind vom Beklagten nicht dargetan.
b) Der Beklagte hat der Sparkasse gegenüber nicht beanstandet, daß diese den Überweisungsbetrag als Zahlungseingang behandelt und sein Minussaldo entsprechend verringert hat. Er hat die ihm von der Sparkasse aufgedrängte Schuldtilgung nicht rückgängig gemacht. Deshalb kommt es auf die vom Landesarbeitsgericht und von der Revision behandelte Frage, ob der Beklagte die Gutschrift hätte zurückweisen können, nicht an (vgl. BGH Urteil vom 6. Dezember 1994 – XI ZR 173/94 – NJW 1995, 520, m.w.N.). Denn der Beklagte hat ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt, er hätte die Handhabung der Sparkasse ohnehin nicht verhindern können, keine Anstalten unternommen, die Überweisung der Klägerin rückgängig zu machen. Die vom Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragene Behauptung, er habe sich zwischenzeitlich mit der Sparkasse umfassend geeinigt, wobei die Überweisung der Klägerin keine Rolle gespielt habe, ist revisionsrechtlich nicht zu berücksichtigen.
II. Die Rechtsverfolgung ist entgegen der Revision nicht treuwidrig.
1. Nach einer in Rechtsprechung (LAG Stuttgart Beschluß vom 22. Mai 1985 – 2 Sa 166/84 – NJW 1985, 2727) und im Schrifttum (Canaris, Großkomm. HGB, 3. Aufl., Bd. III/3 (2. Bearb.) 1981, Rz 473) vertretenen Auffassung kann der Schuldner im Fall der Überweisung des geschuldeten Betrags auf ein hierfür nicht bestimmtes Konto mit seinem Bereicherungsanspruch nicht gegen den Erfüllungsanspruch des Gläubigers aufrechnen. Das Aufrechnungsverbot wird mit der Interessenlage des Gläubigers begründet: Mit der Aufrechnung könnte der Schuldner wirtschaftlich gerade das Ergebnis erreichen, das der Gläubiger mit der ausdrücklichen Leistungsbestimmung verhindern wollte.
Es kann dahinstehen, ob dem zuzustimmen ist. Die Klägerin verfolgt ihren Anspruch nicht im Wege der Aufrechnung.
2. Die Erwägung der Revision, die Klägerin habe den Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen umgangen, greift nicht. Mit ihrer zweiten Überweisung hat sie dem Beklagten das Arbeitsentgelt ungeschmälert zur Verfügung gestellt. Der Pfändungsschutz nach §§ 850c ff. ZPO ist damit gewahrt. Er wird nicht deshalb hinfällig, weil der Beklagte aufgrund der fehlgeschlagenen Überweisung dem Bereicherungsanspruch der Klägerin ausgesetzt ist.
3. Für ein vermeintlich sittenwidriges Handeln der Klägerin und einen Versuch, den Beklagten vorsätzlich zu schädigen, fehlt es an jedem tatsächlichen Anhalt.
4. Auf die Erwägungen des Beklagten, die Klägerin hätte die Sparkasse auf Rückzahlung des überwiesenen Betrags in Anspruch nehmen müssen, kommt es nicht an. Durfte die Sparkasse den überwiesenen Betrag aufgrund der Kündigung des Girokontovertrags nicht mit dem Debetsaldo des Beklagten verrechnen, ist sie hierdurch zwar bereichert. Die Klägerin ist aber nicht Bereicherungsgläubigerin.
III. Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Leinemann, Düwell, Reinecke, Schwarz, Trümner
Fundstellen
Haufe-Index 2629028 |
NZA 1999, 977 |