Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung von Laboringenieur
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 25.5.1988 4 AZR 790/87.
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 30.07.1987; Aktenzeichen 9 Sa 1638/86) |
ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 13.08.1986; Aktenzeichen 4 Ca 38/86) |
Tatbestand
Der Kläger, der graduierter Chemie-Ingenieur ist, wird seit dem 1. April 1979 bei dem beklagten Land an der Fachhochschule D als Laboringenieur im Fachbereich chemische Technologie beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) und der diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge Anwendung. Im Arbeitsvertrag ist vereinbart, daß sich die Eingruppierung nach den jeweils geltenden Erlassen für die Eingruppierung von Laboringenieuren richte. Der Kläger erhält Vergütung nach VergGr. IV a BAT. Mit Schreiben vom 25. Januar 1984 hat er geltend gemacht, daß ihm Vergütung nach VergGr. III BAT ab 1. April 1984 zustehe.
Dem Kläger obliegen folgende Aufgaben:
1. Aufbau und Erprobung von Versuchsanordnungen im
AC-Grundpraktikum, Abfassung der entsprechenden
Versuchsanleitungen, Analysenausgabe und Korrektur
(zeitlicher Anteil 15 %);
2. Aufbau und Erprobung von Versuchsanordnungen
hohen Schwierigkeitsgrades im AC-Fortgeschrittenen-Praktikum
entsprechend den Ausbildungszielen der
zugehörigen Lehrveranstaltungen; Durchführung von
Einzelversuchen, deren Auswertung und kritische
Betrachtung; Optimierung von Versuchsanordnungen,
Analysenausgabe und -überwachung (zeitlicher
Anteil 10 %);
3. Einweisung und fachliche Betreuung sowie Beaufsichtigung
der Studenten in den anorganischen
Labors, Aufzeigen der Versuchsproblematik, Sicherheitsbelehrung
und Diskussion der Analysen- bzw.
Versuchsergebnisse, Überwachung der Versuchsabläufe,
Hilfestellung bei der Problembewältigung
(zeitlicher Anteil 55 %);
4. Vorbereitung und Unterstützung der Studenten bei
der Durchführung der Diplomarbeit im Labor, fachliche
Beratung und Betreuung der Diplomarbeiten
unter der verantwortlichen Leitung eines Professors
(zeitlicher Anteil 10 %);
5. Technische Organisation des Laborbetriebes,
Besorgung und Entsorgung von Chemikalien, Wartung
und Instandhaltung sowie Verwaltung der Geräte in
den AC-Praktika, Inbetriebnahme neuer Geräte
(zeitlicher Anteil 5 %);
6. Vorschläge für Neuanschaffungen, Beobachtung des
entsprechenden Marktangebotes, Studium der entsprechenden
Fachliteratur, Abwicklung der Bestellungen,
Verwaltung der Verbrauchsmittel (zeitlicher Anteil
5 %).
Der Kläger, der seine Klage nicht mehr auf einen der arbeitsvertraglich vereinbarten Eingruppierungserlasse stützt, hat die Auffassung vertreten, daß seine Tätigkeit das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. III Fallgruppe 2, Teil I der Anlage 1 a zum BAT erfülle. Mit seiner Tätigkeit erbringe er besondere Leistungen im Sinne des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10. Die von ihm durchzuführenden Versuche seien entsprechend der technischen Ausstattung des Labors von relativ hohem technischen Schwierigkeitsgrad. Sie müßten den neuesten technisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Ausbildungszielen der jeweiligen Vorlesungen angepaßt werden. Dies erfordere experimentelles Geschick und ein hohes Maß an Flexibilität und Selbständigkeit. Die Praktika, bei denen er die Studenten verantwortlich einweise, fachlich betreue und beaufsichtige, seien eine Ergänzung der Vorlesung des Professors. Ihm obliege außerdem die fachliche Beratung und Betreuung der Diplom-Arbeiten entsprechend der Aufgabenstellung durch den Professor.
Seine Tätigkeit als Lehrhilfskraft sei als "Spezialtätigkeit" im Sinne des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 anzusehen. Die Beratung und Betreuung der Studenten in den Praktika und bei den Diplomarbeiten erfordere pädagogische Kenntnisse und didaktische Fähigkeiten. Er nehme deshalb eine Aufgabe wahr, die außerhalb derjenigen Aufgaben liege, die üblicherweise einschlägig ausgebildeten Ingenieuren übertragen würden, und die deshalb ein außergewöhnliches Spezialgebiet betreffe.
Der Kläger hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, ihn
ab 1. April 1984 nach der Vergütungsgruppe
III BAT zu vergüten.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß der Kläger tarifgerecht vergütet werde. Mit seiner Tätigkeit erbringe der Kläger allenfalls besondere Leistungen im Sinne der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10. Er benötige kein Fachwissen, das dasjenige eines ausgebildeten Fachhochschulingenieurs übersteige, sondern gebe grundsätzlich nur diejenigen Kenntnisse und Fertigkeiten weiter, die ihm selbst als Student vermittelt worden seien. Dabei handele es sich um Grundwissen, das in sich wiederholenden, erprobten Versuchen dargestellt werde, wenn diese auch dem jeweiligen Wissens- und Kenntnisstand selbstverständlich angepaßt werden müßten. Der Kläger werde außerdem nur in Praktika mit bestimmten Studienschwerpunkten eingesetzt.
Die Betreuung der Studenten bei den Praktika und bei den Diplomarbeiten obliege dem Professor. Der Kläger leiste nur eine unterstützende Tätigkeit bei der technischen Durchführung der Versuche. Er nehme somit keine Unterrichtstätigkeit wahr, sondern als Lehrhilfskraft nur eine lehrnahe technische Tätigkeit. Insoweit könnten bei der Wissensvermittlung an die Studenten besondere Leistungen im Tarifsinne erforderlich sein. Es handele sich jedoch nicht um eine Spezialtätigkeit im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2. Die Tätigkeit habe keinen außergewöhnlichen Charakter, da der Kläger lediglich Kenntnisse und Fähigkeiten so vermittle, wie er es selbst als Student erfahren habe. Grundlegende Kenntnisse der Pädagogik und Didaktik benötige er nicht; insbesondere bestimme er nicht die Lernziele. Außerdem obliege dem Kläger nicht die verantwortliche Aufsicht über den technischen Bereich und das technische Personal des Labors. Er führe auch keine schwierigen und umfangreichen Versuche in den Vorlesungen vor.
Die Tätigkeit des Klägers hebe sich auch nicht durch besonders schwierige Tätigkeiten und die Bedeutung des Aufgabengebietes aus der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 heraus.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger klargestellt, daß er die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes zur Zahlung einer Vergütung nach VergGr. III BAT begehrt. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land den Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht erkannt, daß dem Kläger ab 1. April 1984 Vergütung nach VergGr. III BAT zusteht.
Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Vorschriften des BAT und der diesen ändernden und ergänzenden Bestimmungen als Vertragsrecht Anwendung. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllende Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal der von ihm beanspruchten VergGr. III BAT entsprechen (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen, wonach darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (vgl. BAGE 51, 59; 51, 282; 51, 356 = AP Nrn. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß die Tätigkeit des Klägers bei der Einweisung und fachlichen Betreuung der Studenten in den Praktika (55 v. H. der Gesamtarbeitszeit) und bei der Betreuung von Diplomarbeiten (10 v. H. der Gesamtarbeitszeit) jeweils als Arbeitsvorgang im Tarifsinne anzusehen sei und diese Arbeitsvorgänge nach der Anlage 1 a zum BAT zu bewerten seien. Dem ist zuzustimmen. Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht aus, daß die Tätigkeit des Klägers in den Praktika als Arbeitsergebnis die Betreuung einer Gruppe von Studenten zum Inhalt habe, während er bei den Diplomarbeiten einzelne Studenten betreue. Seine Tätigkeit in diesen Bereichen, die ihm allein übertragen ist, ist auch von der Tätigkeit des Hochschullehrers tatsächlich trennbar und nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 a zum BAT tarifrechtlich selbständig zu bewerten.
Die Tätigkeit des Klägers ist insoweit nicht als diejenige einer "Lehrkraft" im Sinne der Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen von der Anlage 1 a ausgenommen.
Der Senat hat im Urteil vom 11. Februar 1987 - 4 AZR 145/86 - (AP Nr. 131 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) im einzelnen ausgeführt, daß die Tätigkeit eines Laboringenieurs diejenige einer Lehrkraft im Sinne von Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen sein könne, wenn die selbständige Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten, insbesondere bei der Leitung von Lehrveranstaltungen, überwiege, so daß in diesen Fällen die Anlage 1 a zum BAT nicht zur Anwendung komme. Nehme der Laboringenieur hingegen technische Hilfstätigkeiten in Verbindung mit den Lehrveranstaltungen des Hochschullehrers wahr, sei seine Tätigkeit nach der Anlage 1 a zum BAT tariflich zu bewerten. Im Hinblick auf diese Rechtslage hat der Senat gebilligt, daß das beklagte Land auch für diejenigen Laboringenieure, die als Lehrkräfte anzusehen sind, durch die jeweilige arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die die Eingruppierung von Laboringenieuren regelnden Erlasse vom 25. Juli 1983 und 10. August 1983 die Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1 a zum BAT anwendet, so daß diese auf jeden Fall zu prüfen seien.
Vorliegend nimmt das Landesarbeitsgericht mit Recht an, daß der Kläger bei der Betreuung der Studenten in den Praktika und bei den Diplomarbeiten nicht die Tätigkeit einer Lehrkraft im Sinne von Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen ausübe. Der Kläger trägt selbst vor, daß er bei der Einweisung, fachlichen Beratung und Betreuung der Studenten in den Praktika und bei der Betreuung der Diplomarbeiten als "Lehrhilfskraft" tätig werde. Die Verantwortung für die gesamte Lehrveranstaltung und die Abwicklung der Diplomarbeiten liege beim Hochschullehrer, während ihm in dem vom Hochschullehrer vorgegebenen Rahmen die technische Umsetzung des Unterrichtsstoffes unter Einsatz pädagogischer Kenntnisse und Fähigkeiten obliege. Dies räumt auch das beklagte Land ein, indem es die Tätigkeit des Klägers bei der Betreuung der Studenten in den Praktika und bei den Diplomarbeiten als "lehrnahe" Tätigkeit kennzeichnet. Eine solche "lehrnahe" technische Hilfstätigkeit im Rahmen und im Zusammenhang mit den dem Hochschullehrer verantwortlich übertragenen Lehrveranstaltungen hat der Senat schon im Urteil vom 1. Juni 1977 - 4 AZR 111/76 - (AP Nr. 98 zu §§ 22, 23 BAT) nicht als diejenige einer Lehrkraft im Sinne von Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen angesehen. Dies gilt auch vorliegend. Der Einsatz von pädagogischen Kenntnissen und Fähigkeiten bei der technischen Hilfstätigkeit des Klägers im Rahmen der Praktika und bei der Betreuung der Diplomarbeiten läßt noch nicht den Schluß zu, daß der Kläger insoweit als Lehrkraft im Tarifsinne tätig wird. Insbesondere bietet der Sachvortrag der Parteien auch keine Anhaltspunkte, daß dem Kläger die Durchführung eigener Lehrveranstaltungen übertragen worden sei.
Die technische Hilfstätigkeit des Klägers ist nach dem übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien auch nicht von dem Einsatz pädagogischer Kenntnisse und Fähigkeiten zu trennen, was die Annahme eines Arbeitsvorganges im Tarifsinne ausschließen würde. Der Kläger wird nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Rahmen der Praktika und bei den Diplomarbeiten nicht in der Weise tätig, daß ihm teilweise allein technische Tätigkeiten übertragen werden, bei denen der Einsatz pädagogischer Kenntnisse und Fähigkeiten nicht erforderlich ist und er im übrigen mit der Leitung von Lehrveranstaltungen betraut wird; vielmehr hat der Kläger bei seiner technischen Hilfstätigkeit in den Praktika und bei den Diplomarbeiten durchgehend pädagogische Kenntnisse und Fähigkeiten einzusetzen. Diese Tätigkeit ist mithin nicht in eine solche mit und eine solche ohne den Einsatz von pädagogischen Kenntnissen und Fähigkeiten aufspaltbar. Auch das beklagte Land gesteht zu, daß der Kläger insgesamt eine lehrnahe Tätigkeit ausübe. Demgemäß hat das Landesarbeitsgericht zu Recht die Tätigkeit des Klägers in den Praktika und bei der Betreuung der Diplomarbeiten als Arbeitsvorgänge im Tarifsinne angesehen und diese nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 a zum BAT bewertet.
Bei der tariflichen Bewertung der Tätigkeit sind folgende Tätigkeitsmerkmale heranzuziehen:
VergGr. IV b BAT Fallgruppe 21
Technische Angestellte mit technischer Ausbildung
nach Nr. 2 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen
und entsprechender Tätigkeit nach 6-monatiger
Berufsausübung nach Ablegung der Prüfung sowie
sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger
Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende
Tätigkeiten ausüben, nach 6-monatiger Ausübung dieser
Tätigkeiten.
(Entsprechende Tätigkeiten sind zum Beispiel ....)
VergGr. IV a BAT Fallgruppe 1O
Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach
Nr. 2 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen,
die sich durch besondere Leistungen aus der Vergütungsgruppe
IV Fallgruppe 21 herausheben, sowie sonstige
Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten
und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
(Besondere Leistungen sind z. B.:
Aufstellung oder Prüfung von Entwürfen, deren
Bearbeitung besondere Fachkenntnisse und besondere
praktische Erfahrung oder künstlerische Begabung
voraussetzt, sowie örtliche Leitung bzw. Mitwirkung
bei der Leitung von schwierigen Bauten und Bauabschnitten
sowie deren Abrechnung).
VergGr. III BAT Fallgruppe 2
Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach
Nr. 2 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen
und langjähriger praktischer Erfahrung, die sich
durch besonders schwierige Tätigkeiten und die Bedeutung
ihres Aufgabengebietes oder durch künstlerische oder
Spezialtätigkeit aus der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe
10 herausheben, sowie sonstige Angestellte,
die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer
Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß der Kläger das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 21 erfülle und sich seine Tätigkeit durch besondere Leistungen aus dieser Vergütungsgruppe heraushebe, so daß auch das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 vorliege. Die Tätigkeit erfordere besondere Leistungen im Tarifsinne, weil der Kläger für mehrere Professoren mit jeweils unterschiedlichen Fachschwerpunkten zuständig sei und sich in den Praktika den wechselnden Anforderungen und der wechselnden Aufgabenstellung der einzelnen Vorlesungen anpassen müsse. Dies erfordere ein Wissen und Können, welches über dem eines normalen Ingenieurs liege. Der Kläger solle Fachhochschulingenieure ausbilden und bis zum Abschluß betreuen, was für ein - gemessen am Wissensstand eines ausgebildeten Fachhochschulingenieurs - deutlich gesteigertes Fachwissen spreche. Gleiches gelte für seine Tätigkeit bei der Betreuung der Diplomarbeiten. Das Landesarbeitsgericht nimmt ferner an, daß die Tätigkeit des Klägers, der langjährige praktische Erfahrungen habe, sich als Spezialtätigkeit aus der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 heraushebe, so daß sie das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 erfülle. Der Kläger übe eine Spezialtätigkeit im tariflichen Sinne aus, weil er sein technisches Wissen und Können im Rahmen der Praktika und bei der Betreuung der Diplomarbeiten an Studenten weitergebe und zur Einführung der Studenten in die Versuche, zur Erläuterung des Versuchsablaufes und zur Ergebnisauswertung erhebliche pädagogische und didaktische Fähigkeiten benötige, die normalerweise von einem Ingenieur nicht verlangt werden könnten.
Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht ist bei der tariflichen Bewertung der Tätigkeit des Klägers in den Praktika und bei der Betreuung der Diplomarbeiten von den zutreffenden Rechtsbegriffen ausgegangen. Seine Subsumtion hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand, da sie weder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt noch wesentliche Umstände unberücksichtigt läßt (vgl. BAG Urteil vom 1. Juni 1977 - 4 AZR 111/76 - AP Nr. 98 zu §§ 22, 23 BAT).
Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß die Vergütungsgruppen IV b BAT Fallgruppe 21, IV a BAT Fallgruppe 10 und III BAT Fallgruppe 2 aufeinander aufbauen. Es prüft deshalb mit Recht zunächst das Vorliegen des Tätigkeitsmerkmals der Ausgangsvergütungsgruppe IV b BAT Fallgruppe 21 (vgl. BAGE 29, 416, 421 f. = AP Nr. 3 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dieses Tätigkeitsmerkmal wird vom Kläger erfüllt, da er technischer Angestellter mit einer technischen Ausbildung nach Nr. 2 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen mit entsprechender Tätigkeit ist, die er im Anspruchszeitraum bereits länger als sechs Monate ausübt.
Das Landesarbeitsgericht geht in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung ferner davon aus, daß die Tarifvertragsparteien mit "besonderen Leistungen" im Sinne der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 eine an den vorgesehenen Beispielstätigkeiten orientierte, deutlich wahrnehmbar erhöhte Qualität der Arbeit, die erhöhtes Wissen und Können oder eine sonstige gleichwertige Qualifikation verlangt, fordern (BAGE 51, 59 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975 m. w. N.). Das Vorliegen dieser Anforderungen folgert das Landesarbeitsgericht im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes ohne Verstoß gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze daraus, daß der Kläger für mehrere Professoren mit jeweils unterschiedlichen Fachschwerpunkten zuständig sei, sich wechselnden Anforderungen anpassen und das gesamte Spektrum des Fachschwerpunktes beherrschen müsse. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht bei dieser Beurteilung auch keine wesentlichen Umstände außer acht gelassen. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt vielmehr, daß der Kläger mit dem jeweiligen Hochschullehrer zusammenarbeite und schließt gerade daraus, daß der Kläger für mehrere Hochschullehrer tätig werden müsse, auf die wechselnde und vielfältige Aufgabenstellung und das damit geforderte erhöhte Wissen und Können. Das Landesarbeitsgericht geht nämlich davon aus, daß die Hochschullehrer, für die der Kläger tätig wird, wie es den üblichen Gegebenheiten an einer Hochschule entspricht, in unterschiedlichen Bereichen tätig sind. Die Tätigkeit auf unterschiedlichen Bereichen bedingt die wechselnden Anforderungen, die an den Kläger gestellt werden. Zudem verweist das Landesarbeitsgericht zu Recht darauf, daß sich die Tätigkeit auf das gesamte Spektrum des Fachschwerpunktes beziehe, da sie in allen Phasen des Studienganges zu leisten ist. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kommt damit in diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht zum Ausdruck, daß dem Kläger die gesamte Ausbildung übertragen sei. Vielmehr stellt das Landesarbeitsgericht im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes mit Recht darauf ab, daß sich die Kenntnisse und Fähigkeiten des Klägers, anders als bei einem üblicherweise nur auf einem Teilbereich seiner früheren Ausbildung eingesetzten Ingenieur, aktualisiert auf den gesamten Fachschwerpunkt beziehen müssen. Dies erfordert notwendigerweise nicht nur Kenntnisse, die dem Kläger selbst in der Ausbildung vermittelt worden sind. Die Vermittlung des Wissensstoffes verlangt eine vollständige Beherrschung des Wissensgebietes und mithin eine Steigerung des Wissens und Könnens im Vergleich zu demjenigen, das von den Studenten bei Ablegung der Prüfung verlangt wird. So räumt auch das beklagte Land letztlich ein, daß insoweit das Vorliegen der Anforderungen der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 für die Tätigkeit des Klägers angenommen werden kann.
Soweit das Landesarbeitsgericht bejaht, daß der Kläger in den Praktika und bei der Betreuung der Diplomarbeiten eine Spezialtätigkeit im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 ausübe, ist auch dies im Hinblick auf seinen Beurteilungsspielraum revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das Landesarbeitsgericht geht auch hier vom zutreffenden Rechtsbegriff aus. Spezialtätigkeit ist eine Tätigkeit, die ein außerhalb der üblichen Aufgaben eines einschlägig ausgebildeten Ingenieurs liegendes, außergewöhnliches Spezialgebiet betrifft, wobei zur Ausfüllung dieser Qualifikation bei einem technischen Angestellten auch von ihm anzuwendende nichttechnische und insbesondere pädagogische Fachkenntnisse mit herangezogen werden können (BAG Urteil vom 1. Juni 1977 - 4 AZR 111/76 - AP Nr. 98 zu §§ 22, 23 BAT, m. w.N.). Das Landesarbeitsgericht stellt dazu fest, daß der Kläger bei der Weitergabe seines technischen Wissen und Könnens im Rahmen der Praktika und bei der Betreuung der Diplomarbeiten erhebliche pädagogische und didaktische Fähigkeiten, die normalerweise von einem Ingenieur nicht verlangt werden können, benötige. Diese tatsächliche Feststellung wird von der Revision formell nicht ordnungsgemäß gerügt, so daß der Senat daran gebunden ist (§ 561 Abs. 2 ZPO). Dann aber ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, daß dieser Einsatz pädagogischer und didaktischer Fähigkeiten die Tätigkeit als Spezialtätigkeit im Tarifsinne ausweise, rechtlich möglich und demzufolge einer anderen Bewertung durch das Revisionsgericht entzogen.
Wenn das beklagte Land demgegenüber einwendet, daß das Landesarbeitsgericht den Einsatz pädagogischer und didaktischer Fähigkeiten nicht bereits bei der Anforderung der besonderen Leistungen im Sinne der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 berücksichtigt habe, so ist ein Rechtsfehler darin nicht erkennbar. Das Landesarbeitsgericht hat vielmehr zutreffend berücksichtigt, daß mehrere Qualifikationsmerkmale nicht mit den gleichen Tatumständen begründet werden können. Hingegen umfaßt der tatrichterliche Beurteilungsspielraum die Befugnis zu bestimmen, mit welchen unterschiedlichen Tatsachen das jeweilige Heraushebungsmerkmal begründet wird (vgl. BAGE 51, 356 = AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975 im Anschluß an BAG Urteil vom 6. Juni 1984 - 4 AZR 218/82 - AP Nr. 90 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Insoweit ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht den Einsatz pädagogischer und didaktischer Fähigkeiten durch den Kläger nicht bereits zur Begründung des Heraushebungsmerkmals der besonderen Leistungen in VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10, sondern erst bei der Beurteilung der Frage, ob der Kläger eine Spezialtätigkeit im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 ausübt, berücksichtigt.
Ob dem Kläger die verantwortliche Aufsicht über das technische Personal des Labors obliegt oder ob er schwierige Versuche während der Vorlesungen ausführt, ist für die Arbeitsvorgänge, die das Landesarbeitsgericht bewertet, nicht maßgebend. Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht auch aus, daß es bei der angenommenen Spezialtätigkeit im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 nicht darauf ankommt, ob die Tätigkeit sich auch durch ihre besondere Schwierigkeit und die Bedeutung des Aufgabengebietes aus der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 10 heraushebt.
Das Landesarbeitsgericht nimmt letztlich auch mit Recht an, daß der Kläger, der seit dem 1. April 1979 und damit seit mehr als drei Jahren als Laboringenieur tätig ist, langjährige Erfahrungen im Sinne der VergGr. III BAT Fallgruppe 2 hat.
Das beklagte Land hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Freitag
Polcyn Fieberg
Fundstellen