Entscheidungsstichwort (Thema)

Dipl.-Sozialarbeiterin in Landesklinik

 

Leitsatz (redaktionell)

Eingruppierung einer Dipl.-Sozialarbeiterin, die in einem Arbeitsvorgang in die ärztliche Betreuung integriert war.

 

Normenkette

BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 09.06.1993; Aktenzeichen 9 Sa 1146/92)

ArbG Aachen (Urteil vom 02.11.1992; Aktenzeichen 2d Ca 524/92)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 9. Juni 1993 – 9 Sa 1146/92 – aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 2. November 1992 – 2d Ca 524/92 – wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelinstanzen zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der in einer geschlossenen Abteilung eines Landeskrankenhauses mit der Betreuung dort untergebrachter psychisch-kranker Straftäter beschäftigten Klägerin.

Die Klägerin ist seit 1986 als Diplom-Sozialarbeiterin in der R. L. klinik in D. tätig, die in der Trägerschaft des beklagten Landschaftsverbandes steht. Seit November 1991 arbeitet sie als Teilzeitkraft im Umfang von wöchentlich 24 Stunden. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet nach dem Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 1986 der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Die Klägerin erhält zur Zeit eine Vergütung nach der VergGr. IV b (Fallgr. 16) des Teils II Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1 a zum BAT.

Die Klägerin ist in der sog. Forensischen Abteilung des Landeskrankenhauses tätig. Dort sind psychisch-kranke Straftäter – vorrangig Sexual- und Gewalttäter, häufig nach langjährigen Haftstrafen oder Sicherungsverwahrung – untergebracht.

Innerhalb der Abteilung arbeitet die Klägerin in der sog. Aufnahme- und Krisenstation, in der insgesamt ca. 24 Patienten mit einer durchschnittlichen Verweildauer von 3 Monaten untergebracht sind. Die Klägerin ist die einzige Sozialarbeiterin dieser Station. Sie besorgt für die Patienten die Geschäfte des täglichen Lebens (Rente, Taschengeld, Unterhalt, Unterbringungsbeitrag), klärt sie über ihre Rechte und Pflichten auf und hält Kontakt mit deren Familien, Rechtsanwälten und ggf. mit den nach dem Betreuungsgesetz (BtG) vom 12. September 1990 – BGBl I S. 2002 – von dem Vormundschaftsgericht bestellten Betreuern. Dabei obliegen der Klägerin die folgenden Aufgaben, die sich aus der Dienstanweisung für Sozialarbeiter/Sozialpädagogen in den R. L. kliniken, dem entsprechenden Tätigkeitskatalog vom 20. April 1988 und den „Regelaufgaben Sozialarbeiter und Sozialpädagogen” (Bearbeitungsstand 13. Juli 1990), die der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) vom 18. Dezember 1990 (BGBl I S. 2930) zugrunde liegt, ergeben:

Dienstanweisung

für

Sozialarbeiter/Sozialpädagogen

in den

R. L. kliniken

1. Dienst, Stellung und Einsatz der Sozialarbeiter/Sozialpädagogen

1.1 Die Sozialarbeiter/Sozialpädagogen nehmen ihre fachspezifischen Tätigkeiten eigenverantwortlich wahr. Sie arbeiten im Umgang mit den Patienten in Abstimmung mit den Ärzten und im Rahmen des Behandlungsplanes.

Die auf die Untersuchung und Behandlung der Patienten bezogenen Weisungsrechte des Stationsarztes (Ziffer 5.1 der Dienstanweisung für den ärztlichen Dienst in den Rheinischen Landeskliniken) bleiben unberührt.

1.2 Im Bereich sozialer Betreuung und Rehabilitation handeln die Sozialarbeiter/Sozialpädagogen im Benehmen mit den behandelnden Ärzten (§ 3 Abs. 3 KHG NW).

1.4 Der Leitende Arzt entscheidet im Benehmen mit dem ärztlichen Vorstand über den Einsatz der Sozialarbeiter/Sozialpädagogen.

2. Aufgaben der Sozialarbeiter/Sozialpädagogen

2.1 Im Bereich der Untersuchung und Behandlung

  • Einzelfallhilfe,
  • soziale Gruppenarbeit.

2.2 Im Bereich sozialer Betreuung und Rehabilitation

  • Beratung im Bereich der sozialen und beruflichen Rehabilitation,
  • Hilfen zur Integration in Familie, Schule und Beruf,
  • Vermittlung von Kontakten zu außerstationären Einrichtungen,
  • Beratung, insbesondere in familien-, versicherungs- und sozialrechtlichen Bereichen.

2.3 Patientenbezogene Dokumentation

2.4 Teilnahme an Konferenzen

Die Sozialarbeiter/Sozialpädagogen nehmen im Rahmen ihrer Aufgabenstellung an Abteilungs-, Stations- und sonstigen berufsbezogenen Konferenzen teil.

Tätigkeitskatalog für Sozialarbeiter/Sozialpädagogen der R. L. kliniken

2. Aufgabenbereich

Das im folgenden dargestellte Aufgabenspektrum resultiert aus den Anforderungen, mit denen Sozialarbeiter/Sozialpädagogen regelmäßig in ihrem Berufsalltag konfrontiert werden.

Es bestehen folgende Aufgabenbereiche:

  • Beratung des Patienten und seiner Angehörigen
  • Gesprächsangebote zur Bewältigung von Konfliktsituationen
  • Früherkennung und Verhinderung von Krisen (Prävention)
  • Vermittlung von Hilfsangeboten
  • Vermittlung fachärztlicher Behandlung (ambulant und stationär)
  • Problemorientierte Arbeit mit Einzelnen, Gruppen und Familien,
  • Suchtspezifische Einzel-, Familien- und Gruppenarbeit.

3. Tätigkeiten

Folgende Tätigkeiten werden wahrgenommen:

3.1 Erhebung der Sozialanamnese,

Erstellung der psychosozialen Prognose,

Dokumentation der Betreuungsmaßnahmen,

Mitwirkung beim Entwickeln und Realisieren eines auf die Bedürfnisse des Patienten ausgerichteten Gesamthilfeplanes,

Mitwirkung bei der Erstellung und Durchführung des Behandlungsplanes.

3.2 Erschließen finanzieller und materieller Hilfen (z.B., durch Kontakte mit Vormündern und Vermögenspflegern im Zusammenhang mit Patientengeld),

Sozialberichte zur Einleitung von Entwöhnungsbehandlungen und sonstigen Rehabilitationsmaßnahmen,

Zusammenarbeit mit Gerichten und Bewährungshelfern im Rahmen der forensischen Psychiatrie,

Zusammenarbeit mit Kindergärten, Schulen und Beratungsstellen im Rahmen der Kinder- und Jugendpsychiatrie,

Erschließung gesetzlich zustehender Hilfen für die Lebensführung, z.B. durch Beratung und Antragstellung, insbesondere von familien-, versicherungs- und sozialrechtlichen Bereichen (z.B. Sozialhilfeanträge),

Sozialgutachterliche Stellungnahmen, z.B. zur Frage der Einrichtung und Aufhebung von Pflegschaften und Vormundschaften,

Werbung und Beratung von Vormündern und Pflegern,

Feststellung der Hilfebedürftigkeit für die Vorauszahlung des Barbetrages bei fehlender Kostengarantie des Sozialhilfeträgers.

3.3 Beratung und Betreuung psychisch alterskranker Menschen,

Entwicklung individueller Rehabilitationsprogramme,

Erstellung von Förderprogrammen im Langzeitbereich zur Vermeidung und zum Abbau von Hospitalisierungsschäden, Entwickung und Durchführung von Freizeitangeboten,

Sozialpädagogische Maßnahmen.

Neben diesen Aufgaben für alle Patienten der Aufnahme- und Krisenstation wird die Klägerin bei durchschnittlich 4 Patienten als sog. Bezugsperson eingesetzt, die sie außerhalb des medizinischen Bereiches zu betreuen hat. Insoweit hat die Klägerin behauptet, hinsichtlich dieser Patienten erstelle sie in Arbeitsteilung mit den Ärzten den Behandlungsplan, lediglich die Letztverantwortung liege insoweit bei den Abteilungsärzten. Sie verbringe den überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit mit Arbeiten, die über die rein sozialarbeiterische Fürsorge hinausgingen, wie z.B. Behandlung in Einzel- und Gruppentherapie, um die psychosozialen Ursachen der Erkrankung und der Straftat aufzuklären. Diese Tätigkeiten nehme sie während etwa 60–70 % ihrer gesamten Arbeitszeit wahr. Ziel dieser als zweiter Arbeitsvorgang anzusehenden Tätigkeit sei es, die psychosozialen Bedingungen und Ursachen der Erkrankung und Straftat des Patienten zu erarbeiten, um ihm später ein straffreies Leben in der Gelsellschaft zu ermöglichen und die Allgemeinheit vor weiteren ernsthaften Schäden zu schützen. Hierbei ergäben sich folgende Arbeitsschritte:

  1. Einzeltherapie
  2. Milieutherapie (Teilnahme an Stationsversammlungen, Gestaltung eines tragfähigen Stationsklimas)
  3. Gruppentherapie
  4. Teilnahme an regelmäßiger Supervision, bei der die Behandlungsführung der Klägerin supervidiert wird
  5. Familientherapie, um gestörte Kommunikationen abzubauen
  6. Teilnahme an Visiten
  7. Regelmäßige Teamgespräche mit Pflegepersonal und Oberärzten
  8. Koordination und Fertigung des Behandlungsplanes, den die Klägerin in Absprache mit den anderen an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen für ihre 4 Einzeltherapiepatienten fertigt
  9. Führung der Krankenakten der 4 Einzeltherapiepatienten.

Für die psychosoziale Behandlung der ihr zur Einzelbetreuung zugewiesenen Patienten benötige sie in vergleichbarer Weise wie die mit den gleichen Aufgaben beschäftigten Ärzte und Psychologen Kenntnisse von Entstehung und Verlauf psychischer Erkrankungen, Kenntnisse und Wissen von Therapie (Psychotherapie, Milieutherapie, Familientherapie). Diese Kenntnisse müßten auch kunstgerecht angewandt werden, um die besonders schwierigen Patienten mit der Doppelproblematik von seelischer Erkrankung und Devianz zu behandeln. Durch ihre langjährige berufliche Tätigkeit in der Forensik und in Zusammenarbeit mit den Ärzten und Psychologen und durch die regelmäßige Supervision habe sie insoweit ein fundiertes Wissen erworben.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die von ihr ausgeübte Tätigkeit sei „besonders schwierig” im Tarifsinne, da ihr Aufgabengebiet generell von den beteiligten Berufskreisen als schwierig angesehen werde. Ihre Tätigkeit sei auch deshalb als besonders schwierig einzustufen, weil zwei der in der Protokollnotiz Nr. 5 genannten „schwierigen” Tätigkeiten bei ihr kumulativ gegeben seien. Ihre Tätigkeit hebe sich auch durch besondere Bedeutung aus anderen Sozialarbeitertätigkeiten heraus. Denn es gehe um die die Patienten und die Allgemeinheit in entscheidender Weise berührende Frage, ob es gelinge, dem Patienten ein straffreies Leben nach der Behandlung außerhalb der „Mauern” zu ermöglichen und die Allgemeinheit vor Rückfällen zu schützen. Ihrer Prognose komme entscheidende Bedeutung zu.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 1. Januar 1991 nach der VergGr. IV a BAT zu vergüten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die der Klägerin übertragenen Tätigkeiten gingen nicht über den üblichen Arbeitsbereich einer Sozialarbeiterin hinaus. Sie habe nichts dafür dargetan, daß ihre Tätigkeit die Heraushebungsmerkmale der VergGr. IV a BAT „besondere Schwierigkeit und Bedeutung” erfülle. Ein medizinisches Grundwissen sei für jede Tätigkeit eines Sozialarbeiters erforderlich. Der Zeitanteil, den die Klägerin für die psychosoziale Behandlung der ihr zugewiesenen Patienten verwende, sei äußerst gering. Die Klägerin habe auch nicht dargelegt, daß ihrer Tätigkeit eine besondere Bedeutung gegenüber derjenigen Tätigkeit einer Sozialarbeiterin in einem „Heim” im Sinne der VergGr. IV b Fallgr. 16 BAT zukomme. Wie jeder Patient, der in einem „Heim” im weitesten Sinne untergebracht sei, sollten auch die Patienten des Landeskrankenhauses auf ein Leben außerhalb einer solchen geschlossenen Anstalt vorbereitet werden. Mißlinge dies, könne es zu Konflikten für die Allgemeinheit kommen. Diese Gefahr bestehe aber bei allen untergebrachten Patienten, nicht nur bei Straftätern, so daß die möglichen Auswirkungen der Tätigkeit der Klägerin nicht deutlich wahrnehmbar gegenüber denjenigen von in anderen Bereichen tätigen Sozialarbeitern herausgehoben seien.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr nach Beweisaufnahme entsprochen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Klägerin erfülle die Voraussetzungen der VergGr. IV a der Anlage 1 a zum BAT/VKA.

I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

II. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die im Rahmen der Tätigkeit der Klägerin anfallenden Arbeitsvorgänge erfüllen nicht die von ihr in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 BAT).

1. Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft Vereinbarung der BAT in der Fassung für die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) anwendbar, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend klargestellt haben.

2. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit davon ab, ob mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihr in Anspruch genommenen VergGr. IV a der Anlage 1 a zum BAT (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) vom 19. Juni 1970 in der Neufassung des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT vom 24. April 1991 entsprechen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT).

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die gesamte Tätigkeit der Klägerin sei in zwei Arbeitsvorgänge aufzuteilen. Arbeitsergebnis des ersten Arbeitsvorganges sei die Besorgung der Angelegenheiten der Patienten in der Aufnahme- und Krisenstation des Landeskrankenhauses insgesamt, wobei alle einzelnen Aktivitäten der Klägerin allein diesem Ziel dienten. Arbeitsergebnis des zweiten Arbeitsvorganges sei dagegen die „Betreuung und Behandlung von vier jeweils zugewiesenen Einzelpatienten”.

b) Es spricht zwar vieles dafür, daß diese Zweiteilung der Tätigkeit der Klägerin zutreffend ist. Die Entscheidung hierüber kann jedoch dahingestellt bleiben. Die Klägerin erfüllt in keinem Arbeitsvorgang die Merkmale der VergGr. IV a der Anlage 1 a zum BAT/VKA.

3.a) Für die Bewertung der Tätigkeit der Klägerin kommen folgende tariflichen Tätigkeitsmerkmale in Betracht:

„Vergütungsgruppe V b Fallgr. 10

Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

Vergütungsgruppe IV b Fallgr. 16

Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

mit schwierigen Tätigkeiten

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1 und 12)

Protokollerklärung Nr. 12:

Schwierige Tätigkeiten sind z.B. die

  1. Beratung von Suchtmittel-Abhängigen
  2. Beratung von HIV-Infizierten oder an AIDS erkrankten Personen
  3. begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner
  4. begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene
  5. Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der Vergütungsgruppe V b.

Vergütungsgruppe IV a Fallgr. 15

Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 heraushebt.

…”

b) Die von der Klägerin in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale der VergGr. IV a Fallgr. 15 BAT/VKA bauen auf der VergGr. IV b Fallgr. 16 BAT/VKA auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der VergGr. V b Fallgr. 10 BAT/VKA voraussetzt.

Insoweit ist zunächst festzustellen, daß die Voraussetzungen der VergGr. V b Fallgr. 10 BAT/VKA erfüllt sind. Die Klägerin ist staatlich anerkannte Sozialarbeiterin. Ihre Tätigkeit entspricht auch dem Berufsbild einer Sozialarbeiterin, denn sie soll den Patienten des Landeskrankenhauses Hilfe zur besseren Lebensbewältigung in ihrer besonderen Situation leisten und auf diese Weise mit dazu beitragen, daß diese im Rahmen des Möglichen Sozialisationsdefizite überwinden, zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit gelangen und in Zukunft ein straffreies Leben in der Gesellschaft führen können.

Auch die Voraussetzungen der VergGr. IV b Fallgr. 16 BAT/VKA liegen vor. Denn die Tätigkeit der Klägerin hebt sich durch ihre Schwierigkeit aus der VergGr. V b Fallgr. 10 BAT/VKA heraus. Dies ergibt sich aus der Protokollerklärung Nr. 12 Buchst. d, da die Aufgabe der Klägerin in der begleitenden Fürsorge für die in dem Landeskrankenhaus untergebrachten Strafgefangenen besteht. Die von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten, wie die Betreuung, die Beratung, die Unterstützung im Umgang mit Behörden, die Kontaktpflege mit Familienangehörigen, Anwälten und Betreuern usw. fallen sämtlich unter den Begriff der Fürsorge (vgl. Urteile des Senats vom 29. September 1993 – 4 AZR 690/92 – ZTR 1994, 291, 292 und vom 9. März 1994 – 4 AZR 288/93 –, nicht zur Veröffentlichung vorgesehen). Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit.

4. Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt aber im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV a Fallgr. 15 BAT/VKA, denn sie hebt sich nicht durch besondere Schwierigkeit und besondere Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgr. 16 BAT/VKA heraus.

a) Das Tätigkeitsmerkmal „besondere Schwierigkeit und Bedeutung” ist als unbestimmter Rechtsbegriff formuliert. Bei der Anwendung eines solchen unbestimmten Rechtsbegriffes ist den Tatsachengerichten ein weiter Beurteilungsspielraum eröffnet. Insoweit ist daher die revisionsgerichtliche Überprüfung darauf beschränkt, ob das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob es alle entscheidungserheblichen Tatumstände berücksichtigt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAGE 51, 59, 85 f. = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.; BAG Urteil vom 9. März 1994 – 4 AZR 288/93 –, nicht zur Veröffentlichung vorgesehen). Auch unter Zugrundelegung dieses eingeschränkten Überprüfungsmaßstabes hält das angefochtene Urteil der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 20. März 1991 – 4 AZR 471/90 – AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 29. September 1993 – 4 AZR 690/92 – ZTR 1994, 291, 292) bezieht sich das Tätigkeitsmerkmal der „besonders schwierigen Tätigkeit” auf die fachliche Qualifikation des Angestellten. Sie verlangt ein Wissen und Können, das die Anforderungen der VergGr. IV b Fallgr. 16 in beträchtlicher und gewichtiger Weise übersteigt. Diese erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfall aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, etwa Spezialkenntnissen. Dabei muß sich die Schwierigkeit unmittelbar und aus der Tätigkeit selbst ergeben, so daß diese nicht etwa deswegen als besonders schwierig im Tarifsinne angesehen werden kann, weil sie unter belastenden Bedingungen geleistet werden muß.

Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die besondere Schwierigkeit der Tätigkeit der Klägerin sei darin zu erblicken, daß sie im jeweiligen Augenblick erkennen müsse, welche Maßnahmen im Hinblick auf die jeweilige psychische Verfassung des Patienten im einzelnen indiziert seien, damit dieser einerseits nicht überfordert und andererseits aber doch möglichst weitgehend gefördert werde. Dies folge daraus, daß die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die vier Einzelpatienten eher zu behandeln als nur zu betreuen habe und ihr darüber hinaus auch nicht nur besonders gelagerte Fälle oder besonders leicht zu behandelnde Fälle zugewiesen worden seien. Es mag sein, daß der Klägerin über die Tätigkeit einer Sozialarbeiterin hinaus Behandlungsaufgaben übertragen worden sind, die ihre Arbeit als besonders schwierig erscheinen lassen. Abschließend braucht der Senat dies nicht zu entscheiden.

c) Die Klägerin hat in keinem Falle etwas dafür dargetan, daß sich ihre Tätigkeit auch durch ihre Bedeutung aus der einer Sozialarbeiterin mit schwierigen Tätigkeiten im Sinne der VergGr. IV b Fallgr. 16 BAT/VKA heraushebt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genügt für die Bedeutung der Tätigkeit eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung. Diese muß sich auf die Auswirkungen der Tätigkeit beziehen und kann sich aus der Bedeutung oder der Größe des Aufgabengebietes sowie der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und die Allgemeinheit ergeben (vgl. BAGE 51, 59, 94 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urteil vom 29. September 1993 – 4 AZR 690/92 – ZTR, a.a.O.).

Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Tätigkeit der Klägerin sei von Bedeutung in diesem Sinne nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Allgemeinheit, weil beide vor Rückfällen und den damit verbundenen Gefahren geschützt werden müßten. Damit hat es den unbestimmten Rechtsbegriff der Bedeutung verkannt. Es hat nicht dargelegt, inwiefern sich die Bedeutung der Tätigkeit der Klägerin aus den in der VergGr. IV b Fallgr. 16 BAT/VKA Protokollerklärung Nr. 12 genannten Tätigkeiten heraushebt. Dazu hätte es der Darlegungen seitens der Klägerin und der entsprechenden Feststellung durch das Landesarbeitsgericht bedurft, daß die Tätigkeit der Klägerin bedeutungsvoller ist als die einer Sozialarbeiterin, die in einer Strafanstalt oder einem Heim tätig ist oder die HIV-infizierte, an AIDS erkrankte oder suchtmittelabhängige Personen berät. Denn auch bei diesen in der VergGr. IV b Fallgr. 16 BAT/VKA genannten Tätigkeiten sollen die dort betreuten Personen auf ein straffreies, suchtmittelunabhängiges Leben vorbereitet werden und soll die Allgemeinheit dementsprechend vor Rückfällen und den damit verbundenen Gefahren geschützt werden. Eine gegenüber diesen Tätigkeiten gesteigerte Bedeutung der Tätigkeit der Klägerin ist auch sonst nicht erkennbar.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Bott, Schneider, Konow, Jürgens

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1087149

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