Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung: Pädagogische Unterrichtshilfe in Sachsen
Leitsatz (amtlich)
Pädagogische Unterrichtshilfen in Sachsen sind im Hinblick auf das Schulgesetz für den Freistaat Sachsen (SchulG) vom 3. Juli 1991 mit späteren Änderungen keine Lehrkräfte im Sinne des § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O, der SR 2 l I und der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1 a zum BAT-O. Sie fallen daher bei Tarifgebundenheit nicht unter die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1 a zum BAT-O erfaßten Angestellten, sondern ihre Eingruppierung richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen für den Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1 a zum BAT-O.
Eingruppierung einer Horterzieherin mit Lehrbefähigung für Schulunterricht und Kunsterziehung in der Tätigkeit als pädagogische Unterrichtshilfe an der Sächsischen Blindenschule in Chemnitz bei beiderseitiger Tarifbindung
Normenkette
Anlage 1a Teil II Abschn. G (Sozial- und Erziehungsdienst) VergGr. VII Fallgr. 3, VergGr. VI b Fallgr. 5, VergGr. V c Fallgr. 5, VergGr. V b Fallgr. 5; BAT-O §§ 22-23; Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 22. Juni 1995 (Lehrer-Richtlinien-O der TdL), Abschn. B VergGr. VI b, VergGr. V c, VergGr. V b; SächsSchulG § 40; SR 2 l I zum BAT-O; TVG §§ 3-4; Vorbem. Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1 a zum BAT-O; ÄnderungsTV Nr. 1 zum BAT-O § 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 29. Oktober 1997 – 4 Sa 350/97 – aufgehoben.
2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 17. Dezember 1996 – 15 Ca 6695/96 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß der beklagte Freistaat verpflichtet ist, die Klägerin über den 1. August 1995 hinaus nach der VergGr. V b BAT-O zu vergüten.
3. Der beklagte Freistaat hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die tarifgebundenen Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für ihre Arbeit als pädagogische Unterrichtshilfe Vergütung für Erzieherinnen auf der Grundlage des BAT-O, nämlich nach VergGr. V b BAT-O zusteht oder nur die gezahlte Vergütung – VergGr. V c BAT-O – auf der Grundlage der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 22. Juni 1995 (Lehrer-Richtlinien-O der TdL).
Die am 12. Juni 1939 geborene Klägerin verfügt über einen Abschluß als Erziehungshelferin in Heimen und Horten (Fernstudium) und über die Befähigung zur Arbeit als Horterzieherin mit Lehrbefähigung für Schulgartenunterricht und Kunsterziehung. Sie ist seit dem 1. August 1970 im Schuldienst tätig und seit dem 24. August 1970 – zuletzt auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 1. August 1991 und späterer Änderungsverträge mit dem Beklagten als „pädagogische Unterrichtshilfe” – ohne Unterbrechung an der Sächsischen Blindenschule in Chemnitz beschäftigt. Aufgrund Auflösungsvertrages vom 3. November 1997 wird sie mit Ablauf des 31. Juli 1999 aus den Diensten des beklagten Freistaates ausscheiden.
Die Klägerin ist im wesentlichen mit der Betreuung der Schüler/innen der Sächsischen Blindenschule in Chemnitz befaßt. Ihr Tagesablauf ist vom Schulbesuch der zu betreuenden Kinder geprägt.
Schwerpunktmäßig hat sie die Schüler bei der Bewältigung des Unterrichtstages zu unterstützen. Unterrichtsbegleitend ist sie nach einem Arbeitsplan tätig. Ihr obliegt im Gegensatz zu den eingesetzten Lehrern allenfalls in untergeordnetem Maß die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten. Vorrangig unterstützt sie die Lehrer durch ständige Hilfe und Betreuung der behinderten – blinden und teils auch motorisch gestörten – Schüler. Zu ihren Aufgaben gehören die Beobachtung der Schüler und das sofortige Eingreifen zur Vermeidung von Gefahren. Sie führt vereinzelt Maßnahmen im Einzel- und Gruppenunterricht nach Absprache mit dem zuständigen Lehrer durch.
Die außerunterrichtliche Tätigkeit umfaßt die Mitwirkung bei der Vor- und Nachbereitung des Schulunterrichts begleitend zum Unterricht des jeweiligen Lehrers sowie die Mitwirkung bei Beurteilungs-, Berichts-, Zeugnis- und Gutachtenerstellung. Sie begleitet die Schüler bei Unterrichtsgängen, Ausflügen und Jugendherbergsaufenthalten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die „Vereinfachte Feststellung der Vergütungsgruppe” vom 14. Juni/21. August 1995 des beklagten Freistaates, in der die „auszuübende Tätigkeit ab 1. August 1995” aufgelistet ist, sowie auf die Arbeitspläne für die Schuljahre 1994/95, 1995/96, 1996/97 Bezug genommen.
Ab dem 1. Dezember 1991 wurde die Klägerin nach der VergGr. V b BAT-O vergütet. Am 20. Juni 1995 unterzeichnete die Klägerin den Änderungsvertrag vom 12. Juni 1995. Nach § 1 dieses Vertrages wird die Klägerin ab dem 1. August 1995 als pädagogische Unterrichtshilfe beschäftigt. Nach § 3 dieses Vertrages ist sie nach Abschnitt E der TdL-Richtlinien in die VergGr. V c BAT-O eingruppiert. Die Klägerin wandte sich wiederholt erfolglos gegen die Eingruppierung in die VergGr. V c und beanspruchte weiterhin Vergütung nach VergGr. V b.
Mit ihrer am 11. Juli 1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin das Ziel weiter, auch ab 1. August 1995 nach der VergGr. V b BAT-O vergütet zu werden. Sie hat ihre Tätigkeit im einzelnen geschildert und vertritt die Auffassung, sie habe einen tariflichen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V b BAT-O. Nicht die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen des Schulbetriebes gebe der Tätigkeit der Klägerin das Gepräge, sondern die Betreuung der im gesamten Tagesablauf auf Betreuung angewiesenen behinderten Kinder. Die Arbeitsteilung zwischen Lehrkraft und pädagogischer Unterrichtshilfe sei diejenige, daß die Lehrkraft mit dem ansprechbaren Teil der Schüler Unterricht halte, während die schwerer geschädigten Schüler von der pädagogischen Unterrichtshilfe betreut würden. Daher richte sich die Eingruppierung der Klägerin nicht nach den Richtlinien der TdL, sondern nach der Anlage 1 a zum BAT-O.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß der beklagte Freistaat verpflichtet ist, die Klägerin über den 1. August 1995 hinaus nach der VergGr. V b BAT-O zu vergüten.
Der beklagte Freistaat hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat entgegnet, die pädagogischen Unterrichtshilfen übten eine unterrichtsbezogene Tätigkeit aus. Die Unterrichtsbetreuung der Erzieher vor dem 31. Juli 1995 habe nur einen Teil ihres Aufgabenbereiches dargestellt. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin liege nicht auf dem erzieherischen und betreuenden Sektor, sondern auf dem pädagogischen. Die Unterstützung durch pädagogische Unterrichtshilfen gerade im Förderschulbereich sei erforderlich, um im Einzelfall sinnvollen Unterricht überhaupt erst zu ermöglichen (z. B. durch Bedienung und Überwachung technischer Hilfsmittel, ohne die behinderte Schüler dem Unterricht nicht folgen könnten) oder um den Unterrichtserfolg für besonders behinderte Schüler zu steigern.
Die Klägerin sei gerade nicht als Erzieherin tätig, zumindest nicht überwiegend. Vielmehr überwiege der Anteil an unterrichtsbegleitender Tätigkeit und damit an Tätigkeiten in der Nähe zur Lehrtätigkeit und nicht zur Tätigkeit als Erzieher, da – unstreitig – der Umfang der unterrichtsbegleitenden und unterstützenden Tätigkeit in den Schuljahren 1994/95 und 1995/96 mit etwa 85 % ihrer Gesamttätigkeit zu bewerten sei und für das Schuljahr 1996/97 mit etwa 90 % der Gesamttätigkeit, weil die Schwimmbegleitung entfallen sei. Damit sei die Klägerin überwiegend, d. h. weit über 50 % ihrer Gesamttätigkeit, in der Unterrichtsunterstützung und -begleitung tätig.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Der beklagte Freistaat beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Der Klägerin steht auch ab 1. August 1995 Vergütung nach VergGr. V b BAT-O zu. Die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage ist begründet. Die Vergütung richtet sich für pädagogische Unterrichtshilfen wie die Klägerin nach dem BAT-O und nicht nach den Lehrer-Richtlinien-O der TdL.
I. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß wegen der beiderseitigen Tarifbindung der Parteien die Regelung des BAT-O einschließlich der Übernahme der Vergütungsordnung des BAT in den BAT-O durch den Tarifvertrag vom 8. Mai 1991 und der SR 2 l I unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Daraus folgt, daß der BAT-O und die Anlage 1 a zum BAT-O die arbeitsvertragliche Vereinbarung, in der die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 22. Juni 1995 (im folgenden Lehrer-Richtlinien-O der TdL) zum Vertragsgegenstand gemacht worden sind, insoweit verdrängen, als die Lehrer-Richtlinien-O der TdL für die Klägerin ungünstigere Regelungen enthalten (§ 4 Abs. 3 TVG) und die Tarifvertragsparteien die Lehrer-Richtlinien-O der TdL nicht, auch nicht hilfsweise für pädagogische Unterrichtshilfen in ihr Regelwerk aufgenommen haben. Denn die Lehrer-Richtlinien-O der TdL haben keinen Rechtsnormcharakter. Sie sind einseitig erlassene Empfehlungen einer Tarifvertragspartei an ihre Mitglieder (Urteile des Senats vom 24. November 1993 – 4 AZR 16/93 – AP Nr. 1 zu § 2 BAT-O und vom 20. April 1994 – 4 AZR 312/93 – BAGE 76, 264 = AP Nr. 1 zu § 11 BAT-O). Sie sind bei tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien nur dann einschlägig, wenn die Tarifvertragsparteien die Richtlinien zum Bestandteil einer tariflichen Regelung gemacht haben.
Das ist für die Klägerin als pädagogische Unterrichtshilfe nicht der Fall.
1. Nach § 22 Abs. 1 BAT-O richtet sich die Eingruppierung der Angestellten nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage 1 a und 1 b). Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist (§ 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991). Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die als Lehrkräfte beschäftigt sind, auch wenn sie nicht unter die SR 2 l I fallen. Diese sind – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in der der Angestellte eingruppiert wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Nachdem die Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung (2. BesÜV), die die Vergütung der im Beamtenverhältnis stehenden Lehrkräfte im Beitrittsgebiet regelte, zum 1. Juli 1995 außer Kraft getreten ist und der beklagte Freistaat keine Besoldungsordnung für beamtete Lehrkräfte erlassen hat, gibt es bei dem beklagten Freistaat kein gültiges Besoldungsrecht für beamtete Lehrkräfte, so daß für angestellte Lehrkräfte zur Zeit die Lehrer-Richtlinien-O der TdL für die Eingruppierung maßgeblich sind.
2. Diese Richtlinien sind jedoch nicht auf die Klägerin anwendbar. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Klägerin nach der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Tätigkeit nicht als Lehrkraft im Sinne des § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O, der SR 2 l I und der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen anzusehen mit der Folge, daß grundsätzlich die Anlage 1 a zum BAT-O zur tariflichen Bewertung ihrer Tätigkeit heranzuziehen ist.
a) Lehrkräfte im Sinne der genannten Tarifnormen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt (Protokollnotiz zu SR 2 l I BAT-O). Diese Protokollnotiz kann auch zur Bestimmung des durch die Vorbemerkung Nr. 5 geregelten Adressatenkreises herangezogen werden (Urteil des Senats vom 26. Januar 1972 – 4 AZR 104/71 – AP Nr. 48 zu §§ 22, 23 BAT), allerdings ohne ausschließliche Beschränkung auf den durch die SR 2 l I BAT erfaßten Personenkreis (vgl. Urteil des Senats vom 26. August 1987 – 4 AZR 137/87 – BAGE 56, 59 = AP Nr. 137 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Entsprechendes gilt für § 2 Nr. 3 ÄndTV Nr. 1. Dabei sind „Kenntnisse” als theoretisches Wissen und „Fertigkeiten” als praktische Handhabung des Erlernten zu verstehen (vgl. BAG Urteil vom 21. März 1984 – 4 AZR 42/82 – BAGE 45, 233 = AP Nr. 11 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG Urteil vom 18. September 1986 – 6 AZR 446/83 – AP Nr. 9 zu § 15 BAT). Die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten gibt einer Tätigkeit das Gepräge, wenn sie für die Tätigkeit maßgebend ist und die unmittelbare Unterrichtstätigkeit mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Angestellten einnimmt (vgl. BAG Urteil vom 18. Mai 1983 – 4 AZR 539/80 – AP Nr. 74 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urteil vom 18. September 1986, aaO).
Zu den klassischen Aufgaben der Lehrer im öffentlichen Schuldienst gehört die Erteilung des Unterrichts (vgl. Deutsches Rechts-Lexikon, Bd. 2, 2. Aufl., S. 882, Stichwort „Lehrer”). Dann ist das von den Tarifvertragsparteien vorgegebene Tätigkeitsmerkmal „Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten” gegeben. Auch die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten bei der Durchführung von praktischen Übungen ist Unterricht im Sinne der genannten Protokollnotiz. Ein Unterricht im Sinne der Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten setzt aber einen eigenverantwortlichen Unterricht voraus und nicht nur unterrichtsbegleitende Unterstützungen.
Die Begriffe „Kenntnisse und Fertigkeiten” und „Gepräge” sind unbestimmte Rechtsbegriffe, bei deren Interpretation im einzelnen dem Landesarbeitsgericht ein Beurteilungsspielraum zusteht. Das Revisionsgericht kann insoweit nur prüfen, ob das Landesarbeitsgericht dabei von dem zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm dabei Verstöße gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob alle erheblichen Tatumstände Berücksichtigung gefunden haben (BAGE 46, 292, 306 = AP Nr. 93 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 32, 203, 206 f. = AP Nr. 1 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz; BAG Urteil vom 6. Juni 1984 – 4 AZR 218/82 – AP Nr. 90 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
b) Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Lehrereigenschaft der Klägerin halten diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab nicht stand.
aa) Das Schulgesetz für den Freistaat Sachsen (SchulG) vom 3. Juli 1991 (GVBl S. 213) mit späteren Änderungen unterscheidet zwischen Lehrern an öffentlichen Schulen und pädagogischen Unterrichtshilfen an Förderschulen deutlich. Nach § 40 Abs. 2 SchulG trägt der Lehrer die unmittelbare pädagogische Verantwortung für die Erziehung und Bildung der Schüler. Von ihnen zu unterscheiden sind nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 u.a. die pädagogischen Unterrichtshilfen. Hinsichtlich ihrer Verantwortung ist im SchulG nichts gesagt. Diese Aufteilung wird auch bei der Regelung der Aufsicht gegenüber den Schülern deutlich. Die Aufsicht unterliegt nach § 21 Abs. 3 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über Förderschulen im Freistaat Sachsen (Schulordnung Förderschulen – SOFS) vom 27. März 1996 (GVBl S. 167) in erster Linie dem Schulleiter und den Lehrern, erst dann sind die pädagogischen Unterrichtshilfen genannt.
bb) Dieser Unterscheidung entsprechen die der Klägerin übertragenen Aufgaben. Die Klägerin ist nach der „Vereinfachten Feststellung der Vergütungsgruppe” vom 14. Juni/21. August 1995 u.a. zur
- Durchführung von Maßnahmen im Einzel u. Gruppenunterricht nach Absprache mit dem zuständigen Lehrer
- Mitarbeit bei Vor- und Nachbereitung des Unterrichts,
- Führung des freizeitlichen und sozialpädagogischen Bereiches innerhalb der schulischen Erziehung,
- Mitwirkung bei der Erstellung von Berichten, Gutachten, Beurteilungen, Zeugnissen,
- Mitplanung und Durchführung von Veranstaltungen zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages,
- Hilfestellung bei Schülern im Rahmen des binnendifferenzierten Unterrichts,
- Hilfestellung bei motorisch beeinträchtigten Schülern,
- Beobachtung, Motivation und Förderung verhaltensauffälliger Schüler,
- Übernahme von Schülergruppen sowie individuelle Hilfeleistungen,
berufen.
Aufgrund dieser allgemeinen Umschreibung ihrer Tätigkeit ist die Klägerin nicht Lehrkraft im Sinne der genannten einschlägigen Tarifnormen. Eine Mitarbeiterin/Ein Mitarbeiter, die/der nur zur Mitwirkung berufen ist und nach Anleitung des zuständigen Lehrers arbeitet, kann nicht gleichzeitig eine Lehrkraft sein, bei der die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten ihrer Tätigkeit das Gepräge gibt. Sie/Er übt dabei vielmehr nur Hilfstätigkeiten, d. h. unterstützende Arbeiten aus. Die Klägerin unterstützt in erster Linie das Lehrpersonal während der Unterrichtszeiten. Sie ist täglich in unterschiedlichen Klassen zur Unterstützung des jeweiligen Lehrers im Schulbereich eingesetzt. So entlastet sie z. B. in der Klasse L 8 b den Lehrer, indem sie in den Fächern Deutsch und Mathematik von sieben Schülern mit einem arbeitet, der mehr Hilfe benötigt als die anderen. Bei der Nadelarbeit obliegt es ihr, bei den blinden oder sehschwachen Schülern gerade im Bereich der Motorik unterstützend tätig zu werden. Im Fach Typhlographie wird bei blinden Schülern Hilfestellung durch Handführung und Erklärung beim Modellieren gegeben. Im Fach Hauswirtschaft erarbeitet die Lehrerin das Ziel der Stunde. Wenn dann zwei Gruppen gebildet werden, wobei die Klägerin für die weniger selbständigen Schüler zuständig ist, so zeigt das, daß die Klägerin im Lichte des Lernziels dem umfangreicheren Betreuungsbedarf ihrer Gruppe gerecht zu werden sucht. Die Klägerin macht mit drei Schülern der aus sieben Schülern bestehende Klasse L 6 Übungen des Lautierens, Schreibübungen, Übungen an Lesegeräten sowie Gedächtnisübungen. Damit ist sie im Rahmen des Lernziels mit der unterstützenden begleitenden Förderung einzelner befaßt. Die Klägerin sorgt bei vier Schülern für ständige Hilfe bei der Orientierung im Raum und bei allen manuellen Arbeiten, die erlernt werden sollen, wobei ständige Handführung erforderlich ist. Das zeigt deutlich, daß die Klägerin keinen eigenverantwortlichen Unterricht erteilt, was Unterricht im Sinne der Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten voraussetzt, sondern den Unterricht des jeweiligen Lehrers, der jeweiligen Lehrerin schülerbezogen unterstützend begleitet. Entsprechendes zeigt sich bei dem Fach Nadelarbeit dieser Klasse. Die Klägerin wird lediglich bei zwei Schülern tätig, die aufgrund ihrer jeweiligen besonderen Befindlichkeit nicht sinnvoll in den gerade laufenden Unterricht der zuständigen Lehrerin einbezogen werden können. Im Fach technisches Werken der Klasse 7 der Mittelschule arbeitet die Klägerin zwar mit einer Gruppe selbständig. Selbst wenn dies als eigenverantwortlicher Unterricht anzusehen sein sollte, gibt das ihrer Tätigkeit nicht das Gepräge. In der aus acht Schülern umfassenden Klasse L 8 a führt die Klägerin im Deutschunterricht mit einem Schüler Leseübungen durch, der ständig beruhigender Einwirkung bedarf. Im Fach Mathematik leistet die Klägerin einem anderen Schüler Hilfe im motorischen Bereich. Ein weiterer Schüler erhält im Fach Nadelarbeit Hilfe bei der Feinmotorik. Diese und die weiteren von der Klägerin aufgezeigten Beispiele machen deutlich, daß sie überwiegend die jeweils zuständige Lehrkraft unterstützt, indem sie schülerbezogen im Einzelfall tätig wird, sei es, um einen schwächeren Schüler an das Niveau der anderen heranzuführen, sei es, um durch die Arbeit mit einzelnen Schülern den Unterricht der anderen überhaupt erst zu ermöglichen. Von Ausnahmen abgesehen ist die Betreuung der im gesamten Tagesablauf auf Betreuung angewiesenen behinderten Kinder Aufgabe der Klägerin, wobei während des Unterrichts der Lehrer, die Lehrerin mit dem überwiegenden Teil der Schüler, die auf dem gewählten Niveau ansprechbar sind, Unterricht hält, während die Klägerin die anderen, weil schwerer geschädigt oder aus anderen Gründen gerade nicht unterrichtsfähig, von der Klägerin betreut werden in dem Sinne, daß sie situations- und fachbezogen gefördert werden.
cc) Der Senat hat betont, die Unterrichtshilfe übe hinsichtlich des auf der Sonderschule erteilten Unterrichts nur eine unterstützende Funktion aus. Die Lehrtätigkeit werde hingegen von den Sonderschullehrern wahrgenommen (Urteil des Senats vom 15. Mai 1991 – 4 AZR 532/90 – ZTR 1991, 422). Ein Angestellter, der bei der Unterrichtserteilung lediglich unterstützend mitwirkt, ist keine Lehrkraft, er übt vielmehr Hilfstätigkeiten aus (vgl. Urteil des Senats vom 11. Februar 1987 – 4 AZR 145/86 – BAGE 55, 53 = AP Nr. 131 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Zwar sind die Lehrinhalte an einer Förderschule für Blinde und Sehschwache andere als an einer allgemeinbildenden Schule für nichtbehinderte Kinder. Auch spielt an einer solchen Förderschule die Vermittlung praktischer Fertigkeiten für das alltägliche Leben eine Rolle. Dies steht aber auch an einer Förderschule im allgemeinen nicht im Vordergrund der Wissensvermittlung. Damit gibt die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten der Tätigkeit der Klägerin jedenfalls nicht das Gepräge, ihre Tätigkeit ist vielmehr gekennzeichnet von vielfältigen Hilfstätigkeiten, die eine geordnete Unterrichtserteilung durch den Lehrer/die Lehrerin ermöglichen. Die Klägerin ist daher keine Lehrkraft im Sinne des § 2 Nr. 3 des ÄndTV Nr. 1 zum BAT-O und im Sinne der übrigen genannten tariflichen Bestimmungen.
dd) Die vom Landesarbeitsgericht allerdings in einem anderen Zusammenhang genannte Entscheidung des Sechsten Senats vom 8. August 1996 (– 6 AZR 1013/94 – AP Nr. 46 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer) steht nicht entgegen. In dem den Parteien bekannten Beschluß vom 10. Dezember 1997 (– 4 AZN 517/97 – n.v.) des Senats ist darauf hingewiesen, daß der Sechste Senat nicht entschieden hat, daß Lehrkraft im Sinne von § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 und der Sonderregelung für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 l I) auch der-/diejenige ist, der/die nicht selbst als Lehrkraft, sondern nur als pädagogische Unterrichtshilfe tätig ist. Der Sechste Senat hat ausgehend von dem in jenem Fall unstreitigen Sachverhalt, nach dem die Klägerin im Rahmen des Schulbetriebes Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, darüber befunden, ob die Grundsätze der Tarifautomatik auch im Rahmen der Lehrer-Richtlinien-O der TdL gelten.
II. Damit ist die Anlage 1 a zum BAT zur tariflichen Bewertung der Tätigkeit der Klägerin heranzuziehen.
1. Die Tätigkeit der Klägerin wird jedoch von den Tätigkeitsmerkmalen für Erzieherinnen der Anlage 1 a zum BAT nicht unmittelbar erfaßt. Der Begriff des Erziehers, wie er von den Tarifvertragsparteien in den Tätigkeitsmerkmalen für Angestellte im Erziehungsdienst verwendet wird, ist im berufskundlichen Sinne zu verstehen. Er umfaßt deshalb nur entsprechende Tätigkeiten in außerschulischen Einrichtungen. Die Klägerin nimmt aber auch typisch schulbezogene Aufgaben wahr, indem sie den Lehrer oder die Lehrerin beim Unterricht unterstützt. Das schließt eine unmittelbare Anwendung der Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Erziehungsdienst aus.
2. Wegen des unmittelbaren Zusammenhangs der einzelnen Aufgaben und ihrer Artverwandtheit und Vergleichbarkeit ist jedoch eine Anwendung der Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Erziehungsdienst im Wege der Lückenausfüllung gerechtfertigt (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteile vom 18. Mai 1983 – 4 AZR 539/80 – AP Nr. 74 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 15. Mai 1991 – 4 AZR 532/90 – ZTR 1991, 422). Das trägt dem Umstand Rechnung, daß Erzieherinnen nicht nur in sozialpädagogischen Einrichtungen in der offenen Behindertenarbeit für geistig Behinderte, in Integrationskindergärten tätig sind, sondern auch im integrativen Schulunterricht als pädagogische Hilfskraft mit unterrichtsbegleitender Betreuung – pflegerische/lehr-/lernunterstützende Tätigkeiten in der Schulgruppe, Pausenbetreuung – beschäftigt werden (vgl. Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen, Gabi – Ausgabe 1995/96, Band 8 d Nr. 864 a B. 7. 2 S. 147 r. Sp. oben). Dem entspricht es, daß in der „Vereinfachten Feststellung der Vergütungsgruppe” vom 14. Juni/21. August 1995 des beklagten Freistaates betreffend die Klägerin von „schulischer Erziehung” und vom „Bildungs- und Erziehungsauftrag” die Rede ist.
3. Sie ist nach ihrer Ausbildung Erziehungshelferin in Heimen und Horten, weist eine Befähigung zur Arbeit als Horterzieherin mit Lehrbefähigung für Schulgartenunterricht und Kunsterziehung auf und wird als pädagogische Unterrichtshilfe beschäftigt. Der Begriff der Horterzieherin bezeichnete in der ehemaligen DDR eine Absolventin der dreijährigen Fachschulausbildung, für die von der Kultusministerkonferenz die bundesweite Anerkennung für den Teilbereich Hort ausgesprochen wurde (Beschluß der Kultusministerkonferenz – KMK – vom 13./14. Juni 1991 i.d.F. vom 27. Januar 1995). Die Klägerin gehört von ihrer Ausbildung her zu den Erzieherinnen.
4. Für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit der Klägerin sind demgemäß folgende tarifliche Tätigkeitsmerkmale des Teils II Abschnitt G (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) der Anlage 1 a zum BAT-O/BL in entsprechender Anwendung heranzuziehen:
Vergütungsgruppe VII
…
3. Angestellte in der Tätigkeit von Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung.
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 6)
…
Vergütungsgruppe VI b
…
5. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1, 6 und 7)
Vergütungsgruppe V c
…
5. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten.
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1, 6, 7 und 8)
…
Vergütungsgruppe V b
…
5. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten, nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 5.
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1, 6, 7 und 8)
…
Die Protokollnotizen, soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung, lauten:
Nr. 7
Nach diesem Tätigkeitsmerkmal sind auch
- Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen mit staatlicher Anerkennung oder staatlicher Prüfung,
- Kinderkrankenschwestern, die in Kinderkrippen tätig sind,
eingruppiert.
Nr. 8
Besonders schwierige fachliche Tätigkeiten sind z. B. die
- Tätigkeiten in Integrationsgruppen (Erziehungsgruppen, denen besondere Aufgaben in der gemeinsamen Förderung behinderter und nicht behinderter Kinder zugewiesen sind) mit einem Anteil von mindestens einem Drittel von Behinderten im Sinne des § 39 BSHG in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung,
- Tätigkeiten in Gruppen von Behinderten im Sinne des § 39 BSHG oder von Kindern oder Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten,
- Tätigkeiten in Jugendzentren/Häusern der offenen Tür,
- Tätigkeiten in geschlossenen (gesicherten) Gruppen,
- fachlichen Koordinierungstätigkeiten für mindestens vier Angestellte mindestens der Vergütungsgruppe VI b,
- Tätigkeiten eines Facherziehers mit einrichtungsübergreifenden Aufgaben.
5. Die Klage hat nur dann Erfolg, wenn mindestens die Hälfte der die gesamte Arbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihr in Anspruch genommenen VergGr. V b der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1 a zum BAT-O/BL entspricht, § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT-O.
6. Das Landesarbeitsgericht hat ausgehend von der ständigen Rechtsprechung zum Begriff des Arbeitsvorgangs (vgl. Senatsurteil vom 10. Dezember 1997 – 4 AZR 221/96 – AP Nr. 237 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.) angenommen, die gesamte Tätigkeit der Klägerin sei als ein einziger Arbeitsvorgang im Tarifsinne anzusehen. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Arbeitsergebnis ihrer Tätigkeit ist die Unterstützung der in der Sächsischen Blindenschule in Chemnitz geleisteten Unterrichtsarbeit. Dazu gehören sowohl ihre unterrichtsbegleitende Tätigkeit als auch die Betreuung der Schüler-/innen in den Pausen und vor und nach dem Unterricht als auch die mit der Unterrichtsbegleitung zusammenhängende Mitwirkung bei der Erstellung von Berichten, Gutachten, Beurteilungen, Zeugnissen, Mitplanung und Durchführung von Veranstaltungen zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags usw.
7. Die Klägerin erfüllt mit ihrer unterrichtsbegleitenden Tätigkeit die Merkmale, die für die von ihr begehrte Vergütung vorausgesetzt sind.
a) Das von der Klägerin für sich in Anspruch genommene Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V b Fallgr. 5 setzt eine vierjährige Bewährung in der VergGr. V c Fallgr. 5 voraus. VergGr. V c Fallgr. 5 baut auf der VergGr. VI b Fallgr. 5 auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der VergGr. VII Fallgr. 3 der Vergütungsgruppen für den Sozial- und Erziehungsdienst voraussetzt.
b) Das Landesarbeitsgericht hat – von seinem Standpunkt aus konsequent – nicht geprüft, ob die Klägerin die Voraussetzungen der von ihr begehrten VergGr. V b erfüllt. Das kann der Senat nachholen; die insoweit erforderlichen tatsächlichen Feststellungen sind getroffen.
aa) Die Klägerin übt Aufgaben einer Erzieherin aus, auch wenn sie nicht in Heimen, sondern im Schulbetrieb stattfinden. Sie erfüllt damit die Voraussetzungen der im Wege der Lückenausfüllung herangezogenen VergGr. VII Fallgr. 3 der Vergütungsgruppen für Erzieherinnen.
bb) Die Klägerin erfüllt die Merkmale der VergGr. VI b Fallgr. 5 der Vergütungsgruppen für Erzieherinnen. Sie ist zwar keine Erzieherin mit staatlicher Anerkennung. Sie ist aber „sonstige Angestellte” im Sinne der VergGr. VI b Fallgr. 5 der Vergütungsgruppen für Erzieherinnen. Danach muß die Klägerin zunächst subjektiv über einer Erzieherin mit staatlicher Anerkennung gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen. Dabei wird zwar nicht ein Wissen und Können verlangt, wie es durch die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin vermittelt wird, wohl aber eine ähnlich gründliche Beherrschung eines entsprechend umfangreichen Wissensgebietes, wobei Fähigkeiten und Erfahrungen auf einem eng begrenzten Teilgebiet erzieherischer Tätigkeit nicht ausreichend sind. Außerdem muß die Klägerin noch „entsprechende Tätigkeiten” auszuüben haben. Nur wenn diese beiden Erfordernisse kumulativ erfüllt sind, wird den tariflichen Anforderungen genügt. Bei der subjektiven Voraussetzung der „gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen” hat der Senat anerkannt und hervorgehoben, daß es rechtlich möglich ist, aus der ausgeübten Tätigkeit eines Angestellten Rückschlüsse auf seine Fähigkeiten und Erfahrungen zu ziehen (vgl. Urteil vom 12. Juni 1996 – 4 AZR 26/95 – AP Nr. 216 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
So liegt es hier. Die Klägerin verfügt über einen Abschluß des Instituts für Lehrerbildung als Horterzieherin mit der Lehrbefähigung für die Fächer Schulgartenunterricht und Zeichnen. Diese, ihre außerdem von ihr vorgetragenen Qualifikationen – z. B. regelmäßige Teilnahme an den Fortbildungsveranstaltungen der Fachkonferenz Mobilität – sowie die Berufserfahrung der Klägerin von ca. 27 Jahren, in denen die Klägerin sowohl mit blinden als auch mit sonstig körperlich und geistig behinderten Kindern tätig war, lassen den Schluß zu, daß die Klägerin nicht nur in der Sächsischen Landesblindenschule, also in einem eng begrenzten Teilgebiet der Ausbildungsinhalte des Berufs der staatlichen anerkannten Erzieherin einsetzbar ist, sondern Fähigkeiten und Erfahrungen auch auf andersartigen Aufgabenfeldern besitzt, auf denen die in der Regel zu einer Tätigkeit in allen Bereichen ausgebildete Erzieherin einsetzbar ist. Die Klägerin übt auch eine entsprechende Tätigkeit aus, wenngleich schulische Hilfsfunktionen überwiegen, was aber wegen der Heranziehung dieses Tätigkeitsmerkmals im Wege der Lückenausfüllung unschädlich ist.
cc) Die Klägerin erfüllt als „sonstige Angestellte” auch das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. V c Fallgr. 5 der Vergütungsgruppen für Erzieherinnen. Ihre Tätigkeit in der Sächsischen Blindenschule ist besonders schwierig im Tarifsinne. Das ist deswegen der Fall, weil das Beispiel b der Protokollnotiz Nr. 8, die „besonders schwierige fachliche Tätigkeiten” anhand von Beispielen erläutert, erfüllt ist. Die Klägerin ist als pädagogische Unterrichtshilfe in Gruppen von Behinderten im Sinne des § 39 BSHG tätig.
dd) Die Klägerin erfüllt auch die Voraussetzungen der VergGr. V b Fallgr. 5 der Vergütungsgruppen für Erzieherinnen. Sie arbeitet bereits seit dem 1. August 1970 mit Gruppen behinderter Kinder/Schüler und betreut sie. Damit sind die Voraussetzungen des Bewährungsaufstiegs erfüllt. Am 1. August 1995 war sie sonach wesentlich länger als vier Jahre mit Tätigkeiten befaßt, die der Wertigkeit der Tätigkeit im Sinne der VergGr. V c Fallgr. 5 entsprechen.
III. Richtet sich die Eingruppierung der Klägerin wegen der beiderseitigen Tarifbindung nach der Anlage 1 a Teil II Abschnitt G zum BAT, sind die vertraglich vereinbarten TdL-Richtlinien nur dann von Bedeutung, wenn sie die Klägerin besser stellen würden. Das ist nicht der Fall. Denn die TdL-Richtlinien sehen für pädagogische Unterrichtshilfen nur dann eine Vergütung nach VergGr. V b BAT-O vor, wenn die pädagogische Unterrichtshilfe über eine mindestens zwölfmonatige sonderpädagogische Zusatzausbildung verfügt. Eine solche hat die Klägerin nicht. Daher kann dahinstehen, ob die Vereinbarung der TdL-Richtlinien aus anderen Gründen unwirksam ist, wie die Klägerin meint. Auf die Ausführungen des Berufungsurteils in diesem Zusammenhang kommt es sonach ebensowenig an wie auf das insoweit kontroverse Vorbringen der Parteien.
Die Klägerin hat sonach auch ab 1. August 1995 Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V b BAT-O.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Unterschriften
Schliemann, Der Richter am Bundesarbeitsgericht Schneider ist wegen Pensionierung ausgeschieden Schliemann, Friedrich, Pflügner-Wax, Seifner
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 27.01.1999 durch Bartel, Reg.-Hauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BAGE, 8 |
BB 1999, 1506 |
ZAP-Ost 1999, 458 |
ZTR 1999, 556 |
AP, 0 |
AuA 1999, 574 |
PersR 1999, 329 |