LAG Köln, Urteil v. 7.10.2020, 5 Sa 451/20

Leitsätze (amtlich)

1. Bei dem mit der Wissenschaftszeitvertragsgesetz-Novelle vom 11.3.2016 (BGBL. I S. 442 ff.) zusätzlich zu den bisherigen Voraussetzungen in das Gesetz eingefügten Erfordernis "zur Förderung der eigenen Qualifikation" handelt es sich um ein selbständig zu prüfendes Tatbestandsmerkmal.

2. Für die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist ein wissenschaftliches Gepräge der Tätigkeit des Mitarbeiters die notwendige aber nicht die hinreichende Bedingung. Die Vorschrift ist nicht auf jeden Mitarbeiter, der dem wissenschaftlichen Personal zugehörig ist, anwendbar, sondern nur auf einen Ausschnitt dieses Personenkreises.

3. Zu dem wissenschaftlichen Gepräge müssen Tätigkeiten hinzukommen, die eine wissenschaftliche Qualifizierung fördern und sich nicht in der bloßen Gewinnung zusätzlicher Berufserfahrung erschöpfen.

4. Dem hiervon abweichenden Willen des Gesetzgebers kann keine Geltung verschafft werden, weil er in der gesetzlichen Regelung keinen Niederschlag gefunden hat.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Diplom-Ingenieurin, die Beklagte eine vollständig staatlich finanzierte Ressortforschungseinrichtung. Dort war die Klägerin seit 2010 mit insgesamt 5 befristeten Verträgen beschäftigt. Laut letztem Vertrag vom 15.8.2018 sollte das Arbeitsverhältnis zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung befristet sein bis zum 31.12.2019. Als Anlage war ein Qualifizierungsplan mit fachlichen und weiteren Qualifizierungszielen beigefügt, wonach die Klägerin vertiefte Kenntnisse in bestimmten Themenfeldern erwerben und hierzu ein Drittmittelprojekt bearbeiten sollte inklusive der Erstellung eines wissenschaftlichen Abschlussberichts.

Die Klägerin klagte nun auf Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung beendet worden sei.

Die Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Gegen das Urteil ist beim BAG Revision eingelegt worden.

Das Gericht entschied, dass die Befristung unwirksam sei, da die Beschäftigung der Klägerin nicht zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung erfolgt sei. Das Gericht führte hierzu aus, dass es sich bei dem, mit der Wissenschaftszeitvertragsgesetz-Novelle vom 11.3.2016 zusätzlich zu den bisherigen Voraussetzungen in das Gesetz eingefügten Erfordernis "zur Förderung der eigenen Qualifizierung", um ein selbständig zu prüfendes Tatbestandsmerkmal des § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG handele. Die Auslegung des Gesetzes ergebe hierbei, dass die Befristung nur wirksam sei, wenn sie eine wissenschaftliche Qualifizierung fördern solle, die sich nicht in der bloßen Gewinnung zusätzlicher Berufserfahrung erschöpfe, sondern darüber hinausgehe. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte jedoch nicht vorgetragen, dass die Klägerin nach dem Vertragsinhalt Tätigkeiten habe verrichten sollen, die über die Kompetenzzuwächse hinausgehen, die mit der Ausübung wissenschaftlicher Tätigkeit typischerweise und regelmäßig verbundenen seien.

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