LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.3.2021, 12 Sa 84/20

Leitsätze (amtlich)

1. Die Regelung in § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD, nach der im Falle einer Höhergruppierung die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe mit dem Tag der Höhergruppierung beginnt, knüpft allein an den Wechsel der Entgeltgruppe an. Es kommt nicht darauf an, wann die zu Grunde liegende Aufgabe übertragen wurde.

2. § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD gilt auch für korrigierende Höhergruppierungen: Die Stufenlaufzeit beginnt in jedem Fall ab dem Tag des Wechsels in die höhere Entgeltgruppe, unabhängig davon, seit wann die Beschäftigte die zu Grunde liegende Aufgabe wahrnimmt, und unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die Korrektur einseitig vornimmt, sie vereinbart wird oder ob sie auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

Sachverhalt

Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht seit dem 1.10.2011. Der TVöD VKA findet Anwendung. Die Klägerin nimmt im Wesentlichen Aufgaben des Gemeindevollzugsdienstes wahr. Aufgrund des Antrages der Klägerin auf Höhergruppierung gem. § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA im Rahmen der Überleitung in die neue Entgeltordnung (Anlage 1 zum TVöD) zum 1.1.2017, gruppierte die Beklagte sie rückwirkend ab 1.1.2017 in die EG 7, Stufe 3 um. Die Klägerin möchte jedoch eine Höhergruppierung in die EG 9a, was die Beklagte ablehnte. Aufgrund der Klage der Klägerin stellte das Arbeitsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 7.5.2019 fest, dass die Klägerin rückwirkend ab dem 1.9.2017 nach der EG 9a, Stufe 3, zu vergüten sei. Hiergegen legte die Beklagte Berufung ein. Das LAG stellte mit Beschluss vom 6.3.2020 (14 Sa 32/19) fest, dass zwischen den Parteien folgender Vergleich zu Stande gekommen sei: Die beklagte Stadt ... zahlt an die Klägerin ab dem 1.6.2018 die Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 3 Teil A I, 3 der Entgeltordnung zum TVöD VKA.

Eine Absprache über den Beginn der Stufenregelung wurde nicht getroffen. Deshalb korrespondierten nach Abschluss des Prozessvergleichs die Parteien über die Stufenzuordnung. Die Beklagte war der Auffassung, dass die Klägerin gemäß dem Prozessvergleich ab dem 1.6.2018 ein Entgelt der EG 9a, Stufe 3 erhalte, sodass die 3-jährige Stufenlaufzeit am 31.5.2021 ende und sie ab dem 1.6.2021 einen Anspruch auf ein Entgelt der Stufe 4 habe. Dies ergebe sich aus § 17 Abs. 4 TVöD; denn die Tarifbestimmung knüpfe den Beginn der Stufenlaufzeit nicht an die Übernahme einer höherwertigen Tätigkeit, sondern an die Höhergruppierung selbst an.

Die Klägerin brachte dagegen vor, dass sich, da sie seit dem 1.1.2017 unverändert dieselben Aufgaben wahrnehme, die Höherstufung gem. § 12 TVöD nach dem Ist-Zustand der von ihr ausgeübten Tätigkeit richte. Sie habe daher ab dem 1.1.2020 einen Anspruch auf ein Entgelt der Stufe 4. Die vorliegende (korrigierende) Höhergruppierung richte sich nicht nach der Regelung des § 17 TVöD, da es sich bei der Umgruppierung nach dem Prozessvergleich nicht um eine stufengleiche Höhergruppierung i. S. der Tarifnorm. § 17 TVöD handele; denn dies setze die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit voraus. Anderenfalls würde sie auch schlechter gestellt werden, weil die Beklagte sie ursprünglich falsch eingruppiert habe.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht hatte der Klage zunächst stattgegeben. Es urteilte, dass die Klägerin ab 1.1.2020 einen Anspruch auf ein Entgelt der Stufe 4 habe; denn maßgeblicher Beginn der 3-jährigen Stufenlaufzeit sei die Übernahme der höherwertigen Tätigkeit am 1.1.2017 gewesen. § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-VKA sei auf den vorliegenden Fall einer korrigierenden Höhergruppierung nicht anzuwenden.

Vor dem LAG hatte die Klage dagegen keinen Erfolg. Revision wurde nicht zugelassen.

Das LAG urteilte, dass sich weder aus dem Prozessvergleich noch aus den tariflichen Bestimmungen ergebe, dass die Klägerin ab dem 1.1.2020 ein Entgelt der Stufe 4 verlangen könne; denn gem. § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD beginne die 3-jährige Stufenlaufzeit der Klägerin in der Stufe 3 mit dem Tag ihrer Höhergruppierung, und dies war der 1.6.2018. Somit ende die Stufenlaufzeit am 31.5.2021, sodass die Beklagte erst ab dem 1.6.2021 der Klägerin ein Entgelt der EG 9a, Stufe 4, zu zahlen habe.

Das Gericht führte hierzu aus, dass sich dies schon aus dem eindeutigen Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD ergebe, wonach die Stufenlaufzeit mit dem Tag der Höhergruppierung beginne. Bei Umgruppierungen in eine höhere Entgeltgruppe werde der Beginn der Stufenlaufzeit somit an den Wechsel der Entgeltgruppe und gerade nicht an die Übertragung einer neuen, qualifizierteren Aufgabe geknüpft.

Weiter begründete das Gericht seine Entscheidung mit dem Umstand, dass § 17 Abs. 4 TVöD hierzu ursprünglich keine Ausnahmeregelungen enthielt, obwohl sich die Tarifvertragsparteien bewusst waren, dass Höhergruppierungen bei Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit denkbar seien, z. B. im Rahmen des § 14 TVöD, wenn Beschäftigten Aufgaben einer höheren Entgeltgruppe zunächst nur vorübergehend übertragen werden sollen, was keine Höhergruppierung zur Folge habe. Werden diese ...

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