BAG, Urteil v. 27.10.2020, 9 AZR 630/19

Die nicht in Monatsbeträgen festgelegten Bestandteile des Urlaubsentgelts werden gem. § 21 TV-Ärzte als Durchschnitt auf Basis der letzten 3 vollen Kalendermonate, die dem maßgebenden Ereignis für die Entgeltfortzahlung vorhergehen, berechnet. Die Tarifvorschrift legt den Berechnungszeitraum somit fest, ohne Ausnahmen für Zeiträume zu bestimmen, in denen der Arbeitnehmer, wie z. B. wegen Elternzeit, keinen Arbeitsverdienst erzielt hat. In diesem Fall müssen die nicht in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile unter Zugrundelegung eines hypothetischen Arbeitsverdienstes berechnet werden.

Sachverhalt

Der Kläger ist bei dem beklagten Land seit 2015 als Oberarzt beschäftigt. Der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) findet Anwendung.

Vom 2.5. bis zum 31.10.2017 befand sich der Kläger in Elternzeit und anschließend vom 9. und 14.11.2017 in Erholungsurlaub. Als Urlaubsentgelt erhielt der Kläger für diesen Zeitraum gem. § 21 TV-Ärzte lediglich das Tabellenentgelt. Dagegen zahlte das beklagte Land für den Urlaub, der dem Kläger am 4., 5., 11., 19.12.2017 und vom 27. bis zum 29.12.2017 gewährt wurde, neben dem Tabellenentgelt für jeden der 7 Urlaubstage 39,29 EUR brutto an den Kläger aufgrund unständiger Entgeltbestandteile. Hätte das beklagte Land das Urlaubsentgelt auf der Grundlage des Arbeitsentgelts berechnet, welches der Kläger in den 3 Monaten vor der Elternzeit bezog, hätte sich hier ein Aufschlag für die Urlaubstage im November 2017 um jeweils 158,81 EUR brutto und für die Urlaubstage im Dezember 2017 um jeweils 110,79 EUR brutto ergeben.

Nachdem der Kläger das beklagte Land erfolglos aufforderte, das Urlaubsentgelt unter Ausschluss seiner Elternzeit zu berechnen, erhob er Klage. Er begründetet dies u. a. damit, dass die Tarifvertragsparteien in § 21 Satz 1 TV-Ärzte lediglich einen von der gesetzlichen Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG abweichenden Berechnungszeitraum bestimmt hätten, die übrigen Bestimmungen in § 11 Abs. 1 BUrlG dagegen von der tariflichen Regelung unberührt seien; denn den Tarifvertragsparteien komme nicht die Befugnis zu, wesentliche Vergütungsbestandteile bei der Berechnung des Urlaubsentgelts unberücksichtigt zu lassen, sodass für die Berechnung der Urlaubsvergütung auf einen 3-monatigen Zeitraum zurückzugreifen sei, in dem der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer eine Vergütung gezahlt habe. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, vor dem LAG hatte sie Erfolg.

Die Entscheidung

Das BAG hob die Entscheidung des LAG wieder auf und hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen, da das Gericht auf der Grundlage der Feststellungen des LAG nicht abschließend entscheiden konnte, ob dem Kläger ein Anspruch auf weiteres Urlaubsentgelt für die Monate November und Dezember 2017 zustand.

Das BAG führte insofern aus, dass die Tarifvorschrift des § 21 Satz 1 TV-Ärzte für die Berechnung der nicht in Monatsbeträgen festgelegten Bestandteile des Urlaubsentgelts einen von § 11 Abs. 1 BUrlG zulässigerweise abweichenden Modus bestimme. Die Berücksichtigung vergütungsloser Zeiträume wie der Elternzeit zulasten des Arbeitnehmers sei von der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien gedeckt (§ 13 Abs. 1 BUrlG). Das LAG habe nach Ansicht des BAG jedoch zu Unrecht angenommen, dass aufgrund einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 21 TV-Ärzte für die Berechnung der nicht in Monatsbeträgen festgelegten Bestandteile des Urlaubsentgelts auf die Monate Februar bis April 2017 abzustellen sei, weil der Kläger in den Monaten Mai bis Oktober 2017 kein Arbeitsentgelt erzielt habe; denn die Elternzeit eines Arbeitnehmers lasse, so das BAG weiter, den in § 21 Satz 2 TV-Ärzte bestimmten Berechnungszeitraum unberührt.

Es führte hierzu aus, dass mit Rücksicht auf das Regelungsziel der Tarifvertragsparteien – die nicht in Monatsbeträgen festgelegten Bestandteile des Urlaubsentgelts unter Rückgriff auf einen 3-monatigen Referenzzeitraum am üblichen Verdienst des Arbeitnehmers zu orientieren – für die Berechnung dieser Bestandteile auf das hypothetische Entgelt abzustellen sei, das der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er sich in dem Referenzzeitraum nicht in Elternzeit befunden hätte. Dies ergebe die Auslegung des § 21 Satz 2 TV-Ärzte.

Bereits der Wortlaut des § 21 Satz 2 TV-Ärzte bestimme eindeutig, dass die nicht in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile "als Durchschnitt auf Basis der letzten 3 vollen Kalendermonate, die dem maßgebenden Ereignis für die Entgeltfortzahlung vorhergehen …, gezahlt" werden; insoweit lege die Tarifvorschrift den Berechnungszeitraum fest, ohne Ausnahmen für Zeiträume zu bestimmen, in denen der Arbeitnehmer, wie hier z. B. wegen Elternzeit, keinen Arbeitsverdienst erzielt habe.

Diese Auslegung werde auch durch den systematischen Zusammenhang, in den die Tarifbestimmung eingebettet sei, gestützt. Insbesondere stelle die Protokollerklärung zu § 21 TV-Ärzte klar, dass volle Kalendermo...

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