Entscheidungsstichwort (Thema)
Frist. Revisionsbegründung. Telefax. Signale. Empfängergerät. Verlängerung. Antrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Es kann dahinstehen, ob der Klägervertreter am letzten Tag der Frist um 23:59 Uhr begonnen haben sollte, die 29 Seiten umfassende Revisionsbegründung per Fax abzusenden, da ausschlaggebend ist, dass die die Begründung der Revision betreffenden Signale auf dem Empfängergerät des Bundessozialgerichts erst am Folgetag zwischen 00:12 Uhr und 01:13 Uhr, und damit verspätet, eingegangen sind.
2. Die Begründungsfrist kann nur auf einen vor Ablauf gestellten Antrag hin verlängert werden.
Normenkette
SGG § 67 Abs. 1, § 73 Abs. 6 S. 6, § 164 Abs. 2, § 169; ZPO § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8. Juni 2016 - L 3 KA 7/13 - wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 14 801 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Revision ist gemäß § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht fristgemäß begründet worden ist.
Gemäß § 164 Abs 2 SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Berufungsurteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann nach § 164 Abs 2 Satz 2 SGG auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Vorliegend ist das Berufungsurteil dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15.7.2016 zugestellt worden. Einen Antrag des Klägers auf Berichtigung des Tatbestands hat das LSG mit Beschluss vom 18.10.2016 abgelehnt, sodass der 15.7.2016 als Zustelldatum maßgebend bleibt (zu den Folgen einer Urteilsberichtigung nach erfolgter Aufforderung zur Rücksendung eines fehlerhaften Urteils vgl BSG SozR 4-1500 § 151 Nr 1). Die Frist zur Revisionsbegründung ist mit gerichtlichem Schreiben vom 23.8.2016 bis Montag, den 17.10.2016 verlängert worden. Eine Begründung ist jedoch nicht innerhalb dieser Frist erfolgt. Nach den auf dem Telefax aufgedruckten Absendeinformationen hat der Klägervertreter erst am 17.10.2016 um 23:59 Uhr begonnen, die 29 Seiten umfassende Revisionsbegründung sowie die Revisionsbegründung im Verfahren B 6 KA 26/16 R per Fax abzusenden. Es kann dahinstehen, ob diese vom Faxgerät des Absenders übersandten Angaben zum Zeitpunkt der Versendung zutreffen. Ausschlaggebend ist, dass die die Begründung der Revision betreffenden Signale auf dem Empfängergerät des BSG erst am 18.10.2016 zwischen 00:12 Uhr und 01:13 Uhr, und damit verspätet, eingegangen sind (zur Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des vollständigen Empfangs der gesendeten Signale: BGHZ 167, 214). Eine Revision, die innerhalb der Begründungsfrist nicht begründet worden ist, ist gemäß § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Der Kläger hat am Ende seines verspätet eingegangenen Schriftsatzes zur Revisionsbegründung eine Nachfrist und vorsorglich Wiedereinsetzung mit der Begründung beantragt, dass "Teile des Begründungsschriftsatzes, der am PC erstellt wurde, plötzlich und auch nicht nachvollziehbar verschwunden sind und auch nicht zugleich wiederhergestellt werden konnten." Dem Antrag auf erneute Verlängerung der Begründungsfrist konnte nicht entsprochen werden, weil er erst nach Fristablauf gestellt worden ist. Nach § 164 Abs 2 Satz 2 SGG kann die Begründungsfrist nur auf einen vor Ablauf gestellten Antrag hin verlängert werden. Aus diesem Grunde konnte dem Kläger wegen der Versäumung der Begründungsfrist auch nicht nach § 67 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Nach § 67 Abs 1 SGG setzt die Wiedereinsetzung voraus, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Dabei ist das Verschulden eines Bevollmächtigten dem vertretenen Beteiligten gemäß § 73 Abs 6 Satz 6 SGG iVm § 85 Abs 2 ZPO stets wie eigenes Verschulden zuzurechnen (vgl BSG SozR 4-1500 § 67 Nr 6, RdNr 14; BSG SozR 3-1500 § 67 Nr 21 S 60 mwN). Selbst wenn in dem "plötzlichen Verschwinden" von im PC gespeicherten Texten unter Berücksichtigung der an die Büroorganisation zu stellenden Anforderungen ein Grund für eine unverschuldete Verhinderung gesehen werden könnte, so hätte der Prozessbevollmächtigte des Klägers zur Vermeidung einer Fristversäumnis jedenfalls einen Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist vor deren Ablauf stellen müssen (vgl BSG Beschluss vom 11.12.2008 - B 6 KA 34/08 B - Juris RdNr 14). Daran fehlt es hier. Anhaltspunkte dafür, dass er auch an der rechtzeitigen Antragstellung ohne Verschulden gehindert gewesen sein könnte, sind nicht vorgetragen und auch im Übrigen nicht ersichtlich. Dies gilt in besonderer Weise, wenn der Prozessbevollmächtigte die Frist zur Begründung der Revision bis zum letzten Tag ausgeschöpft hat, weil bei voller Ausschöpfung der Frist erhöhte Sorgfaltspflichten bestehen (BSG Beschluss vom 11.12.2008 - B 6 KA 34/08 B - Juris RdNr 14).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG. Sie entspricht der streitigen Honorarforderung.
Fundstellen
Dokument-Index HI10333557 |