Verfahrensgang

LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 28.12.2022; Aktenzeichen L 1 KR 356/20)

SG Potsdam (Entscheidung vom 23.07.2020; Aktenzeichen S 3 KR 345/18)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Dezember 2022 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die rückwirkende Stornierung der Familienversicherung sowie der anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung und der Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung (Bescheide vom 20.3.2018 und 30.5.2018; Widerspruchsbescheid vom 13.7.2018). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.7.2020). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Familienversicherung und die freiwillige Krankenversicherung seien wegen einer hauptberuflichen selbstständigen Erwerbstätigkeit des Klägers ausgeschlossen gewesen (Beschluss vom 28.12.2022).

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des LSG.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet. Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2)

oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

Dies gilt auch für Beschlüsse des LSG nach § 153 Abs 4 Satz 1 SGG oder § 158 Satz 2 SGG(vgl § 153 Abs 4 Satz 3, § 158 Satz 3 SGG) .

Mit der Behauptung, das LSG habe sich mit seinen Hinweisen und Erklärungen zum fehlenden Ermessen der Beklagten bei der angefochtenen Entscheidung nicht im Ansatz auseinandergesetzt, bezeichnet der Kläger einen Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) in Form eines Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht hinreichend. Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nur Erfolg haben, wenn die angefochtene gerichtliche Entscheidung auf einer Verletzung des Art 103 Abs 1 GG beruht, wenn also nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Anhörung des Beschwerdeführers das Gericht zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts oder in einem wesentlichen Punkt zu einer anderen Würdigung veranlasst oder im Ganzen zu einer anderen, ihm günstigeren Entscheidung geführt hätte. Das Recht auf rechtliches Gehör gebietet dabei nur, dass die Gerichte die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen, es verpflichtet sie aber nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, ihn also zu "erhören" (BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN). Aus diesem Grunde ist der Substantiierungspflicht bei der Rüge eines Verstoßes gegen Art 103 Abs 1 GG nur genügt, wenn der Beschwerdeführer darlegt, was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte und welche Folgen sich daraus für die angegriffene Entscheidung ergeben hätten (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 12.5.2022 - 2 BvR 354/21 - juris RdNr 8 mwN). Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Soweit der Kläger meint, der Beschluss des LSG könne wegen erheblicher Divergenzen bei der Anwendung des § 45 SGB X keinen Bestand haben, legt er den Revisionszulassungsgrund einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht hinreichend dar. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass die angefochtene Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und BSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6; jeweils mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung offenkundig nicht.

Schließlich kann die Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei inhaltlich unrichtig, im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Heinz

Waßer

Padé

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16129346

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