Kindertageseinrichtungen und Schulen wurden wegen der Coronavirus-Pandemie geschlossen. Eine Notbetreuung wird aufrechterhalten, zunächst nur für die Kinder bestimmter Personengruppen, die beruflich in sog. Kritischen Infrastrukturen tätig sind. Nähere Bestimmungen regeln die jeweiligen Bundesländer.

In Nordrhein-Westfalen beispielsweise war Grundlage einer solchen Entscheidung zur Aufnahme in der Notbetreuung nach der Leitlinie des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales zum einen ein Nachweis darüber, dass beide Elternteile (soweit nicht alleinerziehend) nicht in der Lage sind, die Betreuung zu übernehmen. Darüber hinaus muss eine schriftliche Zusicherung (oder Zusicherung der Nachreichung der Vorlage) der jeweiligen Arbeitgeber beider Elternteile vorliegen, dass deren Präsenz am Arbeitsplatz für das Funktionieren der jeweiligen kritischen Infrastruktur notwendig ist.

Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind nach den Leitlinien in Nordrhein-Westfalen[1] Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen. Bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung würden nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere ernsthafte Folgen eintreten. Die nachstehende Liste lehnt sich an die Verordnung zur Bestimmung kritischer Infrastrukturen nach dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz) und wird stetig fortentwickelt:

Der folgende Personenkreis ist – beispielhaft: nach den Leitlinien in Nordrhein-Westfalen – in einer Kritischen Infrastruktur tätig:

1. Sektor Energie

  • Strom, Gas, Kraftstoffversorgung (inklusive Logistik)
  • insbesondere Einrichtungen zur Entstörung und Aufrechterhaltung der Netze 

2. Sektor Wasser, Entsorgung

  • Hoheitliche und privatrechtliche Wasserversorgung
  • insbesondere Einrichtungen zur Entstörung und Aufrechterhaltung der Netze 

3. Sektor Ernährung, Hygiene

  • Produktion, Groß- und Einzelhandel (inklusive Zulieferung, Logistik) 

4. Sektor Informationstechnik und Telekommunikation

  • insbesondere Einrichtungen zur Entstörung und Aufrechterhaltung der Netze 

5. Sektor Gesundheit

  • insbesondere Krankenhäuser, Rettungsdienst, Pflege, niedergelassener Bereich, Medizinproduktehersteller, Arzneimittelhersteller, Apotheken, Labore 

6. Sektor Finanz- und Wirtschaftswesen

  • insbesondere Kreditversorgung der Unternehmen, Bargeldversorgung, Sozialtransfers
  • Personal der Bundesagentur für Arbeit und Jobcenter zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes (insbesondere Auszahlung des Kurzarbeitergeldes) 

7. Sektor Transport und Verkehr

  • insbesondere Betrieb für kritische Infrastrukturen, öffentlicher Personennah- und Personenfern- und Güterverkehr
  • Personal der Deutschen Bahn und nicht bundeseigenen Eisenbahnen zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes
  • Personal zur Aufrechterhaltung des Flug- und Schiffsverkehrs 

8. Sektor Medien

  • insbesondere Nachrichten- und Informationswesen sowie Risiko- und Krisenkommunikation 

9. Sektor staatliche Verwaltung (Bund, Land, Kommune)

  • Kernaufgaben der öffentlichen Verwaltung und Justiz, Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz, Justizvollzug, Veterinärwesen, Lebensmittelkontrolle, Asyl- und Flüchtlingswesen einschließlich Abschiebungshaft, Verfassungsschutz, aufsichtliche Aufgaben sowie Hochschulen und sonstige wissenschaftlichen Einrichtungen, soweit sie für den Betrieb von sicherheitsrelevanten Einrichtungen oder unverzichtbaren Aufgaben zuständig sind
  • Gesetzgebung/Parlament 

10. Sektor Schulen, Kinder- und Jugendhilfe, Behindertenhilfe

  • Sicherstellung notwendiger Betreuung in Schulen, Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflege, stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung

Zwischenzeitlich wurde die Notbetreuung ausgeweitet. Dennoch werden auf absehbare Zeit nicht sämtliche Kinder betreut werden können.

Hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Auswirkungen bei fehlender Kinderbetreuung aufgrund von Schließung der Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen gilt es zu beachten:

Ein Beschäftigter schuldet grundsätzlich seine Arbeit unabhängig davon, ob das Kind betreut ist oder nicht. Eltern haben sich dann um eine alternative Betreuung zu kümmern – beispielsweise durch Verwandte oder Freunde. Lässt sich für das Kind keine anderweitige Betreuung organisieren, kann jedoch vor allem bei kleineren Kindern für einen Elternteil ein Leistungsverweigerungsrecht bestehen. In diesem Fall muss der Arbeitgeber im Zweifel den Beschäftigten freistellen. Nach § 616 BGB besteht in einem derartigen Fall in Abweichung vom Grundsatz "Ohne Arbeit kein Lohn" grundsätzlich ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für bis zu maximal 5 Arbeitstage. Dieser Anspruch kann jedoch im Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag abweichend geregelt werden, auch ein Ausschluss der Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB wird für zulässig erachtet.

 
Praxis-Tipp

Im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes ist gem. § 29 Abs. 1 TVöD/TV-L/TV-H der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Arbeit...

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