Die Aufgaben in den öffentlichen Verwaltungen unterliegen einem steten Wechsel. Die von den Angestellten auszuübenden Tätigkeiten können sich ohne Einflussnahme des Personalamts in der Weise ändern, dass sie gemäß § 22 Abs. 2 BAT den tariflichen Anforderungen einer höheren Vergütungsgruppe entsprechen. Diesem Sachverhalt haben die Tarifvertragsparteien durch § 23 BAT Rechnung getragen. § 23 trifft also genau die Fälle, in denen sich die Tätigkeit des Angestellten durch nicht vom Arbeitgeber veranlasste Umstände so geändert hat, dass sie den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren als der bisherigen Vergütungsgruppe entspricht. Soweit diese höherwertigen Veränderungen nicht nur vorübergehender Natur sind und die Tätigkeiten ununterbrochen 6 Monate ausgeübt werden, ist der Angestellte automatisch höher eingruppiert. Für die Berechnung der 6-Monats-Frist gelten die §§ 187, 188 BGB.
Mit Änderung des Kindschaftsrechts zum 01.07.1998 sind Teilaufgaben, die bislang von den Jugendämtern bearbeitet wurden, auf die Standesämter übergegangen. Die Tätigkeiten eines Standesbeamten sind nach Vergütungsgruppe Vc BAT, Fallgruppe 1b (mit Bewährungsaufstieg nach Vergütungsgruppe Vb BAT, Fallgruppe 1c nach dreijähriger Bewährung – VkA -) zu bewerten. Durch die Änderungen des Kindschaftsrechts ergibt sich bei den Fachkenntnissen (gründliche und vielseitige) eine Steigerung der Tiefe und Breite nach, d.h. es müssen rechtlicheZusammenhänge erkannt, Rechtsprechung analysiert und verarbeitet werden. Damit können sich im Einzelfall "umfassende Fachkenntnisse" ergeben und das Tarifmerkmal der Vergütungsgruppe Vb BAT, Fallgruppe 1a – VkA – erfüllt werden.
Voraussetzung für die Höhergruppierung sind also Änderungen, die u.U. ohne zunächst erkennbaren konkreten Ansatz dazu führen, dass sich die Anforderungen in der Sachbearbeitung wandeln und auf Dauer den höheren tariflichen Anforderungen einer Vergütungsgruppe genügen.
In derartigen Fällen ist es für die personalverwaltende Stelle häufig schwierig, den genauen Zeitpunkt des Vorliegens der tariflichen Voraussetzungen für eine Höhergruppierung festzustellen. In der Praxis zeigt sich oft, dass Angestellte in Kenntnis des § 23 BAT erst einen entsprechenden Antrag stellen, nachdem sie über 6 Monate höherwertige Tätigkeiten ausgeübt haben. Es sei auch in diesen Fällen darauf hingewiesen, dass die Darlegungs- und Beweislast nicht die personalverwaltende Stelle, sondern den Angestellten trifft. Kann im obigen Beispiel der Angestellte darlegen, dass er die höherwertigen Tätigkeiten mindestens 6 Monate ausgeübt hat, so ist er ab demdarauf folgenden Monat in der Vergütungsgruppe Vb BAT höhergruppiert.
Grundsätzlich kann jedoch die personalverwaltende Stelle dem Angestellten innerhalb der 6-Monats-Frist kraft Direktionsrechts andere Tätigkeiten der bisherigen Vergütungsgruppe zuweisen, so dass ein Anspruch auf Höhergruppierung nicht entsteht.
Für die Zeit der Ausübung der höherwertigen Tätigkeit vor Ablauf der sechs Monate steht dem Angestellten eine persönliche Zulage nach § 24 Abs.1 BAT zu. Dies gilt auch für den Fall, dass innerhalb der sechs Monate dem Angestellten die höherwertige Tätigkeit entzogen und eine andere Tätigkeit der bisherigen Vergütungsgruppe zugewiesen wird.