Ursprünglich erfolgte die Eingruppierung gem. § 22 BAT nach der "überwiegend auszuübenden" Tätigkeit. Die hierzu bei angenommener "einheitlich zu bewertender Gesamttätigkeit" entwickelte Rechtsprechung des BAG führte 1975 zur Neufassung des § 22 BAT. Durch den 37. Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung des BAT vom 17.3.1975 ist der Begriff des Arbeitsvorgangs neu eingeführt worden. Er löste die vorherige Eingruppierung nach Gesamttätigkeit oder Teiltätigkeit ab. Die Tarifvertragsparteien haben ab diesem Zeitpunkt den Arbeitsvorgang zur grundlegenden und universalen Bezugsgröße für die tarifliche Bewertung einer Tätigkeit gemacht und auch im neuen Eingruppierungsrecht ab 1.1.2017 nicht nur beibehalten, sondern gar auf den Arbeiterbereich erweitert.
27.3.1 Begriff des Arbeitsvorgangs
Nach der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 2 TVöD (VKA) sind die Arbeitsvorgänge wie folgt definiert:
Zitat
Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der/des Beschäftigten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z. B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, eines Widerspruchs oder eines Antrags, Erstellung eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, Konstruktion einer Brücke oder eines Brückenteils, Bearbeitung eines Antrags auf eine Sozialleistung, Betreuung einer Person oder Personengruppe, Durchführung einer Unterhaltungs- oder Instandsetzungsarbeit). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden. Eine Anforderung im Sinne der Sätze 2 und 3 ist auch das in einem Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren Entgeltgruppe.
Die Tarifvertragsparteien gehen von einem kleinteiligen engen Verständnis des Begriffs eines Arbeitsvorgangs aus. Dem steht die Tendenz der Rechtsprechung gegenüber, diesen Begriff weit auszulegen. Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, haben die Tarifvertragsparteien den Beispielskatalog in der Protokollerklärung abgewandelt, um damit deutlich zu machen, dass sie im Rahmen ihrer tarifautonomen Gestaltungsbefugnis diesem Begriff ein enges Verständnis zugrunde legen. So haben sie für den Bereich des Sozial- und Erziehungsdienstes neu als Beispiele "Bearbeitung eines Antrags auf Sozialleistung" sowie "Betreuung einer Person" eingebracht und damit klargestellt, dass dieses kleinteilige Ergebnis ein abgrenzbares Arbeitsergebnis und damit einen Arbeitsvorgang darstellt.
Die gesamte Tätigkeit eines Beschäftigten setzt sich aus Arbeitsvorgängen zusammen. Ein Arbeitsvorgang ist der kleinste bei natürlicher und vernünftiger Betrachtungsweise abgrenzbare Teil der Gesamttätigkeit. Der Arbeitsvorgang darf nicht unzulässig in mehrere Teile zerlegt (atomisiert) werden. Deshalb dürfen Zusammenhangsarbeiten, die als untergeordneter Teil einer Arbeitsmessung anzusehen sind, nicht gesondert gewertet werden (z. B. das Prüfen eines Antrags auf Vollständigkeit, das für die Bearbeitung eines Aktenvorgangs erforderliche Heraussuchen eines Aktenstücks oder das Studieren von Fachliteratur zur Lösung der Problemstellung). Der Arbeitsvorgang stellt ein Arbeitsergebnis dar, das von dem Beschäftigten erzeugt werden soll.
Erfordern die Tätigkeitsmerkmale die Erfüllung tariflicher Anforderungen (z. B. besondere Schwierigkeit und Bedeutung in EG 10 Teil A Abschn. I Ziffer 3 der Entgeltordnung) in einem bestimmten zeitlichen Ausmaß (z. B. zu einem Drittel), so ist nicht darauf abzustellen, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit ausmachende Arbeitsvorgänge ihrerseits jeweils das tariflich geforderte Ausmaß (z. B. ein Drittel besondere Schwierigkeit und Bedeutung) erfüllen. Dies wäre ein Verstoß gegen das Aufspaltungsverbot. Vielmehr ist zu prüfen, ob in dem geforderten Ausmaß (z. B. von einem Drittel der Gesamtarbeitszeit) Arbeitsvorgänge anfallen, die ihrerseits die tariflichen Anforderungen (z. B. besondere Schwierigkeit und Bedeutung) erfüllen.
Bei dem Begriff des Arbeitsvorgangs handelt es sich nicht um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Bei der Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs besteht ein Beurteilungsspielraum und die Anwendung unterliegt lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. In der Revisionsinstanz kann nur noch geprüft werden, ob das Tatsachengericht den Rechtsbegriff als solchen verkannt und ihn bei der Subsumtion beibehalten hat, ob es Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat sowie darauf, ob es in sich widerspruchsfrei ist. Bei dem Begriff des Arbeitsvorgangs handelt es sich hingegen um einen feststehenden, abstrakten und von den Tarifvertragsparteien vorgegebenen Rechtsbegriff. Es besteht kein Beurteilungsspielraum. Seine Anwendung ist gerichtlich voll nachprüfbar. Die Gerichte haben aufgrund des von den Tarifvertragsparteien vorgegebenen, feststehenden Rechtsbegriffs des Arbeitsvorgangs in allen Eingruppierungsprozessen die rechtl...