6.1 Die Entgeltordnung als Instrument der Arbeitsbewertung
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TVöD (VKA) richtet sich die Eingruppierung der Beschäftigten nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA). Die Entgeltordnung ist die Grundlage der Arbeitsbewertung. In der Entgeltordnung ist die Differenzierung der Arbeitsentgelte für die Beschäftigten im Geltungsbereich des TVöD in insgesamt 17 Entgeltgruppen festgelegt. Dabei kennzeichnen die niedrigen Ordnungszahlen (z. B. EG 1) die Entgeltgruppen mit niedrigerem Arbeitsentgelt, die hohen Ordnungszahlen (z. B. EG 15) die Entgeltgruppen mit höherem Arbeitsentgelt. Dies gilt nunmehr auch für den Pflegebereich (P-Entgeltgruppen), der die Entgeltgruppen P 5 bis P 16 umfasst.
6.2 Rechtscharakter der Entgeltordnung
Nach § 4 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) enthält die Entgeltordnung Rechtsnormen und ist Gesetz im materiellen Sinne.
Hingegen haben Eingruppierungsrichtlinien der Arbeitgeberverbände bzw. des Bundes in seinen Rundschreiben weder eine tarifrechtliche noch eine arbeitsrechtliche Bedeutung, da es sich hierbei lediglich um einseitige Empfehlungen einer Tarifvertragspartei an ihre Mitglieder handelt. Somit fehlt der Sonderrechtscharakter von Tarifnormen. Zwar können solche Richtlinien im Arbeitsvertrag vereinbart werden und somit rechtliche Bedeutung erlangen. Eine solche Vereinbarung ist jedoch nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:
6.3 Vollständigkeitsprinzip der Entgeltordnung
Mit der Entgeltordnung sollen wie schon zuvor mit der Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O alle im Geltungsbereich des TVöD-VKA anfallenden Tätigkeiten erfasst werden, um sie tarifrechtlich zu bewerten. Das Bundesarbeitsgericht sprach bei der Vergütungsordnung daher vom "universalen" Charakter der Vergütungsordnung. Dies gilt gleichermaßen für die Entgeltordnung. Der universale Charakter der Entgeltordnung zeigt sich in erster Linie in den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen des Teils A Abschn. I, denen gemäß der Vorbemerkung Nummer 1 in den Ziffern 3 und 4 für Tätigkeiten im Angestelltenbereich und in Ziffer 2 für den handwerklichen Bereich eine Auffangfunktion zukommt. Fehlt nun für eine zu bewertende Tätigkeit in der Entgeltordnung ein spezielles Tätigkeitsmerkmal, müssen Sie i. d. R. die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale heranziehen. So hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 16.10.1985 zur Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O festgestellt, dass beispielsweise für die Aufgaben
- Umweltschutz,
- Überwachung des ruhenden Verkehrs,
- Verfassungsschutz,
- Lebensmittelkontrolle,
- Naturschutz,
- Sicherheitsmeister (Betriebsschutzbeauftragter),
die allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst heranzuziehen sind.
Beachten Sie, dass dieser Rückgriff auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale des Teils I in Ziffer 3 in den Entgeltgruppen 2 bis 12 nicht in Betracht kommt in den Fällen, in denen die Tätigkeit des Beschäftigten keinen unmittelbaren Bezug zu den eigentlichen Aufgaben der betreffenden Verwaltungsdienststellen, -behörden oder –institutionen hat. In derartigen Fällen besteht eine Regelungslücke. Es ist zu prüfen, ob es sich um eine unbewusste Tariflücke handelt oder ob die Tarifvertragsparteien bewusst für die Tätigkeit keine Regelung treffen wollten. Bei einer unbewussten Regelungslücke ist eine Lückenschließung im Wege der ergänzenden Auslegung möglich. Bei einer bewussten Regelungslücke hingegen scheidet diese aus. In diesen Fällen ist die Lücke durch Individualvereinbarung zu schließen.
Beachten Sie, dass die speziellen Tätigkeitsmerkmale den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltordnung vorgehen.
Beachten Sie: Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale dürfen auch nicht "hilfsweise" herangezogen werden, wenn die speziellen Tätigkeitsmerkmale eine höhere Eingruppierung nicht mehr vorsehen. So gibt es z. B. spezielle Tätigkeitsmerkmale für Diätassistenten in Teil B Abschn. XI Unterabschn. 5 bis zur Entgeltgruppe 9b. Ab Entgeltgruppe 9c sind Tätigkeitsmerkmale für Diätassistenten nicht mehr vorgesehen. Es ist nun nicht möglich, eine Eingruppierung nach Teil A Abschn. I Ziffer 3 in die EG 10 vorzunehmen mit der Begründung, es handle sich um einen Beschäftigten "im sonstigen Innendienst", dessen Tätigkeit besonders verantwortungsvoll ist und sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung heraushebt.
Bewusste – unbewusste Lücke im Tarifvertrag
Die Tarifvertragsparteien haben mit der Vereinbarung der Entgeltordnung wie zuvor auch schon bei der Vergütungsordnung die Absicht verfolgt, grundsätzlich alle Tätigkeiten des öffentlichen Dienstes zu erfassen und erschöpfend zu regeln. Angesichts dieses Vollständigkeitsprinzips der Entgeltordnung kann das Vorliegen einer Lücke nur in Ausnahmefällen angenommen werden. Haben die Tarifvertragsparteien einen Tatbestand bedacht, von einer Regelung jedoch abgesehen und somit bewusst eine regelungsbedürftige Frage offengelassen, etwa weil sie sich darüber nicht einigen konn...