Die unionsrechtskonforme Auslegung des § 7 Abs. 3 BUrlG zum erforderlichen Mindestumfang des Übertragungszeitraums in Fällen fortdauernder Arbeitsunfähigkeit betrifft nur den nach Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten und von §§ 1 und 3 Abs. 1 BUrlG begründeten vierwöchigen Mindesturlaub (siehe oben Einleitung zu Abschnitt E). Deshalb findet für den tariflichen Mehrurlaub anstelle der Tarifvorschrift des § 26 Abs. 2 Buchstabe a TVöD übertariflich die jeweils für die Beamtinnen und Beamten des Bundes geltende Regelung (§ 7 EUrlV) Anwendung. Danach verfällt Urlaub, der nicht innerhalb von zwölf Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres genommen worden ist. Bis zum Erreichen dieser übertariflichen Begrenzung, also bis zum 31. Dezember des Folgejahres gilt somit für den gesetzlichen Mindesturlaub und den tariflichen Mehrurlaub eine einheitliche Verfallsfrist. Eine Unterscheidung zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem tariflichen Mehrurlaub ist aber in Fällen der fortdauernden Arbeitsunfähigkeit geboten, denn aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben gilt für diese Fälle für den gesetzlichen Mindesturlaub ein Höchstübertragungszeitraum von fünfzehn Monaten. Gesetzlicher Mindesturlaub verfällt also auch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit spätestens nach Ablauf dieser verlängerten Befristung am 31. März des zweiten auf das Entstehungsjahr des Urlaubs folgenden Jahres.
Ein Beschäftigter mit einem jährlichen Gesamturlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen nach § 26 Abs. 1 TVöD wird im Januar 2010 krankheitsbedingt arbeitsunfähig und kann seine Tätigkeit erst im Januar 2012 wieder aufnehmen. Hatte er von seinem Urlaub für 2010 noch nichts verbraucht, sind hiervon die 10 Arbeitstage tariflicher Mehrurlaub mit Ablauf des 31. Dezember 2011 verfallen. Der gesetzliche Mindestanspruch von 20 Arbeitstagen bleibt hingegen trotz Ablaufs dieser übertariflichen Frist zunächst erhalten (s. o. 1.1).
Die Gliederung der folgenden Hinweise zur Befristung und Übertragung - und damit mittelbar auch zum Verfall - von Urlaubsansprüchen in Fällen fortdauernder Arbeitsunfähigkeit trägt dieser Zweiteilung Rechnung:
a) Einheitliches Fristenregime bis zum Ablauf der übertariflichen Verfallsfrist:
Der Urlaubsanspruch ist grundsätzlich auf das Urlaubsjahr befristet und endet mit dem 31. Dezember des Jahres, in dem er entstanden ist. Dies gilt gleichermaßen für den gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 BUrlG) wie für den tariflichen Mehrurlaub (§ 26 Abs. 1 Satz 1 TVöD). Die tarifliche Übertragungsfrist nach § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD kommt aufgrund der übertariflichen Anwendung der beamtenrechtlichen Regelung des § 7 EUrlV sowohl für den gesetzlichen als auch für den tariflichen Urlaub nicht zum Tragen; stattdessen wird die Befristung auf das Folgejahr erweitert und der Urlaub verfällt erst, wenn er bis zum Ende des Folgejahres (= Ablauf des Urlaubsjahres + zwölf Monate) nicht genommen worden ist. Während dieser neuen Befristung ist der Urlaub zu verwirklichen, anderenfalls verfällt er.
Übertragen i. S. von § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG bedeutet, dass der (Rest-)Urlaub des Vorjahres bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums dem Urlaub des nachfolgenden Jahres hinzugerechnet wird. Beide zusammen bilden einen einheitlichen Urlaubsanspruch, d. h. übertragener und zum 1. Januar des laufenden Urlaubsjahres neu erworbener Urlaub unterscheiden sich (im Übertragungszeitraum) nicht voneinander. Zum Urlaubsanspruch gehört somit nicht nur der jeweils neueste, am 1. Januar eines jeden Kalenderjahres entstehende Anspruch, sondern auch der infolge der Übertragung hinzutretende, noch zu erfüllende Anspruch aus dem Vorjahr. Auf diese kumulierende Weise wächst der Urlaubsanspruch an. Besonderheiten gelten allerdings hinsichtlich der Befristung: Der Teil des Urlaubsanspruchs, der zu Beginn des laufenden Urlaubsjahres entstanden ist, ist wiederum an das Urlaubsjahr gebunden (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1 TVöD, §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 BUrlG). Der aus dem Vorjahr übertragene Teil des Urlaubsanspruchs hingegen unterliegt tarifvertraglich dem besonderen Zeitregime nach § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD. Im Bereich des Bundes fällt das Ende beider Befristungen wegen der übertariflichen Übertragungsfrist entsprechend § 7 EUrlV zusammen (31. Dezember des Folgejahres und Ende des laufenden Urlaubsjahres).
Getrenntes Fristenregime nach Ablauf der übertariflichen Verfallsfrist:
Dauert das krankheitsbedingte Hindernis für die Inanspruchnahme an oder tritt ein neues in § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG geregeltes Hindernis (dringende betriebliche oder personenbedingte Gründe) an dessen Stelle, so bleibt lediglich der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch durch weitere Übertragung bis zum Erreichen der nach Unionsrecht gebotenen Höchstübertragungsdauer erhalten (siehe oben Einleitung im Abschnitt E). Der so über die tariflichen bzw. übertariflichen Fristenregelungen hinaus aufrecht erhaltene gesetzliche Mindesturlaub verfällt entsprechend unionsrechtskonformer Auslegung d...