Anders verhält es sich bei der Berechnung des Urlaubsentgelts. Infolge der neuen Vorgaben des EuGH bedarf die in § 26 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 21 TVöD vorgesehene Bemessung des Urlaubsentgelts einer europarechtskonformen Auslegung. Das gilt für alle Fälle einer individuellen Verringerung des Beschäftigungsumfangs, also sowohl bei einer Reduzierung der individuellen täglichen Arbeitszeit ohne Veränderung der Anzahl der Wochenarbeitstage als auch bei Verminderung der Anzahl der Wochenarbeitstage. Bei der Bemessung des Urlaubsentgelts für den Urlaub, der vor der Arbeitszeitänderung erworben wurde, aber nicht in Anspruch genommen werden konnte, ist danach auf die Entgelthöhe vor der Arbeitszeitverringerung abzustellen. Der Gerichtshof führt in seiner Urteilsbegründung dazu aus:

… dass es dem einschlägigen Unionsrecht entgegensteht, wenn […] der von dem Arbeitnehmer, der von einer Vollzeit- zu einer Teilzeitbeschäftigung übergeht, in der Zeit der Vollbeschäftigung erworbene Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, dessen Ausübung dem Arbeitnehmer während dieser Zeit nicht mög-lich war, reduziert wird oder der Arbeitnehmer diesen Urlaub nur mehr mit einem geringeren Urlaubs-entgelt verbrauchen kann… (Rdnr. 35).

Damit kann an der bisherigen Praxis, Resturlaubsansprüche ab der Änderung des individuellen Beschäftigungsumfangs mit dem dann zu gewährenden Entgelt als Urlaubsentgelt zu vergüten, nicht mehr festgehalten werden. Dies wird insbesondere immer dann der Fall sein, wenn

  1. eine Arbeitszeitreduzierung vereinbart wird und
  2. Resturlaubansprüche aus dem davor liegenden Zeitraum bestehen, die tatsächlich nicht in Anspruch genommen werden konnten.
Praxis-Beispiel

Ein an fünf Arbeitstagen Vollbeschäftigter vermindert ab 1. September 2010 seine Arbeitszeit um 50 % und verteilt diese Arbeitszeit von Montag bis Mittwoch. Ab 11. Oktober 2010 nimmt er seinen gesamten Jahresurlaub (6 Wochen) in Anspruch. Zu einem früheren Zeitpunkt war dies nicht möglich. Der Urlaubsanspruch errechnet sich wie folgt: 30 / 5 x 3 = 18 Tage Erholungsurlaub.

Davon sind 12 Urlaubstage (= 18 Urlaubstage x (8 Monate/12 Monate) ) mit einem Urlaubsentgelt zu bezahlen, das sich nach der vorangegangenen Volltagsbeschäftigung bemisst, und 6 Urlaubstage (= 18 Urlaubstage x (4 Monate/12 Monate) sind mit dem üblichen Entgelt gemäß § 21 TVöD zu vergüten.

Der EuGH hat in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen - und damit seine Ausführungen in der Sache Schultz-Hoff bestätigt-, dass die neuen Vorgaben nur gelten, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nicht die Möglichkeit hatte, diesen Anspruch auszuüben. Als Hinderungsgründe in der Person der/des Tarifbeschäftigten, die eine rechtzeitige Inanspruchnahme des Urlaubs vor der Verringerung der Arbeitszeit unmöglich machen, kommen insbesondere in Betracht:

  • krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit,
  • Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz,
  • Bezug einer Rente auf Zeit.

In Betracht kommen auch Fälle nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG, in denen beantragter Urlaub aus dringenden dienstlichen Belangen oder entgegenstehenden Urlaubswünschen anderer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, nicht gewährt werden konnte.

Ich bitte die Beschäftigten in geeigneter Weise auf diese Rechtslage hinzuweisen und darauf hinzuwirken, dass Beschäftigte den ihnen für den Zeitraum vor Verringerung der Arbeitszeit anteilig zustehenden Urlaub noch während der Geltung der höheren Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Ggf. ist der Urlaub durch die Dienststelle festzusetzen, dabei ist § 7 Abs. 1 BUrlG zu beachten.

Die Entscheidungen des EuGH zum Urlaubsrecht beziehen sich auf den unionsrechtlichen Mindesturlaub von vier Wochen nach der Richtlinie RL 98/23/EG (Arbeitszeitrichtlinie) und gelten somit für den Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Der darüber hinausgehende tarifliche Mehrurlaub ist davon nicht betroffen. Für die Umsetzung der Tirol-Entscheidung bin ich jedoch damit einverstanden, dass - ausschließlich aus Gründen der Ver-waltungsvereinfachung - bei der Berechnung des anteiligen Urlaubsentgelts einheitlich verfahren wird. Eine Trennung zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem tariflichen Mehrurlaub erfolgt insoweit nicht. In den vorgenannten Fällen einer Verringerung der individuellen Arbeitszeit ist § 21 TVöD europarechtskonform dahin auszulegen, dass für die Berechnung des anteiligen Urlaubsentgelts auf den Zeitpunkt vor Wirksamwerden der Verringerung der individuellen Arbeitszeit abzustellen ist. (Regel-)Berechnungszeitraum für den Tagesdurchschnitt der nicht in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile sind somit die letzten drei vollen Kalendermonate vor der Verringerung der individuellen Arbeitszeit. Der Anwendungsbereich der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 3 zu § 21 Sätze 2 und 3 TVöD beschränkt sich insoweit auf Fälle, in denen der Urlaub vor der Verringerung der individuellen Arbeitszeit nicht in Anspruch genommen wurde, obwohl dies tatsächlich möglich und z...

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