Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung. Deutschkenntnisse. Umschulung. Fortbildung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der sozialen Rechtfertigung einer im Zusammenhang mit der Einführung eines Qualitätsmanagement-Systems ausgesprochenen, mit mangelhaften deutschen Sprachkenntnissen eines ausländischen Arbeitnehmers begründeten Kündigung.
Normenkette
KSchG 1969 § 1
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Urteil vom 25.06.1998; Aktenzeichen 1 Ca 544/97) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 25. Juni 1998 – 1 Ca 544/97 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer von der Beklagten im Zusammenhang mit der Einführung des Qualitätsmanagement-Systems QS-9000 bzw. VDA 6.1 ausgesprochenen, mit mangelhaften deutscher Sprachkenntnissen begründeten Kündigung der am 01.03.1956 geborenen, verheirateten, zwei Kindern unterhaltsverpflichteten, seit 24.05.1988 bei der Beklagten beschäftigten Klägerin, die türkische Staatsangehörige ist.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.06.1998 der Klage stattgegeben. Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, auch bezüglich des Verfahrens und der Anträge wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts (Bl. 130 bis 151 d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 19.04.1999 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, wonach die Umsetzung der im Rahmen der Einführung des Qualitätsmanagement-Systems vorhandenen Organisationsstrukturen unabdingbar Beherrschung der deutschen Sprache verlangen und trägt vor, das folge schon daraus, dass die Inhalte der textlichen Teile der begleitenden Arbeitspapiere für die Produktion und damit für die klägerische Arbeit von erheblicher Bedeutung seien. Das setze voraus, dass die Klägerin auch verstehen könne, was von ihr verlangt werde. Dieses Vermögen fehle der Klägerseite. Richtig sei zwar, dass alle Arbeitnehmer insoweit zu schulen seien. Zu beanstanden sei auch nicht eine Schulung der Klägerin in ihrer Landessprache. Alle Schulungen und Qualifizierungen seien aber nur so viel wert, wie im Ergebnis „hängenbleibe”. Da von keinem Arbeitnehmer verlangt werden könne, sämtliche produktionsabhängigen Papiere und die Reihenfolge der vorzunehmenden Arbeitsabläufe im Kopf zu behalten, sei es unabdingbar, dass der Arbeitnehmer die an jedem Arbeitsplatz vorhandenen Unterlagen verstehend zur Kenntnis nehme. Mangels hinreichender deutscher Sprachkenntnisse sei dies auf der Klägerseite nicht gegeben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 25.06.1998 – AZ: 1 Ca 544/97 – wird abgeändert, die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerseite beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor, die Beklagte sei im Hinblick auf die Ausfüllung der Begleitpapiere zu Schulungen verpflichtet gewesen, der angebotene Deutschkurs sei von vornherein nicht ausreichend gewesen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereiteten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 19.04.1999 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 516, 518, 519 ZPO) und damit insgesamt zulässig.
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Denn das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
Die Klage ist zulässig.
Auf Grund der Dauer des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten und der Zahl der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer genießt die Klägerin Kündigungsschutz nach den Vorschriften des KSchG (§§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG). Die nach diesem Gesetz statthafte und erforderliche Feststellungsklage wurde binnen der Frist des § 4 S. 1 KSchG erhoben.
Die Klage ist auch begründet.
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die streitbefangene Kündigung nicht beendet worden, da diese Kündigung rechtsunwirksam ist.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der, wie hier die Klägerin, Kündigungsschutz nach den Bestimmungen des KSchG genießt, ist nämlich dann rechtsunwirksam, wenn die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Das ist die Kündigung dann, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Hier liegen die Kündigung sozialrechtfertigende Gründe nicht vor.
Die Kündigung der Beklagten ist nicht aus einem personenbedingten Grund – ein verhaltensbedingter Gru...