BAG, Urteil v. 22.3.2017, 10 AZR 623/15
Amtl. Leitsätze
Bestehen in einem Kalenderjahr nacheinander mehrere Arbeitsverhältnisse desselben Arbeitnehmers zu demselben Arbeitgeber, sind Bemessungsgrundlage und Bemessungssatz für die Höhe der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L und nicht nach § 20 Abs. 3 Sätze 1 und 2 TV-L zu bestimmen, wenn das Arbeitsverhältnis, das am 1.12. des Jahres besteht, nach dem 31.8. des Jahres begonnen hat. Ob zwischen den Arbeitsverhältnissen ein enger sachlicher Zusammenhang bestanden hat, ist für die Berechnung der Höhe der Jahressonderzahlung unerheblich.
Sachverhalt
Der Kläger war beim beklagten Land aufgrund eines Arbeitsvertrags von Anfang September 2011 an der Universität Rostock mit einer Arbeitszeit von 50 % befristet beschäftigt. Der TV-L fand Anwendung. Das Arbeitsverhältnis sollte bis zum 30.11.2013, längstens jedoch bis zur Beendigung des Projekts "P" dauern. Im Zeitraum vom 18.1. bis zum 17.7.2013 nahm der Kläger Elternzeit in Anspruch und war mit einem Viertel der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit tätig. Danach, bis zum 30.9.2013, schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag wiederum mit der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, der auf dasselbe Projekt bezogen war. Die jeweiligen Verträge liefen mit Befristungsende aus. Ende November 2013 schlossen die Parteien erneut für den Zeitraum vom 1.12.2013 bis zum 28.2.2014, längstens jedoch bis zur Beendigung des Projekts "S" einen Arbeitsvertrag mit einer Arbeitszeit von einem Viertel der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollzeitbeschäftigten. Gemäß dem anwendbaren Tarifvertrag zahlte das beklagte Land an den Kläger für das Kalenderjahr 2013 eine Jahressonderzahlung i. H. v. 337,88 EUR brutto und zog dabei als Bemessungsgrundlage die Vergütung des Monats Dezember heran. Eine Kürzung nach § 20 Abs. 4 TV-L nahm das beklagte Land nicht vor. Der Kläger vertritt die Auffassung, die Jahressonderzahlung sei fehlerhaft berechnet, da er während des gesamten Kalenderjahres ununterbrochen bei dem beklagten Land gearbeitet habe, sodass gem. § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L auf den Referenzzeitraum Juli bis September 2013 abzustellen sei.
Die Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Nach Auffassung des BAG hatte das beklagte Land die Jahressonderzahlung des Klägers zutreffend bezogen auf das am 1.12.2013 begonnene Teilzeitarbeitsverhältnis berechnet; denn Bemessungsgrundlage für die Höhe der Jahressonderzahlung sei hier nach § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L der 1. volle Kalendermonat des Arbeitsverhältnisses, das am 1.12. besteht, wenn dieses nach dem 31.8. des Jahres begonnen hat. Dies gälte, so das Gericht, auch, wenn bereits zuvor im maßgeblichen Kalenderjahr Arbeitsverhältnisse zu demselben Arbeitgeber bestanden haben, und zwar unabhängig davon, ob Unterbrechungen vorlagen oder nicht; denn bestehen in einem Kalenderjahr nacheinander mehrere Arbeitsverhältnisse desselben Arbeitnehmers zu demselben Arbeitgeber, so sei die Bemessungsgrundlage und Bemessungssatz für die Höhe der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L zu bestimmen und nicht nach § 20 Abs. 3 Satz 1 und 2 TV-L, wenn das Arbeitsverhältnis, das am 1.12. des Jahres besteht, nach dem 31.8. des Jahres begonnen hat. Dies ergäbe eine Auslegung der tariflichen Norm; denn bereits der Wortlaut der Tarifbestimmung regelt, dass bei Beschäftigten "deren Arbeitsverhältnis nach dem 31.8. begonnen hat" der 1. volle Kalendermonat des Arbeitsverhältnisses an die Stelle des Referenzzeitraums nach § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L tritt. Es wird nicht danach unterschieden, ob es sich um den erstmaligen Abschluss eines Arbeitsverhältnisses zu diesem Arbeitgeber handelt oder ob bereits vorher – mit oder ohne Unterbrechungen – ein Arbeitsverhältnis zu ihm bestand. Auch Gesamtzusammenhang und Systematik der tariflichen Regelung sprechen für ein solches Auslegungsergebnis. Eine Diskriminierung befristet Beschäftigter gem. § 4 Abs. 2 TzBfG stellt § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L nicht dar.