Caroline Charissé, Jutta Schwerdle
Im Anwendungsbereich des TV COVID sind hinsichtlich der Auswirkungen der Kurzarbeit auf weitere tarifliche Leistungen die ausdrücklichen Regelungen zur ungekürzten Weiterzahlung bestimmter Leistungen und zur Unzulässigkeit der Verminderung des Urlaubs zu berücksichtigen.
Außerhalb des Anwendungsbereiches des TV COVID, z. B. bei Kurzarbeit in Staatstheatern der Länder, die dem TV-L unterliegen, gelten insoweit die tariflichen Regelungen im TV-L.
9.1 Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen
Die vermögenswirksamen Leistungen (§ 23 Abs. 1 TVöD) werden ungekürzt weitergezahlt (§ 5 Abs. 2 TV COVID). Diese Zahlungen werden daher bei der Berechnung des Aufstockungsbetrages nicht berücksichtigt und stehen auch nicht in Abhängigkeit zur Kurzarbeit selbst. Die Zahlung erfolgt also unabhängig von der Kurzarbeit und dem Arbeitsumfang während der Kurzarbeit.
9.2 Keine Verminderung des Urlaubsentgelts, Verminderung der Dauer des Urlaubs?
9.2.1 Urlaubsentgelt
Der Beschäftigte ist berechtigt, während der Kurzarbeit Urlaub anzutreten (§ 9 Abs. 1 Satz 2 TV COVID). Für die Dauer des Urlaubs werden die Beschäftigten von der Kurzarbeit ausgenommen (§ 9 Abs. 1 Satz 4 TV COVID).
Nach § 5 Abs. 2 TV COVID wird das Urlaubsentgelt ungekürzt weitergezahlt. Fällt also in die Zeit der Kurzarbeit Urlaub, weil dieser beispielsweise bereits vor Beginn der Kurzarbeit genehmigt wurde, so wird die Kurzarbeit dieses Beschäftigten zur Inanspruchnahme des Urlaubs unterbrochen. Der Beschäftigte erhält in diesem Fall Entgeltfortzahlung für den Urlaubszeitraum nach § 21 TVöD, und zwar in ungekürzter Höhe.
Dies dürfte für die Berechnung des Urlaubsentgelts außerhalb des Anwendungsbereichs des TV COVID entsprechend gelten.
Neben der ungekürzten Weiterzahlung des Urlaubsentgeltes regelt § 5 Abs. 2 TV COVID auch die Zahlung des Urlaubsgeldes. Bei einem "Urlaubsgeld" handelt es sich um Zahlungen des Arbeitgebers, die anlässlich des Erholungsurlaubs zusätzlich zur Entgeltfortzahlung während des Urlaubs bezahlt werden. Der TVöD sieht die Zahlung eines Urlaubsgelds – im Gegensatz zum früheren Tarifrecht Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) – nicht vor. Praxisrelevant ist die Regelung zum Urlaubsgeld jedoch z. B. im Bereich der Nahverkehrsbetriebe. Dort besteht nach bezirkstarifvertraglichen Regelungen noch Anspruch auf Urlaubsgeld (z. B. § 17 Abs. 3 BezTV-N Rheinland-Pfalz).
9.2.2 Verminderung des Urlaubsanspruchs nach BUrlG für Zeiten der Kurzarbeit "Null"
Die Rechtslage nach den gesetzlichen Bestimmungen
Nach der gesetzlichen Rechtslage (zum TV COVID siehe unten) hängt die Entscheidung, ob der Urlaubsanspruch des Beschäftigten für das Kalenderjahr, in welchem Kurzarbeit angeordnet ist, verringert wird, vom Umfang der Kurzarbeit ab. Erbringt der Beschäftigte Arbeitsleistung während der Kurzarbeit (damit nicht Kurzarbeit Null), so wird er mit Blick auf das Urlaubsrecht so behandelt, als wäre der Beschäftigte in Teilzeit. Erbringt der Beschäftigte die Arbeitsleistung während der Phase der Kurzarbeit an weniger als fünf Arbeitstagen pro Woche, so verringert sich der Urlaubsanspruch für den zeitlichen Abschnitt der Kurzarbeit entsprechend. (Näheres zur Verminderung des Urlaubs bei weniger Arbeitstagen siehe Beitrag "Urlaub").
Wird für den Beschäftigten Kurzarbeit in der Form angeordnet, dass keine Arbeitsleistung zu erbringen ist (Kurzarbeit null), so stellt sich – sofern eine ausdrückliche Tarifregelung zur Kurzarbeit nicht besteht (zum TV COVID siehe unten) – die Frage, ob für diese Zeit der Urlaub entweder gar nicht entsteht oder gekürzt werden kann. In seiner Entscheidung vom 13.12.2018 hat der Europäische Gerichtshof dargelegt, dass die Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub grundsätzlich anhand der Zeiträume der auf der Grundlage des Arbeitsvertrages tatsächlich geleisteten Arbeit zu berechnen sind. Die Zeit der Kurzarbeit, in welche der Beschäftigte keine Arbeitsleistung erbringt, führen also im Ergebnis zu einer Verringerung des Urlaubsanspruchs.
Umrechnung des Urlaubs bei Kurzarbeit "Null"
Mit Urteil vom 30.11.2021 bestätigte das BAG, dass der Urlaubsanspruch – auch der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch – gemäß § 3 Abs. 1 BUrlG umzurechnen ist, wenn die Arbeitspflicht infolge wirksam eingeführter Kurzarbeit an ganzen Arbeitstagen entfällt (Kurzarbeit "Null"). Arbeitstage, die aufgrund Kurzarbeit ausgefallen sind, sind weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht bei der Berechnung des Urlaubsumfangs Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. Bei einer – in der Regel aufgrund einzelvertraglicher Absprachen oder kollektivrechtlicher Bestimmungen – eintretenden Änderung der Arbeitstage mit Arbeitspflicht ist der gesetzliche Urlaubsanspruch unter Berücksichtigung der einzelnen Zeiträume der Beschäftigung und der auf sie entfallenden Wochentage mit Arbeitspflicht neu zu berechnen. Eine Anpassung des Urlaubsanspruchs durch Umrechnung entsprechend § 3 Abs. 1 BUrlG ist auch dann vorzunehmen, wenn die Arbeitspflicht infolge einer wirksam eingeführten Kurzarbeit an ganzen Arbeitstagen entfällt. Aus der Einführung von Kurzarbeit ergibt sich eine neue, die vertragliche Arbeitspflicht des Arbeitnehmers bestimmende Verteilung der Arbeitszeit, die eine Neuberechnung der Urlaubstage nach sich zi...