Entscheidungsstichwort (Thema)
ordentliche Kündigung d. Insolvenzverwalters. Neueinstellung
Leitsatz (redaktionell)
Wird vom Insolvenzverwalter mit Wirkung für die Masse ein Arbeitsverhältnis neu begründet, so gilt bei einer Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses im Interesse der Insolvenzmasse und im Interesse des Arbeitnehmers die Kündigungsfrist des § 113 InsO.
Normenkette
InsO § 113; BGB § 622
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 25.01.2007; Aktenzeichen 38 Ca 18513/06) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25.01.2007 abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in dem Berufungsverfahren nur noch um die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist.
Der am … 1966 geborene Kläger war seit dem 1.8.1994 bei dem Dipl. -Ing. H. O. beschäftigt. Über dessen Vermögen ist am 2.5.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagten zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Auf die von ihm am 29.7.2007 zum 30.11.2005 ausgesprochene und unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung hin einigten sich die Parteien vor dem Arbeitsgericht Neuruppin durch Vergleich vom 7.10.2005 – 5 Ca 1732/05 – auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.8.2005, die
Zahlung einer Abfindung in Höhe von 2.000,00 Euro sowie die Begründung
eines Arbeitsverhältnisses ab dem 1.9.2005 zu den Bedingungen des der Änderungskündigung beigefügten Arbeitsvertrages. In ihm ist unter § 3 Abs. 2 festgehalten, dass für eine Kündigung die gesetzlichen Kündigungsfristen gem.
§ 622 BGB gelten. Unter § 19 ist zudem der Beginn der Betriebszugehörigkeit ab dem 1.8.1994 vereinbart. Der Beklagte, der in dem Betrieb des Schuldners keine fünf Arbeitnehmer beschäftigt, sprach gegenüber dem Kläger mit
Schreiben vom 20.9.2006 aus betriebsbedingten Gründen eine Beendigungskündigung zum 31.12.2006 aus. Mit der am 10.10.2006 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung und die Einhaltung der zum 28.2.2007 ablaufenden ordentlichen Kündigungsfrist geltend gemacht. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.1.2007 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung erst zum 28.2.2007 aufgelöst worden ist und im Übrigen die Klage abgewiesen. Gegen das ihm am 2.2.2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 1.3.2007 Berufung eingelegt und sie am 2.5.2007 innerhalb der verlängerten Frist begründet. Der im Termin vom 11.7.2007 erklärten Klagerücknahme hat er die Zustimmung verweigert.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die der Kündigung zu Grunde gelegte Frist des § 113 InsO der in dem Arbeitsvertrag vereinbarten längeren gesetzlichen Frist vorgeht. Er beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25.1.2007 – 38 Ca 18513/06 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung, der gemäß § 113 InsO nicht auf Arbeitsverhältnisse Anwendung findet, die der Insolvenzverwalter neu vereinbart. Zudem sei das Arbeitsverhältnis durch den Vertrag vom 1.9.2005 auf eine neue Grundlage gestellt worden. Durch die dort anerkannte Betriebszugehörigkeit habe der Beklagte bewusst auf die Kündigungsmöglichkeit nach § 113 InsO verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet. Über sie war durch Urteil zu entscheiden, weil der Beklagte der im Termin vom 11.7.2007 erklärten Klagerücknahme des Klägers die nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG. Abs. 1 ZPO erforderliche Zustimmung versagt hat. Die Kündigung des Beklagten vom 20.9.2006 hat das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.12.2006 beendet. Die Kündigungsfrist ist gemäß § 113 Satz 2 InsO zutreffend mit drei Monaten zum Monatsende berechnet und eingehalten worden. Die Beklagte konnte die Kündigung mit der Frist des § 113 InsO aussprechen.
1. Nach § 113 InsO beträgt die Frist für die Kündigung eines Dienstverhältnisses mit den Schuldner durch den Insolvenzverwalter drei Monaten zum Monats-ende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgebend ist. Dienstverhältnis im Sinne der Vorschrift ist auch ein Arbeitsverhältnis. Längere gesetzliche, tarifvertrag-liche und einzelvertragliche Kündigungsfristen werden durch § 113 InsO verdrängt. Die sich für den Kläger aus § 622 Abs. 2 Nummer 5 BGB i.v.m. §§ 3 Abs. 2, 19 seines Arbeitsvertrages ergebende längere Kündigungsfrist kommt daher nicht zur Anwendung.
1.1 Allerdings ist es umstritten, ob § 113 InsO auch auf Dienstverhältnisse Anwendung findet, die der Insolvenzverwalter mit Wirkung für die Masse neu begründet. Der die Anwendung bejahenden Auffassung (vgl. KR Weigand, 8. Auflage, § 113 InsO, Rn. 19), wird entgegengehalten, dass die Anwendung vom Sinn der Vorschrift nicht geboten sei, die unter den veränderten Bedingungen der Insolvenz einen raschen Personalabbau ermöglichen und frühere Ent-scheidungen oder Entwicklungen korrigieren will, die zu sehr langen
Kündigungsfristen oder zu einer vereinbart...