Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorrang Änderungskündigung vor Beendigungskündigung
Leitsatz (amtlich)
1) Eine nach dem ultima-ratio-Prinzip vorrangige Änderungskündigung vor einer Beendigungskündigung ist entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer ein Änderungsangebot des Arbeitgebers vorbehaltlos abgelehnt hat.
2) Das Änderungsangebot des Arbeitgebers muß dabei allerdings so eindeutig fixiert sein, daß der Arbeitnehmer es mit einem einfachen „ja” annehmen kann.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2, § 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 30.07.1999; Aktenzeichen 54 Ca 6349/99) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 30. Juli 1999 – 54 Ca 6349/99 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung, die die Beklagte mit Schreiben vom 11.2.1999 gegenüber dem seit Januar 1998 als Vertriebsmitarbeiter in der Berliner Niederlassung beschäftigten Kläger mit der Begründung der Einstellung des Geschäftsfeldes Berlin ausgesprochen hat. Im Vorfeld dieser Kündigung war es zu einem Schriftwechsel zwischen den Parteien gekommen, in welchen es darum ging, daß der Kläger seinen Dienstort von Berlin wegverlegen müsse.
Von einer näheren Darstellung des Parteivorbringens erster Instanz wird unter Bezugnahme auf die dort gewechselten Schriftsätze und den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung abgesehen, § 543 Abs. 1 ZPO.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 30.7.1999 die Kündigung als unwirksam angesehen. Die Kündigung sei nicht durch Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger in Berlin bedingt, da die Beklagte in der Lage gewesen sei, den Kläger unter Abänderung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen über den Arbeitsort in Dortmund weiterzubeschäftigen. Diesbezüglich sei eine Änderungskündigung vorrangig und auch nicht entbehrlich gewesen, da letzteres nur dann der Fall gewesen wäre, wenn der Kläger die Annahme eines hinreichend konkreten Angebotes mit dem Hinweis des Arbeitgebers auf eine ansonsten anstehende Kündigung vorbehaltlos abgelehnt hätte. Dies sei im Streitfall nicht so gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 117 ff. d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses am 20.9.1999 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 18.10.1999 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 3.12.1999 – am 3.12.1999 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte und Berufungsklägerin trägt in der Berufungsinstanz vor, daß die Bewertung des Arbeitsgerichts für sie überraschend gekommen sei, da dies nicht so kenntlich gemacht worden sei. In der Sache sei von einer Einstellung des Vertriebes des „Dokumentenmanagement-Systems” in Berlin zum Januar 1999 auszugehen. Der Vertrieb werde nun von der Zentrale in Dortmund aus betrieben. In der Berliner Niederlassung übe niemand mehr die Tätigkeit aus, die der Kläger innegehabt habe. Soweit sich der Kläger auf eine in der Morgenpost ausgeschriebene Stelle berufe, sei er für diese Position nicht einsetzbar gewesen. Der Kläger habe von anderen Beschäftigungsangeboten keinen Gebrauch gemacht. Dies ergebe sich aus der gewechselten Korrespondenz, insbesondere sei das Schreiben des Klägers vom 5.1.1999 unspezifiziert gewesen. Demgegenüber sei das Schreiben der Beklagten vom 19.1.1999 eindeutig gewesen, sie habe verbindlich eine Erklärung bis zum 25.1.1999 dahin verlangt, ob der Kläger bereit sei, nach Dortmund zu wechseln. Die Antwort des Klägers im Schreiben vom 25.1.1999 sei ausweichend gewesen; in einem Gespräch am 28.1.1999 über eine Gehaltsabrechnung habe der Kläger gegenüber dem Zeugen Baum erklärt, er werde definitiv nicht aus Berlin wegziehen, er werde keine Wochenend-Ehe führen und sei an Dortmund nicht interessiert. Hierüber habe der Zeuge … eine Telefonnotiz gefertigt und dem Prokuristen … übergeben, der seinerseits der Geschäftsleitung berichtet habe. Im anwaltlichen Schreiben vom 27.1.1999 sei dem Kläger erneut eine freie Stelle angeboten worden, der Kläger habe jedoch nur taktiert, dies zeige auch sein prozessuales Verhalten. Ein Änderungsangebot an den Kläger habe unterbleiben können, der Kläger habe Kenntnis von den Umständen des Falles besessen, er habe schließlich früher selbst als Geschäftsführer gearbeitet. Hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung sei im übrigen darauf zu verweisen, daß der Kläger darlegungspflichtig dafür sei, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstelle.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 30.7.1999 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte macht sich die arbeitsgerichtlichen Ausführungen zu eigen und verweist darauf, daß die Entscheidung des Arbeitsgerichts ni...