Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessene Ausbildungsvergütung
Leitsatz (amtlich)
Wird eine Ausbildung – deren praktischer Teil bei Drittbetrieben (hier des Maler- und Lackiererhandwerks) erfolgt – bei einem gemeinnützigen Verein, dessen Zweck die Förderung der beruflichen Bildung ist und der über kein eigenes Vermögen verfügt, zu 100 % über Zuwendungen der öffentlichen Hand finanziert, so kann auch eine um 45 % unter einer tariflichen Ausbildungsvergütung eines entsprechenden (praktischen) Ausbildungsbetriebs liegende Ausbildungsvergütung noch angemessen im Sinne des § 10 Abs. 1 BBiG sein.
Normenkette
BBiG § 10 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 04.12.1998; Aktenzeichen 7 Ca 2020/98) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 04.12.1998 – 7 Ca 2020/98 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der an den Kläger zu zahlenden Ausbildungsvergütung.
Der Kläger ist seit dem … 1997 bei dem Beklagten als Auszubildender im Ausbildungsberuf Maler und Lackierer, Fachrichtung Maler, beschäftigt.
Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Zweck die Förderung der beruflichen Bildung ist. Er verfügt über kein Vermögen und finanziert die Ausbildungen ausschließlich aufgrund von Zuwendungen. Im Rahmen des Aktionsprogramms Lehrstellen Ost wurden dem Beklagten vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg Zuwendungen für bis zu 350 Auszubildende für die Zeit vom 01.09.1997 bis zum 31.12.2001 bewilligt. Die Zuwendungen betrugen pro Auszubildenden und Monat für die Ausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr 400,00 DM netto. Die Zuwendung war zweckgebunden zur Förderung von zusätzlichen betriebsnahen Ausbildungsplätzen im Land Brandenburg zu verwenden. Wegen des Inhalts des Zuwendungsbescheides im einzelnen wird auf diesen (Bl. 13 bis 18 d.A.) Bezug genommen. Die Ausbildungen erfolgten in verschiedenen Ausbildungsberufen, wobei die praktische Ausbildung nicht bei dem Beklagten, sondern in Betrieben stattfand, die über ihren Eigenbedarf hinaus die Ausbildungen vornahmen. Zu den 350 Auszubildenden, deren Ausbildung gefördert wurde, gehörte der Kläger. Seine praktische Ausbildung erfolgte in dem Betrieb des Malermeisters …. Der Kläger hätte den Ausbildungsplatz ohne die Finanzierung auf der Grundlage des Aktionsprogrammes Lehrstellen Ost nicht erhalten.
Der zwischen den Parteien abgeschlossene Berufsausbildungsvertrag enthält im Abschnitt C folgende Bestimmung:
„Der Ausbildende zahlt dem Lehrling eine angemessene Vergütung. Soweit Vergütungen tariflich geregelt sind, gelten mindestens die jeweils gültigen Sätze. Sie beträgt zur Zeit monatlich brutto im ersten Ausbildungsjahr 400,00 DM, ….”
In den Monaten März, Mai und Juni 1998 erhielt der Kläger jeweils eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 400,00 DM brutto, im April 1998 von 389,33 DM brutto, da er an vier Tagen erkrankt war. Der Bruttobetrag entsprach dem Nettobetrag. Nach dem Ausbildungsvergütungsvertrag vom 02.10.1997 betrug im Maler- und Lackiererhandwerk im Land Brandenburg die tarifvertragliche Ausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr 740,00 DM brutto im Monat.
Mit seiner am 17.07.1998 beim Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst für die Monate März und April 1998, dann im Rahmen einer Klageerweiterung für die Monate Mai und Juni 1998, die Zahlung der Differenz zwischen der Ausbildungsvergütung nach dem Ausbildungsvergütungsvertrag und der ihm gezahlten Ausbildungsvergütung begehrt.
Er hat vorgetragen, aus Abschnitt C des Berufsausbildungsvertrages ergebe sich, daß er einen Anspruch auf die tarifliche Ausbildungsvergütung habe.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.350,93 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich aus 670,93 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 23.07.1998 sowie 4 % Zinsen auf den sich aus 680,00 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 08.10.1998 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, es sei nicht gewollt, gewesen, Vergütungen nach dem für das Maler- und Lackiererhandwerk geltenden Tarifvertrag zu zahlen, da er die Ausbildungsvergütung nur in der Höhe zahlen könne, wie er Fördermittel erhalte. Die von ihm gezahlte Vergütung sei angemessen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, ein tariflicher Anspruch scheitere an der fehlenden Tarifbindung des Beklagten. Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Bezahlung ergebe sich auch nicht aus Abschnitt C des Berufsausbildungsvertrages. Eine Inbezugnahme tariflicher Ausbildungsvergütungssätze enthalte die Regelung nicht. Die dem Kläger gezahlte Ausbildungsvergütung sei ebenfalls angemessen in Sinne von § 10 Berufsbildungsgesetz (BBiG).
Wegen des weiteren Inhalts des Urteils im einzelnen wird auf dieses (Bl. 64 bis 70 d.A.) verw...