Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungslast. „Umgekehrter EIngruppierungsrechtsstreit”. Änderungskündigung. Herabgruppierung
Leitsatz (amtlich)
1) Spricht ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine Änderungskündigung aus und versetzt er ihn unter Herabgruppierung von Vergütungsgruppe II in Vergütungsgruppe III auf einen anderen Arbeitsplatz, so trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die neuen Tätigkeiten nur eine Bezahlung nach der niedrigeren Vergütungsgruppe rechtfertigen. Der Arbeitgeber muss in diesem „umgekehrten Eingruppierungsrechtsstreit” einen Tatsachenstoff vortragen, aus dem der rechtliche Schluss auf die Erfüllung der einzelnen Tätigkeitsmerkmale und ggf. Arbeitsvorgänge gezogen werden kann. Bei Heraushebungsmerkmalen ist ein entsprechender Vortrag für alle Stufen durch den Arbeitgeber zu erbringen.
2) Wendet der Arbeitnehmer in einem Änderungsschutzverfahren, mit dem die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz und eine Herabgruppierung angegriffen wird, substantiiert ein, er habe einen einzelvertraglichen Anspruch auf die vor Wirksamwerden der Änderungskündigung gezahlte höhere Vergütung, muss der Arbeitgeber darlegen und im Bestreitensfalle beweisen, dass die Tatsachen, mit denen der Arbeitnehmer schlüssig das Vorliegen einer Individualabrede begründet hat, nicht gegeben sind.
3) Ein Arbeitnehmer, der in einem einheitlichen Arbeitsverhältnis zu seinem Arbeitgeber steht, muss nicht hinnehmen, dass durch eine Änderungskündigung, mit der die Versetzung auf einen anderen – insgesamt niedriger bewerteten – Teilarbeitsplatz unter Beibehaltung eines Teils der – höher bewerteten – Aufgaben durchgesetzt werden soll, sein einheitliches Arbeitsverhältnis in zwei getrennte Arbeitsverhältnisse mit zwei unterschiedlichen Arbeitsverträgen mit jeweils unterschiedlicher Vergütungsregelung aufgespalten wird. Eine solche Änderungskündigung ist sozialwidrig.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Bremen (Entscheidung vom 29.05.2001; Aktenzeichen 2 Ca 2166/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 29.05.2001 – Az.: 2 Ca 2166/00 – abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung des Beklagten vom 06.09.2000 sozial ungerechtfertigt und deshalb unwirksam ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte, soweit der Rechtsstreit durch Urteil beendet wurde.
Die Kosten der Berufungsrücknahme trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien haben in der Berufungsinstanz zunächst über Fragen der inhaltlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses sowie darüber gestritten, ob eine von dem Beklagten ausgesprochene Änderungskündigung sozial gerechtfertigt ist. Nach teilweise Rücknahme der Berufung ist Gegenstand der Entscheidung nur noch die Änderungskündigung.
Der am 04.03.1949 geborene Kläger ist seit dem 15.08.1991 bei der Beklagten beschäftigt. Zunächst wurde ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen, der u.a. folgende Bestimmungen enthält:
„…
1. Herr Dr. K. Z.
tritt mit Wirkung vom 15.08.1991
als: Projektleiter für die Integrationshilfe
in den Dienst des D. -Kreisverbandes Bremen.
2. Dem Arbeitsverhältnis liegen die „Arbeitsbedingungen für Angestellte und Arbeiter des D. „in ihrer jeweiligen Fassung zugrunde.
Herr Dr. Z. bestätigt durch seine Unterschrift, dass er von dem Inhalt der D. -Arbeitsbedingungen Kenntnis genommen hat. Außer bei befristeten Arbeitsverträgen besteht Anspruch auf eine zusätzliche Altersversorgung durch die VBL, spätestens nach Ablauf der Probezeit. Die Beihilfevorschriften des Bundes finden keine Anwendung.
…
4. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 29 Stunden bzw. 75 % der regulären Dienstzeit.
5. Herr Dr. Z. erhält eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe III der D. -Arbeitsbedingungen.
6. Die Tätigkeit im D. gilt nicht als „öffentlicher Dienst”.
…”
Durch Nachtrag vom 31.07.1992 wurde das Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.08.1992 unbefristet fortgesetzt.
Ein weiterer Nachtrag vom 05.11.1993 hat lediglich folgende Bestimmung:
„…
Zu Ziffer 5
Mit Wirkung vom 01.12.1993 wird Herr Dr. Z. in die Vergütungsgruppe II a Fallgruppe 1 eingruppiert.
…”
Der Kläger war als wissenschaftlicher Projektleiter des Integrationshilfeprogramms und als Fachberater für die von dem Beklagten betriebenen Kinderhäuser tätig. Die Fachberatung machte etwa zehn Wochenarbeitsstunden aus.
Am 12.04.2000 beschloss der Vorstand des Beklagten, dass aufgrund „inhaltlicher aber auch finanzieller Überlegungen” künftig auf die wissenschaftliche Projektleitung verzichtet werden soll, „da nunmehr nach 14 Jahren hierfür keine Notwendigkeit, auch von Seiten des Kostenträgers gesehen wird.” Da der Koordinationsbedarf für die Bezirke jedoch gestiegen ist, soll nach dem Vorstandsbeschluss dem jetzigen Stelleninhaber der wissenschaftlichen Projektleitung eine Stelle als Koordinator angeboten werden.
Das Amt für Soziale Dienste teilte dem Beklagten unter dem 05.07.2000 Folgendes mit:
„…
gerne bestätige ich Ihnen...