Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezugspflegemodell in der Altenpflege. Arbeitszeit eines Teilzeitbeschäftigten Pflegers. Funktionspflegemodell contra Bezugspflegemodell
Leitsatz (amtlich)
Auch soweit in einer Einrichtung der Altenpflege das Bezugspflegemodell zur Anwendung kommt steht dies einer individuellen Lage der Arbeitszeit eines Teilzeitbeschäftigten nicht entgegen
Normenkette
TVöD § 11; BGB § 311a
Verfahrensgang
ArbG Oberhausen (Entscheidung vom 15.11.2012; Aktenzeichen 2 Ca 1344/12) |
Nachgehend
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Lage einer verringerten Arbeitszeit der Klägerin.
Die Klägerin ist seit dem 15.11.2002 als examinierte Altenpflegerin bei der Beklagten beschäftigt. Das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen beträgt 2.400,00 €.
Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen des TVöD-B Anwendung.
Die Klägerin ist alleinerziehende Mutter ihres am 01.11.2007 geborenen Sohnes.
Die Beklagte betreibt u.a. drei Altenheime. Dort werden die Bewohner im dreischichtigen Dienst kontinuierlich versorgt. Die Klägerin war eingesetzt im Haus C.. Die Frühschicht dauert von 6.00 bis 14.12 Uhr, die Spätschicht von 13.48 bis 22.00 Uhr und die Nachtschicht von 21.45 bis 6.15 Uhr.
Die Übergabe vom Nacht- auf den Frühdienst erfolgt durch eine examinierte Kraft in der Zeit zwischen 6.00 und 6.15 Uhr. Die übrigen Frühdienstbeschäftigten beginnen ihren Dienst um 6.30 Uhr.
Der Sohn der Klägerin ist zurzeit an den Werktagen betreut in der Zeit zwischen 7.00 und 17.00 Uhr in einer Kindertageseinrichtung, ab September 2013 wird er die Grundschule besuchen. Dort ist eine Betreuungszeit von 7.30 bis 16.00 Uhr an den Werktagen sichergestellt.
Die Reduzierung der Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche ist zwischen den Parteien nicht im Streit.
Die Klägerin trägt vor, sonstige Bezugspersonen oder Verwandtschaft seien am Wohnort oder in der Nähe nicht vorhanden. Auf die Bescheinigung der Stadt Oberhausen (Bl. 116 d. A.), wonach für das Kind keine Betreuungsperson in der Zeit vor 7.30 oder nach 19.00 Uhr zur Verfügung stünde, wird Bezug genommen. Die Bescheinigung datierte vom 28.10.2010.
Die Klägerin behauptet, die von der Beklagten behauptete Durchführung der Bezugspflege, deren Inhalt und Bedeutung die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.03.2013 ausführlich darstellt und worauf vorliegend Bezug genommen wird, (Bl. 216 - 225 d.A.) werde tatsächlich nicht praktiziert bzw. realisiert. Es seien keineswegs bestimmte Mitarbeiter an die jeweils zu betreuende Bewohner gebunden. Vielmehr würden die Mitarbeiter die zu betreuenden Personen wechseln, da für die Durchführung eines Bezugspflegemodells die Anzahl der erforderlichen Pflegekräfte nicht ausreichend sei.
Die Klägerin behauptet, ihr Wunsch nach der Lage der Arbeitszeit sei auch von der Beklagten realisierbar, sie meint, gewichtige betriebliche Gründe stünden dem nicht entgegen.
Sie stellte den Antrag,
die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung dazu zu erteilen, dass sie in der Zeit vom 01.11.2012 bis 31.10.2014 eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden mit einer Verteilung auf die Zeit außerhalb von Samstagen, Sonntagen und Feiertagen jeweils von 8.00 Uhr bis 15.00 Uhr gilt.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, das Altenheim im Rahmen der Bezugspflege zu führen. Hiermit sei die gewünschte Arbeitszeit der Klägerin nicht vereinbar. Dringend erforderlich sei auch, dass das Frühstück gemeinsam mit den Bewohnern um 8.00 Uhr eingenommen werden könne. Der Betriebsfrieden werde gestört, wenn die Klägerin aus dem arbeitsintensiven Teil der Schicht zwischen 6.00 und 8.00 Uhr herausgenommen werde. Bei der Beklagten seien 117 examinierte Kräfte insgesamt tätig. Ähnlich gelagerte Anträge und Arbeitszeitwünsche in der Vergangenheit seien stets abgewiesen worden, sodass bei einem Erfolg der Klägerin befürchtet werde, dass weitere Anträge folgen würden. Ein möglicher Ersatz sei allenfalls über ein Zeitarbeitsunternehmen zu erhalten und stünde im Widerspruch zur Bezugspflege. Den Patienten sei es nicht zumutbar, sich für diesen Zeitraum auf eine weitere Teilzeitkraft einzustellen.
Die Klägerin hat beim Arbeitsgericht erstinstanzlich obsiegt. Im Wesentlichen begründet das Arbeitsgericht seine Entscheidung damit, dass auch eine rückwirkende Verurteilung auf Abgabe einer Willenserklärung seit Inkrafttreten des § 311 a Abs. 1 BGB in Betracht käme.
Nach § 11 Abs. 1 TVöD-B stünde der Klägerin die gewünschte Arbeitszeit zu. Die Klägerin betreue tatsächlich ein Kind unter 18 Jahren. Der Arbeitgeber habe bei der Ausübung des Weisungsrechtes familiäre Belange zu schützen und zu berücksichtigen. Das Arbeitsgericht nimmt insoweit Bezug auf die Entscheidungsgründe des Landesarbeitsgerichtes Düssel...