Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafanzeige gegen Arbeitgeber als Kündigungsgrund
Leitsatz (amtlich)
Die Erstattung einer Strafanzeige durch den Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber kann nur dann einen „an sich” geeigneten Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 BGB darstellen, wenn ihr wissentlich unwahre oder leichtfertig gemachte falsche Angabe zugrunde liegen (im Anschluss an BVerfG 02.07.2001 – 1 BvR 2049/00 – NZA 2001, 888, 890).
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 06.07.2001; Aktenzeichen 1 Ca 2934/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 06.07.2001 – 1 Ca 2934/01 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger und seine Ehefrau R. O. waren früher die einzigen Gesellschafter der Beklagten, die damals ein Stammkapital von DM 200.000,– hatte. Mit zwei Verträgen vom 18.06.1998 (UrNr. 662 und 663/1998 des Notars E. J. in D.) verkauften die Eheleute O. ihre sämtlichen Geschäftsanteile an Herrn K. D. und weitere drei Personen und traten sie mit Wirkung vom 19.06.1998, 0.00 Uhr an die Käufer ab. Der Kaufpreis betrug DM 110.000,– je Verkäufer, was einem Kurs von 110 % des Nennwertes der Geschäftsanteile entspricht. In der Urkunde Nr. 663/1998 war darüber hinaus ein zusätzlicher Kaufpreis vereinbart für den Fall, dass das Betriebsergebnis der Beklagten in den Jahren 2007 bis 2011 bestimmte Werte übersteigen sollte.
Ebenfalls am 18.06.1998 schlossen die Eheleute O. mit der Beklagten einen Darlehensvertrag. Darin verpflichteten sie sich, den erzielten Kaufpreis von DM 220.000,– der Beklagten als verzinsliches Darlehen zur Verfügung zu stellen. Die Verzinsung und Rückzahlung, jeweils in Raten, wurde im Einzelnen geregelt.
Schließlich schlossen beide Eheleute O. mit der Beklagten Anstellungsverträge. Der Anstellungsvertrag mit Frau R. O. wurde später beendet. Der Anstellungsvertrag des Klägers vom 19.06.1998 sieht vor, dass dieser ab dem 01.07.1998 bis zum 30.06.2003 als Verkaufsleiter für die Beklagte tätig sein sollte. Als Entgelt wurde ein monatliches Fixum von DM 3.367,– brutto sowie eine umsatzabhängige Provision vereinbart.
Die neuen Gesellschafter der Beklagten erhöhten das Stammkapital um DM 300.000,– auf DM 500.000,–. Der Kläger schied mit der Anteilsübertragung als Geschäftsführer der Beklagten aus. Zum neuen Geschäftsführer wurde Herr K. D. bestellt.
Im Herbst 2000 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kläger einerseits und dem Geschäftsführer der Beklagten, Herrn K. D., andererseits. Es ging dabei im Wesentlichen um wechselseitige finanzielle Forderungen aus der Erfüllung der Verträge vom 18.06.1998. Einzelheiten ergeben sich aus dem Brief der Prozessbevollmächtigten der Beklagten an den Kläger vom 13.10.2000, auf dessen näheren Inhalt ausdrücklich Bezug genommen wird. Der Kläger leitete in der Folgezeit zwei Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte ein, nämlich die Klage beim Arbeitsgericht Düsseldorf vom 18.12.2000 – 5 Ca 8616/00 – wegen Provisionsvorschüssen und Auskunft sowie die Klage vom gleichen Tag zum Landgericht Wuppertal auf Darlehensrückzahlung – 6 O 129/00 –.
Aufgrund eines Schriftsatzes des Klägers vom 02.04.2001 in dem Rechtsstreit gleichen Rubrums (Arbeitsgericht Düsseldorf – 5 Ca 8616/00 –), später ergänzt durch die Nachricht der Staatsanwaltschaft Wuppertal vom 23.04.2001, schloss die Beklagte, der Kläger habe eine Strafanzeige gegen ihren Geschäftsführer D.erstattet, aufgrund derer die Staatsanwaltschaft Wuppertal nun das Ermittlungsverfahren 835 Js 1/01 führt. Aus diesem Grund kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 10.04.2001 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos. In Wirklichkeit hatte die Ehefrau des Klägers durch dessen Prozessbevollmächtigten mit einem an die Staatsanwaltschaft Wuppertal gerichteten Schreiben vom 19.12.2000 Strafanzeige gegen Herrn T.Sch., der auf Seiten der Stadtsparkasse D. maßgeblich an dem Zustandekommen der zwei notariellen Verträge vom 18.06.1998 beteiligt war, und gegen den Geschäftsführer der Beklagten, Herrn D., erstattet. Wegen ihres näheren Inhalts wird ausdrücklich auf diese Strafanzeige Bezug genommen.
Mit seiner beim Arbeitsgericht Düsseldorf am 18.04.2001 eingereichten, der Beklagten am 25.04.2001 zugestellten Klage hat der Kläger zunächst ausschließlich die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 10.04.2001 geltend gemacht. Nachdem ihm eine weitere außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 27.06.2001 zugegangen war, hat er mit einem im Kammertermin am 06.07.2001 überreichten Schriftsatz vom 04.07.2001 auch die Unwirksamkeit dieser Kündigung geltend gemacht.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
- festzustellen, dass die außerordentliche Kündigung vom 10.04.2001, ihm ausgehändigt am 11.04.2001, rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst worden ist;
- festzustellen, dass die außerordentliche Kündigung vom 27.06.2001, seinem Vertreter zugestellt am 28.06.20...